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Sächsische Volkszeitung : 11.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192108113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210811
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-08
- Tag 1921-08-11
-
Monat
1921-08
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.08.1921
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Doüuc.S.ag den 11. August 1821 Sächsisch. «olr»»«i»»nff Nr. I6S, Teite ll M HsM'Mz- MM Anstalten zu gcwilnne». Aber die Einstellung religiöser Pflege» kräsle wird wegen Krüftcniangel auch in nur beschränktem Matze durchführbar sein. Von den Errungenschaften der Revolution, wie sie haupt sächlich in den Betriebs» und Arbeitecräten, Achtstundentag und Tariflöhnen in die Erscheinung treten, sind unsere Privatanstal ten durchweg verschont geblieben. Trotzdem ist die Not auch un serer Privatanstalten eine ganz ungeheure. Sie wird gestei gert durch daS ablehnende Verhalten der Koinmunalverbände, die zwar die Vorteile der korüessiauellen Pflege genietzen möchten, ,m übrigen aber die Häuser ihrem eigenen Schicksal überlassen. Nach unseren statistischen Erhebungen erhielten von 683 An stalten nur 193 Zuschüsse von feiten des Staates oder der Ge. >'rinden; darunter beenden sich noch mehrere städtische An stalten. Es ist an de-' Zeit, datz die Koinmunalverbände sich dar an« besinnen, die ihren gemeindlichen Anstalten gewährten finan ziellen Unterstützungen auch a >f die privaten gemeinnützigen Ilnternelimunge» anSzudehnen, denn sie haben letzten Endes das gi ätzte Interesse daran, datz die;e Wohlfahrtseinrichtungen ihnen erhalten bleibe». Heute gibt es in Deutschland 2639 Kranken- l,i,d Pklegeanstalken, in denen katholisches Ordenspersonal tätig i" Von diesen Anstalten sind 1162 mit rund 136 666 Betten in, Vrivaibcsstz. Ta bei der allnemeinen wirtschaftlichen Notlage -:>ne Isebernahine dieser Häuser auf die Gemeinden als ansge- sc> to!>'en z» gelt » hat, andererseits aber bei dem stets wachsen den Bednrsnis da-S Verschwinden dieser Privatanstalten die Vilk-geslindbeit sehr stark beeinträchtigen müsste, so obliegt Staat und Kommune die Pflicht, ihnen durch tatkräftige Unter stützung die Anfrechlerhaltung :hrcs Betriebes ii» vollen Um- 'ange in ermöglichen. Tie Krankenhäuser haben durch Erhöhung der Pflcgcsätze deo Weg der Selbsth Ife beschritten und dadurch ihre Einnahmen lucht unwesenllich vermehr«. Tagcssätzc von 26—36 Mk. für d-e 3. Klasse sind heute die Du«chschnittsforderungen bei Grotz- stadtverhältnisten. Trotzdem bleiben diese Sätze immer noch hinter den Selbstkosten weit zurück. Aber auch das Hinaufsetzen dr? Pslegegeldcs hat eine Grenze, und nicht blotz die Privat- tastentrn, auch die Krankenkasse» werden es sich in Zukunft dop- prl. überlegen, bevor sie die Hufe des Krankenhauses in An- sornrb nebnie». Tatz jedoch ein solches Bestreb:» der allgemeinen 6 esnndheilSpslege abträglich sein mutz, liegt ans der Hand. Von Tag zu Tag höher geschraubte Pflegesätze vermögen den tz nmabmeetat eines Hauses wohl zu erhöhen, aber allein aus der Geaenwartsnot berauShelsen werden sie nicht. Ein sehr wich- 1 gcS Mittel der Selbsthilfe haben sich die gemcinnützigen Kran ke» und Psstgcanstalicii Tentshiands in dein „Wirtschastsbnnd" iZentrale: «Berlin N. Angnststrutze 14/i5) geschaffen, eine Ge- > rstenstbaft, die in, grrtzen alle Bedarfsgegenstände der Kranken häuser einkanft und den ei»-,cl:ien Anstalten zufübrt. In den Kreisen d r Landivirle, Handlverker und Kanfleute bat man mit den gemeinsamen Bezüge» von Waren so günstige Erfahrungen gemacht, datz kein gemeinnütziges Krankenhaus es versäumen sollte ,den Beitritt zu dem Wirtsckmftsbiind der privaten und g> meinnntzigc» K.tunken- und Pslegeanstalten Deutschlands zu c>klären. Neben äntzerster Sparsamkeit in der Wirtschaftsfüh rung ist vor allen, die von Ministerialdirektor Tr. Gottstein vor- geschlagene Herabsetzung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Patienten ini Krankenhaus als Ausgleichung beachtenswert. In der VorkriegSze't war die durchschnittliche Aufenthaltsdauer für den Einzelsnll in stetem Sinken von 33 auf 26 Tage herab- geoangen. Heute macht sich wieder ein Ansteigen bemerkbar, das b>'> den männlichen Knssenmitglicdern der Stadt Berlin bereits !