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Sächsische Volkszeitung : 15.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192511155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19251115
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19251115
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-11
- Tag 1925-11-15
-
Monat
1925-11
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.11.1925
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» » 0K5 ttkUk 1^8 FmchWsche oder katholische Kultur E. Müller ::>e:bt in der bekannten Wochen- c. , „Das A.-ne Reich" über Wesen und Sinn > heutige! 7(a>ch.smus und sein Verhältnis ' .:ü .Kalbv! -ees. 7,ar>:iacci. der (Leu .-'stkrelär der faschistischen Partei, hat kür di.'i'en Herbst die , dritte W-elle der faschistischen Revolution" v.ng.'stönd'lgt. Friedlich soll sie sein Durch die Gesetzgebung ioll de!» gangen staatlichen und sozialen Leben Italiens der iaschiststche Geist eingeslößt werden. Und Mussolini erklärte vor kurzem: „Wir wollen die Nation derart mit faschistischem Geiste erfüllen ss a s c i st i z z a r es, das morgen Faschist und Italiener beinahe dieselbe Sache ist." Damit zeigt der Mi nisterpräsident selbst klar die Iniransigrnz aus, die den Faschis mus erfüllt. Der Faschismus mag ursprünglich bloß eine spon tane Tat, eine stürmische Aktlonsbcwegnng gewesen sein. Heute ist er wesentlich mehr: eine kulturelle Bewegung. Sein Ziel ist, der italienischen Nation ein neues, alles be- l.errsehendes Ideal, einen neuen Lebensinhalt sun modo di oitaj n r eden, erklärt der „Codice sintctico dett'idea fascista". Daun gibt Müller einen kurzen Ausriß des Wesens, der Geschichte, des Ausbaues, der Tätigkeit der großen, zentralen Organisation der italienischen Katholiken der „Aztons cat- to ! ic a", um dann auf ihr Verhältnis zum Faschismus nberzn- gehen. Tie Grundlinien dieses Verhältnisses, die scharfe Tren nung zwischen kalhostscher und faschistischer Einstellung zu den e. iiurellen und politischen Problemen Italiens trat namentlich ! oar in den Entschließungen der vom 21. bis 26, September sra!'gefundenen sozialen Studienwoche der „Azione eattalica". „Das diene Reich" schreibt darüber: „Tie soziale Woche halte vier Stuüienobjekte: die Schul stage. das Verhältnis der moralischen Gesetze zum Wutschafts- d a- n. oas Problem der Organisation der Arbeit und das Ver- uästuis der katholischen Aktion zur politischen Betätigung der Kachoiike». Alle sind in direkter Beziehung zu Fragen, dis der Faschismus aufrollte oder in dm Brennpunkt des össcnllichen Intereiies stellte, alle berührten deshalb indirekt das Verhältnis der kaihastschen Aktion zum Faschismus. Tie Reform der liberalen Schulgesetzgebung war ein aller Programmpunkt der italienischen Katholiken. Erst die faschistische Regierung hat sie wirklich durchgeführt. Diese „Ruorma Gentile", so benannt nach dem ersten faschistischen Uiiter-ich-i äuijter Geulile, brachte scheinbar eine Anerkennung der kacholischm Poslulate, die die Achtung der religiösen Ueber- zeuguug der katholischen Schüler in den Staatsschulcn uno die vollständige Freiheit bei der Errichtung katholischer Pnvat- stgnst'u verlangt halten. Das neue Schulgesetz gibt in der Tat die Möglichkeit, auf alle» Schulstuseu Privatschulcn zu gründen. Unabhängig von den staatlichen Lehranstalten wird die Einrich tung eines Staatsexamens geschass.'», die es den Schülern priva ter Lehranstalten