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Sächsische Volkszeitung : 14.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192508149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250814
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250814
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-14
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.08.1925
- Autor
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Freilag, den 14. August 1V25. Nr. 180. Leite 1 NK1 Lu elvm für Leine ksikoliselie freue tun, llsnn weräe Wtglieä lte§ Mv!i3L?(LN freKvereius für §ZÄi38n! fätirlickvl 6 jVsai-^ un6 min6e8ten8 1 ^Vlark lür 6en kke8ervekon68 rur Zckakkunxs eine8 LiAenkeim8 kür üie kattioli8Oli6 ?re88e !VkeIüuriLLri erbeten an üie Orl8voi8it26näen ocker an üen bancke8vor8it2enäen: PK. Stotte. Vre8cien-^. 23, Qrobenbainer 8tr. 140. QeIÜ8enüunAen: po8t8ekeck KatkoIl8cker preüverein kür 8sek8en, Ore8Üen 11007. Zwangsinnung Schirgiswalde als Kollektivaussteller die Silberne Medaille für hervorragende Leistungen. An dem Wetdbeiverb halten sich folgende Innungsmitglieder beteiligt: Paul Vogt, Joses Vogl, Anton Hille, Karl Rodelt, Karl Reime aus Schirgiswalde, Ernst Schierz-Crostau, Adolf Steglich-KirsäMi, Karl Trompler-Wehrsdors. Die Innung darf aus diesen Erfolg stolz sein! 0 Schlettau i. E., 13. August. (Iahrtausendseier.) Der Sladtgcmeinderat l>at einstimmig beschlossen, vom 10. bis 13. IM 1920 ein Heimatfest zu veranstalte», mit dem eine Iahrtau fen dfeier der Stadt verbunden sein soll. Die Vorarbeiten sind bereits lebhaft im Gange. 0 Tharandt, 13. August. sBom Blitze erschlagen.) Im be nachbarten Weihig holte am Dienstagnachmittag ein Land mann sein Getreide vom Felde. Während er oben aus dem Wagen die Garben in Empfang nahm, und seine Frau sie ihm von unten reichte, wurde er von einem Blitze aus heileren Himmel erschlagen. Der Wagen mit Getreide stand sofort in Flammen. Der Frau gelang es, die Leiche ihres Mannes vom Wagen zu ziehen und sie dadurch vor dem Verbrennen z» retten, auch die Pferde vermochte sie durch schnelles Ausspannen der selben in Sicherheit zu oringen. 0 Zwickau. 13. August. (Ein Erlebnis aus dem Schützenfest.) Ein Besucher des hiesigen Schützenplatzes hatte eine Damen- bekanntschast gemacht und begleitete sie nach deren Wohnung. Dort aber siel a» der Haustüre ein eifersüchtiger Konkurrent über ihn her und schlug dermaßen auf ihn ein. daß er wegen der erlittenen Verletzungen ärztliche Hilfe in Anspruch nehme» mutzte. 1 Das Gesamtergebnis der Elternratswahlen. Die In der Elternratszentrale im Landesverband der christlichen Clternver- eine eingegangenen Ergebnisse stellen sich wie folgt dar sdie in Klammern angegebenen Ziffern betreffen das Vorjahr): An 357 s327> Schulen sind außer 117 katholischen insgesamt 3744 (3530) Elternräte gewählt morden. Davon sind 2156 (1997) christ lich (evangelisch), 1568 (1538) weltlich. Die christliche (evan gelische) Mehrheit beträgt demnach 5W (459). Paßschivicrigkciten. Die deutsche Oeffcntlichkcit be schäftigt sich neuerdings wieder lebhaft mit den bestehenden Paßschwierigkeiten und geht dabei vielfach von der Auf fassung aus, als ob die Widerstände gegen eine» als baldigen Abbau des Sichtvermerkzwanges auf deutscher Seite zu suchen sind. Demgegenüber ist darauf Hinzu