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Sächsische Volkszeitung : 19.06.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192506190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250619
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-06
- Tag 1925-06-19
-
Monat
1925-06
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.06.1925
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Freitag, den 1V. Juni '625. «lr. 188. Sri«, « nannte Agitation ist ja die einzige Tätigkeit des deutschnationalen Katholikcnausfchusfcs gewesen, von der man autzerhalb der deutjchnationalen Partei bis jetzt etwas gemerkt l>at. Diese Tä tigkeit bestand in dem Eintreten sür die absurde Forderung, datz alle von katholischer Seite gegründeten Vereine lediglich „ge sellige" Vereine seien und datz in ihnen beileibe keine politischen Erörterungen stattsinden dürsten, Oder besser gesagt, datz in sol- chen Vereinen nicht von Zentrums Politik gesprochen werden durste, denn es ist uns nicht bekannt, datz jemals gegen einen Versuch, deutschnationale Politik in solchen Vereinen vorzutragen, von seiten des deutschnationalen Kalholikenausschusses protestiert worden wäre. Es ist uns auch kein Fall bekannt, in dem Sie Erörterung politischer Fragen, die ja z, B. der Volksverein sür das katholische Deutschland direkt aus seinem Programm stehen hat, jemals zu „skrupelloser Agitation" ausgenutzt worden iväre, — Datz bei den geist lichen Behörden, die auch jetzt wieder unter Anrufung der Auto rität des Reichspräsidenten zitiert werden, schon lange der Ver such gemacht worden ist, die Vereine von oben her zu entpoliti sieren, ist ein ossenes Geheimnis, Aber auch die neue Entschlie- tzung des deutschnationalen Ausschusses wird vermutlich von die sen Behörden nicht als autoritative Entscheidung angesehen iver- dcn Warum wird von deutschnationalerSeite immer nur über skru pellose Agitation von katholischer Seite geklagt, nie aber über die niederträchtige u, alle Grenzen des Erlaubten überschreitende Agi tation gegen dieKatholiken? Zweifellos verfolgt der dcutschnatio- naleKatholikenausschutz die politischenEreignisse inSachsen etwas. Es kann ihm also nicht verborgen geblieben sein, datz der Evan gelische Bund die Regierung aufgefordert hat. „trotz Neichsvrr- fassung" nachzuprüfen, ob der Boden Sachsens die Neugründun gen von katholischen Kirchen und Klöstern tragen könne. Viel leicht ist dem Ausschutz sogar zu Ohren gekommen, datz man in Zittau versuch! hat, diejenigen Mitglieder des evangelischen Kirchenvorstandes, die bei der Reichspräsidentenwahl sür den Katholiken Marx eingetreten sind, aus dieser hohen Körperschaft zu entfernen? — Sollte sich der deutschnationale Katholikenaus- lcbutz Sachsens etwa auch mit autzersächsischer Politik befassen, so empfehlen wir ihm zur gebührenden Würdigung den Fall des Kieler Professors D. Baumgarten. Auch dieser evangelische Theologe l>al sich des Verbrechens schuldig gemacht, für den Prä sidentschaftskandidaten Marx einzutreten. Prompt hat das schles wig-holsteinische Landeskirchenamt eine Eingabe an die theolo gische Fakultät der Universität Kiel gerichtet, in der es die Maß regelung des Professors fordert, weil es „unvereinbar mit der Stellung