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Sächsische Volkszeitung : 02.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192509028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-09
- Tag 1925-09-02
-
Monat
1925-09
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 02.09.1925
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Hie Mms der ze«!f> - i'chjW Aus Abgeordneten! wird uns zum Austritt des Reichskanzler a. D. Wirth ans der ZentrumSsraktio» geschrieben: Die Zentrumssraktion des Reichstages stand in den letzten Wochen vor so schwierigen Problemen und Entscheidungen, das; nur derjenige ihre Haltung voll kommen verstehen und begreife» kann, der die Verhand lungen in der Fraktion mitgemacht hat. Ter Reichstag mußte das Auswertungsgesetz, die neuen Stcnergesetze und die Verabschiedung des Zolltarifs zustande bringen. Wäre der Reichstag auseinandergegangen, ohne in diesen drei großen Fragen der inneren Politik zu einem Abschluß zu kommen, io wären die wirtschaftlichen Auswirkungen geradezu katastrophal gewesen. Diese Tatsachen wurden auch von der in Opposition stehenden Sozialdemokratie aner kannt. Der Streit ging nur darum, wie diese Probleme parlamentarisch gemeistert werden konnten. Die Beratung der Auswertungs- und Steuergesetze im Plenum des Reichs tages hat gezeigt, daß durch die wochenlangen Beratungen ttii Plenum des Reichstages irgendeine wesentliche Aende- rung der Ausschußbeschlüsse nicht hat herbeigeführt wer den kbnnen. Bei der Beratung der Zollvorlage und deren Erledigung im Reichstag hat es sich nicht um einen Bruch der Geschäftsordnung des Reichstages gehandelt, vielmehr gestattet der Paragraph 42 der neuen Geschäftsordnung ausdrücklich, eine ganze Vorlage als Einheit im Plenum zu behandeln und'darüber in einer Abstimmung abzu- stimmen. Die Opposition verlangte zum Teil bis zu >00 Stunden Redezeit zur Zollvorlage für jede Fraktion. Auf diese Forderung konnten sich die Regierungsparteien nicht einlassen, weil der übermüdete und abgearbcitete Reichstag dann bis in den Herbst hinein hätte beisammen bleiben müssen. Im Zollkompromiß selbst wäre aber durch die lange Aussprache rein gar nichts geändert worden, weil dieser »ach den Ausschußbeschlüssen gemäß einer Verein barung der Mehrhcitsparteien zu verabschieden war. Da bei handelt es sich nur um einen vorläufigen Zoll tarif. Ohne die Verabschiedung der Zollvorlage wäre es unmöglich gewesen, die Handelsvertragsverhnndlungen fort- zuftthren. Alle anderen Staaten haben Schutzzollmauern um uns herum errichtet, und die Regierung braucht die Zollvorlage, um bei den Handelsvertragsverhandlungen mit gleichen Waffen kämpfen zu können. Kommen wir nicht alsbald zu Handelsverträgen, so wird unsere Wirtschafts not immer größer, die Arbeitslosigkeit würde zunehmen, und die Zeche hätte in erster Linie die deutsche Arbeiter schaft zu tragen. Aus diesen Gründen heraus hat die Zentrumssraktion sich für eine einheitliche Behandlung der Zollvorlage im Reichstag ausgesprochen und diese mit anderen Parteien dnrchgesctzt. Die Zentrumssraktion hat die taktische Hal tung eingenommen, die notwendig war, um den parlamen tarischen Erfolg sicherzustellen. Im übrigen besteht die Demokratie in der deutschen Poli tik nicht darin, den Mehrheitswillen des Volkes, wie er nun einmal bei den Wahlen zum Ausdruck kam, nicht zu respektieren. Die AentrumSfraktion kann mit der Sozialdemokratie im gegenwärtigen Reichstag als Mittel- Partei auf Grund der parlamentarischen Machtverhältnisse zurzeit mit der Rechten die gesetzgeberischen