westen, das; die deutsche Negierung nach wie vor grund sätzlich geneigt ist, Paßerleichteruugen für die Einreise nach Deutschland den Angehörigen solcher Staaten zu ge währen, die ihrerseits zu entsprechenden Maßnahmen gegen über Reichsangchörigen bereit sind. Die Ncichsregierung hat sich nicht darauf beschränkt, ihre allgemeine Bereit willigkeit zu derartigen Erleichterungen zu erklären, sie ist vielmehr bereits mit einer Reihe von Nachbarstaaten in Verbindung getreten, um eine Aufhebung des gegen seitigen Sichtvermerkzwanges oder wenigstens eine Her absetzung der Sichtvermerksgebühren zu erreichen. Der Erfolg dieser Anregungen muß zunächst abgewartet wer den. Die deutsche Negierung wird jedenfalls ihre Be mühungen, den Verkehr nach und nach wieder von den Paßschrankcn zu befreien, mit allem Nachdruck fortsetzcn. Invalidenversicherung. Der Reichstag hat mit Wir kung vom 28. September 1925 ab andere Beiträge zur In validenversicherung beschlossen. Sic sind in den einzelnen Lohnklassen erhöht, und den bisherigen Lohnklassen 1 bis 5 ist eine neue Lvhnklasse 6 angefügt worden. Nach dem IS. Oktober müssen auch für vor dem 28. September liegende Beschäftigungszeitcn Marken in der vom L8. Sep tember gültigen Höhe beigebracht werden. Wer sich vor Nackteilen schützen will, klebe jetzt und in Zukunft, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, bei jeder Lohnzahlung, mög lichst jede Woche, die Marken. Findet die Löhnung in längeren Zeitabschnitten als vierteljährlich statt, müssen die Beiträge am Schlüsse eines jeden Vierteljahres entrichtet werden. Aushebung der B herberguugsstcuer. Der Reichstag hat am 7. August in dritter Lesung die Steuergcsetze ange nommen, denen zusolge u. a. ab 1. August 1925 die Reichs- behrrbergungssteuer sortsüllt und nach dem 1. Oktober 1025 keine gemeindliche Beherbergungssteuer mehr erhoben wer den darf. Die Neichsbeherbergungssteuer wurde als er höhte Umsatzsteuer mit 11 Prozent in die Zimmerpreise einkalkuliert, während die Gemeindebeherbergungssteuer zu den Zimmerpreise» zugeschlagen und besonders auf die Rechnung gesetzt werden mußte. Mit der Aufhebung die ser Steuer ist die Lage des von Steuern überbürdeten Hotelgewerbes In Deutschland etwas erleichtert worden, und cs ist zu hoffe», daß die Beseitigung dieser beiden „Schlafsteueri!" auch in der Preisfestsetzung dem reisenden Publikum sich bemerkbar machen wird. Hinauswerfen von Gegenständen aus fahrenden Eisenbahn zügen. Es kommt noch vielfach vor, daß bei fahrenden Zügen von Reisenden schwere Gegenstände — Flaschen, Büchsen, Behäl ter — aus den Fenstern geworfen werden, die auf der Strecke beschäftigte Eiscnbahnbedienstete treffen und verletzen können. Mehrfach sind dadurch schon Todesfälle zu beklagen gewesen. Es ist klar, das; schwere Gegenstände, die aus den fahrenden Zügen geworfen werden, infolge dos Beharrungsvermögens mit beson derer Wucht ausschlagen und unter Umständen tödlich verletzen können. Die Reisenden werden daher dringend darauf hingewie- scn, das; nach 8 81 der Eisenbahnbetriebsordnung das Hinaus- merfen derartiger Gegenstände aus den Zügen streng verboten ist. Wer das Verbot nicht beachtet, gefährdet Leben und Gesund heit seiner Mitnrrnschen und setzt sich strafrechtlicher Verfolgung aus. Aus den Nachbarstaaten Arnstadt. (Gefaßter