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M MWmzlkt m dem MWvi MW Sek MM W bis N. glili Berlin, 8. Juli. Heute vormittag 10 Uhr ist der Aus wärtige Ausschuß zusammengetreten, um die Erklärun gen des Reichskanzlers entgegenzunehmen über die Gründe, die eine außenpolitische Debatte im gegenwärtigen Zeit punkt als inopportun erscheinen lassen. Gestern abend hat be reits eine Besprechung des Kanzlers mit den Führern der hinter der Regierung stehenden Reichslagsfraktionen stattgefunden. Im Mittelpunkt der Aussprache stand die Frage des Termines der Plenardebatte über die auswärtige Politik. Dem Vernehmen noch ist im wesentlichen zwischen den Re gierungsfraktionen eine Einigung erzielt worden. Man rechnet damit, daß es bei dem bisherigen Vorschlag des Reichskanzlers bleibt, wonach die Plenardebatte erst nach Absendung der für Ende der Woche I» Aussicht stehenden Zwischennote der Reichsrcgierung an Briand stattsinden soll. Endgültige Disposi tionen Uber das weitere Arbeitsprogramm des Reichstages sollen heute nachmittag vom Aeltestenrat getroffen werden. Mit einer Verlängerung der Sitzungsdauer vom 18. Juli auf den 25. Juli dürfte zu rechnen sein. Berlin, 8. Juli. (Drahtbericht.) Der Auswärtige Aus schuß des Reichstages trat heute vormittag zu einer außer ordentlich stark besuchten Sitzung zusammen. Vom Reichs kabinett waren mit dem Reichskanzler Dr. Luther die Neichsminister Dr. Stresemann, Schiele und Dr. Geh ler erschienen, ferner zahlreiche Vertreter der Länder. Die Ausschußmitglteder selbst hatten sich fast vollzählig eingesunden. Reichspräsident Löbe wohnte ebenfalls den Verhandlungen bei. Bor Eintritt in di« Tagesordnung fand eine außerordent liche Erörterung über die Frage einer politischen Debatte im Plenum statt. Die dabei vom Reichskanzler abgegebenen Erklärungen waren vertraulicher Natur. M Weile« Ser AMU Der Steuerausschutzdes Reichstages setzte gestern die Beratung des Finanzausgleiches fort. Trotz der Beden ken der Länder wurde der 8 8, der dem Reichsfinangminister das Recht gibt, Auskünste über die Einnahmen und Ausgaben der Länder und Gemeinden einzuholen, angenommen. Weiterhin beschäftigte sich der Ausschuß mit dem wichtigen Problem der Ha u s z in s st e u e r. Der Vorsitzende des Woh- nungsausschusses, Abg. Bürgermeister Dr. Külz (Dresden) legte in längeren Ausführungen dar, daß es unbedingt notwendig sei, 20 Prozent der Friedensmiete für die Förderung neuer Woh- nungsbauten zur Verfügung zu stellen. Nur um den laufenden Neubedarf an Wohnungen zu decken, seien 900 Millionen Mark jährlich notwendig. Darüber hinaus sei gegenwärtig mit 600 000 fehlenden Wohnungen in Deutschland zu rechnen. Erhebung und Verwendung der Hauszinssteuer müßten in Deutschland einheit lich geregelt werden. An eine Verewigung der Mietzinssteurr, die nur als Notsteuer verantwortbar sei, solle man nicht denken. Man solle zunächst auf 3 Jahre 20 Prozent der Friedensmie'e für den Wohnungsbau festsetzen und praktisch erproben, wie weit man damit komme. ---Lbg. Dr. Tremel (Ztr.) Gezeichnete diesen An trag, der von den ^Regierungsparteien unterstützt würde, als einen großen Fortschritt zur Bekämpfung der Wohnungsnot Schließlich wandte sich der Ausschuß der Beratung der G e t r ä n k e sie ue r zu, bei der alle Abänderungsanträge abge- lehnt wurden: nur für Mineralwasser wurde Steuerfreiheit be schlossen. — Bei der W«rtzuwoch»st«u»r wurde der eut. scheidende Paragraph 16 folgendermaßen formuliert: „Die Län der und Gemeinden sind verpflichtet, Steuern vom Wcrtzuivachs bei Grundstücksübertragungen zu erheben. Bei Feststellung