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Sächsische Volkszeitung : 15.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192402155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-02
- Tag 1924-02-15
-
Monat
1924-02
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.02.1924
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Freitag, Len 1k. Februar INS. Akk Mm als Kampfabjekt ia Versailles s A,n gleichen Tage, an dem Wilson, der frühere Präsident der Vereinigten Staaten, verstarb, ist von seinen Erinnerungen über die Friedenöverhandlungen in Versailles, die sein Pressechef Baker bearbeitete, der dritte Band (Verlag Paul List-Leipzigj erschienen. In diesen Erinnerungen offenbart sich Wilson als der ahnungslose Idealist, der gewih mit guten Absichten, bepackt mir Kisten voll Dokumenten und Landkarten, nach Europa ge kommen ,st, der sich aber in Versailles als unfähig erwies, den Machtpolitikcrn entgegenzutreten. Schritt sür Schritt gab er dar Feld preis, Schritt sür Schritt opferte er jeden einzelnen seiner «vierzehn Punkte", c-bwohl unter Berufung darauf die damalige RcichSregierung den Frieden zu schlichen bereit war und die Was. feil auS der Hand gelegt wurden. ' In dem erwähnten dritten Band der Wilsonschen Erinne. rungen ist nun von besonderem Interesse die Schilderung des Kainpfes um den Rhein. In einer Denkschrift des Generals Fach wird der unmittelbare Besitz des NheingebietS mit Nach druck gefordert und wörtlich l>ciht eS: »Die „Wacht am Rhein" muh von nun an zum Kampfruf Frankreich» werden! In Zukunft sollte der Rhein die westliche militärische Grenze der deutschen Länder wer de». In Zukunft sollte man Deutschland aller Zugänge und Aufmarschgebiete, d. h. jeder territorialen Oberhoheit ans dem linken Nfer des Stromes berauben, mit anderen Worten, jeder Möglichkeit eines raschen Eindringens wie 1614 in Belgien und Luxemburg, um die Nordsecküste zu erreichen und die vereinigten Königreiche zu bedrohen, um die natürlichen Ver. leidigungömittel Frankreichs, Rhein und Mosel, zu flankieren, di« nördlichen Provinzen zu erobern und in das Pariser Gebiet ein- zndringen. Dies ist für die Gegenwart und die nahe Zukunft eine unerlähliche Garantie für den Frieden wegen: 1. Der materiellen und moralischen Lage Deutschlands. 8. Seiner numerischen Uebcrlegenheit gegenüber den demo kratischen Ländern Westeuropas. Es ist darauf hinzuweiscn, dah eS Sache des FriedenSver» träges ist, den Status der Bevölkerung des linken RheinuserS, soweit diese nicht in die französischen oder belgischen Grenzen einbezogen.wird. sestzuketzen. Aber welche Form diese Organi sation auch annchmen mag. kie muh, wie folgt, die oben dar- gelegten wesentlichen militärischen Faktoren in Rechnung ziehen: 1. Die völlige Verhinderung des Zutritts deutsche» Militärs und po'itischw Propaganda in die Gebiete des linken RheinuserS, vielleicht sogar den Sckmh dieser Gebiete durch militärisch neu trale Zonen auf dem rechten lifer. 2. Die Sicherstellung der militärischen Besetzung der Gebiete deS linken RheinuserS durch alliierte Streitkräfte. 