Hochstapler.) Verhaftet wurde hier ein etwa 3vjühriger Mann, der seit einigen WockM in einem hiesigen Betrieb angestellt war. Er soll sich in verschiedenen Ge schäften Waren erschwindelt und mich über seine Personalver- hültnisse falsche Angaben gemacht haben, indem er sich als Dr. phil. und Reserveoffizier ausgab. Der Verhaftete soll aus Ost preußen stammen. Halle. (Die Räuber.) Selbst gestellt haben sich bei der Kri minalpolizei die beiden Räuber Südekum und Riede, die vor etwa drei Wochen in Holle einem Voten der Landkreditbmlk, A.-G., 15 000 Mark geraubt hatten Sie behaupteten zunächst, unschuldig zu sein. Südekum gestand schließlich zu, mit seinem Kollegen den Raub ausgeführt zu haben. Das Geld wollen sie vergraben haben. Diebe hätten es aber entivendet. Riede leug net seine Schuld. Hochstadt bei Lichtcnsels. (Aus dem Zuge gestürzt.) Ans der Fahrt mit dem Nachlschnellzug von Lichtenfels nach Plauen stürzte die 13jährige Maria Hoffman», die in Begleitung ihrer Mutter fuhr, aus dem in voller Fahrt befindlichen Zuge. Sie war nach dem Abort gegangen, von dort aber nicht zurückgekehrt. Unruhig geworden forschte die Mutter nach ihrem Verbleiben, konnte aber nur von einem Reisenden erfahren, daß dieser wäh rend der Fahrt auf seinem Sitze an der Wagentür durch den Luftzug des offenen Wagens aus dem Schlafe erwacht sei und die Tür geschlossen habe. In Kulmbach ließ man durch eine Drä sine die Strecke absahren und fand das Madck^n mit einem Cchädelbruch am Bahnkörper bei Mainleus bewußtlos liegen. Es wurde in das Krankenhaus von Hochstadt gebracht und ver schied dort, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. Rositz. (Lotterie.) Die Gemeinde Rositz will sich eine Schule bauen. Das Geld dazu will sie sich auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege einer Lotterie verscl-affen, und zwar sol len 100 000 Lose zu je einer Mark ausgeMben werden. Das Ministerium hat setzt den Vertrieb dieser Lose genehmigt. Schleiz. (Ausstellung.) Die Landmirtschafts-, Industrie- und Gewerbeausstellung in Schielz mar ein voller Erfolg. In kaum fünf Tagen haben nicht weniger als 30 000 Menschen das Städtchen besucht. Thalborn. (Opfer eines Kurpsusctpncs.) In einem Dorfe am Ettersberg war eine junge Frau am Kropse erkrankt. An statt sofort einen Arzt zu Rate zu ziehen, siel sie einem Kur pfuscher in di« Hände, der ihr Jod verschrieb. Nachdem sie da von genommen halte, verschlimmerte sich ihr Zustand derart, daß ihre Angehörigen sofort zum Arzt schickten, der für sofortige Ueberführung in eine Klinik und Operation Sorge trug. Lei der ivar die Bedauernswerte nicht zu retten und stard kurze Zeit nach der Operation. Dieser Fall mag jedem zur Warnung diene», der sei» Heil bei Kurpfuschern sucht. Ein gerichtliches Nachspiel steht bevor, und dem Kurpfuscher wird sein Handwerk gelegt. Gemeinde- und Vereinswefen Chemnitz, 13. August. Die hiesige Psarrgemeiuoe St. Josef hat einen schmerzlichen Verlust zu beklagen. In Metten in Niedcrbaycrn hat ei» jäher Unglücks fall nin 8. August de» Lehrer und Kantor Johannes Böhm ans einem schassensreicheu Leben dahingerasft. Die lZfarr- gemeinde betrauert in dem so plötzlich Verschiedenen nichi nur einen vorbildlichen und aberzeugungstreuen katholischen Lehrer, sondern nicht minder den selbstlosesten