Volltext Seite (XML)
Zum -rillen Deutschen Muttertag An die Mutter Von Cäcille Henkel - Kemps Mutter, wenn ich an dich denke, gehe ich über eine blühende Wicje, auf der es selig ivandeln läßt. Und ein Bach wellt hindurch — langsam — wie vom Leid verhalten. Der wie eine Melodie in Moll durch das Blühen läuft, die zart und wehmütig verklingt. Du bist mir die schönste Frau der Welt, Mutter, und die heiligste. All die tausend Fültchcn, die in deinem lieben Gesicht hocken und die sich darin so behaglich fiihlen, hat die Liebe mit seinem Goldgriffel gezeichnet. Die zwei tiefen Falten um den Mund grub der Schmerz: denn welche Mutter hätte nie Schmer zen? Das Leid, das du um uns trugst, macht dich mir heilig. Und wenn dich der Bruder küßt, wirst du noch rot wie ein Mädchen. Ach Mutter, die große Schwester deiner Töchter warst du immer gewesen, und deshalb haben wir dich und deine junge Seele so lieb. Sieh, ich weiß, daß auch ich dazu half, daß dein Haar er graute. Es ist nicht das Alter allein, das seinen Schnee über dich warf! Wenn du zanken mußtest, wußte dein Herz nichts davon. Und hinter deinem Schelten wartete deine Liebe und hielt ihren roten Mantel warm und schützend bereit. Es muß wohl so sein, daß die Jugend so leidenschaftlich ihrer Erfüllung entgegenstürmt — die das Alter nicht mehr be greift. Du standest dann mit verhaltenem Atem, das Herz setzte dir aus und du bebtest um uns. Deine Liebe freilich lief eilends vor uns her, legte weiche Teppiche unter unsere Füße und ver band und streichelte die Wunden, die das Leben hart uns stieß. — Weißt du, was ich an dir so sehr liebe? Deine Hände, Mutter! Ihre Haut ist glänzend und ihre Gelenke sind leicht geschwol len. Der Arbeit ruheloses Regen und das Werken für uns sind schuld daran. Wenn ich sie sehe, steigt es mir heiß in die Kehle. Küssen möchte ich sie dir Mutter — in tiefster Ehrfurcht. Sie sind so schön — deine Händel Und doch ließest du dich nicht zur Alltäglichkeit und Stumpf heit zwingen und versankest nicht dumpf im Werk der Hände. Du wiesest uns den Weg zum Schönen und Guten zu See lenfeierstunden Hab Dank für dein feines Führen! Weiht du noch, Mutter, wie ich klein war? Wenn der Later streng mar, flüchtete ich unter deine Schürze, schmiegte mich so fest an dich, daß ich das Pochen deines Blutes spürte und deine süße mütterliche Wärme. Ach — Mutter, heute bin ich groß, und das Leben macht manchmal so müde! Immer sehe ich dich in der Dämmerstunde am Ofen sitzen. Der Tag zerging in der Nacht, und dein Gesicht zerfloß Im Dun kel. Da bauten die Perlen deines Rosenkranzes silberne Brük. Kon und goldene Bogen zu dem Herzen eines jeden deiner Kinder. Weißt du — Mutter — so eine schimmernde Brücke, wie du selbst eine bist, die Gott zwischen sich und mich wundersam spannte. Du bist mir die schönste Frau der Welt — Mutter — und die heiligste. Ich habe dir einen Altar gebaut und mein Denken an dich ist wie ein Gebet! Eine Kelvin Von S. R. Das Wartezimmer des berühmten Professors hatte sich ge leert. nur zwei Personen, ein distinguiert aussehender Herr, ge folgt von einem >ungen Mädchen, welches schon durch ihre äußere Aehnlichkeit als seine Tochter erschien, wurden noch empfangen. Gütig, doch ernst bat sie der Arzt, Platz zu nehmen, und den ver zweifelt fragenden Augen der Tochter ausweichend, wandte er sich an den Vater: „Herr Kollege, ich habe Ihnen und Ihrer Tochter volle Of fenheit versprochen und halte hiermit mein Wort. Ich kann Ihnen leider nur mit trauriger Gewißheit nach der zweiten Un tersuchung meine erste Diagnose bestätigen: Ihre teure Kranke Sem Menke» einer lo!e» Nniler Von Maria Grote, Hamborn Stille ringsum — leises Vogelzwitschern — noch leiseres Blätterrauschen, still, still, ein Mensch sitzt am Grabe seiner Mut ter und hält stumm Zwiesprache mit der Verblichenen. Ueberall Gräber, nur eins sehe ich. das Grab meiner Mut ter. — Wund und weh kann's einem werden. Hier draußen in der Großstadt kann man die Mutter zuweilen vergessen, aber am Grabe, da gehört sie ganz mir. Meine tote Mutte! Immer kann man den Gedanken nicht ertragen: für das Leben tot! Gott, warum nimmst du die Mutter von dieser Welt? Nach einem arbeitsreichen, harten Leben gingst du von uns, o Mutter — legtest dich hin und verließest uns. So ganz ruhig, als ob der Freitag für dich bestimmt gewesen wäre. Bis dahin hast du für uns gelebt, bis zu dem Tage gehörtest du uns. Dann kam dir plötzlich der Einsall: „Ich glaube, ich muß sterben", kam dir die Erleuchtung, daß mit dem Tode doch ein schöneres Leben begin nen könne — und so machte dein altes Herzleiden dir den Weggang aus dieser Welt noch einmal so leicht. Du wirst nicht geglaubt haben, wie wir an dir hingen, du wirst's nur so geahnt haben und auch gedacht haben: „Das Leben treibt meine Kinder schon weiter. „Ja, Mutter, so wirst du ge dacht haben. Das Leben hat uns ja nicht mit seinen Anforderun gen und nicht mit seiner drückenden Schwere auf die Kehrseite gestellt. Und darum müssen wir fertig werden — auch mit die sem Hinscheiden. Nur durftest du nicht mit deinen 80 Jahren gehen.» Schau, Mutter, das war zu früh... Deinen Jungen hattest du versorgt — deine Aelteste wußtest du versorgt — blieb noch die Jüngste, die entfernt von dir war und nicht den letzten Segensgruß von dir mit ins Leben tragen konnte — die nur deinen Gruß hatte: „Grüßt sie mir vielmals." O Mutter, die- ses große Unrecht, uns so allein zu lassen, war das einzige, do- du begingst. ist rettungslos verloren, das traurige Ende ihrer tückischen Krank heit kann nicht mal durch eine Operation ausgehalten werden — machtlos müssen wir die Hände in den Schoß legen, nur eines bleibt uns, und speziell Ihnen, mein liebes Kind" — sich zu dem haltlos weinenden Mädchen wendend — „zu tun übrig, und diese Ausgabe ist, die arme Dulderin in dem Wahn ihrer baldigen Ge nesung zu bestärken. Sie wird, ein Charakteristikum dieser Krankheit, vor dem letalen Ausgang gar bald keine starken kör perlichen Schmerzen mehr fühlen, und wenn ihre Umgebung diese Täuschung mit Heroismus aufrecht erhält, in dieser Hoff nung ruhig sterben: ich habe sie heute bei meinem Besuche so heiter, munter, an den Vorgängen um sich herum Anteil nehmend gefunden, daß ich wohl glauben und hoffen darf, sie ist ahnungs los, obwohl häufig gerade Frauen viel tapferer sind als Män ner! — Ich habe absichtlich auch über ihren Sohn und dessen lange Abwesenheit gesprochen, aber sie hat durch kein Zeichen einen Argwohn verraten, so daß ich auch da aus Unwissenheit hasse. Ist jedoch dieses Verbergen ihres traurigen Zustandes nur Schonung ihrer Umgebung, so darf sie eine ivahre Heldin genannt werden. — Mit tiefster ehrlicher Betrübnis muß ich Ihnen diese traurigen Eröffnungen machen, aber sie schienen mir nötig, aus daß Sie beide Ihr Verhalten danach richten. Soll ten Sie jedoch meiner bedürfen, so stehe ich jederzeit Ihnen zu Diensten: aber außer den Linderungsmitteln, die Sie schon be sitzen, wird, wie gesagt, gleichmäßige Heiterkeit -hrcr Umgebung das einzig richtige Heil- und Veruhigungsmittel für lie sein." Mit diesen Worten war die Unterredung zu Ende, und die beiden verließen tief gebeugt das Haus, um erst während e nes Spazierganges ihre Fassung wieder zu gewinnen. Vergißmeinnicht Vergißmeinnicht in einer Waffenschmiede — Was haben die hier zu tun? Sollte