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Sächsische Volkszeitung : 08.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192507083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250708
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250708
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-07
- Tag 1925-07-08
-
Monat
1925-07
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.07.1925
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Tagesneuigkeilen Amun-sen für dir Ieppettnexpedilion nach dem Nordpol Oslo, 7. Juli. In einer Unterredung sprach sich Amundsen über seine Zukunstspläne aus und sagte: „Ich werde niemals wieder Flugzeuge für eine praklisckie Polarsorschung verwenden, aber das Ziel, das ich bis zu meinem letzten Atemzuge verfolge, ist und bleibt, eine Verbindung nach Alaska herzustellcn. Es kommt mir weniger darauf an, den genauen Ort des Pols sest- zustellen und auszusinden. Der Pol wird in diesen Gebieten ewigen Eises mal auf dieser, mal auf jener Eisscholle liegen. Ich habe darum auch das größte Interesse an der geplanten Zep pelinexpedition über den Nordpol. Ich habe mich schon mit Dr. Eckener in Verbindung gesetzt und studiere seine Pläne eifrig. Ich weiß aber nicht, wann ich mit ihm Zusammentreffen werde, weil ich eine Reise nach Amerika machen muß, wo ich lange Zeit bleiben werde. Ich glaube aber fest, daß der Zeppe lin es schassen kann, weil er aus das Eis niederzugchen vermag und dabei doch schwebend bleibt und nicht mit ,einem Gewicht in das brechende Eis einsinkt, wie die Flugmaschine, die schwerer als die Lust ist. Der Plan des Dr. Eckener ist ein ganz großer Gedanke, er sollte und er muß verwirklicht werden." Wohnungen slatt Feste! Ein nachahmenswertes Beispiel Berlin. 7. Juli. Das Stadtverordnetenkollegium von Kal denkirchen (Niederrhein) hat beschlossen, an Stelle einer Iahr- tausendfeier 10 Eigenheime für kinderreiche Familien zu schassen und sie „Iahrtausendsiedelung" zu nennen. Den Beziehern der Häuser könne für den Zinsendienst seitens der Stadt ein weiterer Zuschuß gewährt werden. Einbruch in -ie Schatzkammer der Sl. Peierskirche Freitag nachts drangen Diebe durch ein Loch, das sic durch das Gewölbe gebrochen hatten, in den zweiten Raum der Schatz kammer der St. Peterskirche ein und raubten zahlreiche Wert gegenstände. Die Verhaftung der Einbrecher ist in zwischen erfolgt. Alle gestohlenen Gegenstände sind, wenn auch in beschädigtem Zustande, wieder aufgefunden morden. Die Diebe hatten bereits alle Vorkehrungen getroffen, um das Gold einzuschmelzen. Organisatoren des Einbruches waren ein Schuh händler und ein Juwelier. Der Schuhverkäufer hatte den Auf trag erhalten, sich nach Abnehmern der Beute umzuschen. Bei der Ausführung dieser Aufgabe geriet er in die Hände eines höheren Kriminalbeamten. Den Eindruck, selbst hatten die in der Schatzkammer tätigen Maurer und Anstreicher verübt. Tischlerlaq in Kamburg Dresden» 7. Iulr. Der Reichsverband des deutschen Tischler ge werbes, Sitz Dresden, hatte ieine Mitglieder für die Tage vom 3. bis 6. Juli »ach Hamburg berufen z„ seinem diesjährigen V e r b a n d s t a g e, an dem mehrere hundert Ver treter te'lnahmen Die Verhandlungen wurde» durch den Ober meister Stadtrat H e i n z e - Dresden geleitet. Bei der Vertreter- Versammlung erstattete Sh»d>k»s Weber-Dresden den Ge'chäkjs- bencht