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Zweites Blatt Nr. 185 Sächsische BolkSzeltung vom 15. Auqust IttN Die katholischen Heidenmissionen. Provinzial ?. Max Kassiepe OKI. dl I.. Hünfeld, verbreitete sich in der öffentlichen Festversammlung am Montag, den 7. d. M., auf dein Mainzer Katholiken tag über die katholische Heidenmission der Gegen wart. Aus seiner tiefen Kenntnis des Missionsivesens schöp fend, führt Redner eingangs aus, daß zwar 13 000 Priester. bOOO Brüder und 19 000 Schwestern auf dein Missionsfelde tätig seien, daß aber angesichts der reifen Ernte diese Zahl viel zu gering sei. Sie müssen alle helfen, ruft er den Ka tholiken Deutschlands zu, daß unsere Missionsarbeit den Anforderungen der Zeit gerecht wird, und Sie können alle helfen, jeder nach Maß seines Vermögens und Berufes. Wenn Christus der Kirche den Missionsbefehl gab, so galt dieser nicht allein für. den heiligen Vater und für die Prie ster, denn diese machen allein die Kirche nicht aus, der Mis sionsbefehl richtete sich an die Gesamtheit unserer Kirche. Christus hat gewollt, daß alle Seelen gerettet würden. Wohl ist richtig, daß der sichtbare Anschluß an die kirch liche Gemeinschaft nicht unersetzlich ist, daß derjenige, der auS unverschuldeter Unwissenheit ihr äußerlich fernbleibt, durch sein ernstes Verlangen nach der Wahrheit gerettet werden kann. Trotzdem tragen wir alle an der Missions pflicht. Man fragt: müssen wir nicht zunächst der Not im eigenen Lande abhelfen? Ich kenne die Not im eigenen Lande, ich habe die Not der Seelen gesehen in den Industrie zentren, in den Großstädten, in den Diasporagegenden und das Herz blutete dem Priester, als er die Not sah. Und doch spreche ich das Wort aus: Wir dürfen der Heidenmis sion ob der Not im eigenen Lande nicht vergessen. Ich möchte das Gelöbnis eurem Herzen entlocken, daß ihr Apostel mit glühendem Herzen für die große Mission unter den Heiden würdet. Die Arbeit unter den Heiden schafft Segen in der Heimat. Dort, wo in Deutschland am meisten für die Missionen geopfert wird, fließen auch die Gaben stir den Bonifatiusverein und für alle kirchlichen Bedürf nisse des Inlandes am reichlichsten. Dort steht auch das katholische Leben in der schönsten Blüte. Die Missionen ver langen Missionshäuser in der Heimat und diese werden zu einem Segen für ihre Umgebung. Wer an der Ausbrei! mg des Glaubens kräftigen Anteil nimmt, wird von einem lebendigeren Glauben erfüllt sein. Sie müssen die Heiden mission unterstützen, weil sich derselben heute unwiderbring lich günstige Gelegenheiten darbieten und die Eile nottut. Die heidnischen Religionen sind ins Wanken geraten. Buddhismus, Konfucianismus, Hinduismus, jr sogar der Islam stehen vor einer Krisis. In Afrika droht uns zwar der Islam Gefahr, aber für Indien, China, Korea und Japan bieten sich jetzt unbegrenzte Möglichkeiten zur Christianisierung. Wenn die gewaltige Völkerilut im fer nen und nahen Osten während des nächsten Jahrhunderts nicht zum Christentum hingelenkt wird, so wird sie in weni ger als 100 Jahren daS ganze Abendland in Schrecken setzen und vielleicht unsere christliche Kultur vernichten. Wer den Drang zur Mission lebendig in sich fühlt, der möge Vater und Mutter verlassen, bereitet ihm keine Schwierig keiten, denn gibt es ein schöneres Glück für Eltern, als wenn die Kinder als Streiter Christi hinausziehen, um hungern- den Seelen das Brot deS Lebens zu bringen? Sind aber mehr Missionare notwendig, so haben wir Missionshäuser in der Heimat nötig, in denen sie ausgebildet werden. Die Protestanten sind hier an keine Schranken gebunden, wohl aber wir Katholiken. Möchten daher