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Viertes Blatt Sächsische Bolkszeitnng vom 9. April 1911 Nr. K2 Kaiser Menelit n. von Äthiopien wurde schon zu wiederholten Malen totgemcldet; er lebt nber immer noch. Allerdings ist sein Dasein kein Leben mehr. Der Mann ist gelähmt und geistig ganz gebrochen. Er steht in der direkten Pflege seiner vielgenannten Gattin, -er Woi'scro Taitu, die sich so entschieden gegen den Ver kocht, als hätte sie den Kaiser vergiften wollen, gewehrt hat. An der Tat können nur solche, die abessinische Zu stände nicht kennen, einen solchen Verdacht hegen. Die Kaiserin hat im Gegenteil das größte Interesse daran, daß der Kaiser recht lange lebe. Solange er auch nur atmet, ist sie eben Kaiserin. Sobald er die Augen schließt, hat sie den Kaiscrpalast zu verlassen, sich in respektvoller Ent fernung vom Hofe aufznhalten oder in ein Kloster zurück- «»ziehen. Als Menelik krank wurde und als man eine Regent- chaft einsetzte, konnte die alte Intrigantin nicht von ihrer Art lassen und begann sofort ein gefährliches Ränkespicl Men den Regenten, den Ras Tessamma, und den minder jährigen Thronfolger, den Prinzen Lidsch Jassu, da sie ,i?rne einen ihrer Verwandten auf dem Throne gesehen I Witte. Man nahm ihr daher alle Ländereien, Einkünfte, I Generale und Soldaten weg, ließ ihr aber ungeschmälert I ,kr riesiges Vermögen. Die mächtige Taitu hatte nämlich ! ilire eigenen Armeen und Offiziere; solche Werkzeuge in der I Hand eines gewissenlosen Weibes hätten natürlich sehr ge- I 'ährlich werden müssen. Politisch ist jetzt die einst so Ge- I wattige eine Null. ! Die Kaiserin von Abessinien war, ganz im Gegensätze I ui ihrem „Herrn", durchaus europäerfeindlich. Ihre Hab- ! acht kannte keine Grenzen. Was nur aus Generalen, Be- I amten und Verwandten herausgepreßt werden konnte, ! mußte reichlich geliefert werden. j Mit der Zeit wußte die Kaiserin Wohl ein Drittel aller I 'lrongüter an sich zu ziehen. Dann hatte sie noch eine I andere Chance. Sehr viele Personen, die ihr persönlich I cder politisch mißliebig waren, starben dahin. Ganze Ver- ! mandtschasten verschwanden. Sehr zu bedauern war der Tod des Ras Makonnen, des Siegers von Tschalenko. Er I hätte als Witwer eine Nichte der Kaiserin, noch ein Kind. I heiraten sollen. Taitu schickte ihm das vornehme Dämchen I nach Harrar hinunter und Makonnen heiratete es. Allein I er ließ das Kind unberührt, weshalb es nach einem Jahre I wieder zur Tante nach Addis Abeba hinaufzog. Dadurch j op er sich die Ungnade der hohen Heiratsvermittlerin zu. » Er wurde bald darauf krank und starb. Kaiser Menelik ist 67, die Kaiserin 63 Jahre alt. Der t rchronfolger ist noch ein Knabe von 16 Jahren, der aber ein I guter Monarch zu werden verspricht. Er kommt zur Ne- I gierung, wenn er 18 Jahre alt geworden ist, sobald nämlich I Menelik inzwischen stirbt. Der Regent Ras Tessamma ist I ei» ganz vorzüglicher Mann. Seine hohen Stellungen be- I nutzt er nicht zur Selbstbereicherung: er ist auch fast ohne I Permögen und er zeichnete sich immer durch Gerechtigkeits- I sin» ans. Der junge Lidsch Jassu ist also in den besten I Händen. Wenn Menelik stirbt, so ist für die Ruhe deS I Reiches nichts mehr zu befürchten. Altar eingelassen werden wird, in Verwahrung des fürst erzbischöflichen Ordinariates übernommen. ll Eine deutsche Los-von-Rom-Bewegung infolge der letzten päpstlichen Dekrete? Unter dem Titel „Los von Nom in Bayern" ließ sich die „Tägl. Rundschau" (Nr. 351 von ihrem Münchener Vertreter drahten: „daß eine ganze Anzahl bedeutender Persönlichkeiten