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Sonntag, den 17. Mai 102S Rr. 113. Seite » Auch diese Rede wurde mit Beifall quittiert. Die Reden nnren umrahmt von Darbietungen des Kreuzschulchors. Nach- : n der Präsident Stadtrat Dc. Krüger die Ausstellung sür eröffnet erklär« lpltc, trat man einen Rundgang an. In dem Repräsenlcttionsraum des Handwerkes am Kan delaberplatz halten Vertretungen der Dresdner Handwerker-In nungen mit ihren Jahnen Aufstellung genoimnen. Mit einem mannhaften Prolog „Hand ans Werk" wurden die Ehrengäste begrüßt, worin der Wille des Handwerks zum Ausdruck kam, das deutsche Wesen aus eigenem handwerklichen Schaffen neu zu be leben: „Ein ganzes tritt des Landes Handiverk vor Euch hin, Des Wirkens froh, bereit zu neuen Taten!" Obermeister Kuntzsch richtete an die Gäste ehrende Worte der Begrüßung, die insbesondere den Vertretern der Reichs-, S:.'.ats- und städtischen Behörden galten. Die Hand ans Werk, so führte der Obermeister aus, war der Wahlsgruch des Hand werks. als es galt, sich an dieser Ausstellung zu beteiligen. Dank t> » Innungen und Obermeistern, der sächsiscl>en Regierung und dcr Stadt Dresden. Dank allen denen, die die künstlerische Zusammenfassung der einzelnen Glieder des -Handwerks schufen. Die Hand ans Werk mag der Erfolg der Ausstellung sein. Die Hebung des Wohnungsbaues ist von so hoher wirtschaftlicher Be deutung, daß die Zusammenfassung aller Kräfte nach dieser Rich tung unbedingt notwendig ist. In diesem Sinne bitte ich Sie, die Ausstellung des Handwerkes hinzunehmen. Nachdem Syndikus Weber noch einige Erläuterungen ge geben hatte, wurde der Rundgang fortgesetzt. Kill MilWg bilttli Sie MW« Die Veränderung im äußeren Bild der Ausstellung ist dieses Jahr abgesehen von einer ganzen An,zahl von Siedlungshäusern, die in zwei Kolonien aufgebaut sind, eine derartig große, daß man darin allein schon ein Symptom für die veränderten Zeit- uwstände erblicken darf. Fielen die ersten beiden Ausstellungen der Iahresfchau in die Zeiten der bösesten Inflation, so hatte die dritte vorjährige Textilausstellung mit allen Schwierigkeiten der Stabilisierungskrise zu Kämpfen. Ihre Eröffnung fiel in die Zeit der größten Kapitalknappheit und der schärfsten Restriktions maßnahmen der Neichsbank. Wenn man von dem bedeutsamen Wandel auf wirtschaftlichem Gebiete, der sich seitdem völligen IM, nichts wahrhaben wollte, der neue Echafsensgeist dieser Aus stellung „Wohnung und Siedlung" allein müßte das Urteil revi dieren. Der äußere Eindruck auf den ersten Blick ist der, daß man aus den vorsichtigen Tastversuchen der letzten Jahre heraus ist. Ueberall gewahrt man es. von seiten der Ausstellungslci- tung. wie von seiten der Aussteller, sowie der Förderer, daß die alte Großzügigkeit, der wirtschaftliche Wagemut und der große Säjaffensdrang wieder erwacht, jene deutschen Wirtschaftstuaen- den, die der schwere Druck dcr letzten Jahre nicht mehr voll zur Entfaltung kommen ließ. Man gewinnt die Hoffnung, daß die diesjährige Iahresfchau am Beginn einer Aera neuen wirtschaft lichen Aufstieges unseres Volkes steht. Ueber die grundlegende Nsnausteiluug des Ausstellunzs geländes, die zugleich für die Weiterentwicklung der kommenden Jahre bestimmend sein soll, haben wir in einer Vorschau bereits berichtet. Nachdem nun das Modell der Wirklichkeit Platz gemacht hat, läßt sich das vorweggeuommsne Urteil nur bestätige», daß d.c