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Sächsische Volkszeitung : 12.04.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192504127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250412
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250412
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-04
- Tag 1925-04-12
-
Monat
1925-04
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.04.1925
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»Du gönnst ihm aber gar kein Vergnügen," wandt« seine Frau ein. „Löcher sind kein Vergnügen, sondern »ine — ein« Rumasche." »Was ist das. eine Ruinasche?" »Was runiert ist — iah mir meine Ruhe!" Am nächsten Morgen rückten di« Enkelkinder mit durch- bohrten Schulkappen an. Die hatten sie, zusammen mit dem Großvater, im Garten so gemacht, erklärten sie vergnügt! Di« Enkel hatten mehr Verständnis dafür, daß Liebe auch durch ein Hutloch eingehen kann. Eine Woche später wurde Großvater dabei betrossen, wie er Löcher in die Deckel der Zigarrenkiste bohrte. »Auch die Zigarren bleiben so gesünder," erklärte er und wackelte mit dem alten Kopfe. Die Enkel fanden das in bester Ordnung. Das l>atten sie schon längst gewußt, von ihren Grillenhäuschen her, erklärten sie dem Großixu>a. Wieder eine Woche später fand man eine Durchgongstür im Hanse ganz durchbohrt von Löchern. „Das ist denn noch ein Unfug!" begehrte der älteste Sohn auf. „Er verbohrt uns noch das ganze Haus." „Sei nicht so herb." sagt« seine Frau, „du bist auch gelegenst sich verbohrt." „Dununes Zeug — ich iverde mit dem Alten mal deutsch reden müssen unter vier Augen!" Einen Tag. nachdem er „deutsch" geredet l)atte, fanden sie die hölzerne Geldkassette über und über mit kleinen Luftlöchern besät. „Damit die Banknoten ein wenig Luft bekommen," lachte Franz, der Fängst«. „Wer so nehmt ihm doch den Werkzeugkasten einmal weg!" braust« Karl auf. Und sie versteckten die Bohrer unj^rm Dach. Fedoch ein alter Mann, der sonst nichts mehr zu tun hat, hat viel Zeit zum Suchen. Ein paar Tage später kam die Wasch frau vom vierten Stock gegenüber: Der Alte bohr« eifrig Löcl>er durch di« groß« Gartenbank und habe ihr eben lang und breit erklärt, daß es sich so viel gesünder darauf säße. „Wir müssen ihn in eine Anstalt schassen!" schrie Karl auf gebracht. „Pfui. Karl, schäm dich — wer weiß, wie lange ihm noch die kleine Kinderei vergönnt ist . . ." Nach einer letzten Woche lag der Bummerer auf seinem Sterbebett. Es ging zu Ende. Bevor ihm die Augen brachen, sah er seinem Aeltesten noch einmal klar ins Gesicht: „Karl, jetzt bist du das Haupt — halte di« Unsriqen zu sammen — und — und —." Die Stimme sank ihm. Tief und erschüttert mußte sich der Sohn herunterbcugen. Es wisperte im Zinrmer von einem letzten Wunsch. Dann bekam der Tod das Wort. „Was hat er wollen, Karl, l-ast du ihn verstanden?" frag te» sie ihn leise, als man den leeren Sarg herauftrug. Er gab ihnen keine Antwort. Gegen Abend fehlte er beim Abendessen Sein Söhnchen wurde beauftragt, ihn im Hause zu suchen. Mit einem merkwür dig verdrückten Gesicht kam das Kind zurück. „Nun. l)ast du ihn gefunden?" Das Kind nickte. „Und l>ast du's ihm nicht gesagt?" „Fch k>ab mir,s nicht getraut — ich sah durchs Schlüsselloch von dem Nebenzimmer, wo der leere Sarg steht — Vater sitzt aus dem Deckel mit einem Bohrer und bohrt Löcher — und — iveint hinein." Don der Einheilskurzschrisl Der Reichs mini st er des Innern und der Reichs- wirisci-aftsiiiinisler haben gemeinschaftlich folgendes Schreiben