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Nummer 82 — 24. Jahrgang Knial wöchtl. Bezugspreis: für April 2.50 .tt einscbl Bestellgeld «nze g.nprciser Tte taesp. PettUe'le 40-Ä, Clellengeiuche 20 Tte Pent-Reklamezeile 83 Millimeter breit, 1 Okfertengebühr sür Selbst» ab!,vier 20 bei Uebersendung durch die Post außerdem Pvrtozuschlag. Einzei-Nr. 10. SonntagS-Nr. IS Üleichäjtlicher Teil: Josef Kohmann, Dresden. siicklNtie Mittwoch. 8. April 1928 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung M'fLietenwg sowie Ersüllmig von «»zeig,«-Aufträgen»? Leistimg bo» Schadenersatz. Flir undeutlich u. d. Fernruf übermittelte «„zeigen übernehmen wir keine Verant» woruuug. Unverlangt eingesandte^und mit Rückporto nicht versehene Manuskripte werden nicht aulbewahrt? Sprechstunde der Redaktion 5 bi-t 6 Uhr nachmittags? Hauptjchristleiter: Dr. Joses Albert. DreSdea.' volfsmmna 87k!V1pkl? koHigo »sr»sen Swoitgiil liMmlt?I ürkllitleio.Al I-Ist IZ75Z u. 7Sg?I Mitten. tSes»itf«sftclI- der Sächsts-, «» «lolkszetrunn und Druck und Brrlan, Snxonia-Buchdruckerei GmbH, DrcSden-enm. lk. Holbetiislrahe 4«. gerinn,! 3272S. Polnchecktouto Dresden 1s7S7, Für christliche Politik und Kultur Reduktion der Sächsischen Boikszeituna Dresden-Ailsi. lk. Hoibeinsirane «o. gcrorul 0272» und »7523. Marx sprich! in Dresden Sek MWuW ies M« An die deutschen Wähler! Für die Reichsprüsidentenwahl am 26. April ist der frühere Reichskanzler Wilhelm Marx, als Kandidat aus gestellt worden. Die Kandidatur Marx ist hervorgewach sen aus der Liebe und Sorge für unser Vaterland. Weit über Parteischranken hinweg entspricht sie dem Willen des deutschen Volkes. Wilhelm Marx ist der Volkskandidat; Was will unser deutsches Volk? Das Volk will den Staat, der frei von Vorrechten und frei von Klassen herrschaft allen gesunden staatsbürgerlichen Kräften, Le bens- und Einflußmöglichkeiten bietet. Das Volk will die Zusammenfassung aller staatsfreudigen Bürger, um den sozialen Volksstaat auszubaucn und zu festigen. Das Volk liebt sein Vaterland und will seine nationale Kraft entfalten, aber es schätzt den Völkerfrieden als kostbares Gut der Menschheit. Auf der Grundlage der gleichen Verpflichtung und gleichen Berechtigung aller Deutschen soll sich eine gesunde Wirtschaft und eine blühende Volks kultur entfalten. Das will das Volk — das will auch Marx! Mit dem Gefühl tiefer Ehrfurcht steht er der deut schen Vergangenheit gegenüber und mit herzhafter Zu stimmung vor dem lebenskräftigen Guten der neuen Zeit. Die Verfassung ist ihm Herzenssache und nationale Auf gabe. In einer Zeit schwerer politischer und sozialer Spannungen hat Marx die Fahne der Volksgemeinschaft entrollt. Sein Ziel ist, alle staatsbürgerlichen Kräfte zu einer verantwortungsfreudigen Staats- und Volkspolitik zusammenzuführen. In der internationalen Welt will er eine Stimmung gegenseitigen Vertrauens schaffen, die unserm neuaufstrebenden Vaterland freien Lebensraum und Entfaltungsmöglichkeiten auch im großdeutschen Sinne sichert. Marx ist der erfolgreiche Förderer einer Außen- und Innenpolitik, die der deutschen Wirtschaft Ruhe und Festigkeit gibt und sie neu belebt. Allzeit hat er dafür gekämpft, das deutsche Kultur- und Bildungs gut allen Schichten des deutschen Volkes zugänglich zu machen- Das ist Marx! Marx ist ein Mann des Volkes, aus dem er hervorging und mit dem er in all seinen Gruppen ver bunden blieb und sich verbunden fühlt. Marx ist der Geist der Sammlung. Er hat die Gabe der Vermittlung und spricht die Sprache des Vertrauens! Reinen Herzens und aufrichtigen Willens steht er unter uns — eine Verkörperung deutscher Pflichterfül- Am 18. April Dresden. 