Neugliederung der Ausstellung einen großen Gewinn bedeutet. Tos gilt besonders sür den Südtcil des Ansstellungsgeländes. Ter früher abseits stehende Kandelaberplatz erscheint plötzlich fein in den Gesamtrahmen dcr Ausstellung eingegllsdert. Auf drei Seiten wird ec von geichmackvolle», in einfachen aber nmso wirkunsvollere» Linien gehaltenen Ansstellungsgebäuden umschlos sen. Hier hat das Handwerk seine Heimstatt, eine modern?, Fortcntwicklnng mittel-iliersichen Handwerkssleißes und Handwerk- stolzes, um einen sreundl'chen „Marktplatz" gruppiert. Auch ein Zeichen dafür, daß das Handwerk sich immer mehr darauf besinnt, daß es mit der Zeit fort muß, zu neuen Formen und Wertem, ohne zu vergessen, daß es seine bcst-'n Kräfte ans semcr großen Vergangenheit schöpfen muß. Handwerker- und Jnnnngsseste 'n diesem Rahmm müßten der Ausstellung alle Ehre mache». Die Ansstellungsräume selbst gruppieren sich »m einen Repräsen - tationsranm des Handwerks >n der Südachie des Platzes, dessen ganze Räumlichkeiten unter der künstlerischen Oberleitung von Professor Tr. Schubert entstanden sind. - Räumlich von diesem Platze getrennt, aber harnionisch in oie ver längerte Achse der von der Lennestraße parallel der Stübelallee führenden Allee gruppiert, steht das H ans des Handwerk s, wo man Gelegenheit habe» wird, in praktisch schönen offenen Werk stätten die Arbeit verschiedener Handwerksbernfe zu verfolge». Eine Handwerksgaststube ladet hier z„in Verweilen ein. Tein gegenüber nehmen die großen Hallen an der Stübelallee den industriellen Teil der Ausstellung auf. Dem Be sucher bietet sich hier ein tiefer Einblick in das gesamte Werden des Wohnungsbaues. Baumaschinen, Baugsräte,' Baustoffe und Er satzstoffe, technische und hygienisch: Einzelheiten, Beleuchtung Ent lüftung, Beheizung und Innenausstattung der verschiedenstell Art iverden hier gezeigt, unendlich viele Einzelheiten, auf die emzu- gehen hier ein Ding der Unmügliickkeit ist, die bis ins kleinste c.n Ort und Stelle studiert sein wollen. Das gilt in Sonderheit auch von den schon rein äußerlich schmuck ln die Angen sollenden Wohn- und Siedlungshäuser», die in ihrem Innern dem Besucher alle Geheimnisse preisgebe» iverden. Osstlich an den Kandelaberplatz schließt sich endlich das neue V e r g n ü g u n g s e ck an, ebenfalls ein in sich abgeschlossenes Viereck, das in majestätischer Wucht von dem neuen „O ber - bayern" bestimmt wird. Hier ist ein räumlich außerordentlich wirkungsvoller Raum von respektablen Ausmaßen geschaffen wor den, von dessen Himmel in taus-ud Wimpeln die blau-weißen Farben grüßen. Daneben sind oie bisherigen großen Vergnü gungsstätten in neuer räumlicher Anordnung wiedergekehrt: der Tanzpalast „Libelle", das Cafee „Guck" u. a., so daß auch dieser Teil der Ausstellung zur weiteren Vertiefung in das Wohnungs problem Gelegenheit bieten wird. Solange die Polizeistunde noch besteht, wird die Polizei Mühe haben, manchen Gästen die traut? Gastlichkeit dieser Gegend auszureden. Alles in allein, schon das erste Urteil über die doch noch rüstig sich entwickelnde und schmückende Ausstellung darf eine voll- An erkennung sein. Man wird nicht erwarten dürfe», daß diese Jahrcsschan das Thema „Wohnung und Siedlung" auch nur einigermaßen restlos erschöpft, weil das rin Ding der Unmöglich keit wäre Das Targebotene ist von so großem Umfang, solcher Wichtigkeit und so allgemeinem Interesse, und vermittelt einen ,o tiefen Eindruck in die wirtschaftliche, technische und ethisch- moralische Srilc des Wohnungsproblems, daß die Ausstellung ohne allen Zweifel des allgemeinsten Interesses aller Schichten ver sichert fei» darf. Neben wirtschaftlicher Förderung wird sie dazu berufen sein, die Aufmerksamkeit unlereS Volles auf di- Woh nungsfrage zu koiiientrierc» und durch tieferes Versehen auch die praktisch« Seite dieses unseres Lebensproblems immer mehr zu fördern. M- D. Me MW W M Moskau. 