unsere katholischen Volksvertreter niemals ermüden in dem Kampfe für diese heimatlichen Pflanzstätten. Wer zum Missionswerke selbst nicht berufen ist, der kann es unterstützen durch Beiträge, durch den Beitritt zu den zahlreichen Missionsvereinen, durch Unterstützung der Missionsliteratur und Missions- Wissenschaft. In jedes katholische Haus gehört eine Mis sionszeitschrift. Als die schönste empfehle ich die Katholi schen Missionen von Herder. An die Seelsorger möchte ich die Bitte richten, mehr als bisher die Heidenmission zu predigen, damit unser Volk über ihre Bedeutung aufgeklärt werde. Kanzel. Christenlehre, Kommunionunterricht müs sen, wie Fürst Löwenstein in Breslau betont hat, in den Dienst der Missionen gestellt werden. Eine Unterstützung aber können Sie uns alle zuteil werden lassen, auch der Acrmste: Ihr Gebet. Was nützt dem Missionar sein Ar beiten, wenn die göttliche Gnade fehlt. Beten Sie heiß und innig und das Reich Gottes, das Reich des Himmels, das Reich der Glückseligkeit wird zu uns kommen und zu den Heiden. (Stürmischer Beifall.) Die vierte Waffe. (Boa unserem Pariser ^-Mitarbeiter.) Im guatriüma arm« ist die Flugmaschine. Die Aviatik ist nun aus dem rein sportlichen Nahmen heraus- getreten und für praktische Verwirklichungen reif ge worden. Man weiß, daß die leitenden französischen Militär behörden den techischen Errungenschaften und Verbesse rungen eifrigst nachspüren, um sie sofort zu ihren Spezial zwecken zu verwerten. Am Vorabend der großen franzö sischen Manöver und des vom Kriegsministerium im Sep tember in Chalons geplanten Fachwettbewerbes ist eine kurze Zusammenfassung der dem Studium noch unter worfenen Aviatikprobleme von aktuellem Interesse. Eindecker oder Zweidecker? Einsitzige oder zweisitzige Flugmaschinen? Ist es zweckdienlicher, die Höchstgeschwin digkeit zu opfern und dem Flieger noch einen strategie kundigen Beobachter beizugcben? Das sind Fragen, die im Vordergründe der zurzeit lebhaft geführten Kontro verse stehen und deren Beantwortung die praktischen Experimente größeren Stils anstreben. Die bei den neulichen großen Wettflugen gemachten Erfahrungen sprechen für den Eindecker, wenn es gilt, große Strecken rasch zu absolvieren oder die Hindernisse ungünstigen Wetters und ungünstiger Luftströmungen zu überwinden. Nichtsdestoweniger hatte anläßlich des vom „Journal" veranstalteten europäischen Rundfluges ein zweisitziger Zweidecker (Militärmodell) einen sehr guten Rang behaupten können. Schon bei den lctztjährigen Manövern, die in der Picardie stattfanden, haben die An hänger des Monoplans gesiegt. Freilich wurde der Er folg von der cl-auvinistischen Presse stark übertrieben. Und dann ist ein Manöver noch kein Ernstfall. Indes sind innerhalb der Jahresfrist nicht zu unterschätzen die Ver vollkommnungen und dementspreclxmd größere Flug leistungen zu verzeichnen. An leitender Stelle ist man be strebt, Pie militärische Flugmaschine mit einem Funken- telegrap he «»Apparat auszustatten. Die prak tische Lösung dieses Projektes dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Bei den diesjährigen Manövern werden einem Armee korps einsitzige und dem anderen zweisitzige Aeroplane zu geteilt. Es handelt sich darum, einen Prinzipienkampf auszusechtcn, dem man in den beteiligten Kreisen tatsächlich mit großer Spannung entgegcnsieht. Die besten Militär flieger sind dazu vorgesehen. Das vom Kriegsministerium ausgearbeitete Programm des schon genannten Wettfluges in Chalons stellt ziemlich hohe Anforderungen. Es ist eine zum voraus bestimmte OOd-Kilometer-Strecke mit einer Mindestgeschwindigkeit von 00 Kilometer zu durchfliegen, wobei