eines Professors der evangelischen Theologie sei, datz er als einer der Hauptredner in öffentlicher Wahlversammlung evangelische Christen aufforderte, dem Führer der deutschen Zen trumspartei ihre Simme zu geben," In ähnlicher Weise hat übrigens die Kreissynode Koblenz erklärt, datz sie „mit tiefem Bedauern davon Kenntnis genommen l)abe, datz einige evange lische Pfarrer für den Reichskanzler a, D Marx, den eifrigen Förderer der katholischen Machtpolitik geworben haben." „Ganz besonders schmerzlich — sagt der Synodalbeschluh — haben wir es empfunden, datz auch ein Pfarrer unserer Synode solches Aergernis (!) in fremde Gemeinden getragen hat," Was sagt der deutschnationale Katholikenausschutz zu dieser Stellung nahme kirchlicher Behörden? Aber der deutschnationale Katholikenausschutz ist eben ein deutschnationaler Ausschuß. Er iveitz ganz genau, datz der Führerschaft ihrer Partei, die die Stimmen wohl zu zählen versteht, der Evangelische Bund mit seinem völkischen Flügel wertvoller ist als die nationalen Katholiken, Und so beschränkt dieser Ausschuh seine erfolgreiche Arbeit darauf, unter der ka tholischen Wählerschaft die Werbetrommel für die deutschnationale Partei zu rühren, im übrigen aber wohldiszipliniert den Mund zu halten Denn Leute, die wie der Aufivertungspolitiker Dr. Best als aufrechte Männer ihre Meinung auch gegen den Par teivorstand zu vertreten wagen, werden in der deutschnationalen Partei rasch an die frische Luft befördert. Der deutschnationale Katholikenausschutz Sachsens kann aber nach seiner bisherigen Tätigkeit versichert sein, datz ihm ein solches Schicksal bis jetzt nicht bevorsteht. Eduard Vll. Enkels „John Bulls Geschäftsreisender", diese Bezeichnung erfand Maximilian Harden vor vielen Jahren für König Eduard Vll,, den populären, gut gekleideten, lächelnden, jovialen, liebenswür digen, lebhaften und lustigen Sprotz aus einer Umgebung voll strammen deutschen Einflusses. Und jetzt der Enkel, Eduard Vlll. in Zukunft, der siebzehnte Prinz von Wales, die zweite und — so versichern seine Biographen — verbesserte Ausgabe seines Grotz- vaters, der Prinz, der ebenfalls in der Welt herumreist und für sich und England mit einem Lächeln, einem Witzwort und ange nehmen Manieren wirbt. Das behauptet wenigstens seine letzte Biographin, Genevieve Parkhurst, die ihren „King in lhe Ma- king" („Der werdende König") soeben bei G, P. Putnams Son in Ncuyork veröffentlicht hat. Es ist ein Buch und ein Thema, dt« zur Vorsicht mahnen. Di« Volkstümlichkeit des Prinzen von Wales in Ameri ka, insbesondere bei den amerikanischen Frauen, gleicht beinahe der eines Filmstars. Bei seinem letzten Besuch in der Neuen Welt zeigte sich, datz das grotze Publikum es sich nicht nehmen ließ, ihn als den „jolliest" und „best fellow" (den „nettesten und besten Kerl") auf den Popularitätsthron zu erheben. Mrs, Pank- hursts Buch ist ebenso nur Lob und Huldigung Der Prinz weist in ihren Beschreibungen und Darstellungen so viele gute und an genehme Eigenschaften aus, datz er eine reichliche Portion sympa thischer Qualitäten weniger besitzen könnte und doch noch eine äußerst einnehmende Gestalt wäre. Der Vergleich mit seinem Grotzvater Eduard Vll. drängt sich unwillkürlich auf. Für