18. Mai. Tschitscherin erklärte in der gestri gen Sitzung des Bundeskongresses der Soivjets, die deutsche Regierung habe wohl die äußerste Abneigung dagegen, auf «die freundschaftlichen Beziehungen zur Sowjetregierung zu ver zichten. Wenn aber die Garantiepaktpolitik oerwirk- lichl würde und Dcutschland dem Völkerbund beitreten sollte, würde die deutsche Regierung nolens volens in eine Lage kommen, die eine Fortsetzung der bisherigen Beziehungen zur Sowjet union, wie sie sich jahrelang entwickelt hätten, wenigstens in gleichem Maße kaum ermöglichen würde. Viel hänge ab von den wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Länder und von dem künftigen Handelsvertrag, der einen bedeutenden Einfluß auf die Regelung der politischen Beziehungen haben werde. London. 16. Mai. Der britische Minister des Innern John Hick; sagte in einer Rede in der Queeilshall: Wir sind willens, andere Länder leben zu lassen, werden ihnen jedoch nicht gestat ten, sich in unsere Dersassung einzumischen. Wir sind gezwungen, die von Moskau kontrollierte kommunistische Bewegung in Rech nung zu ziehen und werden uns mit Befugnissen sür ihre wirk same Verhinderung ausrüsten. Mr wollen das Land nicht in eine kommunistische Republik ausarten lassen. Wir müssen Zusehen, daß die notwendigen Schritte unternommen werden, um dieser großen Drohung vom Osten zu begegnen. 3«k MW» lWtiWkirr Berlin, 16. Mai. Der Reichspräsident hat an den Ober bürgermeister der Stadt Köln folgendes Telegramm gerichtet: Der Stadt Köln wie dem gesamten Rheinland entbiete ich am heutigen Tage der Erösfnung der Iahrtausendansstellung der Rheinlande meine herzlichsten Grüße und meine besten Wünsche. Diese Ausstellung soll im geschichtlichen Rückblick zeigen, wie die Lande am Rhein durch gemeinsame Sprache, Geschichte, Kultur und Wirtschaft mit dem großen deutschen Vaterlande unlösbar verbunden sind. Mit welcher Treue auch in der Gegenwart die Bewohner dieses Landes für die Heimat und zum Reiche stehen, haben die Ereignisse der letzten Jahre der ganzen Welt mit aller Deutlichkeit gezeigt. Daß die Gebiete am Rhein bald wieder in voller Freiheit mit dem gesamten Vaterlande vereint sein mö gen, ist unser aller sehnlichster Wunsch und unser unermüdliches Streben, v. Hindenburg. Reichspräsident. Berlin, 16. Mai. Gestern abend 10,08 Uhr sind der Reichs kanzler, der Außenminister, der Minister für die besetzten Gebiete, der boyrisck>e Ministerpräsident, der bayrische Gesandte in Ber lin, der bayrische Staatspräsident und der Pressechef der Reichs regierung. Ministerialdirektor Dr. Kiep. zur Eröffnung der Iahr- tausendfeier von hier nach Köln abgereist. Am 18. Mai feiert die Stadt Kainenz ihr Volljähriges Be stehen. Vor 700 Jahren ist nachweisbar auf dem Schloßberg die Burg der Herren von Kamenz sertiggestcllt worden, von diesem Zeitpunkt an wird das Bestehen der Stadt datiert. Die Stadt, die sich neben der Burg gebildet hatte, muß