jede Maschine 30 0 Kilogramm Mehrbelastung erhält. Vor dem Hauptfluge werden Höhen-, Schnelligkeits- und Landungs rekorde festgestellt. Sämtlick>e französische Aeroplanfabriken stellen ihre neuesten Modelle zur Verfügung. In Fach kreisen spricht man bereits von sensationellen Enthüllungen der Motor- und Konstruktionsneuerungcn. Wie dem auch sei, das technijcl)« Interesse dieses ersten unter staatliche Leitung gestellten Unternehmens ist ztveifellos bedeutend« Daß die französischen Ministerien von Anfang an der „vierten Waffe" eine ganz besondere Aufmerksamkeit ge schenkt haben, ist bei einer stagnierenden Bevölkerungs ziffer des Landes sofort verständlich. Aus der Militärflug- bahn zu Chalons gingen die ersten Osfiziersftieger her vor. Tie weitere Ausbildung erfolgte in Pau unter Wrights Leitung. Die militärischen Aviatikerschulen mehrten sich rasch. So oft eine neue Flugmaschine auf tauchte, war der Kriegsminister zum Ankauf bereit, um ihres Fähigkeit zu erproben und die heimische Industrie zu för dern. Von den auf diese Weise erworbenen Modellen haben sich heute etwa ein Dutzend als brauchbar erwiesen, In den meisten Streckenflügen des europäisch«! Rundfluges sah man zehn verschiedene Marken mit Aussicht um dis Palme ringen. Optimisten wollen wissen, daß der Sep- tcmberflug so reichliches Material an Erfahrung ergebe, run den Vorzug auf ztvei bis drei Typen, die sich zu militär- technischen Zwecken besonders eignen, zu beschränken. Der nächsten parlamentarischen Session geht sodann ein Gesetzentwurf zu, der das A v i a t l k b u d g e t ver mehrt, die spärlich besoldeten Offiziersflieger besser be zahlt und ihnen eine raschere Karriere sichert Der Flieger beruf ist bekanntlich auch heute noch mit Risiko verbunden. Er ist gefahrvoller als ein Kolonialfeldzug. Während z.im Beispiel in den Marokkowirren 2 Prozent der Linien offiziere gefallen sind, hat die Militäraviatik 7 Prozent gefordert und der Unterschied ist noch größer, Wad die Ver wundeten betrifft. — 12 — Durch eine gewisse Geistesllberlegenhcit, verbunden mit raffinierter Schlauheit und bedeutenden kaufmännischen Fähigkeiten, hat er es verstanden, sich bei der Lebensversicherungsgcsellschaft „Skandinavia" einen festen Platz zu erobern, aus dein ihn selbst seine periodisch auftretenden Trunksuchts- anfälle nicht verdrängen können. Seit frühester Kindheit kennen Lorenz Jespersen und Erik Niels einander: sie saßen zusammen auf der Schulbank, sie macksten -gemeinsam ihre ersten dummen Streiche. Erst als Eriks Geist sich schärfte, als sein Seelenleben eine bestimmte Richtung annahm, erkannte er, daß sein Naturell dem des früheren Spiel kameraden ein völlig entgegengesetztes war. Der Mangel an Feingefühl, der brutale Egoismus, verbunden mit einem geradezu verblüffenden Zynismus der aus jedem Wort, aus jeder Handlung Lorenz Jespersens spricht, stoßen - «hn mehr und mehr ab. Und wäre cs nicht um Gerdas willen — er hätte schon längst mit dem früheren Freunde gebrochen. Heute, am letzten Abend vor Eriks Abreise, hat Lorenz Jespersen sich ausnahmsweise einmal dazu bcquemt, das Abendessen bei seiner Mutter einzunehmen. Die Stimmung ist eine gedrückte. Nur Lorenz spricht den Meister leistungen bon Frau Jespersens Kochkunst eifrig zu. Dann nimmt er sofort Abschied von Erik. Er habe noch ein Rendezvous mit einem früheren Arzt, einem ganz „eigentümlichen Kauz", dem er vor kurzem das Leben rettete und der seitdem mit unbegrenzter Dankbarkeit an ihm hänge . . . Wie befreit von einem drückenden Alp, atmen die drei Zurückbleibenden auf, als die Tür sich hinter Lorenzens Hünengestalt geschlossen hat. Trotzdem will