und referierte sodann nach der Vorstandswahl über die Belastung und Verteuerung des Nanlwlzes durch d>e neue Zoll Vorlage. Hierzu wurde einstimmig eine Entschließung äugen,un nirn, tn welcher schärfster Ein'pruch g'gen die Position 010 der Zolkvorlage erhoben wird. Weiter beschäftigte man 'ich mit der Frage der Beschickung der Meile», mit den Verhältnissen anlässlich des letzten Arbcttskamvfes und ei» Zusammengehen mit Handw'.rk und Industrie in sozialpolitischen Frage». Tic Vorstände des gteichsverbandes des deutschen Tischlergewerbes und des deutichen Arbeitgeberverbandes sollen hierzu Richtlinien ansarbeiten Die sächsisch-Iküringischen Landsmannschaften Mügeln bei Leipzig, 7. Juli. Vom Sonnabend bis Montag fand hier die 8. Vundestagung der sächsisch-thürlngisckM Lands mannschaften statt. Der Ort ivar festlich geschmückt. Am Sonn abendnachmittag fand eine Gedenkfeier aus dem Friedhof statt, an die sich die Fahnenweihe der Mügclner Landsinannschait in Leipzig und die Feier des 28jährigen Bestehens der Mügelner Landsmannschaft in Dresden schloß. Am Abend fanden in drei Sälen Begrüßungsfeiern statt. Der Sonntag, der mit Weckruf und Glockengeläuts eingeleitet wurde, brachte noch dem Festgot tesdienst die Weihe und Eröffnung eines neuen Heimatmuseums. Die 8. Vundestagung, die am Vormittag begann, eröfsnete der Bundesvorsitzende Kurt Pilz, der auch die Vertreter der Stadt, der Amtshauptmannschaft begrüßte. Der Gcsamtvorstand wurde iviedergewählt. Die nächste Bundesversammlung soll in Col- d i tz stattfinden. Ein schöner Festzug belebte am Nachmittag die Straßen der Stadt, die am Abend prächtig illuminiert wurde. f Mörderin Maschine. Gestern mittag ereignete sich in der Hannoverschen Maschinenfabrik in Linden ein schweres Un glück. Durch Reißen eines Drahtseiles am Ausleger eines Dreh kranes stürzte der daran hängende Greiser in die Tiefe. Zwei gerade darunter beschäftigte Werkmeister wurden getötet; ein Arbeiter erlitt leichtere Verletzungen. f Vom Blitz erschlagen. In der Hörster Heide bei Har burg wurden zwei junge Leute, die sich vor einem Gewitter tn ein Scheunentor geflüchtet hatten, vom Blitz erschlagen. Ferner wurde in Iddensec bei Harburg eine große Scheune durch Blitz schlag vollständig eingeäschert. ß Autounglück in Italien. 10 Kilometer vom Bahnhof Stena entfernt hat eine Lokomotive, die von der Neparaturwerk- stätte kam, einen Autobus überfahren, dessen Insassen 70 Meter weit geschleudert wurden. Sieben Personen wurden getötet und zwei verwundet. -s Schwierige Lage im Ostrauer Kohlenrevier. Im Ostrau- Kaminer Kohlenbecken, wo bisher 0400 Arbeiter entlassen wor den waren, sollen in den nächsten Tagen weitere 3000 Zlrbeiler entlassen werden. Die Lage ist gespannt. Nach Mitteilung der Zeitung „Tribuna" sind Konflikte nicht ausgeschlossen. -s Kieler Woche 1928. Nach einem von der Stadt Kiel für die fremden Segler gestern veranstalteten Begrüßungsabcnd hat heute vormittag die Kieler Woche 1928 unter überaus zahlreicher Beteiligung mit einer See- und Binnenregatta begonnen. Eine besondere Bedeutung erhält die Veranstaltung durch die Beteili gung schwedischer Segelyachten und durch die Anwesenheit einer stattlichen schwedischen Flottenabteilung im Kieler Hafen. 4 Die Stadt Manzales in Columbia (Südamerikal ist ourch Feuer zerstört worden. 