Förderer und Betreuer der musikalischen Ki rch e n k u u st: Seit Begrün dung der Gemeinde im Jahre 1004 hat der Verstorbene seine hohe musikalische Begabung in den Dienst seiner Kirche gestellt und den Kirchenchor und die Feier des Got tesdienstes in St. Josef auf eine seltene künstlerische .Höhe gebracht. Beim Chemnitzer Katholikentag im Jahre 1022 waren die Katholiken ganz Sachsens Bewunderer söiuer Kunst, und mit dem verwaisten Chor und der Gemeinde werden sie heute an dem tragischen Tode des vorbild lichen Mannes Anteil nehmen. Sein Wirken in der Ge meinde sichert ihm nicht nur ein ehrenvolles Gedenken in seinem Wirkungskreise, sondern auch ewigen Lohn im Jenseits. Zu gleicher Zeit kommt aus Bautzen die Nachricht, daß eine bekannte Persönlichkeit der dortigen Gemeinde vom Tode ereilt worden ist. Der Oberstudicnrat an der kalholischcn Dvmstiftlichc» Oberschule Professor Dr. C»cmens Förster ist am 11. August in Jan nowitz in Schlesien, wo er Erholung suchte, verschieden. 31 lauge Jahre hat der Verewigte der bekamnen Bautzener Lehranstalt, dem früheren katholischen Lehrerseminar, mit seinem reichen Wissen und seiner großen Erfahrung ge dient. Wohl die meisten katholischen Lehrer, die heute in der sächsischen Diaspora wirken, werden dem Ver storbenen einen wertvollen Teil ihrer beruflichen Ausbil dung verdanken und heute ihrem verstorbenen Lehrer ein ehrendes Gedenken widmen. Requiecont in Pace: 8 Dresden Altstadt. Kathol. Kirchen chvr ESci lla. Sonnabend, den 15. August, srüh 7 Uhr Hochamt Propstei-Hofkirche; abends 7 Uhr Ehvrgesang im Abend- gottcsdienst. Dienstag, den 18. August, abends 8 Upr: Chorprobe ausnahmsweise im Jugendheim, Schloßstraße 32. Erdgeschoß. Kirchliches Wurden. Sonnabend, 15. August (Mariä Himmel- ;ahrt) 8.30 Gottcsdienst. Zwickau. Sonnabend, 15. August <M ariä .Hi in »i e l- sahrt) vorm. 5.45 und 7.30 hl. Messe, 9.30 Hochamt mit Predigt. V«a»tlch»IstI»tt»i>», v». S»1»1 veKoMxMIilv Ar Volk» und Kultur: Dr. I»ic> Ulberi; iür »irui-afl. Sozial- poittU. Kirchliche» und sächsische «nneleae,«heilen: Mar Domichs«: A, den oolUischrn NachlichlentrU. Aruillilm uni d«n übrigen Tertleii: vr. 4>er l»artz tü» ilnj«ig»n: J»s«t Sohsann; sämtlich in Dresden: Ni» landwi«^ ItbämUL» «-tiaae« Dill««»» «rt»»n Der arme Jakob Ein Lebensbild von August Butscher. s12. Fortsetzung.) Mit gesenkten Köpfen wankten wir vor den Wächtern des Gesetzes her und ich konnte nur noch im ersten Aus flammen dieser unerhörten Entehrung ausrufen, wie we-- land der gefolterte Student von Alm: „Meine Unschuld ist meine Starke!" Aber mit meiner Stärke war es nicht weit her, be sonders als die Marktleute draußen eine Gasse bildeten und uns verhöhnten. Endlich erreichten wir das Rathaus und wurden sofort einzeln verhört. Jetzt erfuhr Ich erst, worum eS sich eigentlich bandelte. ES war in einer der letzten Nächte in einem Dorfe, das auch wir leider durchwandert hatten, ein großer Diebstahl verübt worden. Unter den gestohlenen Sachen befanden sich auch silberne, von einer Bauernweste abgetrenntc Knöpfe, deren Beschreibung just auf die unsrigen paßte. Das war aller dings ein erschwerender Umstand. Dazu kam noch, daß wir keine Papiere besaßen, so abenteuerlich dahcrkamen uud uns hinsichtlich unserer Vergangenheit in Widersprüche ver wickelten. Dabei half mir