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Sonnabend, 1. August 1925 . . . . - . . Fernrus übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Verant wortung. Unverlangt eingesandte und mit Rückport» nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion S bis S Uhr nachmittags. Hauptschriftleiter: Dr. Joses «lbert. Dresden. kitie mlr-iiMnüM »oüerne «ielniZIie tiic kiicts ikkeiie» Nummer 175 — 24. Jahrgang «mal wvch. Bezugspreis: für August 2,50 -4t einschl. Bestellgeld, «nzctgcnpreise: Tie lyejp. Petilzetle 39-H. Etellengeluche 2Ü Tie Pettt-Reklamezeilr 89 Millimeter breit, 1 Ofsertengebühr für Selbst abholer 2V H, bet Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 19. SonntagS-Nr. 1ü Lj. «elchäftl'cher Dell: JosesFohmann. Dresden. Ligarrsn rigsrsttvn 7 s v s I« s Zo». rruntv 0»«,^sn-k. 3vksnnesstrs6e l Ueke Oeorgptstr Geschäftsstelle, Druck u»d Verlag, Saionia- Viichdruckerei GmbH.,Dresd°n-A. 1». Holbcliislrake 4S. gernriN 82122. Postscheckkonto Dresden I47N7 P nntkoiNo Bastengr er Arttzschc, Dresden. Für christliche Politik und Kullur Nedaktiou der Sächsische» Volks,ciiung Dresden-Allst. >6. Holbeinslrnhe 4«>. gerl,rn> 82722 tttid 88588. Die Mietzinssleuer In den neuen Vereinbarungen, die zwischen den Regie rungsparteien und der Reichsregierung aus Anlaß des Finanz ausgleichsgesetzes zustandegekommen sind, spielt auch die Miet steuer oder Hauszinssteuer eine besondere Rolle. Die jetzigen Beschlüsse, die der Vollversammlung des Reichstages zur Ge nehmigung vorliegen, regeln diese Frage folgendermaßen: 1. Die Länder und nach näherer Bestimmung des Landes rechts die Gemeinden (Gemeindeoerbäwde) erheben von dem be bauten Grundbesitz eine Steuer. Zu dem bebauten Grundbesitz im Sinne dieser Vorschrift gehören auch gewerblich genutzte so wie landwirtschaftliche Gebäude. Die Länder treffen Bestim mungen, ob und inwieweit landwirtschaftliche Gebäude von der Besteuerung auszunehmen sind. 2. Das Aufkommen der Steuer soll zur Deckung des all gemeinen Finanzbedarfs der Länder und Gemeinden (Gemeinde verbünde) einschließlich des Aufwandes, der ihnen durch die Er- süllnng der zu selbständiger Erfüllung überlassenen Ausgaben er wächst, sowie zur Förderung der Bautätigkeit aus dem Gebiete des Wohnungswesens dienen. 3. Der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs dürfen bis zur Erreichung der vollen Friebensmietc nicht weniger als 20 v. H. und nicht mehr als 30 v. H. der Friedens miete Vorbehalten werden. Erhöht sich die Miete über die Friedensmiete hinaus, so darf von dem Mehrbeträge der Miete höchstens ein Fünftel für den allgemeinen Finanz bedarf beansprucht werden. 4. Soweit die Steuer nicht gemäß Abs. 3 der Deckung des allgemeinen Finanzbedarss Vorbehalten ist, ist sie zur Förderung der Bautätigkeit auf dem Gebiete des Wohnungswesens zu ver wenden. Für diese Zwecke müssen zunächst in den zwei Jahre» vom 1. April 1926 bis 31. März 1928 vor Inanspruchnahme ge mäß Abs. 3 Satz 2 jährlich mindestens 15 bis 20 v. H. der Friedensmiete zur Verfügung gestellt wer den; für die spätere Zeit wird der Mindestsatz für diese Zwecke von der Neichsregierung mit Zustimmung des Rcichsrats festge setzt. Me Neichsregierung kann mit Zustimmung des Rcichsrats den Mindestsatz allgemein oder für einzelne Länder ermäßigen, wenn es die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse oder die besonderen Verhältnisse eines Landes dringend erfordern. Die Länder können bestimmen, daß dieser Teil der Steuer besonders sestzusteilen und zu erheben ist; zu diesem Teil der Steuer kön nen auch Gebäude, die aus Grund des Abs. 1 Satz 3 von der Besteuerung ausgenommen sind, herangezogen werden. An Stelle des Teiles der Steuer, der für die Bautätigkeit zu verwenden ist, können die Länder auch eine andere von der Steuer nach die ser Verordnung unabhängige Steuer erheben. 