Eduard Vll., Sohn der stark unter deutschem Einflutz stehenden Viktoria und des deutschen Prinzen Albert, hinter denen der deutsche Erzieher Stockmar wartete, bedeuteten die Weltreisen ein Entfliehen aus der strengen elter lichen Atmosphäre, Man hat auch seine Freundschaft für Frank reich aus seinem Widerwillen gegen das deutsche Element in sei ner Erziehung erklären wollen, also Kontermine, die vielleicht auch verantwortlich für seine persönliche Sympathie war, die er Gladstone entgegenbrachte, jenem liberalen Staatsmann, der bei Viktoria das Gegenteil von Wertschätzung genotz. Die unge- zwungene Liebenswürdigkeit würde danach nichts anderes als die Reaktion auf die lange erzwungene Steifheit und strenge Disziplin sein. Der junge Eduard ist aber jedenfalls auf natür lichere Weise zu seinen sympathischen Eigenschaften gekommen. Er hat bei seinen Eltern. König Georg und Königin Mary, grö ßere Freiheit gel>abt. er ist angespornt worden, Reisen zu machen, die Völker des Weltreiches aufzusuchen und mit de» Bürgern des Staates, den er in Zukunft beherrschen soll, in recht nahen Kon takt zu kommen. Vielleicht nahmen seine Erzieher sich den Grotz vater zum ivarnendcn Beispiel, der, sobald er sein eigener Herr war. die Grenzen der Schicklichkeit bisweilen aus Gebiete vor schob, die in Viktorias Umgebung als verbotenes Terrain galten. Der junge Eduard, dessen Erziehung trotz seiner sehr strengen Mutter unter viel geringerem Druck vor sich ging, erträgt den Luxus der Freiheit daher weit leichter. Möglicherweise wirken da auch die Oxforder Jahre mit, vielleicht haben die Krisgserfah- rungen auf den jungen Eduard einen günstigen Einslutz geübt. Wie immer dem sei, der gegenwärtige Prinz von Wales hat nach Mrs. Pankhurst die guten Eigensä>aften seines Grohvaters ohne viele seiner Mängel. Er besitzt die Gabe, die Welt im Nu zu erobern. Das stärkste Beispiel ist wohl der in Pankhursts Buch freilich noch nicht geschilderte Empfang des Prinzen in Süd afrika, wo Eduard mit einem einzigen in afrikanischer Sprache gesagten Sätzchen die Nationalisten sür sich günstig stimmte. Seine Manieren entwaffnen jeden Widerstand, In Australien begegnete er einem der ärgsten Radikalen, der die stumpfsinnige Bemerkung tat, der Prinz werde vielleicht mit ihm nicht sprechen wollen, weil er ein Anarchist sei, „Wirklich?" lächelte der Prinz, „dann hoffe ich, daß man mich noch ein paar Anarchisten wird sehen lassen". Und wenn einer seiner Angehörigen ihm zuredet, nun end5ch einmal zu heirate», weil es zu den königlichen Pflichten gehöre, dem Lande einen Thronfolger zu geben, dann zwingt Eduard ihn, zu schweigen, indem er ihm die Frage vor- legt: „Did you ever hear of the Virgin Queen?" („Haben Sie noch nichts von der „jungfräulichen Königin" — so wii» die große Elisabeth genannt — gehört?") Dermifchles — Perle -,picht So allgemein bekannt und geschäht dir Perle» als Juwelen sind, so wenig ist über Herr» Entstehung und Zucht bekannt. Perlen sind gelegentlich auftretende Neubildungen be: Meeres- und Flußmuscheln. Einzelne Mufchilnten, >o r, B, d>e «n tropischen Meeren aus Küstenbäuken vorkommende See- perlmiischel, neigen bis zu 30 Prozent ihrer JndividuenMl zur Perlbildung. Sie werden durch die