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Sächsische Volkszeitung : 23.05.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192505233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250523
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250523
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-05
- Tag 1925-05-23
-
Monat
1925-05
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.05.1925
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Im weiteren Verlauf der Verhandlungen des Hösle-Au.-- schusses wurde der Gefängnisarzt Dr. Thiele erneut vernommen Der Sachverständige Professor Dr. Lewin fragt, ob sich der Zeuge vergewissert habe, ob bei den verordneten Gist- j offen auch die M a x i in a l g r e n z e eingehalten worden sei. Dr. Thiele erklärt, er habe die Pfleger wiederholt dazu er mahnt (!) und er nimmt an (!>, daß die Pfleger das auch taten Dr. Lewin fragt, ob die Harnunlersuchnngen von Dr. Höfle von ihm vorgenommen worden seien, da das doch so sehr wichtig gewesen wäre, um rechtzeitig die wahre Erkrankung zu erkennen. Der Zeuge verneint die Harnuntersuchung und schildert dann, wie das Krankenblatt zustandekam DiePflc - ger hätten dasselbe geschrieben Auf die Frage, ob er jeden Tag das Krankenblatt gelesen habe, sagte er, e r habe nur Stichproben gemacht. Vom Sachverständigen aus die Lücken im Krankenblatt aufmerksam gemacht, weist der Zeuge diese nur damit zu erklären, dast an Sonn- und Feier tage» keine Eintragungen gemacht wurden. Der Sachverständige hält dem Zeugen vor. er habe sich einem Arzte gegenüber ausgedrückt, er halte Dr. Hösle für einen Simulanten. Der Zeuge leugnet das ab. (Der Sachver ständige teilt dem Vorsitzenden den Namen des betrcssenden Arztes mit.) Nun kommt der S a ch v e r stä n d i g e zur Frage der V e r- giftung durch Narkotika. Es fällt ihm auf, dast im Gutachten steht, dast die Aerzte von vornherein eine Vergiftung angenommen haben. In dem Falle hätten doch sosort Gegen mast regeln getroffen werden müssen. Dr. Thiele erklärt, dieser Ausdruck beruhe auf einem Mistverständ- nis. Er, der Zeuge, wäre von vornherein immer im Zweifel gewesen Er hätte nachträglich c r st die Sicher heit gewonnen. Der Sachverständige hält ihm vor, dast er dann auch keine Selbstvergiftung hätte annehmen dürfen. Für ihn. den Sachverständigen, sei es sicher, dast Dr. Hösle schon am 17. April ein verlorener Mann war, weil er angab, nicht mehr lesen zu können. Der Sachverständige ver misst dabei die Angabe des P u p i l l e n d u r ch- Messers, weil sie so austerordentlich wichtig sei zur Erken nung des Krankheitsbildes. Es werde angegeben, der Puls sei am Sonnabend beschleunigt gewesen. Das widerspreche einer Morphiumvergistung. Dr. Thiele gibt darüber keine Aus kunft. Dr. Lewin fragt, warum am 18. April keineGegen- matznahmen gegen Morphiumvergiftung getrof fen worden seien, zumal er, Dr. Thiele, eine Vergiftung annahm. Dr. Thiele erklärt, dast er das habe nicht tun können wegen der Bewusttlosigkeit des Dr. Höfle. Der Sachverständige erklärt, dast er aus dem Obduktionsgutachten ersehe, dast im Magen eine schwärzliche Masse gefunden worden sei. Es müsse ein Grund dafür vorhanden sein, weshalb zwei Aerzte keine Gegeu- mastnahmen