Volltext Seite (XML)
8 Plauen. Um den vielen Festlichkeiten nur einiger matzen aus dem Wege zu gehen, feierten die verschiedenen Bereine unserer Gemeinde ein gemeinsames Stiftungsfest ,,nd zwar anlätzlich der Kirchweih. „Kirmes im Dorf, hei welch Gedräng'I" Diese Worte aus dem gleichnamigen Liede von Meyer-Olbertleben paßten genau auf die Feier. Konnte doch selbst der sprichwörtliche Apfel nicht zu Boden fallen. Nach den einleitenden Musikvorträgen der Stadt kapelle ergriff Herr Pfarrer Rothe das Wort zur Begrü ßungsansprache. Ec bot den Erschienenen den Willkom- mengiuß und besonders dem Herrn Pfarrer Kirschenbaue.: aus Werdau. Das Fest solle die Glvubensfreude der Ge meindemitglieder stärken. Wir wollen treue Katholiken und Patrioten sein. Mit einem begeistert ausgenommen«» Hoch auf die geistlichen und weltlichen Obrigkeiten schloß die Ansprache. Unter der bewährten Leitung des Herrn Organisten Nitzsche sang die „Eäcilia" das Ehorlied „Der Herr ist mein Hirte". Die Festrede hatte H'rr Pfarrer .Kirschenbauer aus Werdau übernommen. Redner führte ungefähr folgendes aus. Die Katholiken Plauens kommen ihm vor, wie die Soldaten in der Schützenlinie, die sich formieren und endlich aus sicherer Deckung zum Sturme Vorgehen. So sei auch die katholische Gemeinde in letzter Zeit oft au die Oeffentlichkeit getreten. Das sei lobens wert: denn nur durch Kampf kann man den Angreifer zu- rückschlagen. Ein Artikel in den „Leipziger Neuesten Nach richten" zeige deutlich, daß man uns nur als Staatsbürger zweiter Klasse betrachte, die keine Rechte haben, aber Steu ern zahlen sollen. Die Katholiken Sachsens müssen sich emporarbeiten. Kein sogenannter Reformator habe das Prinzip der Freiheit durchgeführt, höchstens nach dem Rezepte, wie eS der sächsische Sozialdemokrat habe: Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schä- del ein. In katholischen Ländern katholisch zu sein, ist keine Kunst, aber unter Andersgläubigen katholisch zu sein, dazu gehört Charakter. Und wer den Sturm siegreich be standen, dem gebühre der goldene Reif des Martyriums. Der Katholik soll Gott für seinen Glauben danken. Alle Reformatoren sind längst Staub geworden, nur die katho lische Kirche steht noch fest. Der Redner schloß mit den Worten: t'Iirintim vincit, Obrintu« ra^nat. Obrintn» triniriptmt. Stürmischer, langanhaltcnder Beifall folgte den herrlichen Worten. Darauf bot die „Eäcilia" noch zwei Chorlieder. Fein uüanciert war „Sonntag", während der Feststimmung angemessen „Kirmes im Dorfe" war Reicher Beifall folgte beiden Vorträgen. Den Schluß bildete das humorvolle Theaterstück „Villa Bellevue". Tie Zuhörer kamen aus dem Lachen gar nicht heraus. Bis in die frühen Morgenstunden hielt der Tanz die Erschienenen beisammen. Alles in allein: Die Kirmes ist sehr schön ver laufen und jeder ivird wohl befriedigt gewesen sein. Den Mitwirkenden sei auch an dieser Stelle herzlicher Dank ausgesprochen. 8 Schwarzenberg. lKath. Männerverein.) Sonntag den 17. Sept., nachmittags Uhr ordentliche Monats Versammlung im „Felsenkeller". Kirche und Unterricht. tc Zu», Kampfe um die Schule. Aus dem Stenogramm der Derhandungeu der letzten Tagung des Preußischen Rektorenvereins teilt die „Pädagogische Zeitg." folgende Einzelheiten mit: „3. Kirche und Schule. Referent Rektor Schlegel: „Die Kirck)e hat ein lebhaftes Interesse an der Schule, denn die Schule hat einen Teil der Aufgabe der Kirche zu erfüllen übernommen, und zwar einen wichtigen, die religiöse Versorgung der Jugend. Es muß ihr etwas daran liegen, zu wissen, daß diese Aufgabe im Sinne und Geiste der Kirche erfüllt wird: es muß ihr etwas daran liegen, daß die im Religionsunterrichte gebildete Anschau ungsweise nicht wieder zerstört wird durch die Unterrichts wirkungen in anderen Fächern. Die Gesetzgebung der letz ten Jahre ist nun bemüht