5. Das Aufkommen sür den Wohnungsiwu ist insbesondere zum Bau von Kleinwohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung und kinderreiche Familien sowie zur Erhaltung dieser Art Altwohnungen zu ver wenden. Des weiteren ist bestimmt, datz die Länder eine Ermächti gung erhalten sollen, von welcher in der Weise Gebrauch zu machen ist, datz die M i e t e n a l l m ä h l i ch g e in ä ß de r E n t- wicklung der allgemeinen Wirtschaftslage er höht werden. Dabei sind neben den steuerlichen Bedürfnissen der Länder und Gemeinden auch die allgemeinen Interessen, insbesondere an der ordnungsgcmätzeu Unterhaltung und In standsetzung der Häuser und die Leistungsfähigkeit der als Mie ter in Betracht kommenden Bevölkenmgskreise zu berücksichti gen. Durch die Mieten müssen außer der Steuer mindestens die Betriebs- und Instandsetzungskosten, die nach den bestehenden Verhältnissen zur Erhaltung des Gebäudes erforderlich sind, cin- schließiich der Verwaltungskosten gedeckt werden. Den Eigen tümern ist ferner in der Miete zur Verzinsung ausgswerteter Hypotheken und des Eigenkapitals der Betrag zu belassen, mit dem eine vor dem 1. Januar 1918 eingetragene, nach dem Grund satz des 8 4 des Aufivertungsgesetzes vom 16. Juli 1925 aufgc- wertete lskipiermark-Hypothek zu verzinsen wäre, deren Nenn betrag dem Friedenswerte des Grundstücks entspricht; sür die Höhe der Verzinsung gilt der im 8 28 des Aufwertungsgesetzcs vorgeschriebenc Zinssatz: die Länder setzen für diesen Betrag einen bestimmten Hundertsatz der Friedensmieten in der Miete fest. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen folgende Maßnahmen vor: 1. Die Neichsregierung setzt mit Zustimmung des Reichsrates die Mindesthöhe -er gesetzlichen Miete im Reiche einheitlich fest. Am 1. April 1926 müssen die Mieten mindestens 100 vom Hundert der Friedensmiete betragen. 2. Als Friedensmiete gilt der Goldmarkbetrag des Mietzinses, der für die mit dem 1. Juli 1924 beginnende Met zelt vereinbart war. Die Länder treffen über die Festsetzung der Friedensmiete für besondere Fälle Bestimmung: als beson derer Fall im Sinne dieser Vorschrift gilt auch die Erhebung des Geldentwertungsausgleichs in der Form einer Steuer vom Gr u n d v e r m ö g e n. Des weiteren ist u. a. bestimmt, daß bei Grundstücken, die am 31. Dezember 1918 entweder unbelastet waren oder deren dingliche privatrechtliche Belastung nicht mehr als 30 v. H. der Friedensmiete betrug, der Betrag der Steuer aus Antrag des Eigentümers soweit herabzusetzen ist, daß er WM -er W« Wldelilmlerm London, 31. Juli. Reuter erfährt, daß die französischen Dele gierten, die mit den britischen Finanzsachverständigen im Schatz amt Beratungen über die französischen Schulden abhielten, heute nach Paris zurllckfahren, um ihrer Regierung Bericht zu erstatten. Der „Matin" schreibt, es scheine, daß der Borsitzende der französischen Delegation einige Vorbehalte bezüglich der Gesamtziffer der britischen Guthaben gemacht habe, indem er darauf hingewiesen habe, daß die englischen Dienste und be sonders die Frachten während des Krieges überzahlt worden seien. Die Franzosen hätten sodann Zahlungen in Mark und in Papierfranken angeregt, die, wie man erklärt, 6 Millionen Pfund Sterling jährlich nicht überschreiten sollten. Der englische Delegatiansführer habe dieses Angebot als ungenügend be trachtet. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" schreibt: Obwohl das neue französische Angebot gegenüber dem letzten Angebot eine Verbesserung bedeute, sei cs so unange messen, daß es vom Standpunkt des britischen Steuerzahlers bei unbelasteten Grundstücken nicht mehr als 10 v. H. der Friedensmiete, bei einer Belastung bis zu 10 v. H. des Fnedenswertcs »ich! mehr als 15 v. H. der Friedensmiete, bei einer Belastung bis zu 20 v. H. des Friedenswertes nicht mehr als 20 v. H. der Friedensnüctc, bei einer Belastung bis zu 30 v. H. des Friedensweries nicht mehr als 25 v. H. der Friedensmiete ausmacht. Die Länder