Arbeiten för dern und zum Abschluß bringen. In letzter Linie ist es daher das deutsche Volk selbst, das mit seiner Stimmen abgabe diese politische Entwicklung eingeleitet hat. Dabei liegen die Verhältnisse praktisch so, daß nicht das Zentrum der Rechten in den entscheidenden Politischen Fragen ent- gegengekommcn ist, sondern die Rechte hat sich der politischen Auffassung des Zentrums In allen wesentlichen Punkten an sch ließen müssen. In der Außenpolitik wird die alte Linie, die von Dr. Wirth und Marx festgelegt worden ist, fortgeführt. In der Auswcrtnngsfrage haben die Deutschnntionalen ihre frühere Agitationspolitik restlos anfgcben müssen. In der Steuor- frnge wurden starke soziale' Belange in die einzelnen Ge setze hineingearbcitet. In der Zollfrage sind die Getreidc- mindestzölle von 5 und 6.50 Mark gefallen, desgleichen wurde eine Reihe wesentlicher Verbesserungen bei den ein zelnen Positionen des Zolltarifs im Sinne der konsumieren den Bevölkerung dnrchgesctzt. Die Sozialpolitik wurde fortgesührt. Die Verhältnisse liegen praktisch so, daß, wenn die Sozialdemokratie Regierungspartei gewesen wäre, die znstandegekommcnen GcsetzgebnngSwerke ohne wesent liche Aenderungen auch von ihr'hätten angenommen werden müssen. Wer diese Gesamtverhältnisse objektiv prüft und berücksichtigt, der kann den Schritt von Herrn Dr. Wirth nur aufrichtig bedauern und zugleich der Hoffnung Ausdruck gebe», daß noch ein Weg der Verständigung gefunden wird. Allen Parteiangehörigen sei daher empfohlen, den be klagenswerten Schritt Wirths ruhig zu beurteilen und an dem Willen zu einer Verständigung unentwegt fest zuhalten. Die deutsche Zsntrumspartei muß einig bleiben, dann ist sie stark und in der Lage, ihre große nationale Aufgabe, die in der Rettung des Reiches und Volkes be steht, zu lösen. Dis Rose der Sewi Eine ziemlich wahre Geschichte von Ludwig Steub (6. Fortsetzung.) Alsbald ging er an den Schrank, aus welchem er seinen Malkasten herauszog, denn er fühlte, daß die alte Neigung zur Kunst wieder erwacht sei. Um ihr nach- znhängen, eilte er, seine Farben und Pinsel wieder her- zurichtcn, begann daun zu malen und malte drei Tage lang vom Morgen bis zum Abend. Dieses Mal hatte er auf den Wunsch der Mutter einen Gegenstand aus dem Evangelium gewählt, und zwar den heiligen Petrus, w,e er weint. (Matthäus 26. 75.) Gute Freunde, die i'hn näher kannten, behaupteten damals allerdings, er habe sich nur ausmalen wollen, wie sich unser Goethe mit unter auszuschreiben Pflegte, und der reuige Petrus deute eigentlich nur auf die Reue hin, die er selbst empfunden über so manche verlorene Zeit und so viel vergeudetes Geld. Das Bild könnte übrigens noch heutigcstages zu Langkampsen In der schönen Stube hängen, wenn es nichr ein unmoralischer Tourist einmal heimlisch mitge nommen Hütte. Es ist Mcrhanpt sehr traurig, daß das ehrliche deutsche Volk von der üblen Gewohnheit, fremde Bilder und Bücher einzustecken, gar nicht lassen will. Herr Hans Heiß zum Elefanten in Br'ixen beklagt sich bitter, daß es ihm nicht einmal mit fühlbaren Opfern möglich sei, seine kleine, aber auSerwählte Bibliothek von Neisebeschreibungen und Handbüchern vollzählig zu er halten, da alle Jahre gerade die besten Schriften in Ab gang kämen. Herr Roman Sieger zu Mühlbach und die Jungfer Scholastika am Achensee ergehen sich in denselben Klagen. Manche gebildete Wirte in Tirol erklären auch, sie würden nie mehr Bücher anschaffen und anflegen, wert sie doch alle den Weg des Fleisches gingen. Dies könnte allerdings nur eine gute