3. Die Sicherung der für die wirtschaftliche Aktivität der Gebiete des linken RheinuserS notwendigen AnSgänge, in dem imni sic mit den anderen wesentlichen Staaten zu einem gemein, samen Zollshstcm zusammenlchlicht. Unter diesen Bedingungen und iu Uebereinstiminung mit den voie allen anerkannten Grundsätzen der Freiheit der Völker ist eS möglich, an die Errichtung neuer autonomer Staaten auf dem linken Rheinuscr zu denken, die sich mit den oben dargelegten Einschränkungen selbst venvalten, eine Einrichtung, die unter dem Beistand einer starken natürliche» Grenze, de» Rheins, das einzige Mittel sein wird, um den Frie. den Westeuropas zu sichern." Gerade in den letzten Tagen, da ausländische Sachverständige den wirtschaftlichen Zerfall Deutschlands prüften, haben wir ein Recht daraus hinzuweisen, daß unser Vertrauen, wir setner- zeit Wilson cntgegengebracht haben, schmählich betrogen wurde und dah eS darum an dem deutschen Volke vieles gutznmachen si«t Vermischtes Weitere Opfer der Lawinen Nach Meldungen a»S dem Salzkammergut hat sich dort eine Reihe schwerer Lawineukatastrophen ereignet. Im Schreinbachtal verschüttete »sne Lawin« SS Holzardetter, von denen IS schwer verletzt wurden. In der Gegend de« Selz, taleS sind durch Lawinen 13 Personen getötet worden Bei einer Lawinenkatastroph« tm Goiserergebiet wurden acht Holzarbeiter da» Opser von Lawinen. Durch einen La winensturz vom GamSkogl, der «inen groben Waldbestand ver» nichtete, wurden drei Arbeiter getötet. In Aussee verschüttete eine Staublawine fünf Telegraphenarbeiter, von denen drei tot geborgen wurden. Gin scheuftllche« Zigeanerstückchen Bei der Göttinger Staat-anwaltschaft lies kürzlich d»e Mel dung rin, das, die achtjährige Tochter de» Zigeunerhauptmann» Franz Weih, die im dortigen Krankenhause gestorbe sei, syste- matisch von dem eigenen Vater und von seiner Frau zu Tode gequält worden sei. Das Kind war mehrere Tage vorher in das Krankenhaus eiugrliesert und schließlich unter surchtbare» Qualen gestorben. Tie Obduktion der Leiche ergab, dah da» Kind tatsächlich auf bestialische Art mißhandelt worden war. Der ganze Körper war über und über mit Brandwunden und Malen bedeckt. Daraufhin wurden die entmenschten Eltern in Berlin festgenommeu und unter dem Geleit der ganzen Zigeuner- Horde nach dem Polizeipräsidium gebracht. Hier leugneten die Beschuldigten die ihnen zur Last gelegte Tat. <k» ist aber erwiesen, dah Weih und seine Frau gerade diese Tochter mit unerklärlichem Haß verfolgt haben. Sie haben sich in ihrer Wut das Kind aus einen glühe uoen Ofen geworfen und darauf festgchalteu. Erst als das Kind tm Sterbe» lag, brachten sie es nach dem Göttinger Krankenhaus. Weih wurde nach Göttingen trans portiert und in das lintersuchmigsgelänguis eingeliefert. Frau Weih wurde allerdings wieder zu ihren vier kleinen Kindern entlassen. f Lustmord in Berlin. In einem Hanse der Ltznarstrahe fand man die 53jährige Witwe Helene Lieba » ermordet in einer großen Blutlache in ihrer Wohnung liegend. Tic Leiche war Uber und über mit Blut beoe.kt. Die sofort angestellten Ermittlun gen ergaben, dah zwischen dem Mörder und seinem Opfer ein erbitterter Kamps stattgcfnndcn haben muh. Frau Lie- bau muh zuerst einen Schlag mit einem stampfen Instrument gegen den Kovf erhalten haben, nno als sie bann in sich zusammen- sank, zwei ttese Messer- oder Dolchstiche. Beide Stiche war:» abiolut tödlich. Man rermntet, daß die Unglückliche noch vor ihrem Tode geschändet worden ist. Wie bisher sestgestellt wurde, scheint auS der Wohnung nichts geraubt zn sein. Man hat von dem Täter keine Spur. ch Schnecstürmc in Sprien. Gewitter und Schneestilrme sind über ganz Shrten niedergegangen. Zwei Tage lang waren alle Te!egraphrnverbi»d:,»g°ii mit Acghptcn unterbrochen. Zwischen Beirut und Damaskus muhte» die Züge drei Tage aus der Strecke liegcnbleiben, da di: Gleise versperrt waren. 