Ausscheidung der Zel len der äußeren Manteltchlchtcn durch mecha„ische Eingriffe, wie sie z, B, durch Verletzungen, Fremdkörper usw, vcrnrtacht >v«» den können, erzeugt. Ganz eigenartig ist die Entstehung der Flußpcrlmuscheln, wie sie z, P, in Amerika in der biolo gischen Station Fireport gezüchtet werben, Tort werde» die Larven der Süsiwassecmuscheln auf die Fische übertrage», vara- s>t!eren eine geraume Zeit, falle» heraus, machen sick frei und leben als junge Muscheln fort. In Japan hat man seit Jahren Versuche zur künstliche,, Erzeugung von echten See perlen gemacht, die anfänglich nur zur Entstehung von Halb perle,,, sogenannte „Japanperlen" geführt haben. Diese Japan- perle ist eine Art Schalenkonkrctlon und wird aus den Perlsn- sarmen Japans gezüchtet. Eine an der Seite abgeflachw Ku gel wird zwischen den Schalen und dem Mantel der Muschel ein geführt, Die flache Seite l'egt gegen die Schale gewendet, der übrige, runde Teil der Kugel wird von Pen Ektodermzellen des Mantels bis zur Hälfte oder zu Dreiviertcl der Ober fläche eingehüllt und »n Laufe von ein bis drei Jahren mit liier dünnen oder dicken Schicht von Perlmutterlagen umgeben. Diese Halbperle wird dann von der Schale entfernt und der Allmrsche tes LeWm öeilim Freitag, IS. Juni 4.30— 6,00 nachm.: Konzert der Hauskapelle, 6.30— 7,00 nachm,: Leseproben aus den Neuerscheinungen aus dem Büchermarkt. Dresdner Programm für beide Wellen (4ö4 und 292) 7,00—7,30 nachm,: Vortrag des ärztlichen Bezirksvereins Dres. den. 7.30— 8,00 nachm.: Ludivig-Richtcr-Abend, Vortrag von Geh. .Reg.-Rat Professor Dr, Robert Bruck von der Technischen Hochschule Dresden: „Ludwig Richter" (geb. 29. September 1803, gest. 10. Juni 1884) 8.16 nachm: Musikalische Darbietungen und Rezitationen Mit- wirkende: Doris Walde, Dresden (Sopran), Johannes Paul, Dresden (Rezitationen), Dresdner Streichquartett (Fritzsche, Schneider. Riphan, Kropholler). Am Klavier: Theodor Blu- mer, Dresden. 1. K. A, Findeisen: Prolog aus dem Ludwig-Nichter-Spiel: „Das deutsche Herz" (Iah, Paul), 2. Pier Kinderlieder von Wilhelm Taubert (1811 bis 1891), gesungen von Doris Walde und Theo Blumer. a) Täub chen im Sonnenschein, b> Der tapfere Reiter. c> Merkt euch das d> Wiegenlied. 3. Ludwig Richter: „Aus Lebenserinnerungen eines deutschen Malers", Bei Grotzpapa Müller (Ioh, Paul), 4. Drei Kinderlieber von Karl Reinecke <1824—1908), Ge sungen von Doris Walde und Theo Biumer, a) Schnee wittchen, b) Storch, Storch, Steiner, c) Wie Hänsel und Gretel Dirnen schütteln. Volkslied, d) Paul Kurze, Borna: Sehnsucht, Verse von Ludwig Richter, gesungen von Doris Walde und Theo Blumer. 5. Ludwig Richter: Aus „Lcbenserinnerungen eines deutschen Malers": Dresden zur Zeit Napoleons (Ioh, Paul). 6. Joseph Haydn (Ludwig Richters Lieblingskomponist): Quintenquartett D-Moll, op. 76, a) Allegro, b) Andante (Allegretto), c) Menuetto. d) Allegro vivace iitttere freibleibende Teil durch Perlmutter oder Opalglas erseht Tie Perlen werde» dann so gefaßt, daß der untere Teil gedeckt erscheint. Tie neuen Versuche in Japan, namentlich durch k,e erfolgreiche» Experimente des Perlenzüchters M>kimoto haben auch zur Entstehung von Vvllperlrn geführt. Rationell betriebene Zucht von Flußperlcn konnte