heimlich der Friede Hinterm Hause am Bache ruhn? Laut Hallen die Hämmer in hartem Takt: Angepackt, angepackt, Die Arbeit muß zu Ende! Und das Eisen glüht, und das Wasser zischt; Und wenn der Schwalch dis Flamme auffrischt, Glänzen die schwarzen Hände. Aber manchmal blickt ein rußig Gesicht Still nach dem himmelblau blühenden Strauß. Dann scheint's, eine Stimme singt hinterm Haus: Vergiß mein Nicht! — Richard D-Hinel. Diejenige, welcher diese Uujerreduug galt, lag inzwischen, von heftigen Schmerzen gepeinigt, in ihrem schönen Heim unruhig auf ihrem Ruhebett. Besorgt mühte sich die Pflegerin um sie, aber erst langsam beruhigten sich unter der Wirkung der Betäu bungsmittel die aufgepeitschten Nerven. Unter dem Nachklang der letzten Stunde gewann ein Ge danke Macht über die Kranke, und unverzüfftich setzte sie ihn ins Werk. Sic schien einzuschlummern, die Wärterin verließ auf den Fußspitzen das Zimmer und zog leise die Tür hinter sich zu, erleichtert murmelnd: „Gott sei Dank, jetzt kann auch ich mich ein wenig hinlegen!" Mit aller Willenskraft setzte sich die Frau nun auf, griff nach den stets in ihrer greifbaren Nahe postierten Schreibuten silien und begann hastig zu schreiben. Oft und ost muhte sie inne halten, hervorstürzende Tränen, körperliche Schmerzen, Schwäche anwandlungen hinderten sie, aber mit fiebernder Eile bedeckte sich ein Blatt nach dem anoeren mit ihren charakteristischen Schriftzügen, bis sie mit einem erleichterte Aufatmen: „Endlich! Gott sei Dank!" ihren Namen darunter setzte. Sie verschloß den Brief in ein Kuvert, legte ihn in die auf ihrem Tischchen befind liche Geheimkassette, von welcher nur ihr Gatte den Mechanis mus wußte, und sank erschöpft, halb ohnmächtig zurück. — So fand sie die Pflegerin, als diese bald danach das Zimmer betrat. Unter ihren Händen erholte sie sich bald wieder so weit, um dem vom Spaziergang heimkehrenden Garten und ihrer Tochter ein heiteres Gesicht zu zeigen: ja, sie behauptete sogar, sich wohler zu fühlen. Sie tat dies auch in den nächsten Tagen, ihre Um gebung folgte ihrem Beispiel, und io bat das Krankenzimmer in den folgenden Wochen den Fernstehenden den Anblick dreier heiterer, hoffnungsvoller Menschen, da die eine Prognose des Arztes, das Nachlassen der quälendsten Beschwerden, sich tatsäch lich erfüllte. Jedoch auch der traurige zwe'ts Teil. Die Krank- Dick), die wir im Grunde noch so nötig hatten... Doch hier an dieser Gruft — ich sehe noch dein friedlich lächelndes Ge sicht mit den lieblich gezeichneten Zügen im Sarge vor mir — hier in deiner Nähe, Mutter, bei dir, da ist's mir grad', als wenn du mit deinem lieben, kindlichen Lächeln, mit deiner sanften, ru higen Stimme sagtest: „Kind, ich bin ja doch immer bei dir, dem Vater und den andern, sieh, ich war doch so müde — und lieb behalten wir uns ja doch." O Mutter, wir missen, was wir mit dir verloren haben... Die Sonne, der Frohsinn, das Unbekümmerte, alles ging mit dir, und nur dein leerer Platz bsicb uns. — Und immer, wenn ich nach Tagen herbster, ungestillter Misttersehnsucht nach Hause komme, dann meine ich, die Wände, die Stuben, in denen du atme test, müßten mich erdrücken, erwürgen — dann meine ich, deinen langsamen, ruhigen Mutterschritt zu hören, dein liebes, stilles Wesen zu verspüren — o Mutter, jetzt verstehe ich, was das heißt — keine Mutter mehr zu haben, jetzt nach vier heimwehkranken Jahren. Im Tode bist du mir näher gerückt, denn im Leben. Ich könnte dir nun Liebe über Liebe erweisen — woran zu denken in deinem Leben ich nicht wagte. Wie ost kränkte ich dich, wie Kinder es so gerne tun, und was nachher eine so lauge bittere Reue nach sich zieht — nie, o Mutter, sah Ich dich herbe, du hattest ein großes Verstehen, ein einziges Begreifen, dein Herz war so groß und gut, so daß es mir und meinen Geschwistern manchmal den Atem nahm, weil du so unendlich gütig warst. Du gabst dem Namen Mutter die reichste Ehre — in deinem kur zen, arbeitsreichen Leben ivar dir der Muttername die höchste Bedeutung. So gut wie du warst, so fromm warst du auch. Der Ort deiner süßesten Ruhe und Zuflucht vor der Welt war die Kirche. Getreulich bist du deinem Herrn nachgefolgt — obwohl er dir Kreuz über Kreuz sandte — getreulich bist du seine Dienerin ge wesen bis zu deinem Sterbetag. Ob du es an dem Freitag- morgen ahntest, daß du am Abend ganz still wurdest? Ob dir heit verschlimmerte sich rasch, und ein sansler Tod in den Armen ihres Gatten erlöste sie: bis zum letzten Moment versicherte sie: sie werde gar bald wieder gesund sein. Das Begräbnis war vorüber, Sie teilnehmenden Freunde verließen das Haus, Vater und Tochter waren das erstemal allein, ohne Pflicht, ohne Sorge für die Hingeschiedene, die trotz ihrer Hilssbedürftigkeit nie und nimmer eine Last bedeutet Halle. Plötz. lich brachte er die Geheimkassctte, stellte sie auf den Tisch und sagte: „Vor vielen Jahren, als ich deiner Mutter diese Kassette als Brautgeschenk brachte, sagte sie lachend: Alle meine Schätze werde ich darin ausbeivahren, und wenn ich dir erst mal nach meinen: Tode etwas mitzuteilen hätte, werde ich es darin ver- wahren. Sieh also nach meinem Begräbnis dort nach, r.p du etwas finden wirst." Heiter versprach ich es ihr, denn n ie fern lag uns damals der Tod! Nun wollen wir ihren letzten Willen ehren und Nachsehen!" Er setzte die geheime Feder in Bewegung, der Deckel ging in die Höhe, und oben lag ein Kuvert: An meinen Gatte» und meine Tochter! Ehrfürchtig erbrachen sie das Siegel, ein Bries fiel heraus, er lautete: „Meine Liebsten aus Erden! Wenn dieser Bries in Eure Hände gelangt, bin ich nicht mehr! Er soll Euch bilten, nicht zu sehr der Trauer um mein Hinscheiden nachzuhängen, sondern es als eine Erlösung von noch längerem Siechtum und größeren Schmerzen dankbar zu betrachten. Ich wußte seit langem, daß mein Leiden unheilbar sei. Kein Zufall enthüllte mir die grau same Wahrheit, sondern mein Nachdenken in Verbindung mit allerlei früher gehörten ähnliche» Kranheitsgeschichten. Als ich mich endlich mit der Unabwendbarkeit meines Schicksals abgesun- öen, machte ich es mir zur heilige» Pflicht. Euch mein Wissen zu verbergen. Ihr solltet nicht zu dem Kummer, den ich Euch durch meine Krankheit ohne mein Zutun bereiten mußte, noch den meiner Kenntnis darüber tragen. Ich hasse, es ist mir diese Aufgabe, diese mitleidige Täuschung gelungen und Ihr habt nie und nimmer geahnt, daß meine Heiterkeit, mein Interesse, ja meine Hofsnungsseligkeit manchmal — wir sind ja alle nur Men schen und ich freute mich trotz alledem am Leben selbst — nicht recht von Herzen kam, erkünstelt war. Und auch später: als unser lieber Junge zu den „Manövern" kam, von denen er bis heule nach einem Jahre nicht zurückkam, blieb ich dieser meiner Pflicht treu, ich „glaubte" jeder Eurer Erklärungen, freute mich mit Euch ob der Täuschung — jeder tat dies über die des andern! Und der Tote lügt nickt: ich fühlte mich vom Momente ab, da ich mit dem Leben abgeschlossen, nicht mehr eigentlich unglücklich. Jeder halbwegs gute Tag, jede Sorgfalt, jeden Eurer Liebes- beweise genoß ich als ein Geschenk, das ich durch Geduld, Freund lichkeit und Liebe gegen Euch wettzumachen suchte. Und meinen lieben Jungen — das wußte ich — werde ich. soserne es ein Wie dersehen gibt, bald Wiedersehen! Ob mir diese Täuschung immer