's Zeichen der Zeit! Z» dem schweren Unglück bei der Aufnahme des Filmes „Quo vaois" in Rom wird mitgeteilt, dah einer der Operateure, durch ein Eisengiitcr geschützt, in aller Ruhe den blutigen Zwischenfall kurbelte. Der Film wurde beschlagnahmt und wird dem Gericht als Beweis« material dienen. Tie weiteren Arbeite» für den Film sind bis ans weiteres eingestellt worden. Kirchliches -s Ans dem Vatikan. Ernannt wurden: znm Erzbischof von Genna Bischof Sidili von Riett; z„m Bischof von T. ournai der Generalvitar Msgre Rasneur; Zum apoft o - lischen Vikar de» Ebaro Boltviano P. Cäsar V > - giant, O. F. M.; zu päpstliche» Thronasststenten der Bischof von Mcnttep'.ilciana Msgre. Batiignani und Bischof Leopold Schuster von Serkau. — Verstorben ist der Oekonom der Pet.-rS- klrche, Msgre. D: Bisogno, Deka» des Kapitels, der treue Ver walter dieses größten »nd bedeutendsten Gotteshauses der Welt, «Inst Kämmerer PinS IX. Auf wiederholtes Anerbieten des Papstes, ihm einen Bischofssitz anzuvertranen, hatte Msgre. De Bisogno nur eine Antwort: Wenn Ew. Heiligkeit mich be strase» wollen, dann schicke,, Sie mich ans Ihrer Gegenwart weg. Nr 36. Lecke 3 Der Geburtsort Papst Pius XI. Desto, der Geburls'rt Papst Pius XI., ist jetzt zum Range einer Stadt erhoben war- den; da» GeburtSbaus selbst wird demnächst auf »osten der Stadt zu einem Waisenhause umgewandelt, das den Namen des Papstes tragen wird. ES war dessen Eigentum, ihm von den Bewohnern Lesios selbst, bei seiner Erhebung in» den Heilige» Stuhl zum Geschenk gemacht. ch Präsident Coelldae für die religiöse volkser Ziehung. Wie dem „Ossrrv. Rom" au» Neuyork gemeldet wird, hat der katholisch: Lrziehungsverei» von Pennsylvania dem Präsident Coolidge seinen Dank dafür ausgedrückt, dah er in seiner Botschaft sagte: «Der Verstand allein genügt nicht. Der Unterricht muh von jener sittlichen Kraft geleitet sein, die von der Faniilie und von der Religion konimt. Die wahre Erziehung und der wirkliche Wohlstand des Volkes müssen sich aus diese Grundseste stützen." Der Verein begrüßt in seinem Schreiben die Bewegung, die sich gegen einen zu vielseitigen, statt besten aber sür einen guten Unterricht erklärt; sie hält die Erziehung katholischer Lehrer in nichtkatholischen Lehranstalten sür überaus schädlich und beklagt insbesondere den Gebrauch kirchcnseindlicher Lehrbücher für die Pädagogik und Psychologie, sic wünscht deshalb die Einführung von Büchern, die mit den kirchlichen Lehren in Einklang stehen. Eingesandt Für das unter dieser Rubrik Verösfeicklick'ie trägt die Redaktion keine Verantwortung. > Soziale Zeitgedanken in katholischer Beleuchtung Bon Pfarrer L. K. Sicherlich war e» für alle Leser dieser Zeitung von gröhcem Interesse, kürzlich Gedanken über da« Arveitszeitproblem vom Arbeitnehmer- und Arbeitgeverstandpunkte aus. beide zweifellos von gutgesinnten Katholiken geschrieben, zu lesen. Nicht diese oder