all meine Weisheit nichts, mit der ich die Ausführungen des übrigens nicht ungütigen Richters zu widerlegen versuchte. Wir wurden getrennt und vorerst in Untersuchungshaft gebracht. Nie werde Ich diese jammervolle Nacht vergessen! Tränenlos wälzte ich mich aus meiner harten Pritsche umher. Was würde meine Mutter sagen, die ich mit so großer Hoffnung verlassen- Und was der Tannenmüller und die braune Kathie Und war erst der Herr Rollenknopf, auf den ich all mein Hoffen ausgabaut? ES war zum Verzweifeln, und ich rief endlich schluchzend dnrchs Eisengilter: „Du ewiger Gott, hast du mich ganz verlassen- Ich mag anfangen was ich will, ich bleibe und bin eben der arme Jakob!" Endlich schlief ich ein, — die besten Gedanken kommen m «m Schlafe. Als ich erwachte, erbat ich vom Wärter Papier und schrieb einen Brief, der länger wurde als der Fadensevp. Meine ganze Lebens- und Leidensgeschichte brachte ich auf das Papier. Ich fand schließlich sogar meinen Humor, der, wie der Dichter sagt, die lachende Träne im Wappen hat. Als ich fertig war, übergab Ich ihn dem Wächter zur Besorgung; ich wußte nicht, daß mein Brief vor der Absen- dung vom Untersuchungsrichter geöffnet und gelesen wurde, und war sehr erstaunt, als ich zugleich mit dem Fadenscpp vorgeführt wurde, die Worte zu hören: „Ich bin jetzt bezüg lich eurer Vergangenheit genau unterrichtet» und e» wird nicht viele Tage dauernd, bis eure Angelegenheit endgültig erledigt ist." tzr lächelte sogar dabei „auf den Stockzähnen" und war gar nicht ungütig gegen uns. Ich atmete ein wenig freier, aber mein Kamerad war die menschgewordene Trauerweide und murmelte! „Also ln einigen Tagen geht'S ins ZuchthauSr O, was sind wir doch für Unglücksvögel!" Erst als der Richter aus freien Stücken uns in meiner Zelle beisammen ließ, taute er wieder auf, und der Reif, der aus seinem Wesen lag, zerfloß in ein Träneiibächlcin. Das machte ihn leichter, und er schinieote sich mit halbem Vertrauen an meine Hoffnungsfreudigleit an. Ich war zum Baum, er zur Ranke geworden. Ich sagte ihm jedoch nichts von dem, was ich getan, denn ich wollte das Ergebnis abwarten. „Wenn nur die verflixten Knöpfe nicht wären!" meinte er immer wieder, „wir sind eben Pechvögel, wie sie >m Buche stehen. Wie wohl wäre es uns, wenn ich sie noch au; meiner roten Weste hätte:' Wir lägen dann sicher auf u»>erin Laubse ke und hätten Erdäpfel und saure Milch un Ueberuuh." Essen und Trinken war eben sein Ideal. Ich mußte aus seinen Gedankengang eingehen und schilderte ihm, was wir alles uns zugute tun wollten, wenn wir wieder frei sein würden. Das mundete ihm »nd beinahe hätte er dem Wärter die Wassersuppe an den Kopf geworfen. Am anderen Tage saßen wir wieder betrübt in unserem Käfig; das immerwährende Sitzen machte den Fadensepp noch melan cholischer, und stehen konnte er nicht, denn die Zelle war zu niedrig. - ^ Auf einmal klirrten die Riegel, und wir glaubten wieder zum Verhör geführt zu werden. Freudig erschreckt aber erkannten wir in den Eintretenden — Herrn Ro.Tvn- knopf, seinen Sohn und den Untersuchungsrichter. „Also da finde ich die Vögel! So weit haben sie es glücklich gebracht!" ries Herr Rollenknopf lachend, während sein Sohn, dem Tränen im Auge standen, mir die schmale weiße Hand reichte. Wir saßen mit niedergeschlagenen Augen da wie