sehr rasch gewachsen sein, denn schon vor der Hussitenzeit hatten die Städter ihre Burgherren vertriebe». I» den Hussitenkriegen wurde di- Burg dann vollständig zerstört. In dieser Zeit war Kamenz eine der be deutendere» Orte im Lausitzer Sechs-Städte-Bund. Tie Kamenzer Wollinärkte wurden damals gut besucht. Dieser wirtschaftliche Wohlstand der Stadt führte dann freilich zu harten Kämpfen zwischen dem Rate und den Innungen. Heute hat Kamenz nicht mehr die überragende Bedeutung wie einst. Der Eisenbahverlchr, für den Kamenz kein Knotenpunkt ist, wies den Handel in andere Richtungen. Die Stadt ist nicht über die Grenze der alten Stadtmauer hinausgewachsen. Ggrabe deshalb hat Kamenz etwas von dem Reiz, der über so manchen verträumten alten Städten wie Rothenburg und Nördlingen liegt. -- Neben der Burg ist wohl die Marienkirche das älteste Gebäude der Stadt. Sie birgt Altäre in spätgotischem Stil, Ge mälde des Kamenzer Meisters Andreas Drescher, und manch an deres sehenswertes Stück. Manch einer wird in diese,» Tagen der Jahrhundertfeier die Stätte cinssnchen, wo Gotthold Ephraim Lissing als Sohn des Kamenzer Hanptpfarrers ausgewachsen ist. Sein Vaterhaus, das alte Pfarrhaus, ist freilich 1812 abge brannt. Nur das einstige Pfacrgärtlein ist noch erhalten. — Noch manches andere schöne alte Gebäude birgt die Stadt am Hutberge. Wer Kamenz noch nicht kennt, sollte wirklich die Gelegenyeil benutzen, bei der 700-Iahr^Fcicr den alten Mittelpunkt der Nordwestlanjitz im Fcstschmnck prangen zu sehen. Das Gutachten der Aerzte Das Gutachten der Aerzte Dr. Straßmann, Dr. Kip per und Dr. Stürmer in der Todesermittlungssache Dr. Hösle liegt jetzt im Wortlaut vor. Der Grundgedanke ist kurz folgender: Die Aerzte wollen von vornherein zir der Annkkme geführt worden sein, daß es sich um eine Vergif tung durch narkotische Mittel handle. Diese An nahme sei durch die Untersuchung der Leiche bestätigt worden. Sie weisen zur weiteren Bekräftigung ihrer Behauptung aus den T a b l e t t e n s u n d in Höfles Zelle hin, lassen es aber gleichzeitig dahingestellt, wie diese Tabletten hineingekommen sind. Es heißt dann weiter: „Es muß angenommen werden, daß Höste im Verlauf des 18. April Luminal und Pautopon in größeren Mengen zu sich genommen hat, und daß darauf die alsdann einsetzende schwere, zum Tode führende Vergiftung zurückzuführen ist. Mit Rück- sicht auf die offenbar genommene große Menge scheint uns keine andere Erklärung denkbar, als daß er in der offenbaren Absicht, sich das Leben zu nehmen, das Gift sich eingesührt hat. Die langdauernde bei ihm beobachtete seelische Depression macht eine solche Handlung psychologisch durchaus verständlich, selbst wenn sie seiner Denkweise und seiner religiösen Anschau ung in gesunden Tagen widersprach. Wir müssen unser Gutachten dahin abgeben, daß der ver» storbene Dr. Höste seinen Tod durch Einnehmen größerer Men gen von Luminal und Pantopon gesunden hat, und daß unserer Ueberzeugung nach diese Einnahme in selbstmörderischer Absicht geschehen ist. * Was die Objektivität dieser Gutachten anbelangt, so be schränken wir uns vorläufig darauf, auf folgendes hinzuweisen: Die Unterzeichneten, Professor Dr. Straßmann und Medizinalrat Dr. Stürmer haben ln dem von ihnen seinerzeit Unterzeichneten Obduktionsprotokoll angegeben, daß Höfles Leiche In gutem Ernährungszustand ge wesen sei, trotzdem sest steht, daß ein geradezu ungeheurer