eine ander« Spezialsrage aus dem weiten soziale» Komplex soll Gegenstand dieser Zeilen sein, ihr Zweck ist mehr allgemeiner Natur. Der Verfasser, der „in beiden Lagern" srenndschastliche Beziehungen hat, steht als Seelsorger über den Parteien und möchte dem echt katholischen uicki vaterländischen Gedanken sozia ler Verständigung dienen. Die eigentliche soziale Frage ist jo alt wie der vierte Stand; sie wurde nicht künstlich erzeugt, weder von oben noch von unten, sondern muhte sich mit der Gestaltung der modernen ArbeitZ- Methode im Wirtschaftsleben naturgemäh von selbst entwickeln. So gab eS eine soziale Frage längst, ehe eö eine Soqialdemokra. tie gab, die auf schiefen Wegen vergeblich ihre Lösung versuchte; man denke an die soziale Lichtgestalt eines Bischofs Ketlelcr u. a. m. AnS seiner UniversitätSzeit erinnert sich Schreiber die- ser Zeilen, dah der Inhaber der sozialen Professur sein Kolleg alljährlich mit dem Satze zu beginnen pflegte: „Meine Herren, die soziale Frage ist eine Magensrage". Er wollte aber damit nicht sagen — und eS wäre auch durchaus falsch gewesen! — dah sie nur eine Magenfrage sei. Im Gegenteil: das ist meist nur der erste Eindruck für die, die davon als Arbeiigeber oder -nehiner unmittelbar berührt werden. Im übrigen ist die sozial« Frage eine eminent sittliche und in weiterer logischer Folge sogar eine religiöse Frage! So war es selbstverständlich, dah die Kirche sich mit dem Austanchen dieser Probleme frühzeitig ihnen zuwandtc und durch ihre Päpste klare Bahnen wie«, wie es der unsterbliche Leo Xlll. in der Enzyklika „Rerum novarnm" getan E« ist auch zweifellos: wenn er dem Katholizis mus nicht gelingt, die soziale Frage zu lösen, dann kann es niemand in dieser Welt! Ei» sehr zeitgemäßer Beweis dafür, dah diese Ueberzeugung nicht nur dem katholischen Denken entspricht, liegt in der Tatsache, daß in den wechselnden RcichSkabinctten der letzten Zeit wie ein ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht ausgerechnet alö ArbeitSmiui- ster stets der katholische Priester undVolksver» einöführerDr. BraunS wiederkebrte. Es ist in katholischen Kreisen schon unendlich viel über Sozialismus geschrieben und ge sprochen worden, aber leider hat auch hier sich vielfach das Wort bewahrheitet: „Leicht beieinander wobnen die Gedanke», doch hart im Raum stoßen sich die Sachen." W'r alle sieben mebr Katholizilät und Polarität klus dem Bortrag vo« p. «»ich Przymara s. Z. U. Ter Tra nLz en denz-Religiosität mit ihrem erha benen, iveltentrückten GotteSbegrlff, steht also die Immanenz- Religiosität gegenüber, die ihren Gott im Rhythmus oer Welt sucht, und oec Autoritäts-Religiosität, sür die Gott allein der Herrscher und Gesetzgeber ist und Religion nur ein Vollziehen der Gesetze, die I n d i v i d u a l i t L t« - Religiosität, die «oll- «ndlnig der Persönlichkeit. Gerade weil wir jedem vo» diese,, Gegensätzen gerecht zu werden suchte», muhten wir sehen, wie tirs diese Gegensätze sino. Wenn wir t„ dir Geschichte der Rell- giansforme» hlncinschanen, so werden wir finden, dah in käst allen historischen Religionen diese Formen durcheinander g.hen. Wir werden mit diesen Formen geradezu genetische ReltgianS- geschichtc treiben können. Ist nun ein Standpunkt mög lich, der diese Gegensätze überwindet, aber