getroffen hätten. Das sei ihm ein großes Rätsel. Für ihn, den Sachverständigen, gäbe es mehere Mög lichkeiten: Bemühter Selbstmord, unbewusster Selbstmord, fahr lässige Tötung oder ein viertes — Der Sachverständige s p r i ch t d a s W o r t n i ch t a u s. Sodann beginnt Professor Mogln die Fragestellung. Aus die Frage, an welche Gifte der Zeuge gedacht habe, gibt er eine allgemeine, ausweichende Antwort. Es sei möglich, nach Angabe eines Gefangenen, dast ein Wachtmeister solche Gifte dem Ge fangenen gegeben habe. Der Sachverständige Moglu ver zichtet auf weitere Fragen. Der Vorsitzende fragt die Sachverständigen, ob sie Wert darauf legten, diesen Wachtmeister ausfindig zg machen. Pro fessor Moglu bejaht dies. Professor Lewin äußert sich dazu nicht. Dr.Thiele gibt dann an, dast auch bei einem «irdcren Ge fangenen in den letzten Wochen narkotische Tabletten gefunden worden seien und zwar nach dem Ableben Dr. Höfles. Aus die Frage des Vorsitzenden gibt der Zeuge weiter an, dast Dr. Höfle vom 15. April ab auffällige Veränderungen gezeigt habe. Der Vorsitzende stellt fest, dast über das Verhalten Dr. Höfles zwischen den anderen Zeugenaussagen und denen Dr. Thieles ein starker Widerspruch bestehe. Abg. Kuttner sSoz.) erkundigt sich, wie es komme, dast i» den letzten sechs Tagen alle anderen Zeugen eine starke Nerschlechterung im Befinden Dr. Höfles bemerkt haben, während der Zeuge das nicht bemerkt haben will und das sogar in einem amtlichen Gutachten festgelegt habe, das für den Untersuchungsrichter bestimmt war. Der Zeuge will cs damit erklären, daß nur die Frage des Fluchtverdachtes an ihn gerichtet worden sei, worauf ihm Abg. Kuttner entgcgcn- hält, wie denn Dr. Hösle in einem solchen Zustande j h a b e s l i e h e n k ö n n e n. Der Zeuge erklärt schliehlich, dast ihm im Justizministerium von Oberjustizrat Lembkr und im Wohlfahrtsministerium am 18. April von Geheimrat Krohne gesagt worden sei, er sei ein guter Arzt, aber ein schlechter Ge fängnisarzt. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde dann der Haus arzt Höfles Dr. Staudacher vernommen. Ueber die Obduktion äuhert der Zeuge sich, daß man keine bestimmte Todesursache gesunden habe. Die Gerichts ärzte hätten eine Vergiftung sosort angenommen, s!) Darauf habe er ihnen erklärt, daß dann Dr. Höfle nicht richtig behandelt worden sei. Dr. Wester <Ztr.) fragt, ob der Zeuge allein Dr. Hösle habe untersuchen können. Er verneint das Bei der Obduktion habe er die Leiche Dr. Höfles auf 65 Kilogramm geschätzt. Er hält die ärztliche Behandlung Dr. Höfles für unzureichend. Auch Gerichtsarzt Dr. Strastmann wird als Zeuge und Sachverständiger vereidigt. Er war als Stellvertreter Dr. Thie- lcs im Gesängnislazarett zeitweise tätig. Wegen des Herz leidens habe er Dr. Höfle Bettruhe verordnet und ihm mehrere Male Strofanti verschrieben. Dr. Hösle habe schon anfangs einen psychisch schlechten Eindruck gemacht. Er habe angeregt, dast der Hausarzt einmal zugezogen wurde. Vom 14. März ab habe er Dr. Hösle nicht mehr gesehen. Es sei ihm die Abmage rung ausgefallen. Er habe ihm dreimal Pantopon und Lumina! verordnet. Schon am 14. März habe er den Zustand für ernst, wenn auch nicht lebensgefährlich gehalten. Der Zeuge ist der