Ausrede sein, wie denn der Mensch alles Denkbare aussinnt, um seine Nachlässig keit in der Anschaffung neuer Bücher möglichst zu maskieren. Wir aber hätten veilleicht den wunden Fleck nicht be rühren, sondern in unserer Geschichte fortfahren sollen, zumal da diese eben erzählen wollte, daß der Florian dazumal in den Abendstunden wieder zur Zither zurttck- kehrte, die er, wie schon erwähnt, auch etwas hintan ge MM«« MM «Weil jii «N (Eigener Beuron, Ende August 1025. Der „Fr i e d e n s b un d deutscher Katholiken" hielt seine 2. Jahrestagung in Beuron ab, in der Woche vom 18. bis 22. August. Unter den zirka 100 Teil- n'hmsrn bemerkten wir den Weihbischof Dr. Sproll von Rottenburg a. N„ den Erzabt Dr. Raphael Walzer aus Beuron, den protestantischen Pfarrer D. Nohleder, von Vellburg-Stöckenburg, Prinz Max von Sachsen, Frau Ab geordnete Sieberts (Karlsruhe) und andere Gäste. Er freulich waren die Shmpathieknndgebnngen von seiten der Hierarchie: Nuntius Pacelli, Kardinal Bertram, Breslau, als Vorsitzender der Fuldaer Bi'schofskonferenz Kardinal Schulte von Köln, Bischof Keppler von Rottenburg, Weih bischof Burger von Freiburg i. A. des Erzbischofs, hatten Begrüßungsschreiben geschickt mit manchem Programmati schen und anerkennenden Wort über das Ziel und die Arbeitsmethoden dieser organisierten pazifistischen Aktion im katholischen Deutschland. Zum Festakt am Donnerstag nachmitiag erschienen der Diözesanweihbischof Dr. Sproll und der Erzaöt von Beuron. P. Frz. Stratmann (Köln) sprach über das Friedeusbnudprogramm; daran anknüpfend trat der Diöze sanweihbischof in längerer Rede für die Bekämpfung der Kriegsromantik ein und richtete herzliche Worte der Er munterung an den noch jungen Friedensbund, dessen Aktion keine Härctikerarbeit, sondern eine ganz wesentliche Teil aufgabe in der allgemeinen Mission der Kirche selbst sei. Erzabt Dr. Raphael bekannte sein Interesse an der Arbeit dieses Gesinnungsbnndes und versicherte ihn der Anteil nahme: „Ihr sollt arbeiten, wir werden beten!" Die Lei tung der Tagung hatte Schulrat Dr. Miller (Hechingen); auf seine gewandte und energische Amtsführung setzet! wir zu ganz erheblichem Teil die große Aktivität und Ergiebig keit dieser Arbeitstagung. In der ersten Bundesversamm lung gab der Hauptgeschäftsftthrer, Kuratus Hinz (Perlm), einen Rückblick und Ausblick auf die Bundesarbeit, dem wir als Wesentliches das Folgende entnehmen: Die größere Festigung des seit 1920 bestehenden Bun des setzte 1926 ein, auf dem Freiburger internationalen Marc-Sagnier-Kongrcß: damals wurde die erste Fassung der „Richtlinien" geschaffen. Weitere Stärkung brachte die erste Reichstagung, 1924 in Hildesheim; von daher stammen die gegenwärtigen Richtlinien. Die Beuroner Tagung soll organisatorisch Weiterbanen, größere Geschlossenheit und Zielklarheit bringen. Als ein Shmptom innerer Erstarkung darf die literarische Aktion bewertet werden: Im Theatinerverlag (München) erscheint die Schriftenreihe „Der Friede Christi im Reiche Christi", bis jetzt 4 Nummern, die 8 wird die Stratmann—Mucker mann-Fehde bringen u. a.; dazu trat das Bundesorgan „Katholische Friedenswarte", bisher 8 Nummern; die „Katholische Deutsch-französische Korrespondenz" wird jetzt damit verbunden, als kulturpsychologisch recht werthaltige Ergänzung; und Stratmanns Friedensbuch kommt der Be wegung merklich zugute mit seiner offensichtlich starken Rückwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung bzw. -Um bildung. An den Realitäten der gegenwärtigen Psycho logischen Situation sieht die Bewegung auch nicht vorbei; Hinz wies auf die verschiedenen Hemmungen für die katho lische pazifistische Aktion hin. Trotzdem ist der Bund auch äußerlich vorangekommen. Gr zählt gegenwärtig 43 Orts gruppen mit zirka 2000 Mitgliedern (Geschäftsstelle: Berlin N 68. Pappelallec 60; Mitgliedschaft jährlich 2 M.