so, dah thrPositives, ihr echterKern erhalten bleibt? DaS ist der eigentliche Begriff der Polarität. Es gilt zu zeige», wie gerade die Idee der Katholizttät die Jo er dieser Polarität sei» will. ' > Das erste Wort des Katholizismus heißt: «Den» omni» io omwniw" — Gott alles in allem. Ein entscheidender Brund- vunkt, auf dem sich eigentlich der Katholizismus aufbaut, ist der unerschütterliche Glaube daran, daß der Katholik nicht über der Welt ist, sonder» dah er d-r Welt eiliwohnt und mit der Welt wirkt »nd das» jedes Stiicklein von Welt »nd Leben nicht nur eine Offenbar»,ig, sondern Atem und PulSschlag Gottes ist. »von« owiiio i» omnibuk" -- also nicht ein unüberbrückbarer Abgrund zwischen Welt und Gott, sondern die Seele steigt auf zu Gott mitten ans Welt und Leben, ans der ganzen Fülle der Gegensätze von Welt und Leben. Mit dem knospen und Blühen des Frühlings, iu seinen leisen Lüsten, in der weihevollen Leichtigkeit, die da durch die Natur weht, wird der Seele dir Ahnung von drm Gott des Blühend, der Jugend, von dem ^cieus -.omoor novns", drm immer neuen Gott, der neuer ist als alles Rene, wie Ang.istinuS sagt und im Gegensatz dazu im Abflerben des Herbstes, in der müden Sterbensstimmnng, in diesem Darüberschweben über dem Leben, da wird drr Seele die Ahnung von ocm Gott der Reise, der Abklärung, des durch« läutertcn Alters, von den, .ckous «empor antiq>us", dem immer alten Gott, der älter ist als alles A-lteste; und in der reifen Fülle des Sommers, da wird der Seele die Ahnung von dem .,-lvus insin tus", nein Gott der Lebenssülle »nd Sattheit, die LebenSiinrnolicbkeit ist. .Und ln der eisigen Abgeschiedenheit deS Winters, in dieser absoluten Schweigcnsleerr, da wird der Seele die Almnng von dem Gotte der Einsamkeit mft sich selbst »nd von Gottes Ewigkeit.' Nnd wenn die Seele beginnt diese Gegensätze des NatnrlebenS tnetnandrrzulegen, da gewinnt ie auch einen Ausstieg, n.in nicht mehr einen entwertende» Ans tieg, sondern einen Ausstieg aus LebeuSfreudigkett und Lebens stile heraus, hinein in ihn, der die Lebensunendlichkeit selbst st. An« drr LcbenSkülle der Natur gewinnt sie die Ahnung von der UnenolichkettSsülle Gotte«. Und erst recht ist sie« der Fall, wenn sich die Seele hineln- lebt und liebt tn alle oie verschiedenen Menschen ln dtvtdnen und in ihr« Nassen ei ge» arte». Da ist unsere deutsche Eigenart mit ihren verhüllten Tiefen und Abgründen, mit ihren unendliche» Möglichkeit«» »ad das GotteSbild. das sich ans dieser Seel« Hera»« entfaltet, da» ist der abgrundtiefe Gott des Rätsel- hasten des Unbegreifliche» Im Gegensatz dazu das Gottesbild des Romanen mit seiner überschwenglichen Fülle nnd setner Stilklarheit, mit seiner goldigstrahlenden ansgelänterten Form, oder das GotteSbild der slavt scheu Seele, mit jenem Schleier von Wehmut, wie es durch ein Nokturno von Chopin ksindnrch- weht, dieser Gott des Schmerzes, oder das GotteSbild der russi schen Seele, mit ihrer leidenschaftlichen Demut nnd Ernied rigung, der Seele, die sich danach sehnt Knecht aller Knechte zn sein und dagegen das angelsächsische GotteSbild, mit seiner klaren Nüchternheit, des vsuo imuoraior, der itter dieser Welt tn höchster WirkiichleitSkreatur steht. Eine Seele, die alle diese Gegensätze bejaht, wtro emporgerissen tn der Ahnung ro» einem