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Sächsische Volkszeitung : 05.04.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192504055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250405
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250405
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-04
- Tag 1925-04-05
-
Monat
1925-04
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.04.1925
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' F' WIMes zii einer AeslerWM Von Friedrich Muckerin« nn. S. I. Vernarb Shaws „Heilige Johanna" ist in jüngster Zeit aus einer Reihe von Bühnen gespielt worden, in Berlin. Hamburg. Köln. Essen usiv. Man muh gestel>en, dah gerade dieses Stück außerordentlich interessiert hat. Mag bas zum Teil im Namen seines Verfassers liegen, so sind doch zweifelsohne auch andere Gründe dazu Veranlassung geworden. Das Stück rührt an Fra gen, die heute die Zeit bewegen, und darum antwortet die Zeit mit den verschiedensten Echos. Waren sich über die Bedeutung des Werkes wohl alle mehr oder weniger einig, so geben doch die Einzelansichten ein buntes Bild. Da dürfte es richtig sein, einiges Grundsätzliches in dieser Angelegenheit zu entwickeln. Wenn man einen Titel liest, wie „Die heilige Johanna", so erwartet man, zumal als Katholik, ein Werk, in dem eine Heilige auftritt. Die charakteristischen Merkmale einer Heiligen sind selbstverständlich heroische Tugenden und besondere Gnaden erwählung. Weder von dem einen noch von dem anderen ist bei der Heiligen Bernard Shaws die Rede, und so ist es klar, dah in dieser Hinsicht ein gläubiges Gemüt vollkommen enttäuscht wird. Am katholischen Ideal gemessen ist Johanna wohl «in Original, aber in keiner Weise eine Heilige. Mögen nun arsth manche Heilige sich durch eine gewisse Originalität ausgezeichnet haben, so war doch außerdem noch einiges andere notwendig, ehe jemandem die Ehre der Altäre zugedacht wurde. Noch mehr. Indem Bernard Shaw zwar gewiß nicht wie ein Rationalist der älteren Zeit alles über den Bereich der Sinne und des mensch lichen Verstehens Hinausliegende verspottet, so sorgt er doch da für, daß überall sich das „Wunder" auch sehr natürlich erklären läßt, indem er sozusagen mit vornehmer Ironie dem Gläubigen, der dergleichen braucht, überlassen will, sich seinen Reim dazu zu machen. Gelegentlich unterläßt er auch nicht, in komisct/en kleinen Fällen, wie am Schluß des ersten Bildes, wo alle Hen nen zugleich nach dem Umfall Roberts Eier legen, Len ganzen Wunderkram in den Bezirk des Wunderlichen wegzurationali sieren. Der Untertitel des Stückes lautet: „Dramatische Chronik". Offenbar wird geschichtliche Treue versprochen. Auch in der Ein leitung wird noch einmal ganz besonders auf diesen Vorzug hin- gewiesen. Fraglos hat sich der Dichter auch bemüht, der Ge schichte gerecht zu werden. Selbstverständlich wird man ihm auch das Recht einräumen, diese Geschichte nach ihren Wesenszügen zu geben, wie es der Dichter im Unterschied vom Historiker seinem Beruf gemäß nicht anders kann. Wollte Shaw die Inquisition darstellen, wie sie den Voraussetzungen jener Zeit entsprechend sich auswirkt, so stand es ihm natürlich frei, eine mehr zufällige Gerichtshandlung, wie sie in Rouen stattgefunden, vor den We sensgrund der Tiefe zu stellen und die einzelnen Mitglieder drs Gerichts zu typisieren. Nur schade, -aß, geschichtlich gesehen, gerade der Umstand, daß Johanna von einem Gericht verurteilt wurde, das in keiner Weise auch dem damals geltenden Ideal entsprach, entscheidend für die ganze spätere Entwicklung ihres historischen Schicksals geworden. Man darf den Zufall nicht ins