m München ihren Austritt aus der katholischen Kirche in der letzten Zeit da durch bewirkt haben, daß sie in den Listen der Volks zählung sich als konfessionslos eintrugen. Es handelt sich um Träger bekannter Namen, sogar ganze Familien aus der Münchener Gesellschaft kommen in Betracht. Diese Austritte sind die Folge der letzten Maßnahmen des Vati kans. In bayerischen Hochschulkreisen ist inan, wie ich zu verlässig erfahre, der Ansicht, daß die letzten Maßnahme,' der katholischen Kirche noch andere und weitere Folgen nach sich ziehen werden". Zu dieser Meldung, die in zahlreichen Blättern stand, teilt das Erzbischöfliche Generalvikariat München mit: „Ter oberhirtlichen Stelle ist von einem Austritt einer ganzen Anzahl bedeutender Persönlichkeiten aus der katholischen Kirche bisher nichts bekannt geworden. Recherchen darüber (in den amtlichen Listen der Volks zählung) können nicht mehr gepflogen werden, nachdem einer ministeriellen Verfügung gemäß eine Einsichtnahme in die Volkszählungslisten den Pfarrern nicht mehr ge stattet ist." Die Zentral-Ausknnftsstellc der katholischen Presse hat auch anderweitige Ermittelungen darüber ange stellt, ob „die letzten Maßnahmen der katholischen Kirche" eine bemerkenswerte Anzahl von Austritten aus der Kirche zur Folge hatten. Das Resultat dieser Ermittelungen wor ein durchaus negatives. Nirgendwo in Deutschland ist etwas zu merken von einer „Los-von-Rom-Bewegung" infolge der päpstlichen Dekrete. Mancherorts ist allerdings eine gewisse Erregung über den päpstlichen Erlaß betr. Alter der Erstkommunikanten bemerkt worden, weil sich die breiten Volksschichten von ihren alten Gebräuchen nicht gern trennen. Hier haben jedoch die oberhirtlichen Aufklärungen beruhigend gewirkt und war an eine „Los-von-Rom- Bewegung" wegen dieses Erlasses sowie wegen des Dekretes über die Versetzbarkeit der Pfarrer von vornherein nicht zu denken! Auch von einem Gelehrten-Schisma infolge des Dekretes über den Antimodcrnisteneid kann keine Rede sein. Die Unzufriedenheit, die sich hier und da in ge bildeten katholischen Kreisen wegen des Motuproprio „8nernr»»i .Vntiutituin" und des sogenannten Silvester briefes nn Kardinal Fischer bemerkbar machte, wäre kaum beachtet worden, wenn nicht die starke Erregung auf prote stantischer Seite hinzugekomnien wäre. ll Der Katholische Schulvrrcin Oesterreichs feierte kürzlich sein 25jähriges Bestehen. Der Präsident des Ka tholischen Schulvereins kaiserl. Rat Dr. Kaspar Schwarz erhielt von der Kammervorstehiing des Erzherzog-Thron folgers Franz Ferdinand aus Brioni folgendes Schreiben: „Euer Hochwohlgeboreu! Durch den neuen Abschnitt, in den der Katholische Schulverein im heurigen Jahre ge treten ist, veranlaßt, geruhten Se. Kaiserliche Hoheit, mich gnädigst zu beauftragen, dem Verein in Rückblick auf dis großen Verdienste um die christliche Jugenderziehung, welche sich der Verein durch eine 25jährige rastlose, hervor ragende Tätigkeit erworben hat, Höchstseine wärmsten und innigsten Glückwünsche zu übermitteln. Durch Abwesen heit von Wien leider verhindert, an der schönen Jubiläums feier Höchstpersönlich teilzunehmen, sprechen Se. Kaiserl. Hoheit auf diesem Wege Euer Hochwohlgeboreu für das un ermüdliche aufopfernde Wirken, welches Euer Hochwohl geboren bei jeder Gelegenheit betätigt haben, Höchstseinen herzlichsten Dank aus. Die erzielten glänzenden Erfolge, auf die der Verein mit Recht stolz sein kann, sowie die er neute Wahl Euer Hochwohlgeboren zum Präsidenten, bieten auch für das fernere Aufblühen des Katholischen Schulder- eins eine