7. April. Der Präsidentschaftskandidat des Volksblocks, Reichskanzler a. D. Marx, wird am Sonnabend, den 18. April, in Dresden sprechen. Die Kundgebung findet tm Zirkus Sarrasank, nach mittags 4,3V Uhr statt. * Der Reichskanzler a. D. Marx wird nach Ostern eine Rundreise durch Deutschland unternehmen. Er wird am 14. d. M. in Königsberg, am 18. in Stettin, am 17 in Berlin, am 18. in Dresden, am 19. in Magdeburg, am 20. in Münster, am 21. in Koblenz, am 22. in Karlsruhe und am 23. April in Stuttgart spreche». Das weitere Programm der Reise wird noch fest gesetzt werden. lung und deutscher Treue! „Einigkeit und Recht und Freiheit Sind des Glückes Unterpfand!" Deutsches Volk! Der 26. April ruft dich zur ver antwortungsvollen Entscheidung! Laß Parteile-.denschast dein Urteil nicht trüben! Richte den Blick aufs Ganze! Wähle Wilhelm Marx! Berlin, den 4. April 1925. Die Deutsche Zentrumspartsi. Arbeitersekretär Andre, M. d. !>!., Stuttgart, Kaufmann Astor, Berncastel, Beirat Becker-Arnsberg, Ri. d. R., Berlin, Reichs- minister a. D, Dr, Bell, M. d. R., Essen, Landwirt Blum, M. d. N.. Krefeld, Rechtsamvalt Dr. Bockius, M. d. N, Mainz, Mini ster Bolz, M. d. R., Stuttgart, Neichsarbcitsminister Dr. Brauns, Al. d. N., Berlin, Dr, Cremcr, Dortmund, Universitätsprofessor Dr. Dessauer, M. d. R., Frankfurt a. M., Schriftleiter Elses, M,-Gladbach, Genossenschaftsleitcr Esser, M. d. R., Euskirchen, Reichskanzler a. D. Fehrenbach, M. d. R., Frciburg, Reichsmini ster a. D. Giesberts, M. d. R., Berlin, Landcsökonomierat Gram, M. d. L., Wormditt, Professor Grebe, M. d. L., Osnabrück, Geh. Oberregicrungsrat von Guerard, M. d. R., Koblenz, Landes- ökonomierat Herold, M. d. R. und M. d. L., Lövetinkloe, Ober lehrer Hofmann, M. d. R.. Ludwigshafen, Senatspräsident Itschert, Berlin, Schriftleiter Foos, M. d. R., M.-Gladbach, Ge- werkschaftssekretür Kaiser, Köln, Florian Klöckner, M. d. R., Löttringhausen, Beigeordneter Ktoft, M. d. L.. Essen-Rürup, Ver leger Lensing, Dortmund, Fabrikant Linskens, .Hamburg, Fustiz- rat Mönnig, Köln, Pfarrer Dr. Otte. Liegnitz, Frau Philipp, Karlsruhe, Prälat Dr. Pieper. M.-Gladbach. Geh. Iustizrat Dr. Porsch, M. d. L., Breslau, Rechtsanwalt Dr. Neinke. Vechta, Prälat Dr. Schäfer, Frciburg. Prälat Dr. Schreiber M. d. R., Münster, Oberstaatsanwalt Schulte, M. d. N.. Breslau, Staats minister a. D. Dr. Spahn, M. d. N., Berlin, Ministerpräsident a. D. Stegerwald, M. d. R., Berlin, Frau Christine Teusch, M. d. R„ Köln-Ehrenfeld, Domherr Ulitzka, M. d. R.. Ratibor, Reichskanzler a. D. Dr. Wirth, M. d. R., Freiburg. Wiener KullurbMer Jugendliche Mörder — Die Schmutzwelle — Der Weg über die Religion — Religiöse Großstadtaufgaben. (Nachdruck verboten). Uns sensationsmüüen Wienern ist der Wunsch, di« Augen von der Sensation des Tages weg zu wenden, in den letzten Wochen gänzlich mißlungen. Zwei Mordprozesse beinahe innerhalb einer Woche, zwei jugendliche Mörder aus guten Fa milien, Söhne pädagogisch gebildeter Väter, standen im Schwur gerichtssaal vor ihren Richtern und kaum, daß Uber Sen zwei ten das Urteil gesprochen, gellte schon wieder der verhaßte Ruf „Extraausgabe" durch die Straßen: abermals halte blut junger Mensch, dieses Mal ein Wirrkopf, ein fanalistyer An hänger moralischer Reinlichkeit, den Nevollvr aus die Hände eines Pornographen (Schmutzüteralen) gerichtet, der die Fugend seit Jahr und Tag ungestraft in den Sumpf sichre» durste. Zwiespältig sind die Gefühle, die in Tausenden von Eltern durch diesen Mordversuch, der inzwischen ein Mord wurde, ivach- gerufen wurden: ein Gefühl der Erleichterung im ersten Augen blick, dann aber die bange Frage: war dies notwendig? Wo hin kommen wir, wenn wir die Seelen unserer Kinder nicht anders mehr zu schützen vermögen als mit der