an die wirtschaftlichen Spitzenverbänd gerichtet: Nach eingehenden langjährigen Verhandlungen ist es im September vorigen Jahres gelungen, zu einer Einheit auf kurz- schriftlichem Gebiete zu gelangen: Tie Reichsregierung und die Negierungen aller deutschen Länder habe» einmütig beschlossen, den „Juli-Entwurf" als Deutsche Einhcitskurzschrift anzuerken nen und ihn unter Ausschluß jeden anderen Systems in den Schulunterricht und in den amtlichen Verkehr einzuführen. Die deutsche Wirtschaft wird durch diese Tatsache vor die Notwendig keit gestellt, zur Frage der Deutschen Einheitskurzschrist Stel- ung zu nehmen. Es sollen daher die Gründe, die die Stellung der deutschen Wirtschaft zu bestimmen ggeeignet erscheinen, kurz dargelegt werden Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer einheitliche» Kurzschrift wird von jedermann, auch von denen, die der neuen Einheitskurzschrift ablehnend gegenüberstehen, anerkannt. Konnte Die Probe Von Philipp Ger st Fritz Gewiß, der noch nicht mal hübsch genannt werden konnte, ivar Besitzer von etwas, was die Frauen verzauberte. Bcicheidcn nannte er es. das Geheimnis, so zu handeln, daß nie mand erfährt, wie man es meint: oder auch die Kunst, fiel: weder ganz noch offen hintngeben und gerade dadurch zu beglücken, oder auch die Fähigkeit, stets Appetit zu erregen, dcch nie die Gleichgültigkeit der Sattheit zu bewirken. Unter den vielen Mädchen, di« alle seinetwegen den Kopf verloren, wählte er sich mit der klugen Sachlichkeit des Sieger- Anna Wunderlich aus, weil sie reich, gesund, nicht allzu schön, aber ernsten, leicht erregten Charakters war. keine Mutter inehr, doch einen wohlbeleibten, genießerischen und deshalb sehr ange nehmen Vater hatte. Dazu besah Anna als Freundin die ein zige Tochter von Ellern, deren Vermögen etwas zerrüttet war, so daß Erna Stark, so hieß sie, durch Klaoierstundengeben und auf diese Weis« zu den Lebensunkosten etwas mit beitragen mußte. Gleich von Anfang ihrer Verlobung an wußte Anna Wun derlich nicht recht, wie ihr Bräutigam sich zu ihrer Freundin Erna Sark cinstellte, ob er sie nämlich freundlich ernst oder herz lich ernst nähme, ob er nur so eigenartig schelmisch zu ihr tat, weil das so sein Temperament und seine Auffassung von Liebens würdigkeiten war. oder ob Erna Stark ihm -och wohl besser ge fiel als sie selbst. Anna Wunderlich. „Sollte er mich doch wohl nur meines Vermögens wegen gewählt haben?" fragte sie sich nach einiger Zeit mit Bedacht. Diesen Zweifel, der ihre Liebe immer aufs neue und immer tiefer erfaßte, wie «in Zugwind ein Feuer, beobachtete Fritz ge wiß wie einen selbstverständlichen Prozeß. Das war ja eben seine Art, zu zünden, zu erobern, zu fesseln. Stets Appetit er regen, doch nie die Gleichgültigkeit der Sattheit bewirken. Seit dem er bemerkte, daß sein Geheimnis sich auch für den Einzug in die Ehe bewährte, kräuselt«, sobald er mit den Freundinnen zu sammen ivar, ein rätselhaftes, aufreizendes, doch immer artiges Lächeln seine Lippen und in seinen dunklen Augen zittert«, doch nicht aus Scheu, ein goldiger Funken, der «in Frauenherz när- risch machen konnte. Das raubte Anna Wunderlich die Ruhe und da sic auf Ord nung hielt, führt« sie durch Neckerei und Stichelei eines Tages die erste Intime Aussprache mit dem Frauenzauberer herbei. Mit stärkerem, ja fast glücklichem Augenblinzeln sah Fritz Gewiß diese erste Probe auf sein Verfahren koinmen. Aus tie fer Brust sprach er, daß der Mann, um gut mit seiner Frau leben zu können, unter allen Umständen