volle Gewähr." Diese Würdigung der > katholischen Schule zeugt von dein tiefen Verständnis über den Wert der konfessionellen Erziehung. ll Rom. Infolge des Attentates des Desanti. der auf eine Gruppe von Priestern mehrere Schüsse abgab und einen Gendarmen verwundete, ist eine Neueinweihung des Petersdomes notwendig geworden, die durch den Papst sclbst geschehen wird. Tassebe geschah zum letzten Male vor einer Reihe von Jahren durch Leo XIII.. als sich in einem Winkel des Domes ein Mann erhängt hatte. Der Papst hat ferner eine Vermehrung der Kirchendiener ange ordnet, denen die ständige Ueberwachung der Kirchen besucher zufällt. k Jerusalem wurde im Jahre lOlOvon folgenden Pilgern besucht: Katholische Pilgerziige: Flanzosen. 295 Teilnehmer der Bußwallsahrt, 111 der St. Ludwigs-Wallfahrt. 50 Matrosen, zusammen 456. Oesterreicher. Slowenen 530. Mähren 534. Tiroler 440, Matrosen 45, zusammen 1549. Deutsche. Bayern 30, große Volkswallsahrt 700. zusammen 730, Italiener 40, Nordamerikaner 51, kleinere Gruppen etwa 200; also im ganzen 3026 katholische Wallfahrer. Pilgerziige nickt katholischer Christen: Russen gegen 9000. Griechen etwa 600, Armenier 400, Kopten aus Afrika 1000. zusammen 11 000. Tourisienziige: Franzosen 25, Englönaer 100, Oestcrreicher 70, Deutsche 435, Amerikaucr 450, kleine Gruppen verschiedener Länder 360. Gesamtzahl der Touristen 1430. Soziales. n Dürfen Hilfsarbeiter eine Arbeit verweigern, »eil sie wisiru, daß sie von einem Geschäft stammt, in dem ge streikt wird? Diese wichtige Frage hat das Gewerbege richt mit nein beantwortet. Geschäftsleute, bei denen gestreikt wird, helfen sich oft, indem sie ihre Aufträge an eine befreundete Firma weitergeben. Erfahren das die Arbeiter dieser Firma und verweigern sie die Uebernahme solcher Arbeiten, so können sie sofort ohne Kündigung entlassen werden. Auch die Ausrede, sie fürchten sich vor den Strei kenden, ist kein genügender Grund zur Arbeitsverweigerung. Vermischtes. V In Paris Ist der größte Hafenplatz Frankreichs und übertrifst in seinein Warenverkehr sogar den Seehafen Marseille. Im Jahre 1909 betrug der Güterverkehr deS Pariser Hafens nicht weniger als 10 940 625 Tons, während Marseille in der gleichen Zeit nur 7 803 793 Tons verzeichnet hat. Die im Pariser Hafen ausgeladenen Güter erreichten 6 197 414 Tons, während die von Paris auf dem Wasserwege abgesandten Güter ein Gewicht von 2 566 000 Tons umfaßten. v D e r Z u s a m m e n b r u ch v o n T o l st o i s H a u r und Lehre. Aus Petersburg wird gemeldet, daß ein Sohn des unlängst verstorbenen Tolstoi, des russischen Pro pheten und Neligionsstifters, das väterliche Gut Jasnaja Poljana an ein amerikanisches Konsortium verkaufen will um 4 Millionen Mark. Hinter dem Konsortium soll der amerikanische Milliardär Rockefeller stehen, der die Absicht habe, auf der geheiligten Erde von Togtois Alterssitz eine Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen zu errichten. Die Lieblingstochter Tolstois, die Gräfin Alexandra, die der Vater zur Universalsrbin seines literarischen Nachlasses ein gesetzt hat, hat die eigene Mutter vor Gericht verklagt, um auch noch einige Manuskripte, die Tolstoi bei seinen Leb zeiten seiner Frau geschenkt hat, in ihren Besitz zu bringen. Der Mann, der so viel von der Eitelkeit des Besitzes ge schrieben, erntet solchen Erfolg von seinen Kindern! Daß eS seiner Lehre überhaupt nicht besser ergeht, ersehen wir aus einem russischen Urteile über Tolstoi im Berliner „Tag". Da heißt es wörtlich: „Er (Tolstoi) entsagte bis wenige Tage vor seinem Tode einem