zwei wirkliche Sünder, und drehten die Daumen umeinander. Wohl hatte ich, — denn nicine Epistel waren an Herrn Rollenknopf gerichtet gewesen, — an Rettung gedacht, aber das Persönliche Erscheinen de» für mich so gewaltigen Herren verwirrte mich. Doch der Untersuchungsrichter sprach jetzt das erlösende Wort: „Sie sind frei", sagte er gütig; „erstens hat Herr Rollenknopf für sie gut gesagt, und dann hat auch der Be stohlene gefunden, daß die Knüpfe nicht die seinigen s,nd, hier sind sie. Die Irrung tut mir leid, aber vielleicht ist sie doch zu etwas gut gewesen,* In einer Minute waren wir vor der Türe, unv der Fadensepp streckte im Gange draußen seine Glieder, Vas sie in allen Gelenken knackten. Auf dem Wege in das Hotel, in dem unser Retter abgestiegen, erzählte ich dem Riesen von meinem Briefe und er sagte bewundernd: „Habe ich nicht recht gehabt, als ich dich den weilen Jakob taufte? O, da drinnen ist auch etwas." Er schlug »ich dabei mit der Hand an die Stirne. Als wir in der viersihigen Kutsche davonfuhren, war das halbe Städtchen auf den Beinen. Ich schlug verschämt die Augen nieder, denn es war fast zu viel für den weise» Jakob. 7. Der Reisejakob. Dieser und der folgende Frühling umspanntcn ein arbettsvollcs und gesegnetes Jahr. Jener zweite Traum, den ich erzählte, halte sich wenigstens teilweise erfüllt. Ich war weiter gekommen durchs Wandern mit dem andern. Wir waren in der Stadt und wurden satt, und sogar der Dichter hatte einige Lichter aufgesteckt, wenn es auch nur Pfenuig- kerzlein waren. Was frische Kleider, ein frischer Mut, ge regeltes Leben und geregelte Arbeit, guter Schlaf und güte Hoffnung, freundliche Umgebung und kräftige Nahrung in Ancm Jahr in und an einem jungen Menschen sür Verän derungen bewirken können, ist merkwürdig. Ich kannte »nch selbst kaum wieder. Ich will euch den armen Jakob in seiner neuen verbesserten Auflage ein wenig schildern; nicht aus Eitelkeit, sondern, um zu beweisen, daß man den Mut und den Kopf nie ganz sinken lassen darf, sonst versinkt man selbst. Ich wohnte in einem schönen Zimmer, hatte ele gante Kleider, meine Haare waren mit Oel eingericben, die Stwsel blank und das Hemd weich! Auf meiner Oberlippe dämmerte schon ein Flaum» bärtchen und mein Spiegel sagte mir, daß ich gar kein übler Bursche sei. Aus der Hirschhaut, die gleichsam eine Puppe vorstellte, war ein frischfarbiger Falter gekrochen. Freilich wurde mir bei diesem Vergleich hie und da bange, ob die neue Herrlichkeit länger dauern werde, als ein Schmetter lingsleben. Ich war Erzieher, Begleiter, Pfleger und Vor leser bei dem Sohne des Herrn Rollenknopf, dem Herrn Vitus, der immer leidend war »nd bald Ruhe oder Aufhei terung, bald Belehrung oder Hebung verlangte. Ich war einige Jahre älter als er «nd trotz meiner lückenhaften Bil dung doch der rechte Mann für diese eigenartigen Verhält- niste. Das batte Herr Rollenknopf bald hcrausgefundeii und den ehemaligen Konzertmeister ohne Besinnen zum Hof, meifter gemacht. Meine Belesenheit und meine musikalischen Kenntnisse, meine in harter Schulung erkämpfte Frühreif« sowie meine frühere Lehrtätigkeit machten mich nicht ,-anz ungeeignet zu diesem Posten, den ich so gut wie möglich aus« zuslillen mich bestrebte. (Fortsetzung solgt.)
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