ermöglicht, staatlich anerkannte Reise -und Fachp. üfnngen abznlegen. Im Gegensatz zur früheren liberalen Mentalität anerkennt das neue Schulgesetz für die Volksschule das Prinzip der religiösen Erziehung und bringt das Obliga torium des katholischen Ncligionsnuterrichles. Der Kntholiken- " ^ darum auch als eine Pflicht der Loyali- . .. F : gegenüber dem früheren Zustande anzn- erkeunen. Lies hinderte jedoch nicht, daß derselbe Kongreß, neben der Kritik verschiedener Einzelheiten des Gesetzes, mit aller Entschiedenheit gegen den Grundgedanken von der Staats- at'macht Stellung nahm, der die ganze faschistische Schul'' norm trögt. Mit aller Deutlichkeit wurde erklärt, daß dem "S »ast> kein Recht aus die Schule als solche zukommc: er nur die Bttn« habe, den Eltern bei der Erfüllung ihrer Erzieherausga . (7 send zur Seite zu stehen. Die faschistische Schulgesetzgebung, vr- ruhend auf den Ideen Gentiles, des Hauptes der italienischen neuhegclianischen Philasophieschule, macht den Staat zum ersten Erzieher und Lehr.'r und gestattet Privatschulen nur, weil der Staat seine gewaltigen Erziehcraustiaben nicht im vollen Um fange erfüllen Kanu. In gleicher Weise wird die Tendenz ab- gclehnt, der der neu ringcsiihrte Religionsunterricht dienen soll. Nicht zur Verbreitung einer idealistischen Lebensaussassung unter der Jugend und zur Weckung eines Pflichtbegrisfes, son dern zur Erteilung der katholischen Glaubens- und Sittenlchre hat derselbe zu dienen Zusammenfassend Kanu man sagen, daß der Kongreß von Neapel Einzelheiten der faschistischen Schul reform dankbar anerkannte, andere Einzelheiten kritisierte und ablehnte, dem Grundgedanken der Reform aber das Ideal der katholischen Schulpolitik, das unbedingte Recht der Kirche auf freie Ausübung ihres göttlichen Lehrauftrages entgegenhielt. Das andere Vortragsthema: Verhältnis der mora lischen Gesetze zum Wirtschaftsleben, berührte eine nicht weniger aktuelle Prinzipienfrage. Die Schlußfolge rung, daß die Wirtschaftsgesetze in Harmonie zu jenen der Moral, beide ein Ausfluß einer höheren ln Gott gegründeten Ordnung sein müsse, ist nicht neu. Mer sie mußte bewußter weise in diesem Augenblicke gegenüber der Wirtschastslchrc des Faschismus proklamiert werden. Im Gegensätze zum wirtschaft lichen Liberalismus sondert dieses Eingreisen des Staates in die privaten Wirtschaftskämpfe zur Zügelung der Einzelinstinkte: im Gegensatz zur sozialistischen anerkennt sie nicht nur die Be rechtigung des Proletariats, sondern erstrebt Klassenvnsöhnung: Ein Fortschritt und eine Annäherung an die katholische Lehre. In der ethischen Grundlage aber, die diese Klassenversöhnung und das ganze Wirtschaftsleben tragen soll, scheiden sich Faschis mus und katholische Aktion. Die hegelianischen Parteiphiloso- phen des erstcreu ersetze» in ihrer Wirtschnftslehre das liberale Prinzip des individuellen Vorteils durch den Vorteil der Nation als beherrschendes Prinzip. Ihr höchstes moralisches Gesetz ist Unterordnung und Opferung des Individuums gegen über dem Nationalstaat. Die katholische Aktion proklamiert in >el als höchstes, auch im Wirtschaftsleben geltendes mora- . s Gesetz, jenes der Liebe und des Opfers gegenüber dem ästen und gegenüber Gott. Wiederum tritt der tiefe Gegen- -z in der Kulturausfassung in Erscheinung. Wenn die katholische Aktion in Neapel das Problem der Organisation der Arbeit behandelte, so nahm sie da mit Stellung zu einer Frage, die in direkten