keine heitere Stimmung aufkommen. Auf allen lastet der morgende Tag mit seinem wehmütigen Abschied. Noch bis tief in die Nacht hinein sitzt Erik in seinem Zimmer am offenen Fenster gedankenvoll inS Weite starrend, währen- leichte Rauchwölkchen seinen gespitzten Lippen entfliegen. — Am nächsten Morgen begleiteten Gerda und ihre Mutter Erik zum Bahnhof. In ihrer kindlich harmlosen We«se plaudert das Mädchen in einem fort, um über den Schmerz der Abschiedsstunde hinwegzukommen. „Ich glaube, ich lverde dich zuerst sehr vermissen." lächelt sie unter Tränen. „Aber mit der Zeit gewöhne ich mich gewiß daran . . . Und - Erik, und —" „WaS. mein Lieb?" „Tue am ersten Abend nach deiner Ankunst in Schloß SandSgaard, be vor du zu Bett gehst, etwas, WaS ich auch tun kann. ES erleichtert mir daS HerzI" Sanft streichelt er die kleinen bebenden Finger, welche die seinen fest umspannt halten. „Was soll ich tun, mein Mädchen?" „Sage: „Gott segne meine Gerda!" — und ich sage: „Gott segne meinen Erik!"" schluchzt sie leise. „Ja, mein Lieb." ... , . — 9 — Der leichte Seenebcl, der schon während des ganzen Vormittags Uber den Häusern Christianias gelegen, hat sich inzwischen verdichtet. Erik Niels, der, naclchem ihn sein zukünftiger Schwager verlassen, mit beschleunigten Schritten weitergeht, beachtet ihn kaum. Als leuchte die Sonne in voller Klarheit vom blauen Himmel herab — so heiter und wohlgemut eilt er durch die Straßen und Gäßchen, bis er vor einem kleinen Blumenladen in der „Verlinske-gade" steht. Mil zärtlichein Blick umfaßt er das zierlich mit allen möglichen Topf pflanzen und abgeschnittcncn Blumen dekorierte Schaufenster, hinter dem von Zeit zu Zeit ein hellblonder Mädchenkopf gleich einer Vision vorbeischwebt. Leise öffnet Erik die Ladentür. „Für eine Krone Rosen!" ruft er übermütig hinein in den Blumen wirrwarr. Mit unterdrücktem Freudcnruf springt eine zierliche Mädchengestalt vom Stuhl am Ofen empor. Hastig werfen die kleinen Hände Rosen. Nelken und Immergrün, sowie den halbsertigen Kranz auf den Tisch. Dann fliegt sie dem Eintretenden entgegen. „Erik! Lieber Erik!" „Meine Gerda!" Er streicht ihr die widerspenstigen blonden Löckchen aus der erhitzten Stirn: er küßt wieder und wieder die frischen roten Lippen und treibt all lenen harmlosen Unsinn des Verliebten, der dem Unbeteiligten oft so lächer- lich erscheint. „Ist es nicht Zeit, den Laden zu schließen, Gerda?" fragt er besorgt, in dem ec seine Braut fester in den weißwollenen Schal hüllt. „Es wird kühl hier." „Der Schließer muß bald kommen. Es ist gleich sieben Uhr . . . Aber mir scheint, du hast eine leichte Falte auf deiner Stirn. Habe ich irgend etwas getan? Bist du mir böse?" „Nein." Ein Lächeln huscht über Eriks Gesicht. Der Gedanke, sein liebeS Mädchen könne ihn betrüben, erscheint ihm fast komisch. „Ich habe dir etwa» mitzuteilen, mein Lieb!" „WaS? Was?" „Auf dem Heimwege sollst du alles erfahren." Besorgt blicken die großen hellblauen Augen zu ihm aus. .Ist es etwas wichtiges, Erik?" ' ..O ja." „Schulden?" „Keine Schulden, Kleine. Frag nicht weiter! Dieser niedrige Laden erdrückt mich fast. Wie kannst du eS nur den ganzen Tag hier auShalten?" Gerdas lustiges Gesicht wird ernst. WaS hat er nur? Wie seltsam er scheint er ihr heute Doch gleich darauf plaudert der kleine Mund wieder flott drauflos. Und auch Erik erzählt allerhand Schnurren und Anekdoten, so daß bald wieder daS altgewohnte Grübchenlächeln von dem kindlich-frohen Mädchengeflcht erstrahlt Als bald danach der Laden geschloffen wird, hat Gerda Jespersen schon fast vergessen, daß ihr Verlobter ihr etwas Wichtige» milteilen wollte. .Helden Ser MD? v? 8