Volltext Seite (XML)
Gladbach veranstalteten sozialen Kurse haben im letzten Vereinsjahre zngenvmmen, auch die Teilnehinerzahl ist be trächtlich gestiegen. Ter Ruhm gebührt vor allem den Bayern rechts des Rheins, die uns in diesem Jahre mit einem Zuwachs von fast 15 000 Mitgliedern erfreuten. Tie Zentrale hat, wie der Jahresbericht im einzelnen nachweist, die geistigen Waffen geschaffen, mit denen die Vertrauens männer schulen und mit denen ausgerüstet sic den Kamps aufnehmen können. So erhalten wir in jedem Vertrauens mann einen Schützen, der mit den Geisteswaffen, die der Volksverein ihnen liefert, ninzngehen und in den sozialen Kämpfen der Gegenwart seinen Mann zu stellen weis;. (Lebhafter Beifall.) Eine starke Zentrale in München- Gladbach. 20 000 so geschulte Geschäftsführer und Ver trauensmänner draußen im Lande — und der Vvlksverein muß und wird vorangehen (stürmischer Beifall) — im kommenden Jahre wie bisher, voran zu neuen Eroberungen und Siegen. (Langanhaltender, stürmischer Beifall.) .Hierauf nimmt (Generaldirektor Tr. Pieper das Wort zu seine:» Vortrag: Wen» wir, so begann Redner zu Anfang dieses IahreS der verflossenen vierzig Jahre deutscher Neici.seutwicklung gedachten, so erinnerten wir deutsch' Katholiken uns speziell auch dessen, was wir aus unserer Eigenart zum Ausbau des Reiches haben beitragen können in unserer politischen und vor allem in unserer sozialen Arbeit. Tenn wenn wir in der sozialen Gesetz gebung bahnbrechend vorgingen und für ihre Fortsührnng bis auf den heutigen Tag die sicherste Kerntrnppe stellen, so kam das nicht von ungesähr; es liegt darin, daß der Katholizismus bei jeder Auswirkung im öffentlichen Leben den ganzen Menschen mit all seinen wirtschaftlichen und po litischen mit seinen geistigen und sittlichen Interessen er faßt. (Lebhafter Beifall.) Redner betont dann, was die Katholiken der Lebensarbeit des Mannes, den wir den Bahnbrecher der katholischen sozialen Arbeit, ihren Lehr meister und Organisator mit Stolz nennen, den großen Mainzer Bischof v. Kelteler, verdanken. In Nissenschast licher Forschung und in praktischer Kleinarbeit mögen an dere ihm ebenbürtig oder zum Teil auch überlegen gewesen Win: an Einfluß auf den (Hang der katholischen sozialen Bewegung überragte er sie alle, dank seiner staatsmänni- schen Begabung, mit der er die großen Zusammenhänge zwischen de» Kulturkräften des Christentums und den Be dürfnisse» einer neuen eben aufsteigcnden Zeit durchschaute. (Lebhafter Beifall.) Er gab der katholischen sozialen Ar beit ein zweifaches: eine sichere und grundsätzliche Weg weisung im (beiße de? Christentums, eine Anleitung zur Meisterschaft in lebenskräftiger praktischer Kleinarbeit. Endlich aber bat Kelteler die deutschen Katholiken auch die erfolgversprechende Art und Methode der sozialen Arbeit gelehrt. Genau de» Weg, den er vorgezeichnet, ist in ihrer schrittweisen Turchsührnng unsere soziale Arteitergesel;- gebung gegangen. Tabei hatte er mit besonderem Nach druck auch die Berechtigung und die Notwendigkeit einer ge werkschostlicheii Selbsthilfe der Arbeiter betont. Wenn wir mit Stolz sagen, daß die deutschen .Katholiken in der staatsmännisehen Schule Windthorsts die recht" Art erfolg bringender staatsbürgerlicher Arbeit gelernt haben, so müssen wir zum anderen bekennen: in der Schule Kettelers haben wir schon vorher Programm und Methode frucht bringender sozialer Arbeit gelernt. (Lebhafter Beifall.) So ist das, was die deutschen Katholiken gegenüber der übrigen deutschen Bevölkerung und auch gegenüber den Katholiken anderer Länder als einzigartig in ihrer sozialen Arbeit auf- weisen und worum man uns so oft beneidet, in allen Teilen auf Kctieler zurückzusühren. (Lebhafter Beifall.) Mit ihm trat ans den Boden katholisch-sozialer Arbeit der Staats mann. der große Organisator. Wenn wir mit Dank zu Gott und in inniger Verehrung zu dem sozialen Bischof von Ketteler all dessen heute