Ansicht, dast nach Eintritt der Benommenheit am 14. April Dr. Höfle Hütte in die Charite überführt werden müssen. Dan» wird Dr. Stör m e r als Zeuge vernommen. Der Vor sitzende sragt, weshalb im Gutachten absichtlich Tötung angegeben sei, da doch nur objektive Vergiftung durch die Obduktion festgestelll werden könne. Oder ob das Gericht diese Frage gestellt habe. Der Zeuge antwortet, daß keine bestimmte Frage gestellt worden sei, daß es aber bei Gutachten in Berlin Sitte sei, auch alle Merkmale auszuzählen, die den Richter und die Oeffentlichkeit interessieren. Es sei deshalb die Frage gestellt worden, wer schuld an dieser Vergiftung sei. Da im Bett Dr. Höfles Tabletten gesunde» seien, habe man absichtliche Vergiftung angenommen. Seine Ueberzeugung sei, dast er im Zustande der Unzurechnungsfähigkeit das Gift zu sich genommen habe. Der Bor sitzen de fragt, ob der Zeuge an dieser Ansicht noch festhaltcn wolle, wenn er erfahre, das; Dr. Höfle in der letzte» Woche Sehstörungen gehabt habe. Zeuge gibt zu, dast er das erst jetzt erfahre, und dast Luminalvergiftung die Ursache der Sehsiörung.n gewesen sein müsse. Er selber habe das am eigenen Leibe erfahren. Er gebe zu, dast es unter diesen Umständen möglich sei, dast keine absichtliche Vergiftung vor liege. Er könne jetzt aber ein abschliessendes Urteil darüber »och nickt obgcben. Er bitte ihm das Material vorzulegcn, er wolle es dann prüfen, und dann ein endgültiges Urteil abgeben. Dr. Wester sragt, ob dem Zeugen bekannt war, dast im Kriege abgemagertc Irre plötzlich nach dem Genuß von Schlaf mitteln starben. Der Zeuge weist davon nichts, s!) Dr. Wester kann sich nicht erklären, warum der Zeuge im Obduk tionsgutachten Selbstvergiftung ohne Grund festgelegt habe. Dann kommt Dr. Wester auf das g e me i n s a m e Gut achten zu sprechen, das im Gegensatz zum Schlustgutachten die Lungen als krank und dunkel schildert. Der Zeuge weicht einer plausiblen Erklärung aus. Der angeführte Satz über die Lunge sei nicht von ihm Dr. Wester stellt fest, dast das von Prof. Kraust angesertigte Herzdiagramm nicht mehr vorhanden ist. Darauf erklärt der Zeuge, wenn er gewußt hätte, dast das Gutachten vor einem parlamentarischen Ausschuß erörtert würde, sie noch genauer untersucht hätten. (!!) Die Diskussion nimmt ziemlich scharfe Formen an. Das veranlaßt Dr. Wester, dem Zeugen gegenüber niit Schärfe fcstnistcllcn, dast in dem Gutachten eine ganze Menge wichtiger Momente fehlten. Dr. Wester fragte weiter, wie es möglich sei. daß Rechtsanwalt Dr. Alsberg zwei Tage nach dem Tode Höfles bei Staatsamvaltschaftsrat Peltzer gewesen sei, uni das Obduktionsgutachten einzusehen wegen der Lebensversiche rung. Peltzer habe darauf erklärt, er besitze das Gut achten noch nicht, aber Dr. Alsberg möge Frau Dr. Hösle nur sägen, die Versicherungsprämie bekäme sie nicht ausgezahlt. Peltzer m UssealsoschonvorBek an ntwerden des endgültigen Gutachtens das Resultat gekannt haben. Ob der Zeuge vielleicht davon Mitteilung gemacht habe. Er verneint dies. Im Laufe der weiteren Vernehmung gebraucht der Zeug» u. a. den Ausdruck, daß er die Einrichtungen des Gefängnis, lazaretts für mangelhaft halte. Dr Wester frag, ihn daraus, ob denn das Lazarett für einen so schweren Fall