Wesentliche ändern, wenn grade das Unwesentliche an ihm wich tig ist. So wird in einem ganz wichtigen Punkte die historische Treue vernachlässigt. Noch weitere Schwierigkeiten entstehen aus Shaws Deu tung der Geschichte. Die bewegenden Kräfte seiner sechs Szenen, über die er sich selbst in der Einleitung ausgesprochen, sind vor allem die Gegensatzpaare: Feudalismus und Nationalismus, fer ner Katholizismus und Protestantismus. Nun mag es wohl sein, daß in jenen Zeiten uralte durch die Epoche des Römischen Rei ches und ihre übernationale Kultur zurückgedrängte rassehafte und nationale Instinkte wieder mächtig aufwachten. Ob die hei lige Johanna in dieser Frage eine so entscheidende Rolle gespielt hat, als wie sie der Dichter ihr zuteilt, mag dahingestellt sein. Man kann sich jedenfalls -eg Eindrucks nicht erwehreiz, daß hier moderne Gedankengänge recht naiv in eine ganz andere Zeit zu- rllckverlegt werden. Noch viel deutlicher wird das bei dem andern Gegensatz, dem zwischen Katholizismus und Protestantismus. Bernard Shaw bringt es fertig, in einem geschichtlichen Drama eine Heilige der katholischen Kirche zur ersten Protestantin zu machen. Nun könnte man sich ja darüber freuen, daß katholische Heilige auch von Protestanten als ihr eigenstes Gut angesprochen werden: die Tatsache bewiese nur, wieviel Gemeinsames tatsäch lich vorhandxn ist. Leider allerdings kommt diese Tatsache in etwas seltsamer Weis« zustande. Was ist das Charakteristische an Johanna, „der Protestantin"? Doch dieses, daß sie den Stim men, die sie zu hören glaubt, auch dann noch folgt, wenn diese Stimmen, etwas anderes wollen als die Kirche. Im Bewußt sein des Menschen von heute rollt diese Fragestellung ganz von »M W keine Seil!" Von Animus. „Wir haben die Sonne und Regen und Win Und uns fehlt nur eine Kleinigkeit, Um so fre» zu sein, wie die Vögel ,ind: Nnr Zrttl" Es Ist so und es ist das größte Uebel unserer Zeit, dä u,iS gerade ö.-se Kleinigkeit aller,vegen fehlt; die uns in ständigen „Umgang mit Menschen" immer wieder entgegenlltn gcnde Resonanz tu außerdienstlichen und außergejchäftlichen An gelegc,igelten ist die Klage über Mangel an Zeit. Es >oll nich bestritten werden, daß unsere Verhältnisse und die ZeitumstSnd allenthalben große und selbst die höchsten Anforderungen an de, 'wirtschaftlichen, an den Berufs- und Geschäftsmciischen stellen es soll nicht verkannt sein, daß unser Wirtschaftsgetriebe ganz be sonders dazu angetan ist, des Menschen Geist und Nerven zi übersvannen, wenn der Wille zum Leben »nd die Hingabe an oe, Beruf starke Triebfedern der eigenen Energie sind. Gewiß ist i, der heutigen Zeit wie nie zuvor das Leben ein ununterbrochene Kampf um das Brot; und die Materialisierung allen Gedanke: und deren Konzentration aus das eine Ziel: den Erwerb - ist darum allzu natürlich. Dennoch >el einmal untersucht und die Frage z„r ernstliche, Prüfung der Verhältnisse eines weiteren Gesichtskreises gestellt „Liegt denn wirklich in einer derartigen einseitig-wirtschaftliche, Einstellung aller Betätigung das Glück und die Znfriedenhei des Menschen — sa, liegt darin überhaupt auch nur dm wirtschaftliche Glück begründet?" , Hier ,oll nicht die Rede davon sein, daß „nicht vom Deo allein der Mensch lebt"; auch nicht vom „wirtschaftlichen Gr metnwohl", das der Zweck der Arbeit sein soll. Auch if nicht etwa an ein „Für und wider di- Arbeitszeit-Ordnung' gedacht. Wir denken vielmehr hier an die hohen Kultur anfgaben unserer Zeit, die im wirtschaftlichen Betrieb und nnter der heutigen Einstellung unseres Nährstandes er sticken müssen. Und auch der Lehrstand und die Kauf bleiben in ihrem