des steuerbaren Wertzuwachses ist der Erwerbs- und Verkaufspreis und die Kauskraft der Mark in beiden Zeitpunkten die Grund lage der Wertbemessung." Der Aufwertungsausschuß erledigte gestern die zweite Lesung des Gesetzentwurfes über die Ablösung der Anleihen. Eine lebhafte Debatte entwickelte sich über einen Antrag, -er -ahm zielt, dem Neubesitz nur eine Aufwertung von 2)6 Prozent zu gewähren. Dieser Antrag wurde angenommen, ebenso ein Antrag, nach dem der Anspruch auf den Umtausch nur dann besteht, soweit Anleiheablösungsschuld im Nennwerte von 12,50 Mark oder ein vielfaches davon zu gewähren ist. — In dem Kapitel Vorzugsrente beim Auslosungsrecht wurde die Äestlm- mung gestrichen, daß diese Rente nur an solche zu gewähren ist, die gegcmvärtig weniger als 800 Nlark Jahreseinkommen hauen. Die dritte Lesung der Vorlage findet heute statt. Anscheinend als Protest gegen den Beschluß des Auswer tungsausschusses des Reichstages, den Umtauschsatz sür den An leihenbesitz aus 2,5 Prozent herabzusetzen, ist heute beschlossen worden, den Berkehr an der Berliner Effektenbörse heute ausfallen zu lassen. In Uebereinstimmung mit der Berliner Effektenbörse bleibt auch die Dresdener Effektenbörse heute geschlossen. » Der sozialpolitische Ausschuß fuhr gestern in der Beratung des Gesetzentwurfes über den Ausbau oer Angestel l- tenversicherung fort. Danach wird in dem Leistuugs- und Beitragstarif -er Grundbetrag von 360 Mark auf 480 Mark er höht, der Kinüerzuschutz von 36 Mark auf 90 Mark und der Prozentsatz sür die Beiträge aus dem bis 1. Januar 1924 geleiste ten Beiträgen von 10 auf 15 Mark. Die Beiträge werden ent sprechend dieser Leistungserhöhung ebenfalls l.eraufgesrht un- zioar in der Gehaltsklasse A auf 2 Mark, B aus 4 Mark, C auf 8 Mark, D auf 12 Mark und E aus 16 Mark. Als versichern igs- pf'tchtige Grenze wurde ein Iahresverdienst von 8400 Mark fest gesetzt. , Der RelchstagsausschußfürKrlegsbeschädig« ten fragen trat gestern in die allgemeine Beratung der Abän derung des Reichsoersorgungsgesetzes ein. Ministe rialrat Kerschensteiner gab einen einleitenden Ueberblick Uber di» Verbesserungen, die diese Novelle mit sich bringl. » Der Haushal tausschuh setzte die Beratung der Tr- gänzungsl-ausholte fort. Die Beratung begann bei dem Ergän zungsetat des Neichswehrministeriums. Es wurden Neurege lungen und Zusätze genehmigt. In gleicher We.ise wurden dis Crgänzungshaushalte der übrigen Ministerien erledigt, so -aß dis Ausschußberatungen des gesamten Reichsergänzungshaushaltes abgeschlossen ist. M de« AMiWiilm i« Wien Dresden, 8. Juli. Der Auslösungsantrag der Linkssozialisten im Sächsischei Landtag steht bei Nedaktionsschluß zur Beratung, ohne daß de: Ausgang der Wstimmung bereits abzusehen ist. Verlautbarun gen zufolge soll es trotz des ablehnenden Beschlusses der 23 nicht unmöglich sein, daß diese doch sür die Auslösung stimmen. Jeden falls wird von seiten der Linkssozialisten mit allen Mitteln aus einen solchen Umfall hingearbeitet. Die Reichstagsabgeordnets Toni Sender und verschiedene Mitglieder des Berliner Partei vorstandes sollen am Dienstag in Dresden geivesen sein, um zwischen den feindlichen Brüdern eine Uebereinstimmung herbei- zuführen. Sie Mid« dtt M-»W Tie K-ttumösir drr GeiiihtSärzte- — TaL Obrrgut-ichten des UniverfitiitsprofessorS Dr. Lkvin AuS dem Preußischen Landtag wird uns geschrieben: Im U»tecsuchiingsauS''chnb des Preußische» Landtags im Fall Hösle ist man nunmehr bei der Revision der ärzi- llch e,, G u tach t e n angclangt. Tie Gericht-Mzte Tr. Lira ß - mann, Tr. Störme r und der Gec>chtsch:u,jker