geeignet g«. wesen sei. Der Zeuge erwidert, nachträglich s!) habe er es auch für richtiger gehalten Hösle in die Charite zu bringen, aber ohne Genehmigung der Gerichtsbehörden wäre das nicht möglich gewesen. Der Zeuge wird vereidigt und entlassen Nächste Sitzung 9 Juni: Vernehmung der Aerzte de» Hedivigskrankenhauses. TagesneuiKkerten Der Nordpol erreich«? Amundsen mit seinem Flugzeug gestartet. Berlin, 22. Mai. Die „Voss. Zig." veröffentlicht eine Mel dung von Bord der „Vram" aus Kingsbay vom 26 d. M., wo nach Amundsen am Mittwoch zum Fluge nach Sem Nord pol gestartet sei. Die Journalisten seien ersucht worden, dies« Nachricht nicht zu verbreiten, bevor die Flugzeuge unterwegs seien. In der Meldung wird die Vermutung ausgesprochen, dast Amundsen und seine fünf Kameraden wahrscheinlich be reits am Nordpo! gelandet und dort mit Beobachtungen beschäftigt seien oder sich vielleicht sogar auf dem Rückfluge be fänden. Kesselexplosion aus einer Zeche Berlin, 22. Mai. Wie das „Berliner Tageblatt" aus Gelsenkirchen meldet, ereignete sich ein schwerer Unglücks. fall gestern morgen aus der Zechenanlage Wilhelm der Zech« Pluto. Eine auswärtige Firma führte an einem Teerkessel Reparaturen aus. Dabei explodierte der Kessel. Z w ei Arbei ter waren sosort tot, mehrere andere wurden verletzt. Vier schwere Aulounsättc München, 22. Mal. Ein schweres Autounglück ereignet, sich am Himmelfahrtslage am Hirschberg bei Weitste,!». Vor einem mit einer größeren Anzahl Münchener Ausflügler nacl Oberainmergau fahrenden Lastautos riß der Anhänger aus de, abschüssigen Straße durch einen Kettenbruch los, rannte an einen Baum und stürzte in den Straßengraben. Der Triebwagen fuhr weiter und raste auf der anderen Seite der Straste ebenfalls gegen einen Baum. Bon den Insassen erlitten ein zwölfjähriger Knabe einen Schädelbruch und war sofort tot. Zehn In sassen wurden teils schwer verletzt. Von dem Trieb wagen wurde außerdem ein Münchner Student, der aus einem Motorrad passierte, ersaßt und sosort getötet. Ein weiteres schweres Autounglück ereignete sich bei Schönböcken in der Nähe von Hamburg. Ein Hambur ger Auto kam nach Verlust eines Steuerbolzens ins Schleudern imd llberschlug sich. Der 16jährige Sohn des Führers wurde sofort getötet, von den übrigen Insasse» — Hamburger Aerz- ten mit Angehörigen — wurden zwei schwer und zwei leicht verletzt. Berlin, 22. Mai. Gestern früh stieß ein Motorrad, das mit übermäßiger Geschwindigkeit fuhr, in der Nürnberger Straste mit einer Kraftdroschke zusammen. Der Führer des Motorrades und sein Begleiter wurden auf das Strastenplaster geschleudert und trugen schwere Verletzungen davon, denen sie gestern abend im Krankenhause erlegen sind. Der Chauffeur der Kraft droschke kam mit leichten Verletzungen davon Die Schuld trifft die beiden Motorradfahrer. Annaberg I. E.. 22. Mai. Beim Passieren des Bahnüber gangs in der Gemeinde Schlema. wurde das Automobil des Kupserschmiedereibesitzers Neugebauer aus Annaberg von einem Güternig erfaßt und vollständig zertrümmert. Die Pressestelle der Neichsbahndircktion Dresden teilt zu dem Autounfall auf dem Bahnübergang zwischen Schlema und Buchholz mit: Am Dienstagabend fuhr ein mit fünf Personen besetzter Kraftwagen auf einen