M FW -er MlllMole London, 16. Mai. Wie Reuter erfährt, wir- die Note de« Alliierten an Deutschland über die Abrüstung eine Tabelle der technischen Verfehlungen enthalten, -er ein erklärendes Schrei ben beigefügt wir-. Das erste Schriftstück wird eine einfach« Auszählung -er Tatsachen enthalten und gänzlich frei von Kom mentaren sein. Es wird durch den Bericht des Versailler Komi- tccs begründet und klare Angaben darüber enthalten, was von Deutschland in der Abrüstnngsangelegenheit zu tun sei. Eine Uebereinstimmung sei in dieser Angelegenheit bereits erreicht. Es sei deine Schwierigkeit entstanden. Aber es werde wahrscheinlich notwendig sein, dieses rein technische Do kument an die Versailler Sachverständigenkommission zurückzu- verweisen. Es bestehe kein Grund zur Annahme, daß alles die ses nicht im Laufe der nächsten Woche geschehen könne und daß die Note der Alliierten innerhalb dieses Zeitraumes in Berlin überreicht und veröffentlicht werden könne. In der Zwischenzeit müsse ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Ent würfen des Begleitschreibens gefunden werden, die bereits in den allgemeinen Richtlinien miteinander übereinstimmten. Mitbezug auf die französische Note über den deut schen Sicherheitspaktvorschlag werde in gewissen Kreisen ange nommen, daß Frankreich den Eintritt Deutschlands in den Völ kerbund für wesentlich halte. Es wünsche aber nicht, daß ein Teil des Vertrages von Versailles gestärkt werde, wodurch mög licherweise die Schwächung eines anderen Teiles hervorgerufen werten könne. AMMS MI« Paris, 16. Mai. Der amerikanische Botschafter HerrIcK l>at nacheinander Painleve, Briand und Call faux be- sucht und ihnen nach Weisungen aus Washington Vorschläge ge macht, die als Grundlage für die wetteren Verhandlungen in der Schuldenfrage dienen sollen. Wie von unterrichteter Seite ver- lautet, sind die amerikanischen Vorschläge vom Ministerrat nach längerer Aussprache einstimmig angenommen worden. Gleich zeitig beschäftigen sich Briand und Caillaux mit der Frage der Rückzahlung der französischen Schulden an England. Wie der Korrespondent des „Daily Telegraph" aus Neu- york berichtet, hegt man in Washington Besorgnis wegen der .Haltung, die England annehmen wird, falls Frankreich bei der Schuldenregelung um eine Ermäßigung der Zinsrate bitten sollte. Einige amerikanische Kreise begünstigen eine liberale Behand lung der Schuldensrage. Wenn Großbritannien protestiere, so solle man daran erinnern, daß Lord Curzon gesagt habe, durch die Regelung der englisch-amerikanischen Schulden frage habe England 30 Prozent vom vollen Wert der Schulden gespart; des. halb könnten die Vereinigten Staaten, ohne Schwierigkeiten für England befürchten zu müssen, Frankreich einen Nachlaß von 1 Milliarde Dollar gewähren. Körperzerfall vorhanden war, der so weit ging, daß kein Arzt auch nur von einem annähernd genügenden Ernährungszu stand hätte sprechen können. Das vorliegende Gutachten nun stützt sich ganz besonders auf den Eingangssatz, daß die beobachtenden Aerzte von vorn herein durch die Krankheitserscheinungen zu der Annahme ge bracht worden seien, daß es sich um eine Vergiftung durch nar kotische Mittel handelt. Demgegenüber steht die Tatsache, daß der der in erster Linie beobachtende und behandelnde Arzt Dr. Thiele vor dem Untersuchungsausschuß gesagt hat, daß er bis zum letzten Tage die vorhandene Erkrankung für einen Zu