sehr wohl i» vielen Gewä'stcn eine» neuen und lohnende» Erwerbszwsig bilden, Sic ist bereits vor Jahrhunderten in Oberösterreich und Bayer» intensiv be trieben worden, wie aus alten Urkunden aus dem 14, Jahr hundert zu ersehen ist. In Oesterreich war die Perlenrncht und -sischerei von altersher ein Privilegium bestimmter Fami lie,,. Wie erfolgreich der Erwerbszweig übrigens gepflegt wurde, geht schon daraus hervor, daß in der Zeit von 1840 b>s 1857 über 158 000 Perle» »r Oesterreich und Bayern gewonnen wurden. — Die Iahresschwankungen in der körperlichen Entwick lung der Kinder. Äei der Untersuchung der körperlichen Ent wicklung des Kindes hat sich herausgestellt, daß sowohl die Ge wichtszunahme als auch das Körperwachstum gleichmäßig wicder- kchrenden periodischen Schwankungen unterliegt, die man als „Iahresschwankungen" bezeichnet. Man hat lestge- stellt, batz im Herbst und Winter die körperliche Entwicklung des Kindes am intensivsten vorwärts schreitet. Für die Monate Oktober bis Januar ist im Wachstum, in der Gewichtszunahme und in der körperlichen Leistungsfähigkeit eine stetig aufsteigende Linie zu erkennen, im März und April folgt darauf ein Rück schritt. und bis Juli ist dann wieder eine Zunahme in der kör perlichen Entwicklung zu verzeichnen. Im körperlichen Wachs tum konnte weiterhin ein eigenartiger Wechsel von Längen- und Dickenwachstum beobachtet werden, den man als „Wachstums rhythmus" bezeichnet hat. Das Längenwachstum findet nämlich in den Monaten Februar bis August statt, während es vom Sep tember bis Januar stillsteht. Die Gewichtszunahme erstreckt sich hingegen auf die Monate Juli bis Januar und ruht ganz wäh rend der Zeit vom Februar bis Juni. Die Entwicklung der kör perlichen Leistungsfähigkeit, besonders der Muskelkraft, voll zieht sich nach Untersuchungen von Schuyten und Lobsien in der Weise, daß sie vom Oktober bis Januar ständig zunimmt, dann zurückgeht von Januar bis März, wieder ansteigt im April bis Juni und schließlich wieder sich vermindert vom Juli bis Sep tember. — Wiedereinführung d r Rettungsmedaille in Preußen Wie der Amtliche Preußische Presicdi«nst milteilt, hat das Preu ßische Staatsministerium beschlossen, die Verleihung der Nettnngs- medaille wieder einzuführen, da darin kein Verstoß gege» heu Artikel 109 Absatz 5 der Reichsverfaslung erblickt werde» kann und da sich auch die Reichscegiernng auf den gleichen ver fassungsrechtlichen Standpunkt gestellt hat. Mit der beschleu nigten Durchführung des Beschlusses ist das Ministerium des Jiinern beauftragt worden. Die Kommilitonin Roman von Igna Maria (11. Fortsetzung.) „Sie liebe» Josefa," sagte Heinz Kragh ruhig, „deshalb sind Sie blind. Ich iveitz längst, daß Josefa Frenssen den Mann liebt, den ich hasse, Hasse ivegen seiner Portrefflichkeit." „Nur weil Sie Joachim Therdt hassen? Wenn Sie mir weiter keinen Anhaltspunkt geben können," „Sie sind genau wie ich, verschmähter Liebhaber. Gut, Josefa selbst hat es mir gesagt in einem Augenblick, in dem sie die Wahrheit sprach, weil sie den Tod vor Augen glaubte. Dann pflegt man meistens ehrlich zu sein," schloß er ironisch. „Lieber Freund, sind Sie jetzt überzeugt —? „Josefa sagte es Ihnen? Gerade Ihnen —?" zweifelte Kurt Weltmann „Ausgerechnet nur," spottete Heinz Kragh. „Aber Sie dürfen von der Richtigkeit meiner Worte vollkommen überzeugt sein, Sic sagte weiter, datz von einer Heirat niemals die Rebe sein könnte, den» Frau Stefsy Hasbach liebe Ihren Freund. Ich iveitz, datz sie darunter leidet, und wenn sie es tausendmal in Abrede stellen würde. Ich habe jahrelang um ihre Liebe ge- Iiäuipst und diesen — diesen, der sie nicht ejnmal verdient, den liebt sie," Heinz Kragh lachte höhnisch aus. „Das gibt Kampf! Scho» die Berufsfragc! Sie läßt nicht von ihrem Studium, und er spottet über die berufstätige Frau." Es ist unmöglich, grübelte Kurt Wertmann, nachdem er sich von dem Schriftsteller verabschiedet hatte. Was wollte er tun? Joachim alles erzählen? Oder schwei gen und Josefa heimlich beobachten? Es war schon ein guter Witz, sich Joachim Therdt, der zwei Drittel seines Lebens als Junggeselle verbrachte, als gehorsamen Ehegatten oder als zärtlichen Liebhaber vorzustellen. Er, der nienials sich anderen untergeordnet hatte, der nur seine Meinung, seinen Willen gelten lietz. Und er sollte sich plötzlich auf «ine Ehe einstellcn? Und Josefa war nicht die Frau, die sich blindlingss fügt«, die den Willen des Mannes als Evangelium anerkannte, die wei ter nichts sein wollte, als die Frau Ihres Mannes. Josefa war nicht die Natur, die demütig im Schatten des Mannes stand, sie beanspruchte für sich einen vollen Sonnenplatz. Es gab Kampf — Heinz Kragh hatte es erkannt. Seine innere Ratlosigkeit verhindert« jeden Entschluß, Er schleppte sein Geheimnis tagelang mit sich und vermied ängstlich ein Zusammentreffen mit.Iosefa Frenssen und Joachim Therdt. Derweil zerbrach sich Joachim Thrrdt den Kopf, weshalb der Junge hartnäckig ihn mied, ganz entgegen seiner früheren Gewohnheit. Hatte er mit Josefa gesprochen und eine Absage erhalten? Trug er sich mit der vergeblichen Hoffnung, sie zu er ringen? Er mutzte Kurt das Ergebnis seiner Unterredung mit Io- sefa auf dem Rückwege vom Kümmelbacher Hof, das er bis jetzt verschwiegen, berichten. Ihm endlich reinen Wein einschenken. Besser, ein rascher Schnitt, Kurt mutzte wissen, woran er war, wenn er noch immer verliebte Wünsche hegte. Kurz entschlossen rief er Kurt ans Telephon und bat ihn. den Abend bei ihm zu verleben. Als Kurt Wertmann sich auf den Weg nach Joachim Therdt machte, war ihm wunderlich zumute. Er fürchtete beinahe das Zusammentreffen mit dem Freunde. Fürchtete, datz er Josefa Frenssen zum Gegenstand des Gespräches machen würde, fühlte sich unfrei, weil er zum ersten Male seinem besten und einzigen Freunde etwas verschwieg. Joachim begrüßte Ihn herzlich und schalt Kurt wegen sei nes langen Ausbleibens, Und dann kam das Gefürchtete, der Name Josefa Frenssen fiel, und Kurt Konnte es nicht verhindern, daß eine Weste warmen Blutes Stirn und Wangen durchfärbte. Gerade in diesem Augenblick sah Joachim hoch, bemerkte da» Erröten und kombiniert«, er weiß noch von keiner AbsageI Und während er überlegte, wie er den Anfang finden sollte, tat Kurt eine Frage, die Joachim in sprachloses Erstaunen ver setzte. „Wie stehst du mit Frau Stefsy? Man erzählt sich, du be absichtigst, sie zu heiraten." „Bist du krank, lieber Kurt? Darf ich deinen Pul» fühlen?" „Es ist