können diese Sätze zum Zwecke der Aus gleichung aneinander oder an die allgemeinen Sätze erhöhen oder hcrabsetzen; sie können im Interesse einer angemessenen Ver teilung der Steuerlast weitere Belaftungsstuseii mit besonderen Steuersätzen belegen, sowie bestimmen, datz die Vergünstigung des Satzes 1 insoweit nicht eintritt, als die Steuer aus den Teil der Miete entfällt, der 100 o. H. der Friedensmiele übersteigt. Wird die Steuer nicht von der Friedensmiete berechnet, so tritt an die Stelle des Hundertsatzes der Friedensmiete ein entspre chender von dem Lande zu bestimmender Teil des nach dem Lan desgesetze sür die Besteuerung maßgebenden Wertes Hypotheken der in den Paragraphen 1187, 1190 GBB. bezeichnetcn Art gel ten nicht als dingliche prioatrechtliche Belastung im Sinne dieser Vorschrift. Als Neubauten im Sinne des Gesetzes gelten nicht Bauten, die als Ersatz für Kriegsbeschädigte oder kriegszcrstörte Gebäude ganz oder größtenteils aus öffentlichen Mitteln nach Maßgabe niemals in ernste Erwägung gezogen werden könnte. Es sei wahrscheinlich, daß das englische Scl-atzamt lieber das Ergebnis der amerikanisch-französischen Fundierungsverhandlungen ab- warten werde, als Besprechungen mit Frankreich wieder auszu nehmen. Die Forderung des englischen Schatzamtes betrage 20 Millionen Pfund Sterling für das Jahr. Die von Caiilaux vorgeschlagenen Iahreszahlungen würden nach englischer Aus fassung nur ^ dieser Ziffer ausmachen. Nach dem sranzäsischen Vorschlag sollten die Iahreszahlungen aus zwei Teilen bestehen. Ein Teil sollte von Frankreich direkt in Pfund Sterling gezahlt werden, während der zweite Teil und größere Teil in deut scher Mark dem französischen Anteil der Iahreszahlungen entnommen werden sollte. Dabei hätten die französischen Unter händler daraus bestanden, daß Frankreich keine Garantie sür die Ksnvertierung und das Transfer dieser deutschen Mark- zahlungen übernehmen könne <!>. Die englischen Finanzsach verständigen seien deshalb nicht geneigt mehr als 40—50 Pro zent für diese Zahlungen als effektiven Wert in Anrechnung zu bringen. Das französische Angebot stelle infolgedessen nur 1 Prozent der französischen Totalkriegsschuld dar. Es ist mög lich, daß der Abbruch der Kriegsschilldeiiverhandlungen eine Vertagung der Londoner Reise, die Briand bekanntlich in Ge sellschaft von Caiilaux zu unternehmen gedachte, zur Folge hat. des Gesetzes über die Feststellung van Kricgsschäden im Reichs gebiete vom 3. Juli 1916 errichtet worden sind. Eine besondere Bevorrechtigung genießen die Einfamiiien- hünser, die vor dem 1. Juli 1918 bezugsfertig hergestellt und zu diesem Zeitpunkt mit nicht mehr als 20 v. H. des Friedenswertes belastet waren. Sie sind auf Antrag von der Steuer srcizu- stellen, sofern sie ausschließlich vom Eigentümer und seiner Fa milie bewohnt werden und die Wohnfläche nich! mehr als 70 Quadratmeter beträgt. Die Freistellung wird nicht dadurch aus geschlossen, daß das EinfamitienwohnlMls zum geringen Teile auf Grund behördlicher Maßnahmen vermietet worden ist. Die näheren Bestimmungen, insbesondere Uber die Grundsätze, nach denen die Wohnfläche zu berechnen ist. trifft die Neichsregierung mit Zustimmung des Ncichsratcs. Die Erhebung der Steuer soll aber befristet werden. Darum bestimmt das Gesetz, daß vor dem 1. April 1928 rechtzeitig zu prüfen ist, ob die Steuer von diesem Zeitpunkt äb weiter zu er- Heden ist. Bei der Prüfung ist dem allgemeinen Finanzbedars der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) einschließlich des Aufwandes, der ihnen durch die Erfüllung der gemäß 8 42 Abs. 1 zu selbständiger Regelung überlassenen Aufgaben er- wächst, sowie den Bedürfnissen der Wohnungswirtschaft, insbe sondere des Wohnungsneubaues, ebenso der Werlsteigerung der Grundstücke, sowie dem daraus entstandenen Vermögcnszmvachs Rechnung zu tragen. Rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt ist Reichs tag