Dr. Kipper du das erste Gutachten absaßten, in welche,» von einer „irlbst- mörderischen Absicht" die Rede war, haben nunmehr ihre erste Aujsm'üng grundlegend geändert. Heute wolle» es d'-e Aerzte nicht mehr wahr ha den, daß sie damals eine Leab'ichNgie Sc'.l-sttötuug angenommen hatten. Befragt, n»e sie denn non einer «elbstmörden'chen Absicht im Gutachten spreche» konnte», machen s>« Ausflüchte. Ueberhanpt gestaltet 'ich die Vernehmung dieser gerjchtsäczlliche» Persönlichkeiten, von deren Nenßernigen und Gutachten doch oft das Schicksal eines Menschen abgangr, recht unerfreulich. Tie Aerzte widersprachen sich und waren kaum >n einem einzigen Punkt« einer Meinung. ES war ein« Z e r s a y r e » h e > t und eine Unsicherheit in ihre n Aeußernngcn, die geradezu peinlich wirkten. Straß- m a n n kam dann schließlich ans einen neue» Einfall, auf die Theo rie des Vorhandenseins einer echten Melancholie, also einer Geistes krankheit bei Löste. Tie Sachverständige» des Ausschusses, insbesondere Pro fessor Tr. Lev >n, rechnen mit dem (tzerichtsche,uiker Dr. Kip per scharf ab, dem sie nicht nur O b e r s l ü ch l irh k e i t, s o n - der» völlige Unrichtigkeit seiner Angaben, ans die sich ihre Gutachten stütz ten, vorwarfen. Tr. Kipper wie auch die andere» ärztlichen Zeugen wußte» immer nichts anderes zu sage», als daß ihnen eine R-'il>e von Tat'ache», über die sie durch die Verhandlungen des Untersuchungsausschusses erst Kcnul- n'-s erlangt hätten, unbetannt geblieben wäre». Auch ans diesen abschließende» ärztlichen Vernehmungen ging wieder hervor, daß i» einer, dem Ernste des Falles in keiner Weise ent'prechenden Form vorgegangen worden ist, daß Gutachten erstattet wurden, t»e i y ce Verfasser selber als lchlrcht und oberflächlich bezeichnen, wobei es nichts verschlägt, daß man sich darauf beruft, die Gutachten seien unter ds». Drängen der Staatsanwaltschaft und ohne Unter lagen zu besitzen, abgefaßt worden. Nunmehr erfolgte die Erstattung des O b e r g n t a ch t e» s turch den Sachverständigen, Nnivcrsitätsprossssor Tr. Lev»,,, de» weltberühmte» G>stlehrer. Professor Tr. Lev in baut sein Gutachten anf folgende Ueberzengung auf: Tr. Hösle wäre heute noch am Leben, wenn n'cht Unterlassungen oder ordnungswid rige Handlungen an ihm im Untersuchungsgefängnis vocgekommen wären. Er macht geltend, daß Hösle die körperliche Fitriorge, obwohl er krank war, vollständig fehlte. Durch se,ne B >' h a n d l u n g s w e i s e iei ein Zuwachs von Schädlichkeiten er- tolgt, der unbedingt zur Katastrophe führen mußte. Tie zweite Ueberlegung, die Professor Levin geltend macht, st die, welche anderen ungewöhnlichen Verhältnisse außer einer >>cht zweckentsprechenden Für-iorge an seinem Kränkenwecden be teiligt waren, und hier verweist der Sachverständige anf die Un terlassungen, Verschweigungen »„i, direkt ver kehrten Behandlung, die bas Krankenblatt aufweiie, das v)n Tr. Thiele unterschrieben war »nd somit ei»e amtliche Be kundung darstellte. Dr. Höfte hat Schlafmittel von hoher Energie ei halten. T>e Pfleger haben bekundet, daß sie vollständig frei j» der Verwendung dieser Mittel wäre». Man hat sie Hösle gegelie,,, o> ne daß dabei seine Herzarheit überwacht worden wäre. Tie Schlafmittel führen eine Ueberarheit des Herzens zerbei. Aber nichts ist geschehen, um die Wirkung bei Höftes geschwäch- tcm Zustand zu überwachen. Tr. Th>elr ist an manchen Tage» überhaupt nicht dagewesen; dann mußte, wie sich aus der Zeugenvernehmung ergab, der Oberwachtmeister Nö-i-Ang Visite machen. Tie Apotheke >,» Lazarett war in einem Zustand, r.er einen