Kampf« ums Brot und wirtschaftliches Wobt ergehen vielfach abseits und unbeseelt von den Gedanken ein«, weitergeheuden Mission. Webers Eulengesang in „Dreizehn linden" beherrscht heute die Masse; . „Nur das Einmaleins soll gelten; Hammer. AmVoS, Art „nt . Zange: Alles andre, oder Plunder, flack're in der Feuerkammerl" selbst in das Geleise: Hier Protestantismus, der dem eigenen Gewissen folgt, dort Katholizismus, der sich der Stimme der Kirche unterwirft. Daß in dieser Gegenüberstellung nicht den geschichtlichen Tatsachen entsprochen wird, ist sicher. Für den Protestantismus, so alt man ihn immer nehmen mag, hat bis in di« Aufklärungszeit hinein in keiner Weise das Gewissen gegen di« Kirche gestanden, sondern Kirche gegen Kirche, Autorität gegen Autorität. Das von der Kirche befreite Gewissen ist erst viel späteren Datums, mag man in ihm auch immerhin das Prin zip des Protestantismus sehen. Auch hier ist Bernard Shaw also vollkommen ungeschichtlich. Faßt man aber die Sache zeitlos prinzipiell, so hat er auch da nicht recht. Indem Johanna es für selbstverständlich hält, daß ihre Stimmen nicht denen der Kirche widersprechen, und nicht widersprechen können, wenn sie von Gott kommen, ist sie, die angebliche Protestantin, vollkom men katholisch. Unkatholisch aber, ganz prinzipiell unkatholisch, sind Richter, die in dem Falle, daß man diese Stimmen für eins mit dem Gewissen nehmen will, einen solchen Gegensatz kon struieren. Denn selbst in der Voraussetzung, es widerspräche das Gewissen dem Gebot der Kirche, so muß auch der Katholik seinem Gewissen folgen. Der Kirche hängt der Mensch durch eine Wil lensentscheidung an, die hervorgeht aus einer im Glauben ge wonnenen Ueberzeugung. In der logischen Ordnung steht diese Ueberzeugung vor seiner Verbindung mit der Kirche. Gott und das Gewissen, das sind auch für den Katholiken die äußersten Pole der Welt. Wohl kann man seinen kleinen Verstand unter werfen, wohl kann man sein Urteil dem der Kirche unterordnen, aber man soll dos niemals mechanisch tun, sondern immer nur auf Grund der Ueberzeugung, daß solche Unterwerfung wohlbe gründet und von Gott geboten sei. Dieser Tatbestand wird bei Shaw völlig verwischt, und s o ist nach dieser Seite hin sein Stück außerordentlich unklar, freilich nicht unklarer, wie man es bet einem Manne erwarten muß, der nicht offenbarungsgläubig ist und statt dessen trotz mancher Emanzipation dem Zeitgeist ver haftet bleibt. Hält Shaw also keineswegs, was sein Titel und auch stellen weise seine Einleitung verspricht, so soll ihm doch hoch angerech net werden, daß er der Inquisition gerechter geworden ist. als das durchgängig auch bei gelehrten Menschen heute die Regel ist. Das aber kommt bei ihm nicht aus irgendeiner Gläubiakeit, sondern aus seinem Dichtertum her. Der feine Satiriker schaut überall hinter die Kulissen und entdeckt auch, wo er das Gött liche nicht faßt, das Ewigmenschliche. Wir haben in der Tat keinen Grund anzunehmen, daß eine Heilige, die Gott für krie gerische Taten bestimmt, von Natur aus für dieses Werk gänzlich ungeeignet war. Auch die Kirche ist Menschen anvertraut, und darum in das Gewebe menschlicher Leidenschaften verflochten. Das Menschenwerk im Gotteswerk hat Sl>aw in unserm Falle prachtvoll herausgebracht, damit die Verbundenheit alles Mensch lichen durch alle Jahrhunderte offenbarend. Sind seine Charak tere auch in diesem rein menschlick>cn Bereich vielleicht nicht alle doch trefflich gezeichnet. Aus ihrem Widerspiel ist ein glänzend aufgebautes Drama geworden, voll Spannung und Rührung. Freilich, wenn manche im Theater beim Tode der Johanna Trä nen vergossen, so