Gütcrzug auf. wobei der Kraftwagenführer Mar Hölke und der Kupfcrschmiedebesitzer Paul Neugebauer, beide aus Annaberg. getötet und der Gasthausbesiker Engelbrecht aus Wol lersdorf. dessen Ehefrau und Frau Barthel aus Buchholz verletzt wurden. Nach den bisherigen Ermittelungen dürfte der Kratt- wagenfiihrer die Schuld an dem Unglück tragen s- Di« Nevelutioiisseiertage uers-tiivinden. Der Anhalti- sche Landtag hat gemäß einem Antrag« der aus Teiiillh- nationnlen und Deutscher Volksportei gebildeten bürgerlii ben Arbeitsgemeinschaft mit den Stimmen der Demokraten und der Wirtschaftspartei gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten die Aufhebung des 1. Mai „nd 9 No vember als gesetzlicher Feiertag beschlossen. Fanstmiisik heeausschälen lalsen, in «ine raffinierte, geistreich«, schillernde Klangwelt versetzt. Aber mehr nicht. Auch beim Hörer arbeitet der Kopf, aber eisigkalt bleibt es ihm ums Herz. * Bleibt uns doch schon die Handlung' fremd. Sie hat mit Goethes „Faust" nur ein paar Vröckchen gemeinsam. Busoni greift zu dem alten Puppe,ispw-le. Darüber einige Wort«. Als „Prolog" spricht der Dichter vor dem Spiele von den drei „Teu- felsrittern". Das erste Porstgel bringt Faust in den Besitz des „Clavis Astartis Magica", das ihm drei infernal« Studenten überbringcu. Im zweiten Vorspiele gewinnt er von sieben Ge sandten der Hölle den Mephistopheles als Diener. D>«ier tötet als erstes Wert die Schergen, die an Fansts Türe donnern. b-e> erste Mord. Faust verschreibt sich ihm. Im Zwischenspiel läßt Mephistophiles den Bruder des von Faust verführten Mädchens durch Soldaten iin Münster uinbringen. Er ladet auf Faust einen zweiten Mord and Kirchenschäiidiing. Das erste V'ld des Haupt- st'ieles führt nach Parma. Mit Hilfe teuflischer Erscheinungen ent fährt Faust die Herzogin. Im zweiten Bilde erfährt -r im Kieste von Studenten i„ Wittenberg den Tod der Herzogin, »nd Mephistopheles bringt ihm das tote neugeborene Kind der Her zogin. Ter Teufel verwandelt es zum Strohbündel und weiht es den Flammen. Aus der Rauchsäule bildet sich Helena, die Faust er- greife,, will. Sie entschwindet, und die drei Studenten d«s ersten Vorspieles fordern von Faust das Buch zurück. Faust hat die Zanbergeräte vernichtet, sie verkünden ihm den Tod. Im letzten Bilde empfängt «r von einer Bettlerin — der tote» Herzogin -- noch einmal das neugeboren.' Kind. Er will in die Kirche, um zu beten. Ter tote Soldat wehrt ihm den Eintritt. Als der Spuk vergeht, kniet Faust vor dem Kruzifix. Dieses verwandelt sich ui Helena. Da naht d:r Teufel als Nachtwächter. Indem sich das tote Kind in -inen lebenden Jüngling verwandelt, stirbt Faust. Ter Teufel schleppt ihn fort. Das Stück gipfelt in den Sterbeworten Fansts: „An dieser hohen E'nskcht meiner Reife bricht sich nun euer« Bosheit, und in der mir errungenen Freiheit erlischt Gott und Teufel zugleich." Auch die Achtung ist reich an philosophischen Charakter,zügen!