sachverständigen Begutachter dazu veranlaßte, die Hä>de über dem Kopf zusammen,Zuschlägen. T>'e Pfteger hatten bis z„ 1!X) Ampullen und gewaltige Mengen von Tablette» z„r freien Verfügung. S>e waren izjcht Mediziner, man hatte ihnen aber medizinische Rechte eingeräumt. T« Arzt hat sich 2»/, Jahre lang überhaupt »>cht »in die Verteilung der Schlafmittel ge. kümmert. Tos betrüblichste ist, daß hohe Mengen von Mor ph»»» wahllos verwandt wurden. Tie Kranken wurde, >o,>;it förmlich z wa » g wei s e z u Mo r p ht»i sten erzo gen. T»me üw Kranken haben nicht nur die verordnete» Schlafmittel ec icndern erhebliche Mengen darüber hinaus. Die Kraulen er hielten die Tropfen und noch dazu Schlafmittel. Es ist ungeheuerlich leichtfertig in der Verwendung dieser Mittel vor- gegange» worden. Tropsenflascheu, die man sür ejn paar Ptennige haben kann, sind überhaupt nicht verwandt worden. lieber den Fall Hösle hinaus interessiert die Allgemeinheit rin? derartige Handlungstveis«. Es ist unglaublich, höre-, z„ müssen, daß », einem staatlichen Institut Morphium in solchem Umfange gegeben w'rd, und zwar nicht po» Medizinern, son der» von Laien. Daraus ergibt sich, daß ungewöhnliche Einflüsse im Untersuchungsgefängnis auch bei Dr. Hösle sich verwirklicht habe», die sei»:» anfsälligen Zustand vom 1t. bis 20. «lpril ver ursacht haben können. T>e dritte Ueberlegung, die der Obcrgutachter geltend macht, 'st dje, daß Dr. Höfte gewisse Stoffe langsam, aber z» einen, be stimmte,, Zeitpunkt akut erhalten hat, die ihn .ränker ge macht haben, als er war und d>e sei neu Tod dir ekt „de, indirekt veranlaßt habe». Ter Sachverständige Lev in erklärt dann weite,-, daß Höftr » l» de» letzten 24 bis 48 Stnnden vor seinem Tode einer ärzt lichen An g st b e h n » dl» n g unterworfen worden ist. Man stopfte ihm mit starken Mitteln, um sein« Herzmuskeln z,,: letzten Arbeit n u kz u p e i t sch >' ». T«r Sachverständige stellt i«n- daß seiner festen ueberze„g>„,g „ach Höfte schon am 13. April, al>o 8 Tage v-ft seinem Tode, ein verlorener Man» wnc. Trotzdem hat ina» sich nicht ui» ihn gekümmert. Er hält es kür ausgeschlossen, daß, w>e der Oberstaatsanwalt Linde bekun dete, Höfte sich mit ihm frisch am 18. April nuterhalten habe. Au den harten Tatsache» zerschelle alles gegenteilig Lautende. Ter Zeuge erklärt, er habe «u Hanger Selbstprüsuug sich aefragt, ob nicht ein Weg oder ein« Brinke zwischen den widersprechenden Bekundungen zu finde» sei. Er habe aber nichts gesunde,,. Für ga,i zansge schlosse» hält der Sactiverstüud'ge, daß Höfte etwa „ach dem Weggang d-s Oberstaatsanwaltes imstande gewesen wäre, sich Gistpastillen »»zuführen. Aus de» gutachtlichen Tarlegnngen, die eine» »ngeoenren Eindruck ans den Ausschuß machtcn „nd die trotz ihrer lange» Tauer unter gespanntester Ansmerk'amkeit angehört wurde», er gab sich ein geradezu erschütterndes Bild von der Leidenszeit Dr. Höfles, die mit zum großen Teil durch eine geradezu unglaubliche Vernachlässigung der 'ärztlichen Behand lung wie überhaupt durch seinen Aufenthalt im LazareK »nd ui, ilntersuchungsgssänguis herbeigesührt wurde. Neue Pause iu den Pariser Verhandlungen Parts, 8. Juli. Die deutsche Wirtschastsdelegation hat der sranzösischen Presse folgende Erklärung übermittelt: Die deutsche Delegation bedauert, daß die seit neun Mona ten geführten Verhandlungen nicht so zeitig zum Abschluß ge kommen sind, daß die Ratifizierung eines Abkommens durch die Parlamente der beiden Länder vor ihren Ferien ermöglicht wer den konnte. Wir ein am 14. Juni durch das sranzösische Handels ministerium veröffentlichtes Kommuniquä