mir Ernst mit der Frage!" „Kurt! Weshalb soll ich denn Frau Stefsy heiraten? Es geht uns beiden recht gut. weshalb also eine gewaltsame Aende- rung herbeiführen, die nicht einmal für uns beide «ine Verbesse rung bedeutete." „Du liebst sie nicht?" fragt« Kurt mit der Unerschütterlich, kett eines Untersuchungsrichters, . „Jetzt wird e» mir zu bunt!" Aergerlich lachend schob Joa- chim da» Weingla» Uber den Tisch. „Mochtest du mir nicht sagen, von wem dir diese Welsbett kommt?" „Von Heinz Kragh." „Dachte ich «» doch. Dann solltest du wissen, was davon zu halten ist!" „Ich weiß «» nicht. . „Soll ich dir schwören und alle Heiligen de» Himmel, zu Zeugen anrusen, daß ich nicht im entferntesten an eine Heirat mit Frau Stefsy denke? Weshalb sollte ich vor dir Verstecken spielen, wenn e« wirklich meine «blickt wäre? l^einz Kragh hat sich da einen Scherz erlaubt, der weder glaubhaft noch er- frculich ist," „Ich bin mit meinem Latein zu Ende, Joachim. Die Sache ist wie ein toller Spuk," „Welche Sache?" „Vielleicht gelingt es dir, Wahrheit und Dichtung zu unter scheiden, ich grüble schon seit Tagen daran. Es ist eine eigenar tige Geschichte, die eigentlich von Josefa Frenssen ausgeht. Mehr noch, sie ist die Urheberin der ganzen Heiratslegende, Vielleicht ist es doch Wahrheit. Joachim. Josefa liebt dich, deshalb ist meine Werbung aussichtslos," Vor Therdts Augen wurde es plötzlich hell. Deshalb auch ihr verändertes Benehmen, das er für Laune und Unberechenbarkeit ausgelegt. Deshalb ihre Ironie, als er an dem Abend für Kurt gesprochen hatte. Noch hörte er ihr hohn- volles: „Und Sie sollen nun Brautwerber spielen?" In alle diese Gedanken hinein schob sich immer wieder der Sah: Josefa Frens sen liebt dich! uno schmeick-elte seiner Eitelkeit. „Was wirst du tun?" brach Kurt das Schweigen. „Ich weih es nicht; mein Wissen verleugnen." „Wenn du es kannst? Du liebst sie also nicht —?" „So seht man den Leuten die Pistole aus die Brust!" wich der Aeltere aus. „Weißt du, ob es nicht eine Selbsttäuschung war, die Josefa so sprechen lietz? Es Ist mir alles ungeheuerlich, besonders da sie den Gedanken an Liebe weit verwarf. Und In meinem Alter! Junge, wenn sie sich erst meine grauen Schläfen genauer betrachtet und die Falten um die Augen —! Zu dir hätte sie gepatzt, und ihr wäret glücklich geworden. Ob ihr nicht doch noch zusammenkommt, wenn sie meine Schattenseiten kennt? Schade, datz Heinz Kragh aus der Schule geplaudert hat. Nun sind wir zum mindesten befangen." Er liebt sie nicht, philosophierte Kurt Wertmann. Arme Josefa Frenssen! * . * In Frau Stefsy« Garten blühten neben späten Rosen die bunten Dahlien und Astern, ein lustiges Farbenspiel, wenn man die herbstlichen Wälder sich als Rahmen dachte. Die Schwalben saßen auf den Telephondrähten und berieten den Reiseweg. Da» Semester war zu Ende. Nicht lang« und Josefa Frenssen siedelte wieder nach Frankfurt über. Frau Stefsy hatte melancholische Gedanken. Sie Hatzte den Herbst, der an das Scheiden mahnte. Er täuschte mit bun ter Herrlichkeit über da« grausame Vergehen hinweg. Seufzend schnitt sie die feuerfarbenen Gladiolen ab, die sie für da» kleine Abendfest brauchte. (Fmllekimg »'loi>
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