Beziehung:» zur faschistischen Politik steht. Beinahe zu derselben Zeit, in der der Kongreß von Neapel tagte, erklärte die faschistische Presse, daß die Einführung des faschistischen Gewerkschaftsmonopols die nächste Stufe der geplanten inneren Reformen darstellen werde. Bekanntlich erstrebt die faschistische Bewegung die Einführung einer ständischen Gliederung des Staates und auf Grund der selben eine Reform des Parlamentarismus. Ein einziger Gc- werkschaftsorganismus, der faschistische, soll zur Vertretung der Arbeiterinteressen gesetzlich berechtigt sein Den diesem ange- schlossencn verschiedenen Arbeiterkorporationen würde die Hälfte der Kammersitze übertragen und so die innere Umgestal tung des italienischen Staates eingeleilet. Das saschistische G e w e r k sch a s I s m o n o p o l bedeutet die gesetzliche Hin richtung der sozialistischen, und vor allem auch der ehemals so bliih>'!'.u kncholischeu Gewerkschaft:». Diesen Bestrebungen gegenüber Kai der Kongreß die Gewerkschaft definiert als „eine freie Vcre'n'gnng. die die Angehörigen gleicher oder verwandter Berufs odm- Industriegrunpen zur Verteidigung der gemein sam.": In!.'! .ssl n sammelt". Als wesentlicher Bestandteil des Begrüß'-., Geme> nschuft sei notwendig, daß cs sich um eine freie Bereinig mg handle, die auf Grund eines natürlichen Rechtes gegründet w.O.'. Der Staat müsse deswegen diese freien Ge- weA-ickasten anerkenne» und verteidigen, niemals dürfe er sie man,'va!nieren. Hauptzweck der Gewerkschaften müsse der sozioFriede, -die Versöhnung der Klassen sein. Dazu genüg: das bloße uaiwa-rle Interesse nickt. Einzig ein aus Gott und das Gesetz d. Gerecktigkeit oegrmidete,-. Ideal könne hier ge- niig-'U. D:> D..' > Klckaft bell einen genau umschriebenen Tötig- l«ci---he » Z sozialem Gebiete, den sie nicht überschreitn dar', ckst . a cm n Instrnmenle der Pmleipoiüik oder der Be drück . z machen, heißt, ste ihrer mähren Ralur berauben. Auch hi.r eine klare Absage an faschistische Ziele. Die katha- lis.he AK!: . wolle, so wurde erklärt, die Sache des Volkes nicht vest' '» and dm Gewerkschastsgedanken als Instrument znm sozi u " Picckm ivctter vilegen. Den Am-niüß des Kongresses bildete die Ausstellung v o n R i ch ilinicn über das Verhältnis zwischen katholischer Aktion und politischer Betäti gung der Katholi k e n. Dieses Problem berührt eine der artige Zeniralfrage der katholischen Bewegung im modernen Ilaiien, daß sich eine zusammenfassende Darstellung seiner Gc- ichichle in diesen Spalten rechtfertigen würde. Für heute seien iw.' die Schlußfolgerungen verzeichnet, in die das Referat des Grasen Dalla Torre, Chefredakteur des „Osservatore Romano", ai Allongen, und die wohl ans direkten Weisungen des Heiligen Stuhles beruhen. Die katholische Aktion, so ist dort gesagt, unterscheidet die Politik von der Pari'ibetätignng. Mil der Politik ha: sie Beriihrungspnnkie, die sich aus den religiösen Inleressen der Moral und den Fragen des Gemeinwohles er geben. Hier verlangt die katholische Aktion das Recht und die Pflicht, die Katholiken zu leiten und zu beraten. Dagegen ist sie als solche außerhalb und über allen Pnrleibotäligungen und verlangt, daß auch alle Glieder ihrer Organisation auch nur den Schein der Begünstigung irgend einer politischen Partei vcr. meiden. Der einzelne Katholik jedoch kan» sich frei polilttch betätigen. Tie katholische Aktion verlangt von ihm freilich auch hier Beobachtung der