>. Und als erste organisatorische Frucht der Beurer Tagung wur den drei neue Landesstellen gegründet; In Düsseldorf, in Freiburg für Baden, und in Hamburg: vorbereitet ist die Gründung einer bayerischen, in München. Als Tagungsort für die nächste Jahrestagung wurde Münster in Aussicht genommen. Als Gesinnungsbund muß es diese katholische Pazi- ftstengemeindc anlegcn auf größtmögliche Klärung oer Ziel- gedaiiken, Läuterung der Motive und Vervollkommnung der Methoden; ohne diese Vorarbeit würde alle Propaganda und Aktion der festen Linie und Durchschlagskraft erman geln. Auf diesem Gebiete wurde nun in Beuron gründ liche Arbeit geleistet, in den 6 Vorträgen, den Anssprachen und Beratungen. Kaplan Waibcl (Stuttgart) kenn zeichnet,: in seinem Vortrag über die Stellung des füi- s^piei-- uncj I. l-aueiigi-aben 10 ffemrpkeclie,-1870 Bericht.) deutschen Klerus zur katholischen Friedens« bewegung die gegenwärtige psychologische Situation de« Geistlichkeit, unterschied die vier Gruppen der Nationalisten, Neutralisten, heimlichen und aktiven Pazifisten, und formu lierte seinen Apell an die religiöse Führerschaft mit fol gender Resolution: „1. Auf Grund der Kundgebungen der Päpste, zumal seit der letzten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts kann die Haltung des deutschen Klerus nur christlich-pazifistisch sein. 2. Der deutsche Klerus lau» nie mals für ein System des Militarismus eintreteu, das wie der auf Schaffung der allgemeinen Wehrpflicht abzielt, um ausS neue die kommende Entwicklung des deutschen Volkes zu beherrschen. 3. Der deutsche Klerus muß gemäß seiner Aufgabe als Erzieher zu Gerechtigkeit und Liebe im Verein, in der Schule und auf der Kanzel darauf hinarbeiten, daß auch im Verkehr der Völker der Rechtsgedanke über den Machtgedanken siegt. 4. Der deutsche Klerus lann nicht anders, als mit Benedikt XV. geschlossen für die christ liche Ausgestaltung des Völkerbundes eiu- troten, weil diese Ausgestaltung am ehesten ein Weg zur Schaffung einer internationalen Rechrsiiistanz und damit zur Ueberwindiiug von Kriegen zu werden verspricht." Schulrat Dr. Miller (Hechingen) prüfte dieselbe Frage im Hinblick auf die Erzieherschaft; seine Revolution lautete: „Die 2. Ncichstaguug des FDK. betont einmülig ihre Ueberzeugung, daß der Friede nur erhalten bleibt, wenn das künftige Geschlecht tu der christlichen Vater landsliebe heranwüchst und fordert daher aufs neue eindringlich die Erziehung der Jugend in Kirche. E ternhaus und Schule im Geiste de,r Bölkerversöhnnng. Insbesondere fordern wir nachdrücklich, das; im öffentlichen und pri vaten Unterrichts- und Bildungswesen der Artikel 143 der Reichsversassung endlich ducchgesührt wird und er warten von Behörden und Parlamenten, daß künstig Ver letzungen seiner Bestimmungen unter keinen Umstanden mehr geduldet werden. Diese Forderung dehnen mir sinn gemäß auf das gesamte Gebiet der staatlichen, kirchlichen lind privaten Jugendpflege aus." Prof. Schmittmann (Köln) führte mit seinem Vortrüge über Föderalismus und Friedensbewegung >n den staatsphilosophischen Hintergrund des Kriegs- und Friedensproblems ein, enthüllte den noch weirhin herr schenden falschen neuheidnischen Staatsbegriff und stellte die Reinigungsarbeit am