sammenbruch des ganzen Organismus aufgesaßt hat, und er erklärte ausdrücklich auf Befragen durch das Aus- schußmitglied Dr. Wester, daß er nicht wisse, wie die das Gutachten unterzeichnenden Obduzenten das in Frage stehende Gutachten mit einer derartigen Behauptung eröffnen könnten. Auch die Annahme in dem Gutachten, daß die Tabletten bei der Ueberführung Höfles ins Hedwigs-Krankenhaus gefunden ivor- den seien, ist objektiv unwahr. Wenn das Gutachten dann zu dem Ergebnis kommt, daß es sich um eine beabsichtigte Vergiftung, also um Selbst mord, handle, so wollen wir in aller Objektivität daraus die Frage stellen: Wie können Obduzenten, also Leute, die sich mit der Untersuchung der Leiche befassen und die Handlungsweise des lebenden Kranken zu beobachten überhaupt keine Gelegenheit hatten (Dr. Stürmer hätte Gelegenheit ge habt, aber er versäumte seine ärztliche Berufspslicht anstatt dem todkranken Höfte zu helfen), wie können diese Obduzenten von einer selbstmörderischen Absicht sprechen. Sie können im Höchstfälle feststellen, daß es sich um eine Ver giftung schlechthin handele. Um welche Art von Vergiftung es sich handelt, das festzustellen, aber wäre, wie die Dinge bei Höfle liege», bereits Sache des Staatsanwaltes. Dieser hätte festzustellen, ob es sich um eine fahrlässige oder ab sichtliche Vergiftung von dritter Seite handelt. Eine absichtliche Selbstvergiftung ist bei Höfle nach den eingehendsten Vernehmungen im Untersuchungsausschuß als völlig unwahr erwiesen worden. Wir wollen aber noch einen äußersten Fall einmal annehmen, nämlich, daß Höfle in krankhaftem Geisteszustand die zur Vergiftung füh rende» Tabletten genommen habe. Wo liegt aber dann die Schuld? Kann man dann von Selbstmord reden? Mörder sind in diesem Falle allerdings diejenigen, die Hösle in seinen umnach- teten Zustand Hineintrieben. Es wäre an der Zeit, daß man diese Aerzte, die nicht einmal bei der Absassung von Gut achten sich ihre Objektivität wahren können und in zynischer, tendenziöser Art aus den leblosen Körperteilen eines Toten die lebende geistige Absicht konstruieren und Nachweisen wollen — daß man diese Aerzte möglichst bald etwas „eingehender" mit den Moabiter Verhältnissen „vertraut machte". Zu mal sich unter ihnen auch der Dr. Stürmer befindet, der Mann, der den Pfleger Pfahl, als dieser ihm den überaus ernsten Zustand Höfles meldete, mit den Worten abtat: „Ach, ich habe ihn untersucht, es liegt nichts besonderes vor." Dazu liegt nach Aussage der Pfleger der begründete Verdacht vor. daß überhaupt niemals eine ärztliche Untersuchung Höftes stattgefunden hat. sondern daß in der oberflächlichsten Weise der Arzt sein Hörrohr ansetzte und sich Im selben Augenblick schon wieder entfernte. Es ist in der Tat schon mehr als ein Skandal, wenn man solche Aerzte noch Gutachten abfassen läßt. Letzten Endes soft wohl dieses Gutachten noch dazu dienen, den Kol legen Dr. Thiele seiner so schweren Berufsvergehen zu ent lasten. Es ist Zeit, daß endlich einmal mit gewissen Intriganten aufgeräumt wird. Warum läßt man sich an berufener Stelle diese tagelange „Komödie" auffijhren? Wir werden auf den Fall Höfle noch näher zurückkommen. Weklerberlchl -er Dres-ner WeNerwarle Wltterungsaussichten für den 16. Mai abends bis 17. Ma-, abends: Oertlich Gewitterneigung, sonst ab-r vorwiegend heiter und warm, schwache Lustbewcgung vorwiegend aus östlicher Rich tung. 70V Jahre Sladi Kamenz