- Ob zum Nutzen oder zum Schaden? Ich überlasse es denen, die den „Doktor Faust" ansehen oder angesehen haben. Eins nur ist mir wesentlich, dast es dem Dichterkomponist nicht einmal ge lungen ist, Wort „nd Musik in Einklang zu bringen. Zu einer philosophierende» Haiidlniig eine pyilosophilche Musik, das ist schon richtig. Aber an dieser philosophierenden Charaktereigen schaft must der „Doktor Faust" erliegen. Ich glaube kaum, dast ans den, toten Neugeborenen ein lebender Jüngling wird, der init einem blühenden Zweige die Nacht durchschreitet. Ein Bühnen- werk, was leben will, darf nicht r„ Langeweile und Ermüdung versinken Fortsetzung folgt.! Wolfgang Schumann: Julia und der Teufel Uraufführung im Neustädter Schauspielhaus zu Dresden. Gerhart, «in Prcblematiker. Julia, seine Geliebte. Er überarbeitet, nervös, krank. Sie voller Entbehrung des Lebens, auch krank. Gerhart verspricht ihr von einem zum andern Mat, dast ein Leben der Wirklichkeit beginnen soll, wenn sein Pro blem gelöst. Und dann findet er wieder ein neues. Sie glaubt immer wieder an ihn, trotz aller Entbehrung. Aber Gerhart steht an der Grenze, wo die Problematik ein Ende hat. Schon greift er zu Morphium. Ueber den bekannten Streit, ob Shake speare oder Bacon, kommt er nicht hinaus. Er neigt zu Bacon, doch wie das beweisen? Also ein neues Problem: Sulla! Warum in aller Welt liest es sich der große römische Diktator gerade in dem Augenblick, da er den Staat äußerlich und innerlich in Ord nung gebracht hatte, einfallen, sich ins Privatleben zurückzu- zichen, obwohl er wissen mußte, dast sein Werk sosort wieder Zu sammenstürzen würde? Probleme, über denen Gerhart säst den Verstand verliert. Da erscheint ihm der Teufel. Auf Anruf. Ein moderner Teufel. Eine Art Subdirektor der oesamten Teu felei. Vertreter für Europa etwa. Mit dem schließt Gerhart einen Pakt. Der Teufel wird ihn zu Sulla und Bacon leibhastig brinacn. Gerhart soll sie selbst fraacn, warum und wieso. Im nächsten Bild also Sulla. Ein wüster, grausamer, despotischer Mensch, der unseren armen Gelehrten nur mit „Knirvs" anredot und ihn schließlich in den Kerker wirft. Eine Enttäuschung also. Denn dast der gewaltige Diktator seinen Sessel verläßt, nur um die ihm nach einer Weissagung noch verbleibenden wenigen Mo nate im Schwelgen zu verbringen, kann ja dieser Gerhart nicht glauben. Julia tritt als Liebiingssklavin Gerharts auf, nach der es Sulla gelüstet, der Teufel mimt den Schreiber Eugestes. — Es war also nichts. 3 Monate bleiben vertragsgemäß noch. Darum rasch zu Lord Bacon! Zunächst trifft Gerhart in London um 1606 seine als Kammermädchen Iuliet fungierende Julia wieder, die mit ihrem Sehnsuchtslied (diesmal m andrer Manier) die Erinnerung im Traum wachruft, bald auch den Teufel als Putnam, Bacons Sekretär. Der Lord empfangt ihn nickt. Put- nam hintertreibt es Endlich am letzten Abend, als die Frist ab läuft, gelingt das Rendezvous. Im Theater, bei einer Auffüh rung von Romeo und Julia. (Die „Julia" ist Gerharts Julia.) Aber auch hier Enttäuschung. Der Lord Bacon svrickt so um die Kernfrage Gerharts herum, dast nichts Positives heraus- kommt. Er läßt Shakespeare den Ruhm. Und daheim ist die Krisis. Gerhart auf dem Fieberlager gesundet eben. Redet noch etwas wirr, aber Julia weiß, er ist gerettet. Der Teufel will seinen Anteil. Plötzlich erkennt Julia ihn und strahlt nur so von Liebe. Da muß der Teufel weichen. Aust Ein junger Dresdner Dichter, Kritiker an der „Dresdner Volkszeitnng" steht zum erstenmal aus der Bühne seiner Hei