gelang, weiß ich nicht. Heute will ich aber Euch beiden nochmals aufs innigste für alle Eure Liebe, Eure Aufopferung danken, Euch bittend, meiner in Liebe eingedenk und versichert zu sein, daß ich niemals die Absicht hatte. Euch nur mit einem Worte weh zu tun. Besonders, Dir, mein teurer Gatte, danke ich eine so lauge Reihe ungetrübt glücklicher Jahre, wie sie wohl selten einer Frau beschieden waren. Aber zum Schluß noch ein ernstes Wort an Euch beide: Du, mein Gatte, bist nach nicht alt: nach einiger Zeit der Trauer werdet Ihr Lust und Bedürfnis nach Abwechslung empfinden und dies um so mehr, als meine Krankheit Euch an allem hin derte. Und wenn Du hierbei ein weibliches Wesen findest, dem Du Zuneigung cntgcgenbringst, und sie diese erwidert, so zögere nicht, Dir wieder eine Gefährtin, eine treue Pflegerin für Dein Alter zu erringen. Und wenn sie Dich glücklich gemacht, so sei ihr von mir, die Dich so geliebt, innigst gedankt, sie sei gesegnet für und für. Ich weiß, ich werde trotzdem nicht vergessen sein. Du aber, mein liebes Kind, betrachte dann diesen Schritt Deines Vaters nicht als mangelnde Pietät gegen eine Mutter. Daß seine Wahl eine richtige sei» wird, dasür bürgt sein Cha- rnkter. Du selbst wirst und sollst ja auch Dein ganzes Leben nicht dem Vater opsern. sondern entweder heiraten, Mann und Kinder beglücken, von ihnen in Anspruch genommen sein, oder ein Beruf wird dies tun. Selbst bei Deiner innigsten Liebe zum Vater wird er also in den Hintergrund treten müssen, so man. ches vermissen. Dies soll aber nicht sein, und deshalb, mein Kind, bringe einer zweiten Frau Deines Vaters die größte Hoch achtung und Dankbarkeit für das späte Glück Deines Vaters entgegen. Wird sich daraus Liebe zwischen Euch beiden entwik- kel», so ist dies ein Glück für alle, die meinem Herzen so nahc- stehen! Und nun, meine Geliebten, ich muß schließen, ich kan» nicht mehr, auch fürchte ich, gestört zu werden und weiß nicht, ob ich nochmal Kraft und Fähigkeit haben werde, wcilerzuschrei- beu. Das Wichtigste wurde ja gesagt. Habet nochmals Dank und seid überzeugt, daß das Glück, das ich durch Eure Liebe genoß, viel größer war als das Unglück des von Euch frühen Scheidens Eurer Hell a " der Herr über Leben und Tod früh morgens in der heiligen Messe und beim Empfang seines Fleisches und Blutes zugerawnt hat, lieblich und zart: „Heilte noch wirst du bei mir im Paradiese sein"? Ich weiß es nicht, vielleicht hast du am Morgen noch um eine glückliche Sterbestunde gebetet — vielleicht am Tage in deinem kindlich frommem Sinn manches Stoßgebetlcin um einen guten Tod zum Himmel geschickt — und am Abend da mar dein Tagwerk und dein Lebenswerk vollbracht, ehe die, die bei dir waren, überhaupt daran dachten, daß der graue Tod diese sel tene Mutterblumc aus dem Leben riß Dein Tod war so plötzlich und hastig — so furchtbar eilig hatte deine Seele den Himmelflug begonnen, als wenn sie be fürchtet hätte, zu spät nach oben zu kommen. Und die bei dir waren, glaubten, dich kr einem herzkrampsühnlicheu Ohnmachls- anfall — und dann die bittere todmüde Erkenntnis: — alles vorbei.. Dein Tod, dein schönes Sterben hat tiefe Schmerzens- furchcn in meine Seele gegraben, doch beruhigen wird dein Weg gehen aus dieser Welt auch mein Gemüt, wen» ich mir die letzten Minuten vor Augen sichre — wie du starbst. Dies, geliebte Mutter, schrieb ich dir heute zum Muttertag mit dem Wunsche, daß ich dereinst auch so ein leichtes, himmelsehn» süchtiges Sterben hätte — und die frohe Zuversicht dem Leben abringen möchte, daß man doch nicht ruhiger schlafen kann als im Tod. ke!5e-7i'mkfla5c!'ieii I. l.aueuyt'sben 10 femspleOkei' 1073