Mordwaffe in der Hand? Flüchtig taucht die Erinnerung an Karl Sand aus, den Mörder Kotzebues, jenes Schwärmers, der sich mit einem Gebe, aus den Lippen auf die Mordtat vorbereitete, der bis zum letz ten Augenblick glaubte, eine edle Tat vollbracht zu haben Avei was war Kotzebue für ei» Waisenknabe gegen diesen Wie:« Schmutztiteraten, der dos sechste Gebot zertrümmern zu könne« vermeinte, ohne dabei das fünfte Gebot zu gefährden! Man Hut Wie» oft ein Bollwerk gegen den Osten genannt und Vindobona ha: dieses Wort immer als ein Epitheton ornans ausgcfaßt, das ihr nicht übel zu Gesicht stand, indessen aber hat dieses Schmuckwerk einen säuligen Geruch bekommen, Wien mußte in den letzten Fahren als Bollwerk gegen östliche Schmutz- weiten dienen, die in den Straßen der Siadt sich verteilten und versickerten. Dies ist mehr als wir vertragen können. Wir wissen, daß ganz Europa sein Erziehungsproblcm hat. aber nir gends scheint dieses Problem in der jüngsten Vergangenheit so hoffnungslos in Erscheinung getreten zu sein wie hier, wo die Straßenkotportage nahezu ausschtießtich für votksvergistend« Schmutzschrifteu freigegeben wurde, deren Schriftleiter aus Un garn geflohene jüdische Kommunisten sind, die hier Moral- rcvolution machen wollen, nachdem cs mit der sozialen nicht ging. Durch die Verbindung von Pornographie und sozialdemo kratischer Propaganda gelang es diesen pscudolitcrarischen Schmutzfabriken, sich den Schutz der allmächtigen, sozialdemo kratischen Partei zu sichern, die nun jeden Kampf gegen die Pornographie als Politicum behandelt. Die großen kulturellen Organisationen versuchten mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln die Wiener Fugend vor dem schändlichen Treiben zu schützen, der Erfolg war gleich Null, der einwandfreie Waffenvorral erschöpft. Nur aus dem Gefühl der Ohnmacht, das sich allenthalben nun breit inachte, kann man die Tal des jugendlichen Wirrkopses verstehen, wenn man sic auch nicht wird billigen können. Es ist aber nicht bloß die auf die erste Märzwoche zusam- mengedrängtc Blutschuld dreier Fugendlicher, die uns so bange Bedenken verursachen muß, es sind auch di« gehäuften K i nd c r s e l b st m v r d e der letzten Zeit, die auf das rxida- gogische Dekade unserer Zeit ein so grelles Licht werfen, es ist die 7,8prozontige Anteilnahme der Jugendlichen unter 18 Fahren an der Kriminalität, die 20 vrozentigc der Fugend zwischen 18 und 20 Fahren. In den Räumen der Universität fand während des ganzen Märzmanats ein stark besuchter Einstihrungskursus in die Fugendgerichtshilf« statt, sechs Werbevorträge, die frei willige Hilfskräfte sür das Werk der Schutzaufsicht gewinnen sollten. Es kamen hier Vortragende zun: Wort, die der christ lichen Weltanschauung nahe stehen, mag auch diese auf die Vor träge nicht deutlich erkennbar abgefürbt l-aben. Es gab eben Hörer aus allen Lagern. Es werden gewiß von vielen Seiten große Anstrengungen gemacht, dem Erziehungsproblem ehrlich und ausschließlich der Fugend zum Nutzen beizukommen, aber man l)at das Gefühl, daß überall dort Sisyphusarbeit verrichtet wird, ivo man das religiöse Moment laut oder leise aus der Er ziehung aussclmtten zu können glaubt. Wie eine Erlösung mußte daher auf der letzten Tagung der österreichischen Zentral stelle sür Kinderschutz und Jugendfürsorge das Referat des Schweizer Sekretärs Adolf Miller, des Propagandaleiters der Stiftung „Pro juventute" l„Für die Jugend"), wirken, dos ein deutig und klar das Recht des Kindes aus religiöse Er ziehung betonte. Für jeden, der den Dingen, mit denen sich die Sensation des Tages nährt, auf den Grund geht, bedeutet eben das einschichtige Wort Erziehung keine restlose Lösung de« Zeitproblcms, für ihn