gedenken und zugleich das feierlich? Gelöbnis ciblegeu, daß wir in seinem Geiste sozial weiter arbeite» »vollen, dann flechten wir damit ein kostbares Blatt i» den Kranz, den bei der heurigen Huirdertjahrfeier seiner Geburt die deutschen Katholiken an seinem Grabe nieder- lege». (Lebhafter Beifall.) Inzwischen sind erschienen der Präsident des dies jährigen Katholikentages Graf Galen, der Bischof von Würzbnrg und der Titnlarbischof Wunsch, Apostolischer Vikar von Kilemandscharo. Tie statutenmäßig ansscheidenden Vorstandsmitglieder werden unter stürmischem Beifall durch Zuruf wieder gewählt. Bischof Tr. Ki r stein von Mainz, mit stürmischem Beifall begrüßi, sprach in seiner Eigenschaft als Mitglied - des Episkopates seinen Dank und seine Anerkennung für ^ die Arbeit des Volksvereins ans. Ich habe volles Ncr- , sländnis dafür, welche Riesenarbeit in M.-Gladboch geleistet , wird. Ich weiß, daß die Mitglieder des Zcntralvorstandes c voll durchdrungen sind von Liebe und Anhänglichkeit zun, katholischen Glauben, und daß sie Tag und Nacht sinnen, wie sie ihm helfen und nützen können. Eine große Verant wortung ist in ihre Hand gegeben, aber sie sind sich dersel- : den bewnßt und sie sind ihr gerecht geworden. (Beifall.) ' Hier in Mainz hat die Wiege des Vereins gestanden. Wer - hätte bei seiner Gründung gedacht, daß er sich zu einer sol- ! che» Größe entwickeln würde. Ich habe vor allem den ' Wunsch, daß der Volksverein in seiner Ausbreitung und in , seiner inneren Arbeit »ns für alle Zeiten erhalten bleibe i und daß er auch in den Bezirken eine Heimat finde, wo er ; bis jetzt noch nicht genügend gewürdigt worden ist. (Beifall.) ^ Ich habe ferner den Wunsch, daß er jederzeit in engster Fühlung mit dem Episkopat arbeiten möge, dann wird Gottes Segen stets mit seiner Arbeit sein. (Beifall.) Ter Episkopat hat nur den einen Wunsch, es möge Ihr großer Verein, der eigentlich alle anderen katholischen Vereine in sieh last, allezeit der Sache der katholischen Religion dienen, so daß ei» schlagfertiges Heer hinter dem Episkopat stehe» möge, um mit ihm zu kämpfen und zu siegen. (Stürmischer 'Beifall.) In diesem Sinne erteile ich Ihnen gern den bischöflichen Segen. (Stürmischer langhanhaltender Beifall.) Tie Versammlung empfängt knieend den Segen. Ter Vorsitzende des Volksvereins, Fabrikbesitzer B r andl s, dankt für die schönen Worte des Bischofs und spricht das Gelöbnis ans, daß der Volksverein allezeit im Einvernehmen »nd in engster Fühlung mit dem Episkopal arbeiten werde. (Stürmischer Beifall und Zustimmung.) Tas Wort ergreift hierauf der Präsident der General versammlung der Katholiken Deutschlands, Gras Galen: Was vor 'Jahren vorwärtsschauende Männer gewünscht und geahnt — der Volksverein hat das geschaffen: er hoi eine öffentliche katholische Meinung geschaffen (Beifall), darum gebührt ihm. gebührt vor allein seinen Führern herzinnigster Dank. (Beifall.) In einer jeden Pfarrei eine Ortsgruppe des Volksvereins — das liegt im Gerste unseres großen Kettelers, mit diesem Vorsatze wollen wir von hier fortgehen. (Beifall.) Reichs- und Landtagsabgeordneter Gröber: Was »vir erreicht haben im Volksverein — wir hätten es nimmer erreichen können ohne die Vorarbeit eines K-tteler. (Bei- fall.) Das Eigenartige des Volksvereins ist, daß er ein Verein ist zur Schulung und Bildung, wobei er alle Stände ohne Ausnahme umfaßt. Aber die praktische soziale Arbeit selbst überläßt er den Organisationen der beteiligten Stände. Der Volksverein ist ein Majsenbildungsverein, weil er sich sagt, daß die Gesundung unserer sozialen Ver hältnisse nur durch das Volk selbst, nicht von oben her er reicht werden kann. Wir wissen, daß die nie erlahmende Treibkraft jeder sozialen Arbeit christliche Nächstenliebe ist (Lebhafter Beifall), deshalb steht der Volksverein voll und ganz ans dem Boden der katholischen Kirche und er will wirken ans den Kräften der Kirche heraus. Alle seine