1 Urberschwemmung in Warschau. Abends 8 llhc drang das Wasser l„ die Straßen der Stadt. In der Vorstadt Praga erwartet man eine große Kalastroplw. Tie Bevölkerung bat »ich >n Sicherheit gebracht. 4 10 Personen vom Zuge überfahren. Aus Mabr'd w.rd gemeldet, daß ein Wagen mit 10 Personen, die von ei»«», Hock- zertssest znrückkehrten, bei Murvbia von einem Gntcrzng erfaß, und sämtliche 10 Perioneu getötet wurden. s- Krnbennnfall in Schlesien. In der Nacht r,,m Sonntag ist auf der Zeche Konkordia in Hindenbnrg fO.-S) ej„ Schacht von rund 100 Metern e>»gsbrochin. Zwei Arbeiter konnten nur als Leichen geborgen werden. Ein dritter Arbeiter erlstt schwere K"vi»erl-> -'ge». s- Ei» neuer Weltrekord im lOll'.Kilometer-INadrennen Au? der Radrennbahn des ElberfeZ-er Stadions stellte beim 100- Krlimcter-Nennen mit Schrittniachsrfnhrung Witt'g-Berlin in 1 Stunde 80 Minuten 80 Sekunden einen ne,,en Weltrekord auf. Ticker ist um 4 Minuten gegenüber de,» bisherigen Welt rekord gebestert. s- Der Dobcezeiter Mörder verhaftet? Wie Dresdner Plätter pon unterrichteter Seite böre„, soll es gelungen sein, den flüchtige» Mörder des Straße,Wärters Lest in Doberzeit be: Pirna, de» Tischler Hugo Kohl in Stettin zu verhaften. Anderioei'tige Nachrichten, die de» Mörder in Zeulenroda oder be> Hildcsheim gesehen haben wollen, dürften sich damit er übrigen. Es bleibt freilich abznwartcn, ob sich die Meldung von der Verhaftung in Stettin bestätige» wird. 4 Große Explosionskatnstrophe in Rußland. In Poloz? iSowjetrußtand) explodierte eine der größten sowjetrnksisrhe» Munltionfabriken. Es waren dort 300000 Kilogramm Dynamo uniergebracht. Ter angcr>chicte Schade» ist ungeheuer BomWicke Ses Leidziser öenSers Miliwock), 8. Juli 4,30—0,00 nachm.: Märchennachmitiag sür Kinder. Jenny Ritz- Haupt liest Märchen und die RnndsunklMiskopelle spielt ent sprechende Weisen. — 0,45—7,00 nachm.: Funkbastelstunde. Dresdner Programm für beide Wellen (454 und 292) 7,00—7,30 nachm.: Vortrag: Dr. Kreysig. Dresden: „Entstehung und Auswirkung des SteuerUberleitnngsgesehcs". — 7,30—8,00 nachm.: Sächsische Schweiz. Vortrag: Negicrungsrat Doengens, Dresden: „Das Bergsteigen in der Sächsischen Schweiz". — 8,15 nachm.: Musikalische Darbietungen und Rezita tionen. Mitwirkende: Kinderchor der 35. Volksschule, unter Lei tung von Nudenz Arnold; Max Iähnig vom Nenstädter Schau spielhaus sNczitaiioncn). — 1. Volkslieder, a) Das stille Tal. iWilh. Ganzhorn.) b> Lebewohl (ans „Des Knaben Wunderhorn.) jSilchcr.) c) Der Wirtin Töchterlein (Kinderchor.) — 2. Aus den ältesten Büchern über die Sächsische Schweiz: a) K. H. Nicolai: Wegweiser durch die Sächsische Schweiz, Pirna 1801; b) W. L. Götzinger: Sck>andnu und seine Umgebung, 1. Ausl. 1804 <Max Iähnig.) — 3. Volkslieder. (Kinderchor.) a) Tanzlied von Karl Reinecke. Mach einem schwäbischen Boiksiicde.) b) Am Wiesen rain. (A. Frendenberg.) c) Tanzliedchen. (F. Nagler.) — 4. Die Sächsische Schweiz in der Dichtung: a) Aus Theodor Kör ners „Reise nach Schandau": b> Aus Gietlerugs „Seit ich sie ge- seh'n"; c> Aus Schindlers „Geschichten aus dem Elbsandstelnge- birge" <Max Iähnig). — Darauf Tanzmusik von 10,00—11,30. Die deutschen Grohstüdke Berlin, 7. Juli. Die Volkszählung vom 10. Juni 1925 t>at für die deutschen Städte über 100 000 Einwohner die folgenden Ergebnisse gehabt, denen wir zum Vergleich die Zahlen von 1919 und 1910 beifügen: Ortsonwesende Bevölkerung 1925 1919 1910 lach Sen, jeweiligen Gebietsstant 1 2 ? Berlin Hamburg Köln München Leipzig Dresden Breslau Essen Frankfurt a. M Düsseldorf Hannover Nürnberg Stuttgart Ehemni tz Dortmund Magdeburg Bremen Duisburg Königsberg i. P,. Stettin Mannheim Kiel Gelsenkirchen H a l l e a. Barmen Altona Kassel Elberfeld Augsburg Bochum Aachen Karlsruhe Brannschwcig Erfurt Krefeld Hamborn Mühlheim a. Ruhr Lübeck München-Gladbach Plauen i. V. Mainz Wiesbaden Münster i. Wests. Oberhmisen Lndwigslxifen 3 008 388 1 059 558 609114 071548 000 140 008 025 538 331 402 428 457 831 429 510 414 392 384 272 337 199 323 153 313 245 287 9.32 287 840 272 080 200 208 250 709 242 230 209 708 204178 102 497 181 700 182105 107918 10 t:77 t 102 135 150 303 153 707 114 7t», 144 077 133 707 120 074 120401 125 520 120 218 114 330 109 953 197 532 101002 10158 t 104 353 100 070 Insgesamt: 10 373 480 3 803 785 3 734 25» 085 779 953 10k. 010 940 009 291 030 711 007 592 030 485 044 044 587 748 008 841 528 200 514 979 439 257 410 214 433 0«>2 414 576 497 338 .358 728 392 805 381 078 303 073 .313 142 323 054 208 >02 303 980 301 338 295 020 258 002 285 850 279 029 209 873 257 248 214 302 229 183 200 895 255 994 232 720 23.7 402 229 570 200 049 22l 030 226 500 193 528 191378 182 320 180 813 174 810 187 342 '08 729 172 028 l 02 391 153 106 157 218 170 195 151555 147 530 13.0 931 142 700 110 129 150 824 135 952 131411 139 5.39 143 558 129 0,0 123518 125 201 120 40k 110 102 101.341 128 205 113 027 113 770 100W4 110 784 100 738 101918 !:>> 272 107 930 110 034 97 500 109 002 100 452 09 254 98 077 9! 007 90 721 '-3 301 15 580 400 15 190 446 Sachsens S!äd?O Es läßt sich nunmehr ein Bild über die B.wöl.ernng: i'i-'r und die Größenfotge der säckiuickien Städte gewinnen. 7 - w! '- den am 10. Juni in folgenden Städten gc-ählt: Leipzig H > l 9), Dresden 008025, Cliemn'tz 325 153, Pionen Hw953 Zw.tau 79609, Meißen 40809. Bautzen 39E. Zittau 3795» Z eta! 30 19t, Freibccg 34 538, Neicheubsch 39 053, Picna 3.9 !57 G m- cha» 27 027, Er>»»nitsck,a», 24 099, Niem 21 98D Meer»,,- 23 999, Töbcl» 22 558, Aue 21 232, Werda» 20 909, Mittweida >9 217 Wurzen 18 219, Annaberg 18103, Großenhain 12 875, Läh.in 12 208. Dresden hat m>i 78 099 den größten Zuwachs zu ver zeichne», die Ziffer jür Leipzig stieg »ni 55 700, Zwiclan 9'I I, Plauen 5035, Pirna 11 400, Riesa 9200 Nur Criininitöhan hat eine Abnahme um 800 Einwohner zu verzeichne», »tüb- weiba weist im Gegensatz zu alle» andere» Städten ein Mestr an männlichen Einwohnern aus. Jnlcres'ant ist bei den Zil len für ganz Sachsen, daß sich die Zunahme an mäanlä de» Einwohner» gegenüber 1919 aus 193 075, die der weiblichen aus nur 113 328 beläuft, sodag cil'v bei Anhakien die'er Bewegung der ourch den Krieg erheblich gesteigerte Frauenüberschuß etwas cibgcbailt werden vürste. sovie alle Hi-ien von tlJutilni-einil-Kc-.ten, tl3Ut3U85c!i!