waren das künstlerisch sehr sckpvache Tränen, denn allzu deutlich mußten sie verraten, daß man die unbändige Ironie dieses Stückes gar nicht begriffen. Mannigfaltige Stim mungen und reizende Landscizaftsbilder erhöhen den Reiz des Ganzen und das Ringen mit den Fragen, die den Gegenwarts- Menschen bewegen, gibt lebendiges Blut. Von der Theater behandlung des Stückes wird es abhängen, wieviel von diesen wirklichen Werten in Erscheinung tritt. Aber mag man dieses alles auch bewundern, so bleibt doch für das gläubige Gemüt nicht die Möglichkeit eines ungetrübten Genusses, denn es erlebt ja nicht sein Ideal, nicht einmal dos geschichtliche Ideal. Es lei det geradezu darunter, wie eine religiöse Erscheinung durch Ab zug des Göttlichen ihrer eigentlichen Schönheit entkleidet wird. Man mag in Bernard Shaw den Realisten rühmen, es ist doch ein eitler Ruhm, denn man gibt nicht die Wirklichkeit der Welt, wenn man das Göttliche daraus entfernt, und man verherrlicht keine Heilige, wenn man sie zur bloßen Hellseherin macht. Mi -Me W-liMiilel Von Karl Demmel. Wolfram von Eschenbach. Von der Idyllischen Stadt Eschenbach im Frankenwald, nicht gar weit von Ansbach, war er ausgezogen. Erst biente er getreulich manchem „fürnchmen .Herrn", und dann wanderte er als Sänger süßer Minne von Burg- zu Fürstenhof durchs deutsche Land, Blasse Edelfrauen, in schweren, schleppenden Gewändern, zur Festlichkeit in Hohen, waffengeschmückten Rittersälen aus Aber es gib! doch Menschen, die noch Zeit für anderes, als was gerade nur ihres Berufes und Amtes ist, haben. ES gibt solcher Menschen wohl gar „och viele in unsere,, Landen! Bei uns fehlt der idealistische Schwung, der uns über die Engen des Berufs- und Betriebsmenschengeistes yinaiiso hebt und in uns den Willen und den Mut zur vorwärts- treibenden Mitarbeit weckt und lebendig macht. Uns sehlt es an der Zeit zur Mitarbeit, wo es gilt, ein persönliches Opfer zu bringen, aus einige Annehmlichkeiten zu verzichten, einmal aus der Gewohnheit zu kommcn oder sich besonderer Mühe unter ziehen zu müssen. , Und doch tut gerade uns Katholiken so not, uns für mehr einzusetzeu, als das tägliche Brot. Wir sind di- be- rusenen Hüter einer wahren Kultur. Wir müssen uns als Streiter Christi zeigen <m Kampfe gegen de,, modernen Zeitgeist, als Netter und Erneuer«,- des mit dem Untergang bedrohten Abendlandes. Muß denn wirklich alles auf N u r-W i r t sch n f t „nd nur auss Geldverdienen eingestellt sein? Ich kann mir denken, baß in früheren Zetten die Wirtschaft große Opfer brachte zugunsten der Kultur, deren Höchstes der Seelenadel und die Zufriedenheit des Menschen ist: ich verstehe aber durchaus nicht, wie heute die Kultur völlig prcisgegeben wird im Interesse des Gedeihens der Wirtschaft! Und w-rden daher die Menschen zufrieden? Weit davon entfernt! „F'-euk euch des Lebens!" ist zwar der kategorische Imperativ der Mo derne, und sie bietet reichlich die Freude — de» Sinnesrausch — einer Tiesseitskultur, sorgt für Amüsements und freies Spiel aller Kräfte und stimmt in dulci jubilo in allen Tonarten das „Weg mit den Grillen und Sorgen!" an. .Aber werden di- Menlchen dadurch wirklich des Lebens froh? Unzufriedene, denn je »st heute das Volk. Des Volkes Gemüt ist ver düstert; liebeleer blicken alle „ach dem modernen Götzen Mam mon, schauen nach unten, statt nach oben; und irre» weit ab von der Straße wahren Glückes »nd wirklichen, Wohlergehens. Ter heutige Mensch ist zum Sklaven der Wirt- schaft geworden. ,eyen oas uevei, erceunen deiitllch die Gefahr für V und Vaterland. Tie Warnungen dringen an vieler Ohr aber man hat keine Zeit, darauf zu höre». Mau hat