ehrlich sein müsse. Voll inne rem Behagen bemerkt« er, wie seine Braut ausatmete. Ja, das bisher bei der Buntscheckigkelt der herrschenden Kurzschrift- lysteme — es hat in Deutschland etwa ein Dutzend dieser Sy steme eine weitere Verbreitung erlangt — der eine das Steno- gramm des anderen nicht verstehen, konnte der Bayer nicht lesen, der Preuße, der Sachse nicht lesen, was der Württemberg«!: geschrieben hat. so fallen mit der einheitlichen Kurzschrift diese Zollschranken auf kurzschriftlichem Gebiet, in der deutschen Sprach? und dem einheitlichen Münz-, Maß- und Gewichtssy stem auch eine einheitliche Kurzschrift. Erst aus Grund dieser Einheit ist cs möglich geworden, die Kurzschrift in den Schul unterricht und in das Behördenwesen überall einzuführen, vor her war eine allgemeine Einführung mit Rücksicht auf das be schränkte Geltungsgebiet eines Systems auf bestimmte Perso. nenkreise und Landesteile und mit Rücksicht auf die Schwierig keit der Entscheidung für eines der bestehenden System« un möglich. Infolge der Einführung in den Schulunterricht an allen Schulen Deutschlands wird in Zukunft jedermann stenographie ren können, die Kurzschrift, die bisher ein Privilegium bestimm ter mit Schreibarbeit besonders befaßter Berufe war. wird da mit zum Allgemeingut des gesamten Volkes werden. Da wird der Nutzen der Kurzschrift entsprechend ihrer Eigenschaft. Ar beitszeit und Arbeitskraft zu sparen, in Zukunft voll ausge schöpft werden können, die Vorteile der Kurzschrift, die bisher nur wenige zu nutzen in der Lage waren, werden jedermann zugute kommen, die Kurzschrift wird sich damit als ein wertvol ler Wirkschasts- und Kulturfaktor erweisen und zu ihrem Teil an dem Wiederaufbau Deutschlands beitragen In Zukunft wird also der Lhes. der leitende Beamte, der Angestellte etnes wirtschaftlichen Unternehmens damit rechnen können, daß seine stenographischen Anordnungen und Notizen überall wiedergele sen, daß die nach seinem Diktat aufgenommenen Stenogramme, mag er sie im Norden oder Süden von Deutschland diktiert haben, von jedermann auf die Schreibmaschine übertragen wer den können und daß seine mündlichen Anweisungen von jedem seiner Untergebenen stenographisch festgehalten werden können. Die sstuogrophischen Leistungen werden, da von der Schule auf gepflegt, vollkommenere werden. Zahlreiche Register und Jour nale werden fortan in Kurzschrift geführt werden, und viele Aiftzeichnunoen und Schreib?», namentlich im inneren Dienst, werden in Kurzschrift hergestellt werden können Trotz dieser allgemein an?rkannten Vorzüge der steno graphischen Einheit stehen stenogravbische Kreise dem neuen Sustem ablehnend gegenüber. Der Grund kür diese Stellungnahme wird ersichtlich, wenn man in die langjäh- rin?n Verhandlungen, die mit den St?nogravhi?verbönden zur Schäftung einer Einheitskurzschrist gejührt worden sind, Ein blick nimmt. Unter den Kurzschriftschusen Deutschlands herrscht eine starke Rivalität, mit einer an Fana tismus grenzenden Leid-nschaftlichkeit für die Vorzüge und Sonde'-l'-ft-n des eigenen Snstems wird gegen die anderen Schu len -u Fel»'» oe'oo»n Der S"s!»mkampf ist zum eigentlichen Be tätigungsfeld d»r d-noaronb" -u Vereinigungen geworden, die einzelnen Kiir-tchrfttorgonftotionen. die in Reichsverbände. Lan desverbände und Ortsversine gegliedert sind, haben sich zu vvro Olvrclsn kretts! pottrksppei, LlTmrlrske 2 war es, ehrlich sein. Das war etwas festes: damit konnte man l sclwn ein Glück festl-alten, nieten und sichern Aber da fügte I