>» Iabre 1919 den Wert von 3l Tagen erreicht hat. Die Ur- sncben liege» in der Verschlechterung des GejniidheitsznstandcS sei« ie in der Erschwerung geeigneter Pflege. Datz die durch- stlinitiliche AnfeulhaltSdaner für die AuSiiutzungSfähigkeit der Aniialten von cinschneidcndar Bedeutung ist. versteht sich von selbst. Nach der Berechnung Gcttsteiiis wird eine Anstalt bei d:r durcbschiiittüchen Ansenthaltsdaner eines Patienten von 30 Tagen jährlich etwa zehnmal so viel Kranke aufnehinen, als sie Betten bat: bei 21 Tagen das I2.öfache niid bei 36 Tagen nur das achtfache. Es ist natürlich nicht gleich, ob eine Anstalt im Iabre mir 1660 oder 6666 Krank- anfnehnien kann. Ie geringer die Ansniitzm>gssäb''gkeK, um so dringender eine Vermehrung der Bettenzahl; das würde aber gewaltige Summen erforderlich i-nacben, deren wir für die Erhaltung unserer bereits bestehen den Anstalten so dringend bedürfen. Notwendig zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage un serer Krankenanstalten ist auch ein grötzeres Entgegenkommen tzuieiis der staatlicbe» Gesetzgebung. Das Krankenhaus ist nun einmal kein Fabrikbctrieb. Nickt alle Gesetze und Verordnungen, d e für Wirtschaftöbeiriebe unerläßlich sind, haben damit schon eine Eristenzbercchtignng für gemeinnützige Wohlfahrtsanstalten; da'ür sind die Verhältnisse doch zu verschieden. ES ist darum ei» Unsinn, wen» der Staat in den Krankenhäusern auf Durch führung des Ackitstimdentaaes, der Betriebsräte, der Umsatz- snner und dcraleichen besteht, denn wo cs sich um das Gcmein- wob! bandelt, ist der Staat selbst der Geschädiate, wenn er seinen Hilfskräften die Möglichkeit durchgreifenden Mitwirkens nimmt. Ebne weitere Pflicht des Staates und der Gemeinde wäre eS, den geinelnnülnaen Wohlsabrtsanstalten in der Lieferung von GttS, Kohlen, Licht und Wasser eine Vorzugsstellung cinznräu» nie», die in einer sicheren und billigen Zuweisung dieser für den Kraiikenhansbctrieb unentbehrlichen Hilfsmittel ihren Aus druck finde» müsste. Auch weitere Kreise des Volkes müssen mehr wie bisher für d e Krank,-uba'isiraae inTresiiert werden. Die Vorstellung bau den Neichtnmcrn der Krankenhäuser ist auch heute noch allnemein. Das ist ein grotzer Irrtum. Reiche Krankenhäuser sind selten, und selbst wo das eine oder andere bisher noch von d m mehr oder weniger reichen Stiftungsfonds zehren konnte, ist derselbe säno^ anfgebrancht Mehr als eine Anstalt bat be- rests unter die Bettler gehen müssen, um mit Hilfe gespendeter Liebesoaben ihren Betrieb notdürftig aufrecht erhalten zu kön nen. Erst wenn die Gesamtheit mehr wie bisher der Anstalt-» gedenkt und ihrer wirtschaKlichrn Not daS rechte Verständnis .'ntgeacnbriiigt, erst dann dürfen unsere Krankenhäuser hoffen, die täglich sich mehr verschärkende Krise glücklich zu übersiehe». Beamtenbund und Gewerkschaften Zwischen deni <sozialistischen) ADGB, dem Afa-Bund und dem DBB ist ein Abkommen getroffen worden, durch welches - wie zum Beispiel der „Vorwärts" mit sichtlichem Stolz ver kündet — eine „Einheitsfront aller Arbeitenden" hergestellt sei. Das Abkommen lautet: „Zur wirksamen Vertretung de» gemeinsamen Interesse» der Arbeiter, Angestellten und Beamten vereinbaren di« Unter zeichneten Spitzenorgonisationen unter Wahrung ihrer vollen Selbständigkeit und unter Ausschluß aller parteipolitischen und religiösen Bestrebungen folgende Abmachungen: 1. Die drei Spihenorgainsationen verpflichten sich und die ongeschlossenen Verbände, in der Wahrung der gemeinsamen Ar- lcitnehmcnnteressrn zusammenzuwirken. Jede Organisation bat ibr eigene» Programm selber durchzuführe». Beschlüsse über gemeinsame .Handlungen sind aus dem Wege der Verständigung hcrbeizuführen. 