Gesetze der christlichen Soziallehre und behält sich oor, die Lösung konkreter politischer Fragm, dir das moralische Gebiet betreffen, zu zeigen. Tic polttlsch sich betätigenden Katholiken sind an das Programm der katholischen Aktion gebunden und können auch auf politischem Gebiete nicht anders als zur Wiederherstellung der Gesellschaft im christlichen Sinne arbeiten. Auch im politischen Leben hat der Katholik tätiger Katholik zu bleiben den höchsten Interessen der Zivili sation und des christlichen Geistes alle Parteiangelegenheiten unterzuordnen. Der Kongreß von Neapel schloß mit einem erhebenden Treuebekenntnis zum Heilige» Vater und dem mit ergreifender Begeisterung abgelegten Versprechen, unter seiner Führung durch die katholische Aktion an der Wicderoerchrlstlichnng der Gesellschaft zu arbeiten Hält man dem gegenüber den Scklnß der erwähnten Rede Mussolinis: „Entweder ist deine Lehre wahr oder die meine, für den Sieg des Faschismus gib! es nur eines, unversöhnliches Festhalte» an unserem Glauben", dann erkennt man. daß hinter zufälligen Ereignissen ein großer Geisleskampf geht, dessen Ansgang für die Zukunft Italiens von entscheidender Bedeutung sein wird. Selbslbewutzlsein oder Selbstbesinnung Au diesem Thema äußert sich im Anschluß an Ke Innsbrucker Herbsttagung des t'athcllnchen At'a- dcmikerverbandeö Dr. Philipp Fun'k im Oktober- hest der Monatsschrift „Hochland" lKösei- Kempteni: „Die Flutwelle des neuen katholische» Lebeu-Sgesühls ebbt unverkennbar zurück. Der KulniroptimiSmus und -aktiviSmus der Fanfareublli er macht langsam einer chmerz- lichen Ernüchterung und Berdronenheit Platz. Die Phä- iwincnologen :» der Philowohie und ihre nicht wissenschaft lichen, nur feuilletonistj chen Popularisatore» brachten >wr fünf oder sechs Jahren die Welle heraus. Jetzt, da einige derselben ihre katholische Periode abgeschlossen habe», trllrd auch die hochgemute Stimmung der ihren Ehor biljeuden Literaten vollends ver'tvgen sei». Auf die Entdeckung des Mittelalter; und seiner Scholastik fvlgt. wie -in Kalei doskop, das Kinder und Müßiggehende unterhält, ein neues Bitd: die Platonische Gesellschaft, mit BlühcrS und Klages Augen gesehen. Und die Revision der deutschen GestlstchtS- und L.ieraturgeschichiSansfassung wird über Barock und österreichische Kultur als Vorbild katholischer Weltverklä- rung ihre» Kreis bald vollendet haben und behaglich dort zur Ruhe gehen, wo sie begonnen hat: im arti- skiicken Liberalismus und Individualismus. Das Bemühen um Kultu» der Kultur wegen dreht sich immer nur >m Kreise e " wenn auch oft ideal-verbrämtcn Naturalismus. Naiura . naturhafter Egoismus, Wille zur Geltung, zu Mache und Genuß war auch e.n Bestandteil des katholischen BewußtK'ins, das so hell aufloderte, als man die Welt verzweifelt nach der Insel unseres Glaubens und dem Felsgrund unserer Kirche ausblicken sah. Gewiß nicht der einzige: denn es darf den Gläubigen wohl ein Frohgesühl über seinen Reichtum durchdringen, wenn er sicht, was chm geschenkt ist, während so viel Armut draußen herrscht. Aber die Gefahr unlauterer Beimischung ist hier sehr groß, wenn nicht immer ernste Selbstkritik waltet. — Wenn die deutschen Katholiken sich der ungehemmten Kultur- akrivirüt für den Augenblick begeben würden, wäre das Zu geständnis der Notwendigkeit, sich noch envas tiefer in Notizen fürs Leben Van Juan Dono so Cortes. Du nachstehende» geben wir einige von den „Pensamien- varios", die sich unter den Schriften des Spaniers Inan Donoso Cortes befanden. Sie wurden zuerst ver- lst»Nicht in der Zeitschrift „La Regeneration" in Ma- . öd. der sie überlassen wurden von Gabino Tejado. dem eesteu Herausgeber der Werke des Donoso Cortes lObras, Lost I I. Madrid 160-1). Cortes ist geboren 1806, gestorben :n Paris 1853. wo er spanischer Gesandter war. Die ..achsolgcnden sind übersetzt von Viktor Schainoni. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Eine widerspruchsvolle Formel. Laßt dem Menschen freien Lauf in seinem persönlichen Tim. und ihr ive'det sehen, wie sogleich die Gleichheit stirbt unter der Mach: der Rangordnung und die Brüderlichkeit dank des Wetteifers. Proklanell : döe Gleichheit und ihr seht, wie im gleichen Augenblick bir I - „>Kt entflieht und die Brüderlichkeit ihre» letzte» Alrm v -r '.uch't. Gott Hai nicht gewollt, daß im Meuscheuherzeu ein Gestihl der Gleichheit wäre. In meinen Augen ist es ein Geheimnis, daß dieses Wort überhaupt da ist und als Ausdruck dient für eine Seele, die nicht existiert und nicht einmal existieren kann. Ich keime nur drei Arten von Menschen: Menschen, ge schlagen durch Demut: Menschen, beherrscht von Stalz oder von Neid, und Mciischeu. die stolz und demütig zugleich sind. Die ersten gefallen sich darin, immer gering Zu sein, die zweiten wolle» immer mehr sein, die letzten immerfort zugleich mehr oder weuiaer. Aber uü inats haben die Menschen danach gestrebt, unter einander gleich zu sei». Die Gleichheit war immer der Vorwand des Ehrgeizes und auch Heuchelei des Neides. Dank allein des Christenrums sind diese drei Dinge wirk lich wahr, Freiheit. Gleichheit, Brüderlichkeit. Das Christentum i» der Tat hat ihnen wirkliches Dasei» verliehen. Es verwirk licht sie durch ihr Gegenteil. Dem Menschen hat es die Freiheit gegeben, indem es ihn zum Knecht Gottes machte. Es hat alle Mensche» untereinander gleichgestellt durch den Ausgleich der mannigfaltigen und verschiedenartigen Charakter:. Es hat alle Menschen zu Brüdern gemacht: Es zerstörte die Verivaudtschast dos Fleisches, die sie von Adam hatten, und gab ihnen die Verwandtschaft des Geistes, die ihnen Jesus Christus versprochen hatte. — Es ist verwunderlich: Die Söhne Adams, weit entfernt, als Brüder miteinander zu verkehren, sind Feinde: und wenn Gott die Nachkommenschaft Adams bedrängt, dann erst hören sie aus, Feinde zu sein, um Brüder zu werden. Staat und Individuum. Gott hat di: Gesellschaft für de» Menschen geschassen, de» Menschen aber seinetwegen. In dieser Theorie ist Gott Anfang und Ende, Alpha und Omega aller Dinge. Daraus folgt, daß die Gesellschaft, mag sie ans den ersten Blick als menschliche Allgelegenheit erscheinen, da sie sür den Menschen geschaffen ist und sich ans Mensche» znsammensetzt, doch i» Wirklichkeit eine göttliche Angelegenheit ist, da der Mensch, sür den sic geschaffen wurde, und die Menschen, die sie bilden, von Gott geschaffen sind. Wenn ihr daher zwischen zwei Gesetzen einen Unterschied machst eines sür de» Menschen und eines sür die Gesellschast, setzt ihr demzufolge das eine znm andern in Widerspruch, das Gesetz des Individuums und das der Gcmeinsckzast. das soziale Gesetz und das göttliche, de» Staatsbürger und de» Privat mann. Die menschliche Freiheit gehör! dem Individuum: was ge meinsam ist, hängt ausschließlich vom direkten Wille» Gottes ab. Gott bat den Menschen zum Herrn seiner eigenen Handlun gen gemocht und