gewesen, den berechtigten kirch lichen Einfluß auf die Schule sicherzustellen. Es soll dies geschehen durch die konfessionelle Erziehung der Lehrer, durch die Mitwirkung kirchlicher Organe bei der Prüfung der Lehrer, durch die Mitwirkung der Geistliäien in den Schulvorständen und Schuldeputationen und durch die be sondere Aufsicht des Religionsunterrichtes durch die Geist lichen." — Dazu bemerkt die „Köln. Volkszeitg.": Von liberaler Seite versucht man bekanntlich, das Rektorensystem nicht nur gegen die geistlicl)e Schulaufsicht, sondern gegen jeden kirchlichen Einfluß in der Schule auszuspielen. Aus dem Referate des Rektors Schlegel geht hervor, daß der Preußische Rektorenverein diese Kampfesart nicht mit- machen will, sondern im Gegenteil das Anrecht der Kirche auf die Schule anerkennt. Wir bemerken jedoch, daß die Gesetzgebung der letzten Jahre es unseres Erachtens nicht vermocht hat, den berechtigten kirchlichen Einfluß völlig sicl-er zu stelle». Weder das Maß noch die Art desjenigen Einflusses, der bisher sichergestellt wurde, kann uns ge nügen. Insbesondere sind uns dafür, „daß die irn Reli gionsunterrichte gebildete Anschauungsweise nicht wieder zerstört wird durch die Unterrichtswirkungen in anderen Fächern", keine genügenden gesetzlichen Garantien gegeben. Immerhin ivird die Sachlichkeit des Referates allgemeine Anerkennung finden und einer Verständigung den Weg bahnen." Vermischtes. V Wie in Italien antiklerikale Skan dal g e s ch i ch t e n entstehen. Unter dem Titel „Men schenfreundliche Ordensbrüder" erzählten neulich sozial demokratische Blätter kzum Beispiel Rhein. Zeitg. Köln vom 26. August), die italienische Negierung habe beschlossen, ein Dominikanerkloster in Somma Vesuviana bei Neapel in ein Krankenhaus nmzuwandeln. Die Dominikaner mönche hätten sich aber dagegen gewehrt und die Polizei organe, die das Kloster räumen wollten, mit Gewalt zu rückgewiesen. Wie nun die Zentralauskunftsstelle der ka tholischen Presse (Frankfurt a. M.) mitteilt, gibt es in Somma Vesuviana überhaupt kein Dominikanerkonvent, wohl ist dort ein altes Karmeliterkloster, dessen Kirche dem heiligen Dominikus geweiht ist. Die Antiklerikalen der Gegend hatten beschlossen, die Karmelitermönche zu vertrei ben, weil die Gemeinde ihnen wegen ihrer Wohltätigkeit angeblich gewisse Begünstigungen zuteil werden ließ. Um zu ihrem Ziele zu gelangen, versuchten sie eS mit einer Skandalgeschichte. Sie verbreiteten eine Photographie, die einem der angesehensten Mönche mit der Tochter eines wohlhabenden Bürgers als Brautpaar darstellte und setzten das Gerücht in Umlauf, die Mönche huldigten den schlimm sten Lastern, das Kloster sei ein Ort ärgster Unsittlichkeit. Auch sei in dem Kloster die Cholera ausgebrochen. Wie Las klerikaler Sympathien nicht verdächtige „Giornale d'Jtalia" meldet, hatten die Gegner der Mönche ihre be stimmten Zusammenkünfte in einem Cafch von wo aus die Verdächtigungen gegen den Konvent verbreitet wurden. Ihr Anführer war der Beigeordnete Monti, der die Polizei alarmierte und sich mit mehreren Schutzleuten zu den: Kloster begab, um es räumen zu lassen. Als die Mönche den Beigeordneten mit den Polizisten kommen sahen, läu teten sie die Glocken und sofort erschienen zahlreiche Bauern, die sich vor dem Kloster aufstellten und einen Angriff mit Gewalt abzuwehren drohten. Jetzt nahm sich der Präfekt des Vorfalles an und leitete eine Untersuchung ein, wöbe' sich folgendes herausstellte: Die Anklagen gegen das Kai- meliterkloster beruhen auf Erfindung. Zur Herstellung der Photographie hatte man sich ein Bild des Ordens- n.anneS und ein solches des in Frage kommenden Mädchens t erschafft, man vereinigte beide zu einem Bilde und ließ dies in zahlreichen Eremplareu photogravhieren. Zuc c.