und Rcichsrat eine Borlaae zu machen. M MMilMili «MM? London, 31. Juli. Am heutigen Tage entscheidet cs sich, ob die englischen Bergarbeiter in den General streik cintretcn. Nachdem die Lage gestern abend bereits als hoffnungslos betrachtet worden war, ist lim Mitter nacht infolge des Vorgehens Baldwins eine neue Wen dung cingetreten und man hofft hier jetzt, daß der für heute Mitternacht erwartete Ausbruch - des Generalstreiks doch noch bermicden werden wird. Von 10 bis il Uhr nachts hatte Baldwin im A> ocits»ii»isterinin Konferenzen mit den Vertretern der Arbeiter und Arbeitgeber abgc- haltcn, bei denen ihm der Schatznmtssekretär Churchill und der Wvhlfahrtsministcr Neville, Chamberlain zur Seite standen. „Associadct Preß" erfährt bvn zuperlässiger Sei're, daß die den beiden Parteien in der Nachtsitzung von: Premierminister Porgeschlagenen Bedingungen folgendermaßen lauten: 1. Die Arbeitgeber ziehen ihre Kündignnge» zurück. 2. Die Regierung gewährt crucn N o r ü b c r g eh c u v c n Zuschuß an die KohtrniuSnstrie. 3. Eine amtliche Nniersnchiiiigskomniiffion wird eingesetzt, die wcitergehende Machtbefugnisse hat als die vorher gehende ttntcrsuchnngskomminio» hatte. Heute bormittag um 10 Uhr sollen die Bergwerks- besltzer dem Premierminister ihre Antwvrt Mitteilen und um'11 Uhr wird Baldwin mit den Vertretern der Berg arbeiter eine Konferenz haben. Der Sekretär der Bergarbeitersvderativn Cook er klärte nach Schluß der Konferenz, daß noch keine Rege lung erreicht worden sei. Die Bergleute würden heute sofort nach Beendigung der Kviiferenz mit dem Premicr- minister ihre endgültigen Anweisungen vom Vollzugsaus schuß erhalten. „Daily Hcrald" veröffentlicht bereits die Anweisungen an die Gewerkschaften für den Fall des Streiks. Danach ist vvn heute Mitternacht ab jede Beförderung von Kohlen zum Stillstand zu bringe». Der Generaldirektor der großen Westbahnen hat eine Erklärung an die An gestellten der Bahn herausgegeben, in der im Zusaminen- bang mit dem Beschluß der Eisenbahner im Falle eines Kohlenarbcitcrstreiks keine Kohlen zu befördern, darauf hingewiesen wird, daß die Bahn gesetzlich verpflichtet sei, alle ihr zur Beförderung übergebenen Güter zu be fördern. Die Erregung unler den BerfMbeiiem London, 31. Juli. Die Erregung in der englischen Beraarbeiterschast wächst stündlich. Gestern wurde auf verschiedenen streikenden Gruben die Ausführung der Nm- ftandsarbeitcii verweigert. Die streikenden Arbeirer dran gen in die Betriebe ein und bedrohten die dort mit Notstnndsarbeitcn beschäftigten Arbeiter. Die Polizei mußte wiederholt eingreifen. Auch während der letzten N'ich: wurde verjchiedenlich versucht, die zur Sicherung der Be triebe zurttckgelassenen Arbeiter zu vertreiben. Eine An zahl von Bergwerken befindet sich daher ohne Uebcrwachuug. Verschiedene Gruben svllen bereits kurz vvr dein Ersaufen stehen. Die Vertreter der Eise n b a h n e r - und T r a n s - p o r t a rb e i t e rverbände beriete» heute zwei Stunden lang niit dem Sonderausschuß des Generalrates des Gewerk schaftskongresses. Es wurde die Möglichkeit eines ge meinsamen Vorgehens zur Unterstützung der ans gesperrten Bergarbeiter besprochen. In einer Versamm lung der ansiührenden Organe aller Gewerkschaften wurde einstimmig beschlossen, den Bergleuten jede mögliche ttntee- sintzu. g zinci-l- werden zu lassen, namentlich auch c>w solche finanzieller Art durch Erhebung einer Sondcrabgabe in jedem Bezirk. Schwierigkeiten auch im ischechUchen KohSenb l Prag, 31. Juli. Auch in der Tschechoslowakei macht sich unter den Bergarbeiter» eine größere U n r » h e bemerkbar. Die Lage des Bergbaues ist keineswegs günstig nn^ überall sind größere A r b e i t e r e n t I a s s u n g e n vorgeuonnnen worden, im ganzen bisher etwa 10 000 Mann. Weitere umsangreiche Kündigungen stehen bevor. Eine Bergarbeiter-Konferenz wird sich mit der Lage des Bergbaues eingehend beschäftigen.