Fritz Gewiß hinzu, daß er eben wegen dieser für das Eheglück I so nötigen Ehrlichkeit gestehen müsse, von der Frau, als Gat tungswesen, zu glauben, daß sie ohne den Halt des Mannes doch nur einer losen Blumenwinde gliche. Sie verstand sogleich und wie gestochen fuhr sie auf: „Einer Blumenwinde, einer losen auch noch, die ohne einen äußerlichen Halt nicht leben Kann? Die irgendwo etwas festes für ihre Wur zel sucht?" Ja. so fragte Anna Wunderlich und ließ nicht nach, bis daß sie Fritz Gewiß, dessen Stimme süß lockte und doch so spitzbübisch neckisch war, zum Gedächtnis zu treiben glaubt«, daß jede Frau nur treu sei, solange sie in der Liebe einen Halt finde, ja, -aß die Frau oft nur das Gefühl der Liebe für Treue hielte. Als Anna Wunderlich diese Worte hörte, während deren ihr Bräutigam sie mit einer Flut zärtlich liebkosender Blicke über schüttete, rief sie aus. daß sie ihre Lieb« zu ihm verlieren müßte, wenn sie nicht so bestimmt wüßte, wie anders er spräche, als er empfände und welch ein lieber Possenreiter er sei. Er war zufrieden und dachte: „Nun sind wir über die erste Welle. Anna wird nie sicher sein, wie ich es mein«, und deshalb nie satt. Stets wird sie mich lieben, weil sie dazu stets Appetit hat." Doch eben, weil Anna so wenig sicher war, ließ ihr die weib liche Neugierde keine Ruhe, sicher zu werden. Damit aber rech nete Fritz Gewiß nicht, oder er machte sich nichts daraus, hielt es sogar für natürlich und fand es seinen Bexierplänen gefällig, als er von ihr ein anderes Mal in Gegenwart von Erna Stark hören mußte: „Fritz spricht so lax von der Frau, weil ihm aste Frauen zuviel nachgehen, und er Spaß hat. sie deswegen zu foppen." Erna lächelte spöttisch und blitzte mit den Augen und sagt«: „Möglich, aber jeder Mann hat seine Bezwingerin gefunden." Fremd und kalt blickt« sie ihn an. Anna sah es. Ihr Herz schlug stolz und sie Lachte: „Erna ist zu ihm eine Eisfigur. Seine feurigsten Blicke treffen sie nicht. Ich beckachte es immer wie der. Sie Ist mir treu: für sie bedeutet Treue nicht das Gefühl zu lieben. Ihre Pflicht, ihr Anstand, ihr Stolz z-ivingt sie, diesem Frauenspötter gegenüber eiskalt zu bleiben." Frauenspötterl So also nannte sie in Gedanken schon ihren Bräutigam. Nicht lang« dauerte es, da weckte sie ihn wiederum, und zivar nach einem Ausflug, den sie zusammen mit -er Freundin gemacht hatten. Sie neckte ihn über s«in« Ansicht von der Frauentreue, weil sie gerade währen- des Ausfluges die über- lcgene, abweisend stolze und spöttische Avt ihrer Freundin ihm gegenüber abermals mit Stolz bemerkt hatte. Sie konnte es nicht lassen, ihn mit Ernas Treue zu foppen. »Wie du mir. so ich dir." dachte sie. —- Kampftruppen ausgebildrt, dazu bestimmt, den Gegner nieder zuringen. Daker werden Streitfragen, auch wissenschaftlicher Art. auf kurzschristlichem Gebiete gewohnheitsmäßig mit lei- denschastlicher Heftigkeit erörtert, die die sachliche Eieschätzung der Werte, die in anderen Systemen enthalten sind, erschweren, loenn nicht unmöglich machen muß. Mit dieser Einstellung stehen gewisse stenographische Kreise auch der neuen Kurzschrift gegenüber. Das neue System ist ein Kompromißsystem, gebildet aus den Systemen Gabelsber ger und Stolze-Schrey und bearbeitet in langjährigen Verhandlungen von den besten durch die beiden Schulen selbst namhaft gemachten Sachkennern auf stenographischem Gebier. Wenn trotzdem di« Deutsche Einheitskurzschrist die Billigung vieler Anhänger der Schuie Stolze-Schrey bisher nicht gefunden hat, so ist das