nationalen und Sraalsgedanken in Helles Licht, die der Protestant und Preuße Evnst. Fra ntz, der geniale Gegenspieler Bismarcks, längst geleistet hat. Die Aussprache hierzu klärte gewisse tagespolitische Be denken in dem Sinne, daß der Friedcnsbnnd deutscher Katholiken getreu seiner grnndsätzüch-welranschaulichen Leit linie sich nicht etwa auf ein föderalistisches, staatspoliti sches Programm festlegt. Prinz Max^ von Sachsen Vortrag zeigte den Widersinn der Haßgewinnung an der Hand der geschicht lichen Lehren über die jahrhundertelangen Beziehungen zwischen französischer und deutscher Kultnrentwickliing. Im Schluhvortrag gab Schriftsteller H. Rüster (Bonn) die Quintessenz des Jkakongresses in Oxford und der Inns brucker Akademikcrtagung, mit scharfer kritischer Zeichnung der Licht- und Schattenseiten in der katholischen Aktivität der Gegenwart. Der geistige Höhepunkt aber war P. Frz. Strat manns Stellungnahme zur Frage der Kriegsdienst verweigerung. Angesichts der Bedeutung dieser Frage und des immer ungestümer sich meldenden Drängens star ker Jugendkreise zur Entscheidung, wählte er dieses Thema stakr des vorgesehenen über Pancuropa und Völkerbund. Seine Ausführungen waren von der nüchternen Gedanken klarheit, die wir bei ihm kennen. In dicier Frage tzilft kein unklares Wenn und Aber, noch auch ein bloß gefühls» und willensmäßiges Draufgängertum. Die Antwort lau tet in dieser schwerwiegenden Zukunstsfrage Ja und Nein uno fordert den mittleren Weg zwischen den zwei Extremen der neuhetdnisch-mvralscheiicn S ta a ts verg ö tterun g und der revolutionären S t a a t s v e r n e i n n n g, die zu Unrecht auf einen u n e r le n ch t e t e n, rcligösen Fanatismus sich berufen möchte. ES geht leider nicht an, Stratmanns Gedankengang hier in ein paar Sätzen zusainmenzudrüngen; der Vortrag wird in der nächsten Nummer der „Katholischen Friedenswarte" veröffentlicht werden und eine solide Grund- lage für die unvermeidlich kommende Diskussion abgeben. Der Kongreß schloß mit der Lesung icnes Kapitels von der Liebe, in Paulus I Cor. 13, das seinesgleichen nicht hat in der Weltliteratur — hierin wie in der täglichen gottesdienstlichen Einleitung der Tagesarbeit blieb der Bund getreu seine'' religiösen Grundhaltung, die nichts anderes will, als die Köpfe und Herzen öffnen und er wärmen für die päpstliche Friedeiislosung — d. h. für die unerbittliche Konsequenz gelebten Christentums! — H. Rüster, Bonn. setzt hatte, und der Mutter wieder die alten lieben Weisen vorspielte, so daß sie sich oft eine Träne wegwischte. Für seine ländliche Umgebung suchte er aus dem früheren Wesen nur soviel beiznbehalten, als zur Siche rung der errungenen Lorbeer» notwendig schien. Er ging selten mehr zu den Scheibenschießen, zeigte sich aber desto öfter auf der Kegelbahn. Auch die Einladungen zu den Jagden waren ihm nicht unwillkommen. Den Faustkampf hatte er gänzlich eingestellt, aber auf den Vieh- und Jahrmärkten saß er gerne ein paar Ständ lein unter seinen Freunden, denen er dann bereitwillig etliche Halbe Wein zum besten gab. Znm Vorteil, vlöl- mehr zur Erziehung seiner bäuerlichen Gesellschaft suchte er auch noch die Trümmer seines Lateins zu retten. Wenn z. B. seine Stammgäste in die Zechstnbe zu Lang- kampfen einen Streit erhoben, heftig wurden »nd sich gegenseitig niederzuschreien suchten, so stand er plötzlich auf und rief in den Lärm hinein ein donnerndes: de austibnS non cstdisputandum, was die Leute so er schreckte, daß sie sofort stille wurden und ihn erstaunt betrachteten. Wenn sie ihn dann um den