festgestellt hat, glaubt die deutsche Delegation, daß die von Frankreich für die haupt sächlichsten deutschen Exportartikel gemachten Konzessionen jEhemikalien, Maschinenartikel, Kleineisenprodnkte. optisck» Zeugnisse, elektrische Artikel. Lederwaren. Keramik und Spiel waren) nicht ausreichen, um das Gleichgewicht herzu,teue». o„s eine Grundlage für ei» Handelsabkommen hätte ergeben kön- neu Andererseits Kat die französische Mrtschaftrdelegation die von Deutschland gemachten Vorschläge, namentlich was Weine, Wall- und Baumwollgewebe, sowie Automobile betrifft, sür un genügend erklärt. Es ergibt sich also daraus, daß die zwischen den beiden Delegationen entstandenen Meinungsverschiedenhei ten sich auf wirtschaftlichem Gebiete kundgetan habe». Keinen Augenblick dagegen haben in der Diskussion politische Fragen eine Rolle gespielt und in Irgendeiner Weise die von der deutschen Regierung eingenommene Haltung beeinflußt. Handelsminister Chaumet erklärte am Dienstagabend fran zösischen Pressevertretern: Wir haben das Menschenmögliche ver sucht, um rasch zu einem praktischen Ergebnis zu kommen. Der gute Wille der deutschen Unterhändler kann nicht bezweifelt werden. Aber sie wurden behindert durch Forderungen gewisser Industrieller und der Landwirtschaft, anderseits haben wir nicht die hauptsächlichsten Industrien unseres Landes opfern können. Die Entwertung der Lira (Eigener Bericht unseres Korrespondenten) Rom. 6. Juli 1925 Wie seinerzeit in Deutschland dein Beginn der Kriegszah- lungen im Jahre 1921 und jetzt in Frankreich, tritt auch in Italien die Entwertung des Zahlungsmittels ein, welches nicht auf Goldbasis aufgebaut ist, obgleich die Schuldenzahlungeil an Amerika nicht einmal begonnen habe», sondern die Ver treter Italiens in Washington erst die Vorbesprechungen mit dem amerikanischen Echatzsekrelär begonnen hatten. Sie hatten sich der trügerischen Hoffnung hingegeben, von den Aankees von vornherein ein anscheinend sogar zehnjähriges Moratorium zu erhalten, wack aber von Amerika abgelchnt wurde. Amerika besteht aus dem sofortigen Beginn der Zahlungen und will eine genaue Kontrolle über die Einnahmen »nd Ausgaben seines Schuldners haben. Die Folge davon war. daß der technische Sachverständige sofort nach Italien zurückkehrte, um sich die nötigen Unterlagen ln Rom z» besorgen, wodurch die Verhand lungen für Wochen und Monate unterbrochen werden. Inzwischen ist In Italien eine wüste Spekulation auf Baisse der Lira cnisgebrocken. alles sucht Dollars »nd Pfunde zu kaufen, und der Dollar erreichte vor einigen Tage» den Stand von 29)6 Lire für einen Dollar. Zwar hat die Regierung Maß regeln ergriffen, um das heimische Zahlungsmittel zu schützen durch Erschwerung des Börsen- »nd Wechselverkehrs, doch wis sen wir von der deutschen Inllotion her nur zu gut, daß die Börsenleute meistens schlauer sind, als alle Regierungsverord- mingen und Immer noch eine Masche finden, um durch die Para graphen des Gesetzes hindurchzuschlüpfen. Andere Sachverständige wollen ein Manöver der angelsäch sischen Länder, die auf Basis der Goldwährung teuer fabrizieren und zahllose Arbeitslose haben, die sänmiaen Schuldner Italien »nd Frankreich zur Annahme der Goldwährung zwingen, um sich die Konkurrenz der Länder mit billiger Handarbeit vom Halse zu schaffen. -- Mussolini scheint aber davon nichts willen zu wollen, denn er erklärte vor einer Versammlung von Bankiers, daß er im Gegenteil die Vorteile von Papler-Lir« zinn Nutzen der italie nischen Industrie auszunutzen gedenke und nicht darmv denke, die Goldwährung elnznführen. Es bleibt nur