Mit- glicder sind und bleiben treu gehorsame Söhne des Papstes und ihrer heiligen Kirche. (Stürmischer Beifall und Zu stimmung.) Damit habe er das Erbe Kettelers übernom men und dein Volke nutzbar gemacht. Deshalb sollte die Anteilnahme an den Bestrebungen des Volksvereins ein Stolz und eine Ehre für jeden Katholiken sein. (Stürmischer Beifall.) Was »vir »vollen, das ist nur das eine Wir »vollen im Volksverein wirken im Geiste der katholischen Kirche zum Wohle des katholischen Volkes und des gesamten deut schen Vaterlandes. (Stürmischer, lcmganhaitender Beifall.) Hierauf hält Rechtsanwalt Tr. v. N einestot h -Nagy- Karoly (Ungarn) eine Ansprache und erzählt die Fortschritts des ungarische»» Volksvereins. Er habe es bereits auf über 270 000 Mitglieder gebracht und er habe das eine erreicht, daß man bei »ms in Ungarn den Kulturkampf habe cin- stellen müssen. (Stürmischer Beifall.) Ich denke, daß ist ein Erfolg Ihrer Schüler, auf den Sie stelz sein dürfen. (Beifall.) Wir können daraus lernen, daß d»e Methode Ihrer Organisation die einzig richtige ist, nur ihrer recht zeitigen Anwendnng haben wir es zu danken, daß es bei nnS nicht auch schon zu französischen Verhältnissen gekom men ist. (Beisall.) Mögen die Völler und die Länder, bei denen cs »och nicht zu spät ist, sich das merke», und mögen sie das Beispiel der deutschen Katholiken nachahmen. (Stür mischer Beifall.) Vorsitzender Abgeordneter Jnstizrat Trimborn dankt dem Vorredner für seine schöne Rede und bittet ihn. den ungarischen Glanbensbrüdern unsere wärmsten Grüße zu übermitteln. (Stürmischer Beifall.) Wir stehen ain Ende unserer Versammlung. Ich glaube, »vir haben alle den Eindruck: Sie stand unter dem Geiste Kettelers, wie unseres Volksvereins Geist ist vom Geiste Kettelers. (Stür mischer Beifall.) Aber dabei »vollen »vir es nicht bewenden lassen; »vir »vollen diese Ueberzeugnng auch in die Tat Um setzen, »vir »vollen, jeder an seinen» Teile, werben an dein Volksverein. Das nächste Ziel muß sein: Jin Laufe weni ger Jahre eine Million Mitglieder. (Stürmischer Beifall.) Darum ans zur Tat! (Erneuter stürmischer Beifall.) Hierauf wird die Versammlung mit dem katholischen Gruße geschlossen. l - - -- - „Herr Meiner," hob der junge Indier verwirrt an, „ich weiß kaum, i» welche Worte ich meine Worte kleiden soll, »in» Ihnen nicht schwach zu er- »cheinen. Und doch kann ich nicht anders; ich bin überzeugt, daß ich iin Sinne meines verstorbenen Schwagers handle ich muß Sic bitten, es nicht zum Aenße.sten zu bringen." Sestsanierweise schien Herr Meiner durch diese Bitte nicht in» gering sten erzürnt. „Tat wird ganz von den Umständen und vor allen Dingen von dem Benehmen des Freiherrn abhüngen, »nein junger Freund. Ich bin in der Tat siir den Augenblick so außerordentlich versöhnlich gestimmt, daß ich gar nicht daean denken kann, die Familie des Freiherr» ins Unglück zu stürzen. Verstehen Sie mich aber Wohl," fuhr er ernster fort, „nur die Familie des Freiherr,, hält mich ab, gegen ihn öffentlich anszntreten, für ihn selbst dünkt mich keine Strass zu hart." „Ich danke Ihnen, Herr Meiner, Sie nehme» mir eine große Last von meine»» Herzen," sagte Inan lief ansaimend. „Aber nun bitte »eh Sie, Nora in ihre Neckte einznsetzen." „Vorerst, mein sungcr Freund, müssen wir den Freiherr» unschädlich machen." Kwie Herr Meiner lächelnd. „Nora ist in sicherer Hut. Dort sucht sie niemand, und am allerwenigsten wird der Freiherr sich dorthin »vagen." Nur ungern gestaltete Juan diesen Attsschub. Nora war das Ziel und die Seh:>'wl.t seiner Gedanken. „Cie werden »»ich begleiten,'Herr ValeSgnez, und zwar sogleich," fuhr He r Meiner fort. „Gehen Sie in Ihr Hotel und ordnen Sie das Nötigem», nur in einer Stunde zu folgen. Wir müssen unverzüglich handeln." kt). Vea den gnalvollslen Gedanken gefoltert, durehlvanderte der Freiherr ven Minlwip sein Gemach. A» allen Seiten sah er das mühsam errichtete Gebäude Wanken, ein leiser