-itung der Photographien und der Verleumdungen gegen das Kloster bediente man sich einer Angestellten des Easähauses, das der antiklerikalen Klique als Versamm lungslokal diente. Diese Person legte vor dem Unter suchungsrichter ein umfassendes Geständnis ab und er klärte, die Antiklerikalen hätten ihr eine Belohnung von 1000 Lire versprochen, wenn die durch sie verbreiteten Ver- leumdungen zur Aushebung des Klosters führen würden. Auch die Choleragerüchte stellten sich als blanke Erfindun gen heraus. Die Staatsanwaltschaft wird die Veranstal ter des Putsches gegen das Kloster zur Verantwortung ziehen. Das in die Affäre hiueingezogene junge Mädchen hat gegen den Beigeordneten Monti und die Cafäangestellte .Klage erhoben. v Ein Ersatz der „Pferdestärke": Kilo watt oder Neu Pferd. Der Ausschuß für Einheiten und Formelgrößen in einer Arbeit, die er in der „Zeit schrift des Vereins Deutscher Ingenieure" veröffentlicht, schlägt das „Kilowatt oder Neupferd" als neue technische Einheit der Leistung vor. Sie ist praktisch gleich 102 Kilo grammeter in der Sekunde und entspricht der absoluten Leistung 10'o in der Sekunde. Die neue Einheitsbe- Zeichnung soll lauten: AL. Literatur. An die Spitze unserer literarischen Uebersicht stellen wir die Besprechung einer wichtigen Neuerscheinung zum Kapitel der Nekrutenfllrsorge. Es ist der Bericht über die zweite Konferenz der Militärfürsorge katholischer Vereine Deutschlands am 21. und 22. Februar 1911 zu Mainz. Der selbe enthält vier vollständige Referate: „Zweck, Mittel und Erfolg der Militärsürsorge" (Divisionspfarrer Dc. Mühlenbein-Paderborn), „Die Besonderheit der geschlosst- uen Exerzitien" (!'. Elpidius O. kV Ll.-Wcrl), „Die Pro paganda für die geschlossenen Exerzitien" (Pfarrer Beelert- Mllnster i. W.) und „Die Hauptwege der religiös-sittlichen Rekrutenvorbsreitung außerhalb der geschlossenen Exer zitien" (Provinzial I'. Kassiepe O. dl. ll.-Hünfeld). Ohne Zweifel liegt hier die zurzeit beste und für alle Interessen ten unentbehrliche Neueinführung in das gesamte Gebiet der Nekrutenfürsorge vor. Alle einschlägigen Fragen sind für die Praxis heraus von sachkundiger Seite behandelt. — IC! — Und mit beiden Händen ihr enganschließendes, modefarbenes Kleid aufraffend, so daß ein Paar durchbrochener rotseidener Strümpfe und hoch hackiger Stiefeletten sichtbar werden, tänzelt sie davon. In unbeschreiblicher Aufregung blickt Erick ihr nach. Das Mädchen hat die Wahrheit gesprochen — er fühlt cs . . . Warum bat Lorenz zeucs Gerücht in Umlauf gesetzt, er habe Karin Lewis geheiratet? Warum verbirgt er den wahren Namen seiner Frau? . . . Und wenn jenes arme Geschöpf, das er als Karin Lewis nusgibt, gar nicht seine Frau wäre? Wenn sie wider ihren Willen von ihm gefangen gehalten würde? . . . Barmherzigkeit! Das Blut hämmert iu seine» Schläfen. All jene Ereignisse ziehen plötzlich a» seinem geistigen Auge vorüber: Lorenzens erster Besuch in Schloß Sandsgaard . . . seine krankhafte Erregung beim Anblick von Jngeborgs töd licher Blässe . . . der Zettel, den der Bettler ihr bald darauf zustecken wollte . . . das völlig veränderte Wesen des Mädchens, selbst der geliebten Tante gegenüber . . Lorenzens ersichtliche Verlegenheit, ja Angst, als er, Erik, nach Jngeborgs Verschwinden abends unerwartet bei ihm eintrat Und nun noch die Entdeckung mit jener Karin Lewis! Wäre es mög lich, daß seine verklärte Gerda ihm den Weg gezeigt, wie er dem nichtswürdi gen Verbrechen auf die Spur kommen und Jngeborg auffinden kann? . . . In fieberhafter Hast winkt er einen Wagen heran. „Jonas-Gehölz Nr. 6, so schnell Sie können! Sie erhalten doppelte Taxe. Und halten Sie au der Straßenecke vorher! Verstanden?" „Ja, Herr." Erik springt in den Wagen, und fort geht's in rasender Eile. Die Gedanken Wirbeln in Eriks Kopf. Wenn es wirlich Jngeborg sein sollte . . . und er zu spät käme! Auf dem Bureau sagte man