abzuwarten, wer der Stärkere ln diesem Kampf zwischen Gold und Papier sein wird, das reiche Amerika »nd England oder das Schuldnerland Italien. — Rach einer Meldung des „Mondo" scheint In Negierunaskreisen jedoch in Erwägung gezogen zu werden «ine Stabilisirrung der Papierlira aus ein Fünftel ihres Goldwertes, also aus 26 Lentesimi Vorkriegs wert vorzunehmen. Der Augerslein-Prozeh Limburg a. d. Lahn, 8. Juli. Im Mordprozeß Anger- stel» begann gestern die Vernehmung derZeuge n. Tie Zeugen, die Angerstein direkt nach der Mordtat gesunde» habe», lagen übereinstimmend aus, daß Augerstein durchaus bei Be'innuno gewesen sei. Ter Bürgermeister von Haiger erklärte, er habe vor der Katastrophe stets einen guten Eindruck von der Familie Angerstei,, gehabt. Nach Vernehmung von etwa 10 Zeugen wucr.en die Aerzte vernommen, die die Leichen der Ermordeten seziert haben. Ausführlich äußerte sich der Aerichtschemiker Tr. Popp über seine Untersuchung. Er war der erste, der auf den Gedn ssen kam, daß Angecsteln der Täter sei. Dr. Popp wies im ejnze.ue z nach, w>e inaogelhaft AugcrsteinS TäuschungSver-uche gew.oen sind. Niederschmetternd für Augerstein ist die graphologische Fest stellung Dr. PoppS, daß der Angeklagte am Mordtage nach der Tötung mehrerer Menschen i» völliger Ruhe einen Br'«, an seinen Bruder geschrieben hat. An AugersteinS Anzug wurden ins gesamt 431 Blutslecke festgestellt, die von den verschiedenen ermor deten Personen stammen. — Ter Angeklagte machte gestern em?u verworrenen Eindruck» seine geistige Spannkraft scheint unter der Anstrengung der zweitägigen Verhandlung bedentend nachgelassen zu haben. Aus dem Vatikan. Aus Anlaß des Festes der Apostel- fürsten wurde im Vatikan wiederum die historische Iah- resmedaille In drei Nietallarten geprägt, ivelche am Peter- und Paulstage an das Kollegium der Kardinäle, an geistliche Würdenträger und an Angehörige der päpstlichen Hofes verteill wird. Die Münze, eine Arbeit von Mistruzzi, trägt auf der Vor- verleite das Bild des Papstes mit der Umschrift »lft113 Xl. ssOdiT. bi/ZX. Kdl 4U8. KOITI'Iss. IV." und auf der Rückseite die Abbildungen folgender Heiligen: Johann Baptist Mannoy, Bekenners: Petrus Canisius, Bekenners und Kirchenlehrers: Johannes Eudes, Bekenners: Maria Magdalena Postel, Jung frau: Magdalena Sophia Barat, Jungfrau: Theresia vom Kinds Jesu, Jungfrau: die Heiligen sind betend in den Wolken darge stellt, erleuchtet von den Strahlen des Heiligen Geistes. Die Um schrift lautet ..OUk43 8^diL>^" und anno tziLiAXXV, daneben ist die Porta Santa adgebildet. Die wertvolle Münze wurde dem Heiligen Vater durch Kardinal Gasparri. den Konservator des päpstlichen Münzkabinetts Serafini und durch Prosessor Mi struzzi überreicht. X Das neu« römisch« Rituale. Durch Dekret vom 10. Juni dieses Jahres hat die Ritenko-ngregation eine Neuauslage des Römischen Rituale approbiert, von der bemerkt wird, daß si« sorgfältig durchgesehen, verbessert und erweitert ist nach den Normen des Kirchlichen Gesetzbuches den Rubrrken des Römischen Missale und den Dekreten des Heiligen Stuhles. Der letzt« Druck des Rituale fand im Jahve 1913 statt. In der Zwischen zeit ist die ve-rösfentlichung des Codex Iuris Canonici erfolgt, Neue Rubriken und Ergänzungen zum Missal« und viele litur gische Dekret« sind hinzngekommen, die das ganze StSsfgebi« wesentlich erweitert haben. Wetterbericht »er Dresdner Wetterwarte WitteninaSaussichtki» für de» 8. Juli abends bis 9 Juli abends: Wechselnd bewölkt und zur Unbeständigkeit neigende!! Wetter, zu kühl, lebhafte zeitweise böige Winde aus we-stftckei Richtung.