Anstoß, »nd eS brach in Trümmer, um ihn darun ter zu begraben. Und dach konnte' er die Hossnnng nicht anfgeben, das; Doktor Jules die sich gestellte Aufgabe erfüllt habe. Tann war nichts verloren. Niemand würde das Neckst haben. Rechenschaft von ihn» zu fordern, er hatte vollständig rechtlich gehandelt. Aber wenn des Doktors Plan scheiterte? Gewaltsam unterdrückte er diese» Gedanken. Der Plan durfte nicht scheitern. Mit Ungeduld sah er der Rückkehr seiner Fra» »nd seiner Tochter entgegen, die heute oder morgen er folgen sollte. Line Reihe von Festlichteiten und glänzender Gesellschaften würde ''hm die nötige Zerstreuung und vielleicht die verloren- )I he wieder bringen. Unter solchen Gedanken bereitete sich der Freiherr vor. seiner Ge- mahlin and Tochter entgegenznrcisen. Er hatte dem Diener Befehl gegeben, d.'v. kleine» Handkoffer zu packen, und schon war der kleine Wagen vor der Türe, der den Freiherr»» znn» Bahnhofe bringen sollte, al-Z plötzlich die Glocke la-.t durch das Hans tönte. Wie kan» eS, das; der Freiherr heftig erbebte und sein Gesicht leichen blaß nmede? War cs die ,»»bewußt- Ahnung, das; der Augenblick gekommen — 87 — sei. wo das ganze mühsam äusgerichtete Gebäude seines Betruges znsammen- stäizen sollte? Wenn der Freiherr noch daran gezweiselt hatte, so wurde ihm diese Besüreblnng zur Wahrheit, als er jetzt den Advokaten Meiner in Beglei tung Inan ValeSgnez in das Zimmer eintrcten sah. Er wollte ausstehen und beide» mit der gewohnten Liebenswürdigkeit und ausgesuchten Höflichkeit entgegen gehen, aber die Glieder versagten ihm den Dienst und seine Zunge brachte keinen Laut hervor. Herr Meiner trat dicht an den Freiherrn heran. „Herr von Minkwitz ich komme au Aufträge eines Toten — ich komme, um Nora von Ihnen zu fordern'" - Ter Freiherr gab keine Antwort — mit glanzlosen Angen starrte er den Sprecher an. „Lange genug habe» Sie dein Willen des Verstorbenen zuwider Nora bei sich behalten." „Wer sagt es, daß es dem Willen des Verstorbenen zuwider war," schrie de.' Freiherr ans, das Antlitz von Schrecken entstellt. „Tarübcr verweigere ich Ihnen jede Auskunft — das Testqment Walter von Minkwitz wag reden." „Das Testament? ES ist kein Testament vorhanden!" „Herr von Minkwitz," sagte Meiner mit tiefem Ernste, „ich bin ge- komme», um Rechenschaft von Ihnen zu fordern!" T;r Freiherr war wie erstarrt. „Ich lege auf alles Beschlag," fuhr Meiner fort, „was sich im Nachlasse Wstilters von Minkwitz befunden hat. Zehntausend Taler gehörten Ihnen, und ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich jene zehntausend Taler als längst verausgabt betrachte. Herr von Minkwitz, Sie werden sich nicht widert setzen, Sie werden mich nicht zwingen »vollen, die Staatsanwaltschaft mit Tinge» bekannt zu machen, die ich um Ihrer Frau und um Ihrer Tochter »rillen lieber verschwiegen hätte!" — Der Freiherr »vor machtlos. Zorn und Wut preßten ihm die Brust zusan me» „Tun Sie, was Sie wollen, Herr Meiner, ich werde mich zu verteidi gen wissen I" „Dann, Herr von Minkwitz, habe ich hier kein Wort weiter zu verlieren — im Gefängnisse werden Sie Zeit haben, darüber nachzudenken. ob es nicht beste» gewesen wäre, sich rechtzeitig zu nnterwerfen." Der Freiherr lachte höhnisch, er glaubte nichts von allein, was Meiner sagte. Malter hatte nicht von einem Tcstamcnte gesprochen, als er ihm seinen letzten Willen knndgab. „Herr von Minkwitz." mischte sich jetzt Juan Valesqnez ein, zwingen Sie mich nicht, eine feindliche Stellung gegen Sie einzunehmen, ich wünsche e-Z zu vermeiden: oelen Sie Noras Erbteil zurück und alles sei vergessen." Mit Blicken ttnanssprechlichcn Hohnes maß der Freiherr den Sprecher von oben t is unten. Ein teuflisches Lächeln spielte um seine schmalen, fest zu- sa» »in »gepreßten Lippen. „Noras Erbteil »vürdc doch nur ihrem Gatten auSznliesern sem." sagte- er langsam, ;edes Wort betonend. Der Advokat und Inan blickten sich fragend in.