behaglichen Leben nicht" — predigte aber bekanntlich ganz anders. „Er, der jede Wissenschaft verneinte, hielt sich einen Hausarzt, der beständig auf dem Gute lebte, der sein Leibarzt war. Er, der über uns spottete, daß wir die Oper besuchen, ließ sich stundenlang Musik vortragen: er, der verlangte, es sollen keine Schulen sein, weil sie das Gehirn der Menschen ver drehen, die Herzen von Gott abkehren, duldete um sich die Gouvernanten und Hauslehrer seiner Enkel: er, der Ein fachheit in der Lebensweise predigte, saß an einem mit Sil berbestecken servierten Tische, trug seidene Unterhemden und darüber den einfachen Bauernkittel. Er, der verlangte, man solle der Regierung keine Abgaben zahlen, denn jede Regierungsform sei schädlich, ließ ganz ruhig seine Frau Kirche und Unterricht. k lc Die Oeffnung des Grabes des hl. Wenzel erfolgte I nn, 4. d. M. in Prag unter großer Assistenz und im Bei- I sein des Kardinal-Fürsterzbischofs Freih. v. Skrbensky, so- I wie des Statthalters Grafen Thun, der Mitglieder des I Domkapitels von St. Veit, der Stadtvertretung und I Repräsentanten vieler katholischer Vereine. Die Exhu- > mienmg der Gebeine wurde zu dem Zwecke vorgenommen, I um dieselben in einer eigenen Gruftkapelle beizusctzen. I Im Jahre 1906 hatte der verstorbene Msgre. Hora einen I Betrag von 100 000 Kronen zur Errichtung eines prunk- I »ollen Altares in der Wenzelkapelle und Beisetzung der I sisebeine des Heiligen in einem Sarkophage in diesem I Altäre testiert. Bei Oeffnung der Gruftkapelle wurden I die Gebeine des Heiligen Wenzels in einem kostbaren Ge- I l'äuse vorgefunden. Der Reliquiensarg wurde bis zur I Fertigstellung des prunkvollen Sarkophage?-, der in den ! Der genassührke Gerichtsvollzieher. I Ju.istischr Plauderei. I Der Gerichtsvollzieher ist eine vielfach unbeliebte Per- » jönlichkeit. Die Schuldner sind ihm gram, weil er ihnen I tocgnimmt, was nur wegzunehmen ist, die Gläubiger schel- I ten auf ihn, weil er ihnen zu wenig bringt. Denn leider » lautet der Bericht des Gerichtsvollziehers häufig: „Pfän- I düng fruchtlos!" Und dabei kann man sich über dieses Er- I gcbnis so sehr gar nicht wundern. Denn wer wirklich einem I anderen etwas schuldig ist und die Mittel bereit hat, um » seine Schuld zu tilgen, wird sich nicht erst verklagen lassen. I wodurch ihm nur mehr Kosten entstehen, sondern wird I zahlen. Gar zu oft aber kommt cs vor, daß der Verklagte I nichts hat, daß der Gläubiger, der sein Geld an ein Geschäft I gewagt hat. leer auSgeht. Nicht immer ist es ja böser I Wille, der den Schuldner veranlaßt, seine Verpflichtungen > nicht zu erfüllen. Oft kommen Menschen auch durch Unglück > und widrige Verhältnisse in Schulden. Es läßt sich dann > »erstehen, wenn solche vom ewigen Pech verfolgte Menschen > in jeder Weise versuchen, ihr bißchen Habe vor der » drängenden Schar der Gläubiger in Sicherheit zu bringen, I so daß sie schließlich in dauernder Fehde mit dem Faktotum I der Gläubiger, dem Gerichtsvollzieher, leben. In diesen I Kreisen wird triumphiert, wenn es einmal gelang, dem I Onkel" Gerichtsvollzieher ein Schnippchen zu schlagen. I Aan glaube nun nicht, daß die Bezeichnung Onkel Ge- I richtsvollzieher den Gefühlen der Freundschaft entspringt. I Diese Titulatur als Onkel findet man häufig in Familien »mit Kindern, bei denen der Gerichtsvollzieher ein so häu- I siger Gast ist. daß man den Kindern eine Aufklärung über I die häufigen Besuche schuldig ist. Manche entfalten in diesem Kleinkriege mit dem Ge richtsvollzieher eine wahre Feldherrnkunst. Sie haben immer etwas, was