kann Erziehung nur in der fixen Verbin dung mit religiös die Hcbelkraft erlangen, die sich den dauern«' den Erfolg zu er^suigen vermag. Unsere Gegner schieben im mer alle Schuld a"-e» Krieg, indessen fördert doch jedes tiefer« Schürfen den religiösen Nihilismus als letzt« Endwuv» Der ratlose Loebell-Ausschutz MiMenW Im MsM Die Berliner „Deutsche Tageszeitung", das Organ der »stelbischen Großgrundbesitzer, greift ln heftiger Weise den Loebell-Ausschuß an. Sie schreibt: „Jedenfalls war und ist es falsch, über die Kandidaten frage einen Tag kostbarer Zeit nach dem andern zu verlieren, durch widersprechende Zeitungsmeldungen, durch einen gerade zu katastrophalen Mangel an Diskretion die Verwirrung der Oeffentlichkeit mit Tendenzmeldungen der gegnerischen Presse zu ermöglichen. Es scheint, daß man in den leitenden Kreisen des Reicl-sblocks überhaupt nicht mehr in der Lage ist, über die Wände des Beratungszimmers hinauszusehen und wahr- zunehmen, was in der Ocfsentlichkeit vor sich geht. Es scheint insbesondere, daß man der Auffassung ist, eine Fühlungnahme mit den Instrumenten der rechtsstehenden Kreise, mit den Zeitungen, um durch sie aufklärend und propagandistisch zu wirken, sei unnütz oder unangebracht. Wir haben uns diesen Lauf der Dinge nunmehr seit einer Woche mit steigendem Er staunen angesehen: wir haben aus begreiflichen Gründen mit unserer Meinung zurllckgehalten. Aber angesichts der Tat sache, daß gestern die gesamte Linkspresse sich über die Vor gänge im Loebell-Ausschuß bis in die letzten Details spalten weise ergötzen konnte, ohne daß die rechtsstehenden Zeitungen eine rechtzeitige Gegenwirkung ausüben konnten, halten wir denn doch ein offenes Wort für nötig. So gehen die Dinge nicht weiter." Sehr richtig! oder vielmehr! So gehen die Dinge über haupt nicht. Die Art. wie die Präsidentschaftsfrage von den Rechtsparteien behandelt wird, ist völlig unwürdig. Für jeden denkenden Wähler steht heute schon die Entscheidung fest: Gegen die Kandidatur der Wirrköpfe des Nechtsblocks, für den Volkshandidaten Marx. Wie die Kimdi-akir Kin-enburg nicht zustande kam Ein politischer Mitarbeiter schreibt uns: Schon sür den ersten Wahlgang wurde die Aufstellung der Kandidatur Jarres nicht überall mit ungemischter Freude ausgenommen. Scho» damals haben die Deutschnationalen ver sucht, eine andere Persönlichkeit zu gewinnen, schon damals wurde der Name Hin den bürg genannt. Nun, nachdem offenen Fiasko der Kandidatur Iarres ist dieser Gedanke. Hin- denburg für die Reichspräsidentschastskandidatur zu gewinnen, von deutschnationaler Seite wieder aufgeworfen worden. Trotz des Einspruchs der völkischen Gruppe und insbesondere der Ber- treter der Deutschen Volkspartei im Reichsblock haben die Teutschnaticmalen es durchgesetzi, daß mit Hindenburg Fühlung genommen wurde. Man entsandte eine Deputation nach Han nover: doch sollte dieser Schritt keine Aktion des Reichsblocks sondern eine private (!) Handlung darstellen, offenbar zu dem Zweck, wie es ja auch jetzt geschieht, die Tatsache einer der artigen Aktion im Falle ihres Schciterns leugne» zu können. Man hatte Hindenburg ganz außerordentlich bedrängt zu der Erklärung, die Kandidatur anzunehmen. Hindenburg aber ver hielt sich all diesen Versuchen gegenüber durchaus ablehnend, und er zeigte damit ein höheres staatspolitisches Verständnis, als diejenigen, die ihn dazu verleiten wollten, sich in eine Kampf stellung gegen einen großen Teil des deutschen Volkes zu be geben. Jetzt wird dem Reichsblock nichts anderes übrig bleiben, als Iarres wieder aufzustellen. Die Art, wie man mit Iarres verfahren ist. kann freilich das Ansehen des Ncichsblocks und auch das seines Kandidaten sicherlich nicht stärken.