ül:en, wie Nlüt^keir, Nile.8ON, ^ binnen, ?ickeln, ?u5le!n U3v/. vLi-Zcliv.'in. ilcn cluk'ck tugliciien (icbrLucli cäck- i:t c. ,l VrLÜrLKpfLiH von Lork-M»"« -kc 'iw., Sladtrichter und Abbe Eine heimatgeschichiliche Erzählung aus den ersten Jahren der Republik Schirgiswaide. Bon Franz Nösler. (20. Fortsetzung.) Uebergliicklich warf sich der Mann aus die Knie und be deckte das Kind mit Küssen. „O Dank! Tausend Dank, daß du gerettet bist! Wie konnte ich deiner vergessen," jammerte der Alte. Ergriffen standen die Leute dabei, und mancher Zuschauer zerdrückte still eine Träne Als er sah, daß der Knabe unversehrt war, fragte er: „Wer hat ihn errettet? Sagt es mir, damit ich ihm dan ken kann." „Der Abbü," antworteten einige aus der Menge. „Wo ist der Abbü?" fragte er. Ja, das wußte niemand. „Daheim," sagten die Leute. Sogleich wollte sich der Frachter aufmachcn, um dem Retter seines Kindes zu danken. Aber die Männer sprachen: „Laßt das jetzt, das hat Zeit bis morgen. Jetzt wollen wir nach den Pferden sehen " Aber -er Frachter antwortete: „Tut ihr das! Ich will den Knaben zu Bett bringen." Sogleich nahm eine Frau das Kind und trug es sorgsam nach dem Erbgericht. Der Frachter ging nebenher. Während dieser seinen Knaben betreute, trugen die Männer hilfsbereit die Frachtstücke, die sich am Rechen des Mühlgrabens gestaut hatten, ans Ufer und luden den Wagen vollends ab. Die Kisten und Säcke schafften sie auf den Markt und stapelten sie auf. Dann zogen die Rosse den Wagen aus dem Wasser. Es war schon später Abend geworden, als man den Wage», besten Vor derrad gebrochen war, auf den Markt schob. Bald wurde es still auf den Gasten. Nur Daheim besprachen die Leute lebhaft den Unglücksfan. Sie gedachten lobend des Retters des Kindes und der mutigen Tat des Mälzerseffs. Die Tür des Hauses Nr. 06 blieb aber an jenem Abend geschlossen. So oft auch jemand anklopfte, der Tlbbö öffnete nicht. Er wollte mit sich astein sein. Der Herr Stadtrichter hat wieder Aerger. Eines der Häuser, In das die Kunde von dem Vorfall mit zuletzt drang, war das Stadtrichtorhaus. Herr Adam Reime hatte an diesem Tage das Hans nicht verkästen. Resel, die Magd, vor es, die die Neuigkeit von der Nachbarin gehört und sie »gleich ihrer Herrin erzählt hatte. Die Stadtrichterin berichtete sie sogleich ihrem Eheherrn. Wie groß war ihr Erstaunen, als sie sah, daß ihr Adi darob in Wut geriet. Er lies ausgeregt aus und ab und wetterte, weil man ihn nicht geholt hatte. Bei solch einem Ereignis ivollte er dabei sein, er, der Stadtrichter vor allem. Es dauerte ihn, daß nun der Abbü in aller Leute Munde war. Und »och dazu der Nausbold, der Mälzersefs! Aergerlich griff sich Frau Magdalen an die Stirn. Daß sie sich das nicht gedacht hatte! Sie kannte doch ihren Adi! Nun war der Aerger da! Der Stadtrichter schloß sich in sein Stüb chen ein und war für niemand zu sprechen. Der Stadtrichter sohn schlich leise zur Mutter und unterhielt sich mit ihr über den Fall. „Laß ihn nur austobcn Karl" meinte die Stadtrichterin. „Er ist nun mal so und will gern überall der Erste sein. Laß mich nur machen." Am Morgen ivar zwar der ärgste Sturm verraucht. Aber Herr Adam ging noch immer stirnrunzclnd umher. Frau Mag dalen beschloß klug zu Werke zu gehen. Von der Magd hatte ie erfahren, daß der Abbü niemand zu sich gelassen Halle. Daraus chlossen die Leute, daß er wohl erkrankt sei. Als sie am Tische aß und mit ihrem Eheherrn die Morgensuppe auslosselte, be gann sie: „Der Abbü . .." „Ach was," schnitt ihr Herr Adi das Wort ab. „Latz mich mit dem undankbaren Abbü in Ruhe! Witt nichts wissen!" „So?" sagte sie. „Das willst du auch nicht wissen, daß er' krank liegt?" „Geschieht ihm recht! Was hat er im Wasser zu suchen," fuhr sie der Stadtrichter heftig cm. Aber die Hausfrau fürchtete sich nicht. „Bist du