Wicht, res zu tun, als für andere, für eine Volksgemeinschaft arbeiten. Gilt es, den Bestrebungen der Kirche zu dienen — hat man doch wahrhaftig keine Zeit! Gilt es, die helligsi Güter der Menschheit zu verteidigen -- die Zeit fehlt ja oo breitklobigen Sesseln sitzend, lauschten, in sich selbst versunken, seinen Liedern, von dünnem Lauteklong begleitet. Blonde, zarte Pagen in engen Kleidern trugen gegen di« Minnesänger Groll der Eifersucht im Herzen. Arm war der Wolfram von Eschenbach, ober reich an Melo- dien und Versen, gerade so, wie Walter von der Vogelmeide, mit dem er manchesmal auf der Wartburg im Thüringer Lande vor dem Landgrafen Hermann und seiner Nichte Elisabeth heiß im Sängerkrieg stritt. Eines Tages aber kehrte Wolfram von Eschenbach dem Hof leben den Rücken und ritt heim zu Weib und Kind, die lange schon seiner Wiederkehr warteten. Mit seinem Kinde wollte er auf heimatlicher Flur jagen und spielen. Er kam heim mit rei cher Beute, mit Tausenden von Versen und seinem Nciterlied „Parzival". Der trägt die eigene Sehnsucht nach Erlösung von der lan gen Irrfahrt in sich, kündigt von Leid und Freude. Narrheit und Mannentum des Jünglings, der ausrückte und seine Mutter „Herzeleyde" im Trennungsschmerz zurücklieh. Dem nach lan gem Irren Erlösung wurde im heiligen Gral. Auch Wolfram von Eschenboch, der Dichter und Sänger, singt von Karfreitag und Auferstehung — von dem Wunder der Menschwerdung aus tiefster Not, von dem Sterben und von Erlösung. Matthias Grünewald. Jahrhunderte kannten nicht den begnadeten Priester der Kunst, der das geheimnisvollste, größte Werk deutscher Nachgotik vollbrachte. Und das unsterbliche Bild der Jahrtausende hatte der An- toniter-Präzeptor Guido Guersi in Isenheim für den Hochaltar der Klosterkapelle nach reiflicher Ueberlegung dieses Meisters Palette anoertraut. Fast zu derselben Zeit, da Grllnewald dos Flügelaltarbild malte, schuf Michelangelo sein Deckengemälde für die Sixtina: Raffael komponierte in den glühendsten Farben in den heiligen Sälen des Vatikans: Tizian malte sein Bild von der himmlischen und irdischen Liebe, und im deutschen Nürnberg 'chuf Dürer den Heller-Altar. Die Abendwelt erbrauste im Taumel der Farben- symphonie. Grünewald soll, wie ein Chronist zu melden iveiß. von einem „vortrefflichen, hochgesticgenen Geist" geivesen sein und doch so verwunderlich, wie der heilige Sebastian, dessen Abbild auf sei nem Isenheimer Altar sein leibhaftiges Antlitz gewesev ist. Fürsten trachteten nach dem Gewinn des herrlichen Altar bildes im Kloster zu Isenheim. Der Große Kurfürst, der von Brandenburg aus gegen Marschall Turenne nach dem Elsaß ins Feld gezogen war. wollte gern eine „namkiafte Summe Geldes" dafür zahlen — aber die Herren des Klosters behielten das Werk. Maria, von Lichtwolken gestreichelt, lächelt das Jesuskind an: Engel musizieren zum Preise des Gottessohnes. Steh er griffen vor Marias Schmerzobbild an des Herrn Grab! Knie nieder, bete und jubiliere mit den Engeln, mit dem Meister Matthias. Karfreitag und Auferstehung tm Wunderwerk der heiligen Kunst! Johann Sebastian Bach. Aus ehrsamem, altem Ge schlechts, das in der heiligen Musik aufging, stieg Ioljann Seba stian Bach in der Wartburgstadt ans Licht. Frühlingstag — erster Frühlingstag im Jahre 1685 war es — es raunte in den Wipfeln der thüringischen Wälder von Schönheit, die nun aus verschlafenen Knospen aufbrechen würde. Es war just um Sie Zeit, da Oesterreicher und Türken um Wien und Belgrad wild die Lanzen brachen. Ruhig, in emsiger Arbeit, reifte der Jüngling heran — in seiner Seele schlummerten Töne, die aus ihrer wartenden Starr heit erlöst sein