ihm, Frau Jespersen läge im Sterben . . . Nein! NeiilN Nein!!! ES kan» ja nicht sein! Sein Hirn leidet unter irgend welchen Halluzinationen. Lorenz ein gemeiner Verbrecher? Gerdas Brudex? Sein eigener früherer Freund? Unmöglich! . . . Mit scharfem Ruck hält der Wagen an der Ecke des „Jonas-Gehölz". In fieberhafter Erregung springt Erik heraus und bedeutet dem .Kutscher, hier zu warten. Dann biegt er in die schmale Gartenstraße ein. Der Nebel ist hier draußen noch undurchdringlicher, als in der Stadt. Wie verhängte riesige Glaskugeln erschimmcrn die Laternen in dem dicken Graugelb. Langsam tappt Erik weiter, immer an den Gittern der Gärten entlang. Vor dem fünfte» Tor bleibt er stehen. Ist dies daS gesuchte Haus? Kein Schild mit irgend welcher Nummer zu sehen. Kein Name — nichts. Er rüttelt am Tor. Es ist verschlossen. Er sucht noch einer Glocke. Vergebens. Wenn nur jemand käme, den er fragen könnte! Mit wildpochendem Herzen geht er vor dem Gitter auf und ab. Die Straße scl-eint völlig menschenleer zu sein. Nirgends auch nur das geringste Geräusch. — 114 — In bebender Unruhe richtet er seine Blicke auf das hinter dürrem Ge strüpp und herabhängenden Baumzweigen in unsicher» Umrissen erkennbare Haus. Er strengt seine Augen fast übermäßig an, um den Nebel zu durch dringen. Richtig, dort schimmert ein mattes Licht! Erhellt es das Zimmer, in dem die arme Jngeborg weilt -- Sigrid Arnoldsens Liebling? . . . Er schaudert. Noch einmal rüttelt er am Tor. Es gibt nicht nach. Mechanisch zieht er die Uhr. Halb neun! Schon so spät! Und noch nichts erreicht! Soll er rufen? . . . Das würde die Insassen des Hauses stutzig machen und vielleicht sein Vorhaben vereiteln. Was also tun? Er grübelt und grübelt, während sein Herz fast zum Zerspringen klopft. Doch halt! Hört er nicht Schritte? .Hastige, eilige Schritte? . . . Ohne Zweifel — es kommt jemand die Straße daher. Nun löst sich auch eine lange, dunkle Gestalt aus öem Nebel — dis Umrisse eines Mannes. Erik tritt etwas zurück, um ihn vorbei zu lassen. Doch der Mann bleibt vor dem Tor stehen. Gleich darauf knirscht ein Schlüsstl im Schloß. Mit ein paar Sprüngen ist Erik bei ihm. Erschrocken wendet ihm der Mann dos Gesicht zu. Es ist — Jakob. Ein Freudenschrei entringt sich Eriks Brust. Er hat den Menschen so fort erkannt, trotz dessen äußerlicher Veränderung. Wie mit eisernem Griff umklammern seine Hände den Arm des Ex-Bettlers. „Habe ich dich endlich, Schurke!" ' Eriks plötzliches Auftauchen übt eine solch lähmende Wirkung auf Jakob aus, daß er sekundenlang bewegunglos in das zornglühende Gesicht vor ihm blickt. Erst nach einer Weile findet er seine Fassung wieder. „Lassen Sie mich los!" knirscht er, seine Angst hinter einer frechen Miene verbergend. „Was wollen Sie von mir?" „Elender du!" stößt Erik verächtlich hervor. „Du weißt ganz genau, warum ich hier bin!" Vergebens sucht Jakob, dis Hände des andern abzuschütteln. „Lassen Sie mich los!" wiederholt er wütend. „Ich habe Ihnen damals alles gesagt, was ich über das Mädchen wußte." „Du lügst!" „Ich lüge nicht! Ich Hab' hier in Christiania eine anständige Stellung gefunden und will nicht, daß Sic mich belästigen. Verstanden?" Erik überlegt . . . Was soll er mit dem Menschen da anfangen, wenn er beim Lcngnen bleibt? Und inzwischen stirbt vielleicht dort in dem kleinen Hause Jngeborg, das bemitleidenswerte Opfer eines ungeheuerlichen Ver brechens! . . . Plötzlich zuckt ein Gedanke durch sein Hirn. An seiner Nhrkette hängt als Berloque eine kleine silberne Pfeife, mit der man Hunden zu pfeifen pflegt — das letzte Geschenk der kleinen Gerda. Jetzt heißt es, zur List seine Zuflucht nehmen. Vielleicht gelingt siel „Sehen Sie hier! —" sagt er, seine Stimme zur Ruhe zwitrgend. „Wenn ich mit dieser Pfeife ein Signal gebe, sind sofort mehrere Polizisten zur Stelle.