Gott, der diese Gegensatzfülle unendlich überragt. Taö ist ke'-n entwertender Weg, sondern ein Weg der Bejahung, daß Gott sich ossrnbart, daß er rinwohnt und mitwirkt, mit allen diesen gegensätzliche» Menschen nnd mit dieser Gegensatzfülle des Lebens. Und schanen wir in unser persönliches Leben. Wenn zwi- schen zwei Menschen das wundervolle Slchverstehen lebt, wenn Herzschlag zn Herzschlag stimmt, was ist das Tiesste in diesem Mtletnanderleben? Ist eS nicht baS. was Goethe meint, daß tn jeder tiefen Freundschaft, das Tiefste Gott ist? Wett eben da, wo zwei ganz ve,ichie>,ene Menschen sich ineinander spanne», wo die Liebe die Wände anslöst, die sonst zwischen Menschen stehen, daß eben da die Sicht gewonnen wird auf die Unend- lichkeitSsülle Gottes. Wo immer wir >n unsere Seelen vaS Verstellen eines Gegensatzes «inspannen, da leuchtet letzten Endes drr Gott ans, ans dem dir ganze Gegensatzfülle konimt, nnd m dem sie lebt. Ter Katholik hat keine Angst sich htnetnznsenken ln Natur -und Leben, so viel er mag. Er wird tn der Kraft 'dieses „ckviia vinoia in omnidns" nur wachsen in der Erkenntnis des unendlichen Gottes. Je mehr er sich liebend hineinvrrtieft in alle Gegensätze, «S Ist letztlich der Unendlichkeitsgott, der unge ahnter und unbegreiflicher heranSstelgt aus dieser Fülle. ES ist da« der Sinn des AngnstinnS'vortes: „Gott wird gesucht, um gefunden zu werden, aber er wird gesunde», um gesucht zu werden, weil er unendlich ist". Ali unser Leben mit Natur nnd Menschen nnd all das Wundervolle, was wlr unter Kunst ver stehen, ist nur ein Suchen des gefundenen Gottes, ein Suche» tieser hinein in seine Unendlichkeit. Das zweite Grundwort des Katholizismus, das sich auf diesem ..ckous omni» in omnibus" ausbaut, heißt: „Opus vpo- ratinn"*!. l>ous omni» in ownibus ist die Polarität zwi schen Transzendenz.« uno Immanenz-Religiosität, zwischen dem Gott in der Welt nnd dem Gttt über der Welt. Ter Gott in der Wett führt immer weiter unk höher zum Gott über der Welt. Daran ändert auch gar nichts vie sogenannte Uebernalur- lehre deS Katholizismus, oie Lehre von einen ,oo„so tium Iisiiir»« äivioau''. Tics ist ja gerade eine tiefere Nähe zu diesem Gott, uno je näher drr Mensch mit Gott vereinigt w«ro, umsomehr muh er teilnehme» an der Liebe, mit dec dieser Gott die Welt schuf, mit der er mit ihr mltwirkt und chr ein wohnt. Du« „ckona omni» io ommkii«" gewinnt erst secnea Vollklang mit der Nebernaturlehre. Damit ist aber da« große Problem de« Katholizismus gegeben, das man mit dem Wirte »Opus oporatum" bezeichnet. Man macht dem Katholizismus darum den Porwurs, dah er eine dinglich« Religion sei. Alle die sakramentalen Hand lungen und Riten des Katholizismus seien wirksam durch sich *> lü» opers oporato heißt: „kraft der gesetzten Handlung", d. h. durch Vollzug der sakramentalen Handlung, unabhängig von der Disposition de» Spenders. selbst, nicht durch die persönliche Stimmung des Vollziehend.