dadurch zu erklären, daß von den Grundsätzen des Systems Stolze-Schrey weniger als von denen des Systems Gabelsberger in die Deutsche Einheitskurzschrist ausgenommen ist. Die dadurch bedingten Abweichungen der Einheitskurz schrist von Stolze-Schrey sind bei der alten Rivalität ausrei chend. um das neue System mlt aller Leidenschaft zu bekämpfen, und zwar unter der Parole, die Deutsche Emheitskurzschrift sei ein Rückschritt gegenüber Stolze-Schrey. Diese Behauptung über den Wert der neuen Schrift ent behrt jeder sachlichen Grundlage. Die Erfahrungen, die mit der im Jahre 19SS fertiggestellten Deutschen Einheitskurzschrist bis her gemacht worden sind, haben bereits jetzt den Beweis erbracht, daß sie sich an die Seite der besten der bestehenden Systeme stellen kann. Alle Systeme haben ihre Vorzüge und Mängel, es siegt in der Natur der Systemkonstruktlon, daß Vorzüge auf der einen Seite mit Mängeln an anderen Stellen erkauft werden müssen. Daher wird jedes der bestehenden Systeme, insbeson dere auch das System Stolze-Schrey, von den anderen Schulen scharf kritisiert, keines der bestehenden Systeme findet Gnade vor den Augen der anderen Schulen, nur das eigene System wird anerkannt. Die an der Einheitskurzschrist geübte Kritik beweist da nach nichts gegen ihre Brauchbarkeit. Symptomatisch für die Werte, die in der neuen Kurzschrift enthaften sin-, ist dagegen die Einmütigkeit, mit der sich alle deutschen Re gierungen zu diesem System bekannt haben. Hier ist ins besondere die bayerische Regierung zu nennen, die seit 60 Jah ren die Gabelsbergersche Kurzschrift in den Schulunterricht und in den amtlichen Verkehr eingesührt hat und daher über große Erfahrungen auf stenographischem Gebiete verfügt. Bayern hat bereits auf Grund des Urteils seiner zahlreichen amtlichen Sach- verständigen das Gabelsbergersche System aufgegeben und sich völlig auf die Einheitskurzschrist umgestellt. Ich füge ferner aus dem reichen mir ständig zufließenden Material über den Wert der Einheitskurzschrist eine Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main-Hanau,") der sich die hessischen Handelskammern angeschlossen haben, und einen amt lichen Bericht über die Kurzschriftkurse im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht bei. Eine Aenderuna und Verbesserung der Eknheltskurzschrift liegt zur Zeit außerhalb des Bereichs der Möglichkeit, da sonst die mühsam zustande gebrachte Einmütigkeit des Reiches und der Länder wieder in Frage gestellt würde, eine solche auf frei- williger Entschließung beruhende Einmütigkeit aber die Vor aussetzung für eine Einheitskurzschrist ist. Kein anderes Sy stem würde die ungeteilte Zustimmung aller deutschen Landes regierungen finden Die Folge einer Aufgabe dieser Einheit wäre, daß das amtliche und außeramtliche Deutschland In zwei kurzschriftlich sich befehdende Lager zerfallen würde. Auf der einen Seite würde die Reichsbahnverwaltung mit ihrem Heer von Beamten, ferner Bayern. Sachsen. Oldenburg, Braunschweig und die große Schule Gabelsberger, auf der anderen Seite Preu ßen und die große Schule Stolze-Schrey stehen Die anderen Länder und Reichsbehörden würden sich für eines der beiden Sy steme entscheiden müssen, eine stenographische Mainlinie würde errichtet werden, der Systemkampf, der bisher nur Sache von privaten Verbänden gewesen ist, würde in den amtlichen Der- kehr eindringen. Zum Beispiel würde ein auf einer preußischen Schule unterrichteter Schüler beim Eintritt in die Reichsbahn um- lernen müssen. Welche Auswirkungen