ihnen gepfändet werden könnte. Aber der Gerichtsvollzieher mag es anfangen, wie er wolle, es wird ihm nicht gelingen, diesen Schlaumeyern etwas ab- znjagen. Es ist eine eigene Kriegskunst, über die man ein großes Generalstabswerk schreiben könnte. Um nur ein Beispiel aus solchem Feldzuge anzuführen. Georg Pfiffikus pumpt gern, bezahlt aber ungern. In seiner Wohnung ist nichts zu pfänden und doch hat er Geld. Dieses liegt sicher bei irgend einer oder bei mehreren Banken. Doch bewahrt er diese Tatsache als ein strenges Geheimnis. Das Geld liegt so, daß er es jederzeit abhebcn kann. In seiner Woh nung aber kann niemand etwas ausfindig machen, woraus er feststellen könnte, welche Bank die dem Pfiffikus ge hörigen Schätze verwahrt. Wie diesen Schätzen aber bei kommen, wenn man nicht weiß, wo der Kriegsschatz ver borgen wird? Sehr einfach, sagt mir jemand, der Georg Pfiffikus nicht kennt, man ladet diesen Herrn einfach zum Offenbarungseid. Gut, es mag geschehen. Zum Termins tage erscheint Pfiffikus und gibt dem Richter lächelnd an. er besitze 3000 Mark. Und wo befindet sich dieses Geld, fragt der Richter? Nun muß doch Pfiffikus sagen, auf welcher Bank er es verwahren läßt. O nein, weit gefehlt. Pfiffikus lächelt nur und erklärt dem Richter, er habe das Geld bei sich. Ist der ärgerliche Gläubiger bei diesem Termin an wesend, dann hält er ihm Wohl die gefüllte Brieftasche mit einem hämischen Grinsen unter die Nase, denn niemand kann dem Pfiffikus das Geld wegnehme» außer der Ge richtsvollzieher. Und der Gerichtsvollzieher ist nicht in der Nähe. Und ehe sich der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher verschafft, hat Pfiffikus sein Geld nach der Leistung deS Offenbarungseides schon wieder bei einer Bank deponiert. Dann, lieber Gläubiger, suche von neuem! Den Offen- barnngseid braucht Pfiffikus nicht noch einmal zu leisten. Freilich ungefährlich ist dieses Treiben nicht immer. Es kann solchem Schuldner dabei auch recht unangenehm mitgespielt werden. War da z. B. ein solch gerissener Herr, dem nicht beizukommen war. Er wußte allen Versuchen, ihm etwas abzujagen, auszuweichsn. Er hatte es aber mit einem zähen und ausdauernden Gegner zu tun, der ent schlossen war, koste es, was es wolle, zu seinem Gelde zu kommen. Nachdem er alle erdenklichen Mittel und Weg erschöpft hatte, beschloß er, zu warten, bis sich ihm eine neue Gelegenheit biete» würde. Zu diesem Zwecke mußte ein Detektivbureau seinen Schuldner ständig beobachten und ihm über alles Bericht erstatten. Während der Schuldner glaubte, sein alter Gegner habe genug und sich in ahnungs loser Sicherheit bewegte, kam sti ' den Gläubiger die Ge legenheit der Rache immer näher. Er hatte erfahren, daß sich sein Schuldner mit einer nicht unbegüterten Dame v'-- lobt hatte. Ei wußte, daß ihm diese eine wertvolle goldene Uhr gesch'nkt hatte, er uußte auch, laß er diese Uhr nn- trug, wenn ec mit seiner Braut zuso innen war, er wuztc endlich, daß die Hochzeit bald statksinden würde und daß sein Schuldner von seiner Braut am Hochzeitstage einen schönen und wertvollen Brillantring geschenkt erhalten würde. Der Hochzeitstag kam heran. Sehr munter und froh schritt der Bräutigam mit seiner jungen Frau zur Kirche. Während drinnen die Trauung vollzogen wurde, fand sich der Gläubiger mit einem Gerichtsvollzieher vor der Kirche ein und empfing den jungen Ehemann, als er auS der Kirche herauskam, mit einem diabolischen Gruß, während der Gerichtsvollzieher unter ungeheuerer Heiter keit der Zuschauermenge die schöne Uhr und den noch schöneren Ring pfändete.