-». Und ooh ist dieses ,opu» opsratum" die Polarität > ü r die AntoritätS- und Jndivtdual-Reltglosität. Diese opus oporu'um - Lebre des Katholizismus stellt den Men- sck)«n vor eine Realität, dir von ihm unabhängig ist. 0„»s opsroinm heißt letzten Ende» nichts anderes als dah dein betenden »no gottsucheuden Menschen Gott selbst gegenüber steht, slhtbar tm Antlitz Je,u Christi, dessen Leib die Kirche ist. Gott ist schon einwohnend in der Weit, und wirkt schon mit der Welt mit. Aber das ist das unbegreifliche Wunder, dah Gott selbst Welt wird; jenes Wunder der Menschwerdung ist ja in der tie'en Lehre nur der erste Schritt. Der menschgewordene Gott c,tt- sattet sich gleichsam in dem menschgeworoenen Leib (Kirche,, in dem einen Leib, „Haupt und Leib ein Christus" (Angusttgnlh Dze Kirche hat nur die eine Bedeutung, mit der sie steht nnd fällt, der Leib Christi, der fortlcbende Christus zu sei», ind ihre ganze Sichtbarkeit hat nur diese eine Bedeiiting, mit der auch sie steht und fällt, die Fortsetzung der Sichtbarkeit Jesn Christi z» sein. Darum steht also der Katholizismus in aller seiner kirch lichen sogenannten Gebundenheit niemand anders gegenüber als Gott allein. Und seine Bindung a» diesen Gilt ist primär leine Autoritätübindung, tcine Gchorsanisbindnug nnd Gesetzesbindung, soiioern eine Bindung von Leben an Leben. Im Sakrament der Taufe kommt diese Gebundenheit znm A.is- drnck, wenn es von oem Getauften heißt: „Nicht mehr ich lebe, sonoern Christ»« lebt in mir." Ebenso sino alle Sakrmnents- hendlungen, z. B. die Vergebung der Sünden >m Bußsalrain.'nt primär nicht Ges-tzeshandlnng, nnd nicht Gehorsamshandin-ig, sonderrn Einströmung von Leben ins Leben. Erst hierauf baut sich auf, was wir Gesetz «nd Autorität nennen. Autorität i st n u r d i e K o n s r g >i e n z a u s d i e s e r L e b e n S e i n h e i t. Wie dieses Leben in GesetzeSwette verläuft, well cs eben aiejeS eine Leben ist, so ist die ganze Gesct-esstruktnr der Kirche gleicl»- sanc ihre Lebenöslriiktnr, sie ist die Berbtndnng göttlichen Lebe»« mit menschlichem Lebe». Weil eS so ist» wett der Katholik so uiunittelbar Gott gegenüber steht, darum Ist gerade sür den Katholiken die Ent faltung aller Indivioualität möglich, wie sie »ne sein mag. Alle Eingrissc in diese Individualität sind auch lin Falle ihrer höchsten Tragik sür den Katholiken letz'.lch oer Eingriff Gottes. Uno wenn der Katholik einen A,ttor>tätse>»g>sif erlitte, der sür ihn selbst de» Tod oder die Schande bedeutetet gerade oann spürt er sich von Gott am unmittelbarste», am persönlichste,i berührt. In solchen Augenblicken weiß sich der Katholik Christus am nächste». Er erlebt den Triumph unter- z.igehkn, um H'ukzugehen als neuer Saucrreig, als neues Fer ment nnd neue LebenSrichtung. Wenn Sie hineinschaucn i» oie Leb.-nSrichtiing mancher Heiligen, in tue innere Tragik eines hl. Franz vo» Assisi oder ^gnatinS van Loyal«, so spüreir Sie, wie »er Katholik gerade an den Pnnlten, wo die Antrttät gleichsam nnbrsugt »tngreift, Höhepunkte seiner Individnal-Ciit« saltung erlebt. So wird o'e scheinbare AntoritätSbinvung nur Entbindung höchster IndividualitätS-Religlosilät, weil im Zentrum immer nuc der eine unendliche Gott steht, der gerade darin seine Mächtigkeit zeigt, daß er die Schöpft»»,; in eine Gegenlay« fülle hinansstreuen kann, ja dah er sie in den gröhte» Gegen- fätzen sich entwickeln nnd sogar dem Chaos überlasse» kann, und der dennoch zeigt, daß aerade das Chav-, da« Sterbest Leben ist. Ta« ist da« größte Ethos des K-itlwli-sickmuS, daß im Sterben Leben, im Krenz Erlösung ist (Lchluhsi M D^
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