für sich die Leitung der Gesellschaft oorbehal- len. die Herrschaft über die Rationen. Gott will jedoch in seiner Weisheit, daß sei» Eingreifen heimlich und im stillen bleibe, und deshalb verbirgt er cs immer in dem grundlosen Tumult menschlicher Unternehmungen. Gott hat gesagt zu dem Menschen und zu allen Menschen: „Richtet Eure Augen ein jeder ans mich, der ich die Meinen zugleich über Euch allen habe. „Wenn ihr gerecht seid, werde ich bewirken, daß Euer Ge schlecht mächtig ist; aber denkt a» mich und nicht an Euer Geschlecht. „Wenn Ihr ein jeder meine Gebote haltet, werde ich die Gesellschast, in der Ihr lebt, groß machen: aber denkt nicht an die Gesellschaft, in der ihr lebt, denn das gebührt mir, sonder» denkt daran, meine Gebote zu erfüllen. „Ich bin der Herr von Euch allen. „Ich bin cs, der die Rationen erhebt und sie demüligl, der die Ges.'llschaste» erhöht und sic erniedrigt: der die Völker giotz macht und sic vernichtet. Mir verdanken die Reichen ihre Größe und ihr Verfall ist mein Werk. „In meinen Händen halte ich die Geschichte mit allen ihren Wandlungen und ihren Unbeständigkeiten." Die Gegensätze. Eine der charakteristischen Bestrebnng.m unserer Zeit ist das deutliche Schassen von zwei Größen, die einander radikal entgegenstehen: Gut und Böse. Alle Zwischenzustünde ve>iä ,n nebst allen Kompro- mißdoktrinen oder löse» sich c s -n ^er ander» aus. So muß es kommen. Tie Haidheite». die Zeiten des Uebergangs. die gelehrten Ucbereuikünstc habe» bloß Daseins grund im Bezug auf die absoluten Lehren, während diese letzte ren existi:ren mit einer radikalen und absoluten Existenz. Wirkung und Existenz jener Kompromisse gleichen der Dämmerung, die stets als Ucbergang dient, wenn ans Tag Rächt und aus Nacht Tag wird. Ich lese in der Heiligen Schrift, daß Gott die 'Nackt geschaf fen und den Tag: aber ich lese nicht darin, daß er auch die Däm- nierung schuf. D:r Heilige Geist erwähnt es nicht. Nicht als cb Gott der Dämmerung nicht ihr nntergeordli.'les lind relatives Dasein gäbe, sondern eben weil diese Eitckeinnlig nicht durch sich selbst existiert und weichen muß. ' - - der Tag über die 'Nacht triumphiert. Vollkommcnheii. Soweit entfernt von der Wahrheit ist der Satz der Philo sophie von der unbeschränkten 'Vollkommenheit, doß die mensch liche Gesellschast. will sie nicht in Barbarei geraten, notwen digerweise umkehren muß. bevor sie an die äußersten Grenzen der Zivilisation gelangt. Die ewige Diskussion. Wenn die Diskussion. Frnchl der Zivilisation, von der Tagcspresse angcspornt. ihren Givfelpunkt erreich!, tötet sie die Bücher und treibt die Erkenntnisse in die Gebiete eines Zwci- sets, der furchtbarer ist als Unwissenheit. Die Volksvertreter sprechen: Allein die Sünde Adams ist der unseren gleich: denn unsere wie die seine ist die Sünde aller. Zentralisation. Zentralisation ist nichts anderes als jene Bewegung, die Einheit erstreot mit Hilfe von Gesetze». Der Barbarei entgegen? Es heißt, wir gingen der Barbarei entgegen. Wollte der Himmel, daß das ivahr wäre: denn dir Bar barei hat vor der Zivilisation einen Vorteil: sie ist fruchtbar: die Zivilisation ist steril. Da sie steril ist, bringt sic nichls her- vor. Während man doch wohl behaupten kann, daß die Bar barei alle Kulturen hcrvorgebracht hat. Nein, uns bleibt nicht einmal der Trost, daß wir in die Barbarei hernngchen. Wo sind denn etwa die Barbaren?
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