wollten, zu erhabenem Werke. Und Johann Sebastians Feder schrieb in mancher einsamen Stunde bei Kerzenlicht auf zartlinigem Notcnpapier. Die schwar ze» Notenköpfe durchfuhr eine brausende Gewalt voll göttlicher Erhebung und sie wurden manchem stillen Beter Befreiung. Wanderjahre fanden den jungen Starrkops in Weimar. Arn» stadt und Mühlhausen. Und dann siedelte er mit seinem jungen Weibe nach dem lieben anhaltischen Städtchen Cöthen über, wo er als Kapellmeister in die Dienste des grob-warmherzigen Für- sten Leopold von Anhalt-Löthen trat, der zur Zeit Fürst von An halt war. Allzu weit hat das Schicksal den Musikus Dach nicht in die Welt getragen. Sein Wesen war bodenständig. Aber dennoch ivar er in jun^n Schwärmerjahren zu Fuß von Arnstadt nach Lübeck gereist, um von der berühmten Kunst des Orgeimeisters Dietrich Buxtehude zu hären. Bei -essen schluchzenden Kantilenen sang Bachs innerste Seele mit. Eines Tages aber legte Bach den Titel und den Taktstock als fürstlicher Kapellmeister in Cöthen dem Fürsten wieder zu Fü- sa, wenn wan Zeit Hätte, dann würde man mittun, Mit arbeiten überall, würde in der S ch u l b e w e g u n g i-inen Mann stehen und in der Vertretung des Gedankens einer christ lichen Moralbewegung Mann an der Spitze sein. Doch de Sorge um die Familie, der Beruf, das Geschäft, kurz: der Ma ugel an Zeit ist die dumme Ursache, daß wir's nun! leider anderen überlassen müssen. Eigenartig ist allerdings, daß der Mangel a» Zeit in weitaus den meisten Fällen da herrscht, wo man ihn sich weniger er klären kann; und daß gerade dort wohl auch von Weaig-Zeit- haben gesprochen, aber dennoch in der lebhaftesten Welke überall initgearbcitet wird, wo vielleicht mit mehr Recht der Mangel an Zeit ins Feld geführt werden könnte — wo es tatsächlich an Zeit fehlt. So sehen wir leider vielfach in unserer katholischen Bewegung die Kräfte versagen, die der Bewegung den stärksten Antrieb zu sichern vermögen. Tie weniger traz- fähigen Schultern werden ständig überlastet — es sind in oen Vereinen und Verbänden, in den Parteien und Organisationen, in ehrenamtlichen Stellen »nd allen Diensten unserer Bestre bungen immer dieselben Persönlichkeiten, die die Bewegung tragen. Es mutet einen oft wie geistige Trägheit an, das Wort vott der „fehlenden Zeit". Diese Trägheit müßte endlich überwunden werden. Wo es um die höchsten Güter der Menschheit — wo «S um die Kultur und den Glauben, wo es um die Jugenderziehung und -bildnng geht, da darf es nicht an Zeit fehlen. Hier ist Mitarbeiten die erste und nnbcdmgte Bürger pflicht! Lernen wir Katholiken, uns zur Mitarbeit heiligen Idealismus selber anznerziehen, Tatwillen in uns selber' zu erzeugen — und uns selber den Mut einzuflößen, an dem es uns mehr fehlt, als an Zeit. Mut zu Mitarbeit in den katholischen Vereinen und Verbänden, in der Politik und wüst allda, wo es für uns gilt, mit dabe, zu sein und insbesondere, wo es gilt, anderen voran zu streben! Erkennen wir unlere Zeit und unsere Aufgaben! Erwachen wir aus der Lethargie und auS dem Nnr-Tiesseits-Menschen- tum! Es schlummern unendlich viel edle Kräfte im katholischen Deutschland; die Tagungen von Kassel, Hannove.r, Ful da und Dresden haben es bewiesen, was katholische, echt katholische Betätigung ist! ES darf nicht allein um Wirtschaft und Geld im Leben unseres Volkes gehen; es darf nicht de« Mammon, nicht einzig das Brot das ganze Ziel und Streben d-S Menschen sein. „Erst gehörst du deinem Gotte, ihm zunächst der Heimaterde!" 1mqt Weber in ..Treizchiiliiiden" und darin wurzelt unsere Kultur. Lernen wir in diesem Sinne
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