ein Christenmensch, Adi? Am Ende freut dich's gar, daß er krank ist!" Verlegen löffelte der Stadtrichter seine Supzie weiter. Aber sie schmeckte ihm plötzlich nicht mehr. Er legte den Lössel weg und stand auf. Frau Magdalen schaute ihm verstohlen nach. Sie merkte seinen Kampf im Innern. Nun galt es, ihn an der rechten Seite zu fassen. Sie stand ebenfalls auf und sagte: „Io, geschieht ihm recht, dem Abbü! Waren doch genug Leute da, die de» Knaben retten konnten." Der Stadtrichter horchte. Hatte er recht verstanden? Er sah seine Frau mißtrauisch an. „Nun ja," fuhr sie fort. „Der Knabe würde nicht gleich ertrunken sein. Wer weiß, was für einer es ist." Jetzt trat der Stadtrichter auf sie zu. „Magdalen," sagte er, „red nicht so hart! Das kann nicht dein Ernst sein. S ist auch einer Mutter Kind." „Wenn schon. Mir ist's gleich." heucheiie sie gleich.;»',.ig. Jetzt war die Reihe an Adi. „Aber mir nicht, Frau," brauste er aus. „In meinem Lande ist jeder willkommen.'wenn er nur rechtschaffen ist." Frau Magdalen zuckte die Achseln. Das war ihm zu viel. „Magdalen. ich kann d'ch nicht so reden hören. Wenn er ertrunken wäre, wie schrecklich," rief der Sladtrichter. Die Frau mußte em Lächeln unterdrücke». Nun hatte sie ihren Adi dort, wo sie ihn haben wollte. Also nur weiter ge heuchelt. „Dem Abbü wird das Bad auch nichts schaden. Wird nicht weit her sein mit der Krankheit," sprach sie. Verwundert schaute sie der Stadtrichter a». Sie haile sich in ihren Stuhl gesetzt und begann z» nähen. Er trat an sic heran und sprach: „Magdalen so gesällst du mir nicht. Wie kann eine Frau so herzlos sein?" „Willst du es doch so haben," gab sie trocken zurück!. „Nein wahrhaftig nicht! Magdalen, ich verstehe dich jetzt! Hab Dank sür die Lehre. Ich ivar ungerecht. Gleich gehe ich zum Abbü und sehe nach ihm. Geschwind gib mir Stock und Hut!" .Hei wie flink da Magdalen sprang. Mit blanke» Augen sah sie ihm ins Gesicht und sprach: „Jetzt bist du wieder der alte! Geh zum Abbü, Adi." Der Stadtrichter schritt mit raschen Schritten davon. Frau Magdalen sah ihm nach und murmelte vergnügt: „So ist er nun mal. Man muß ihm seinen Witte» lassen." Würdevoll stampfte der Stadtrichier durch die Gassen. An fangs hatte er die Absicht, zuerst zum Abbü zu gehen. Als er vor dem Gasthofe stand, besann er sich und änderte seinen Plan. Er ging zu dem Gastwirt und ließ sich nach der Stube führen» wo der Frachter wohnte. Dieser war nicht wenig erstaunt über den Besuch des Stadtoberhauptes. Der Knabe lag noch im Bette, blickte ihn aber munter aus seinen großen blauen Augen an. Der Frachter mußte ihm ein gehend den Hergang schildern. Er konnte die hilfsbereiten Schirgiswalder Männer und Frauen nicht genug tobe». Bor asten drängte es ihn, dem Retter seines Kindes Dank zu sagen. Lächelnd hatte der Stadtrichier zugehört. Die Worte des Lobes, die der Frachter seinen Leuten zollte, schmeichelte ihm als Ober- Haupt der Stadt. Freundlich erbot er sich, ocn Frachter zu Pasteretti zu geleiten. Da der Knabe völlig unversehrt war. wollte er den Großvater begleiten, ivas dieser ireuoig erlaubte. Während sich das Kind ankleidcte, erzählte der Frachter, baß sein Schack lahm sei »nd hinke. Er nahm den Knaben an den Arm und begab sich mit dem Stadtrichter üb«r den Markt zum Abbü Fortsetzung folgt.'
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