Sinn dieser Zaubcrjormel befragten, so erklärte er ihnen, was sie bedeute, und setzte lächelnd hinzu, da sie, die Bauern, doch immer mir über Geschmackssachen stritten, so sei es nicht der Mühe wert, so viel Getöse zu machen. In ein anregendes Verhältnis trat damals der Florian bon Langkampsen zu dem Valentin Hinterbichler von Walchsee. Diesen hatte er als Mitschüler bei den Fran ziskanern kennen gelernt und war mit ihm den langen Weg, der sie nach Hall und heimwärts führte, zu öfteren Malen auf und ab gewandert. Der Valentin war eigentlich auch zum geistlichen Stande bestimmt gewesen, wie unser Florian, war aber ebensowenig ans Ziel ge kommen, wie dieser und zuletzt bei seinem Vater gebne- bcn, um ihm bei der Haus- und Feldarbeit zu helfen. Doch zeigte sich binnen kurzer Frist, daß ihm diese Tätig keit nur wenig mehr entspreche, denn auch sein Gemüt hatte einen poetischen Strich, und wenn er zu Hause war, sehnte er sich immer in die blaue Ferne, in Gottes weite Welt. Darum suchte er. seinen Vater lange zu überreden, daß «r ihm entltche hundert Gulden au) die Hand gebe, und als er dies erreicht, fing er allerlei Handclschast mit Vieh und Holz an, wobei ev nicht unglücklich war und reichlich Gelegenheit hatte, gar weit umeinander zu fahren. Ncbrigens behielt auch der Valentin, wie der Florian, noch als Bauernknccht oder als Vieh- und Holzbändler, eine hohe Achtung vor einem ordentlichen Briese bei und um in diesem Fache nicht zurückznkomineii, setzten die beiden Freunde einmal auf dem Markte zu Knndl untereinander fest, sich alle sechs Wochen wenigstens einmal und zwar ausführlich zu schreiben, «in sich auf diese Weise mitzutcilcn, was sie wieder gelesen und ge lernt, auch etwa welche Reisen sie unternommen und wie diese ausgefallen seien. Im übrigen ergab der Florian sich jetzt ganz und gar der Landwirtschaft und trachtete, alles, was er gelernt latte, nützlich anzuwcnden. Kam er in die Stadt, so suchte er zumeist die bessere Gesellschaft auf, welche ba!d da, bald dort zu treffen war, je nachdem der Wein bald da, bald dort für besser erachtet wurde. Da er nii» so entschieden umgeschlagen hatte, so wurden auch ' ' Be ziehungen zu den Honoratioren, welche Wohl < : er kaltet waren, leicht wieder wärmer. Man vergaß so manchen jugendlichen Streich, der ihm ausgekoinine», und sah in ihm nur mehr den strebsamen und gediegenen Landwirt, den man in einem wohlcingerichteten Gast haus zu Langkampsen wohl auch gerne besuchte. Sein Keller, den er selbst besorgte, stand in ebenso gutem Rufs wie seine Küche, über welche noch die Mutter waltete. Frau Euphrosyne Wettenmoser war namentlich für ihre Speckknödcl, das Nationalgericht der Tiroler, berühmt, und auch jenen dunklen Trank, der aus Arabien stammt, dessen Namen aber idealisierende Schriftsteller io gerne umgeben, teils wegen seines unedlen Klanges, teils auch, weil sie nicht wissen, wie sie ihn schreiben sollen, auch ihn verstand sie so zu bereiten, wie ihn der geläu terte Geschmack unserer Zeit verlangt. Eines schöne» Morgens hatte sie nämlich den heroischen Entschluß ge faßt, mit Zichorien und Feigen für immer zu brechen und den Cafe oder Cafee, Caffe oder Caffee, Cafe oder Caffe, Käse oder Kafee usw. — jetzt müssen wir den leidigen Namen doch verwenden — nur rein und echt auf den Tisch zu bringen, ein Entschluß, der vielen an dern schönen Wirtinnen von Tirol noch so ferne liegt daß sie ihm wahrscheinlich ln diesem Jahrhundert nicht mehr nahe kommen werden. (ForNckuna folgt.)
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