matstadt. Geschickt begegnet er den Einwendungen der Kritik durch die Traumdeckung. Aber die allein nicht. Es ist zuzugeben, daß in diesem Erstling eine reiche Menge von Wissen aufgestapelt ist, daß ein feuriger Schöngeist diese Sprache schrieb, doch wo bleibt das Drama? Der Beweis dafür, Saß die Liebe den Teufel besiegt und daß trockne Wissenschaft lebendige Liebe ertötet, konnte man einfacher habe». Die Handlung ist schwach und ungehörig breit ausgewalzt. (Wahl lediglich zur Unterbrin gung des Wissens?) Die handelnden Personen sind blutleere Literatengestg.lten. Gerhart in erster Linie. Iuiia, die besagte Geliebte, ist stellenweise zu sehr ins Animalische säzaltiert Zu dem tut ihr CI>arakterwandel in den Traumbildern dein Ganzen nicht gut, so verständlich auch die Absicht des Autors sein mag Auch Sulla, zu dessen Charakterisierung gar eine grausame Ci>!< arlung der Sinnlichkeit ad ocuios demonstriert wird, ist eine literarische Puppe. (Immer Hilst dem Dichter hier der Traum!! Aber ganz verworren wird die Sache, als in der Schlußszene Traum und (literarische) Wirklichkeit ineinandergreisen Julia erkennt den Teufel.) Schumann hol bei Geora Kaiser geiern:. Und das ist vom Uebel. Denn Kaiser ist so durchaus aus sich allein gestellt und so sehr nur Persönlichkeit, dast alle Epigonen versagen müssen (und tatsächlich auch bisher versag« haben!. Außerdem läßt er seinen Teufel Witze machen nach Molnars Re zept. Llbgestanden. das. Die Goethcwitzc sind nicht einmal ge schmackvoll. Sehr schön und eindrucksvoll war daoe'en die Theatcrszene, die beste des ganzen Stücks. Hier schmiiw! sich der Verfasser, van sentimentalen Anwandlungen abgesehen, ein mal znm wirklichen Dichter auf. I:n übrigen wäre es notwen dig. um das Stück erträglicher zu machen, den Rotstift energisch walte» zu lassen. Es sind reichlicke, ermüdende Läiwe > darin. Fürs nächste Mal wird Wolfgang Schumann gelernt haben. Es ergeht !a fast sedem Jünger so, daß er erst sehen must, wo ie'me Schwächen liegen Um diese Schwächen noch fühlbarer zu machen. verschlepp!« die Regie (Dir. Willi) das Tempo. Auch die Berwo.ndlunas''anssn waren selbst sür eine Premiere von ungebührlicher Länge. Zu dem konnte ich mir eine bessere, vielleicht einfachere, aber schär fer umrissene Gestaltung der Bühnenbilder sehr wohl denken. Steiner als Gerhart überhastete sich zu sehr Er fand Kerne Grenze zwischen Traum »nd Wirklichkeit, hatte es freilich auch nicht leicht, so etwas Aehnliches wie eine» Charakter zu 'eichnen. Ausgezeichnet traf Annemarie Frey die verschiedenen äuße ren Wandlungen ihrer Julia. Sic hielt trcsfiich den inneren Ge halt dieser Gestalt fest und kam dem Dichter zu Hilfe. Sehr sein gab auch Albert Willi den Teufel. Hans Raa de war ungleich besser als Bacon denn als Sulla, den er übel bramarbasierte. Das Publikum war zum Teil sehr kühl, zum Teil lehr bei fallsfreudig. Ein richtiger großer Erfolg «vor es nicht Zuletzt war man „unter sich". Denn die „Kühlen" waren strapaziert und gingen schleunigst heim. Dennoch sind wir gespannt auf einen Fortschritt dieses Dichters, der doch wenigstens sporadisch zeigt, dast er interessieren kann und der Lehren ziehen wird . . , Franz Zickler.
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