ein solcher Systemkamps auf die Wirtschaft haben müßte, kann Ihrem eigenen Urteil überlassen werden. An der Hand dieses Materials bitte ich, die Frage der Deutschen Einheitskurzschrist einer sachlichen, durch Kritik der Stenographen unvoreingenommenen Prüfung zu unterziehen und zu der Frage Stellung zu nehmen, in welchem Ausmaße die deut sche Wirtschaft ein Interesse an der Einheitlichkeit auf kurz schriftlichem Gebiet hat und daher veranlaßt werden muß, dem Beispiel der Regierungen zu folgen und der Deutschen Einheits- Kurzschrift zur allgemeinen Anerkennung zu verhelfen. *) Abgedruckt auf Seite 47 der „Relchskurzschrift". In der Aussprache ließ Fritz Gewiß sich aber keineswegs dazu bewegen, in Erna eine Ausnahme zu sehen, und da er ihre Treue keineswegs außer allem Zweifel stellen wollte, erregte sich Anna wieder so, daß sie ihn hochmütig bat, -och, mit Erna die Probe zu machen. „Also, darauf soll es hinaus." dachte er. schüttelte den Koos, und als kluger Mann bat er sie, davon abzusehen. Er möchte nicht, -aß ihr als seiner Braut in irgendeiner Weis« Unrecht ge schähe. Doch das stichelte sie nur noch mehr auf und sie ließ nicht nach. Er sagte wiederholt: „Man tut nicht alles, was man wünscht. Man darf sich an nichts offen und ganz hingeben, es zerstört das Glück." Das wiederholt« er ernstlich und 'chon mit einer gewissen Unruhe im Herzen. Es half ihm nichts. Er muht« ihr versprechen, sie als heimliche Zeugin einzuladen, wenn er ihrer Freundin zum Spaß (so wurde es abgemacht) einen Kuß raube sso wurde ebenfalls ab^macht). Doch selbst nicht mal zum Spaß und in der Form des Raubes würde sich Erna einen Kuß nehmen lassen, so behauptet« sie mit der Heftigkeit jener, die wetten. Gleich hinterher tat ihr das alles zivar schon leid, aber aus Trotz beharrte sie darauf, das Ende abzuwarten. .Sritz würde, wenn ich ihn nicht gewähren ließ«, erst recht von der weiblichen Haltlosigkeit sprechen und unerträglich überlegen tun" dachte sie. Plötzlich beobachtete Anna Wunderlich einen größeren Ernst zwischen ihrem Bräutigam und Erna: es ivar so. als ob sie im Beisammensein verlegen würden und sich anderswohin wünschten. „Aha, sie hat ihn abgeblitzt", dachte Anna, sucht« und sand eine Gelegenheit, Fritz foppig zu fragen, wie es denn nun eigent lich -mit seiner Ansicht über die Frauentreue stünde. „Du hast gesiegt," erklärte er fast niedergeschlagen. All« Heiterkeit schien von ihm gewichen. Da dies andauerte, erfaßte Anna «ine neue, ganz seltsam«, ganz gefährliche Unruhe. Wie getrieben von einem teuslichen Geist, begann sie, um ihren Bräutigam herumzuspähen. Und wenn sich ein« Frau etivas mit dem Herzen vornimmt, findet sie auch erfolgreiche Mit tel. Mit tödlicher Sicherheit kam Anna Wunderlich eines Tages dahin, wo ihr Kreuzweg war. Im Theater geschah es. -atz sie ihren Bräutigam mit Erna überraschte. Tief verhüllte sie sich in ihren Pelz, schlüpfte an den Verrätern vorbei und hört«, wie si« sich duzten. Es gab keine Aussprache mehr. Ganz still, ganz demütig löst« Anna Wunderlich die Verlobung. Man soll in Liebesdingen so handeln, daß niemand erfährt, wie man es meint, sagt« si« init stolzem Spott zu dem bestürzten Fritz Gewiß. Doch es kostet« ihr schlaflos« Nächte. Fritz Gewiß verlobte sich bald mit Erna Stark. Nur schien von den beiden Erna jetzt die zu sein, die stets Appetit erregte und nie di« Sattheit bewirkte. Fritz Gewiß war aber zu klug, um seinerseits ihr Geheimnis enthüllen zu wollen.
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