2. Alle beteiligte» Verbände erkennen ihren organisatori schen Besitzstand an und werden sich jeden agitatorischen Ein griffe» in die Mitgliedschaft eines anderen bereiligten Verbände» enthalten. Organisatcrische Streitigkeiten sollen im Wege güt licher Schlichtung behoben, bestehend« Unstimmigkeiten baldigst beseitigt werden. 3. Dt« beteiligten Verbände stehen auf dem Boden der demokratisch-republikanischen Verfassung de» Deutschen Reiches. Tie verpflichten sich, jeder Verletzung und jeder ungesetzlichen Aenderung dieser Verfassung i:n Reich« und in den Sündern geschloffen «ntgegenzutreten, aber jede politische und religiöse Neberzeugling in ihren MitglisdcrkretseN unbestritten zu dulden. 4. Für die Stellungnahme zu virtschaftöpolitischen Fragen und eine gemeinjame Einwirkung auf die Wirtschaftspolitik durch die Beamten-, Angestellten- »nd Arbeiterverbände ist rich- runggebend die Lage der Mitglieder als Arbeitnehmer und Ver- braucher. Erster Grundsatz in der Wirtschaftspolitik soll sein, datz stet» das Allgemeinwohl den Privatinteressen voranzu- stellen ist. 5. Diese Vereinbarung gilt auch für die örtliche und be. z'rkliche Gliederung der beteiligten Spihenorganisationen, so wie für die Fachgruppen der angcschlossene» Verbände, sowejt Be- amte, Angestellte und Arbeiter in Betrieben und Verwaltungen den, gleichen Aebeitgibcr unterstehen." Die „Postgewcrkschaft", das Wochenblatt der deutschen Postgcwerkschaft, lehnt dieses Abkommen in aller Schärfe ab. Sie sagt ». a.: Wenn die Führer des DBB, die das Abkommen unterzeich net haben, wirklich meinen, datz der ADGB und der Asa-Bnnd ihre seitherige Haltung zu parteipolitischen und religiösen Be strebungen auch nur um ein Iota ändern, dann können wir uns nicht genug über eine derartige Naivität wundern. Man mutz da unwillkürlich an den Fuchs denken, der den Gänsen eine Vorlesung über seine Tugenden hielt. Für so einfältig, wie iene Gänse, können wir aber diese Führer gar nicht halten; wir müssen vielmehr annehinei'. datz sie sich völlig klar darüber sind, datz der ADGB und A'a-Bimd zu pnrteiiwlitischen und reli giösen Bestrebungen künftig genau dieselbe Stellung cinnehnien werden, wie bis heute. Tann mns; ihnen auch völlig klar sein, datz die Wendling im einleitenden Satz des Abkommens Vvm ,AuSicblutz aller parteipolitischen und religiösen Bestrebungen" ein Hnnibiig ist. Alle West weist doch, datz ADGB und Afa- Bund in engster Ideen- und Arbeitsgemeinschaft mit de» Par teien stehen, die den Marxismus, d. h. der materialisti schen W e l t a n s ch a n n n g huldigen. Welches Unheil diese Weltanschauung über die M.'nsmbcit des 26. Jahrhunderts ge bracht hat, sollte nachgerade jeder ernste Mensch wissen. Der Sozialismus, als Träger dieser Ideen, fordert deshalb die sogn- l stische Ordnung als ein Produkt des Kovfes der Menschen, als em Ergebnis der Ueberlegnng des kaltrechnenden Verstandes. Neil es bür ihn kein inneres, kein seelisches Knltnrvrinzip*> gibt. Der „AnSschlntz aller religiösen Bestrebungen" ist also mir so zu verstehen, datz eine positive Stellung zur Religion nicht kst'genoininen wird — nn> so mehr aber eine negastve. Von iinnlaiibücher Kurzsichtigkeit zeugt die im DBB vorhandene An- s'cht, datz die 8,5 Millionen K''gewerkschaftlich organis-eri-'c Ar beiter und Angestellten, in denen die Leitung des TBB mit Röcht einen geschlossenen Gegner des- Berilfsöcri.iN'ntnms er- b'ickt, dadurch ungefährlich n.'wncht werden könnten datz der DBB an deren Seite tritt. Das wäre ungefähr so. als wenn die derzeitige deutsche Armee von etwa 166 cd 6 Mann sich kninpfend neben die französisch", Millionenariine stillen wollte i.nd sich einbildele, dadurch Frankreich zu e iiein für ^enli'ch- lai d nicht mehr gefährlichen Gegner umwände, i zu können. Im Organ de?- DBB iTie „GnueinschasG Nr. 22 oam K. Juli) meint Hugo Kamossn: W wer die Hinneigung zu dieser cter jener Weltnnschcnnmg od'r politischen R cistung sollte für t'r Sicllnngnahmc der Beamten ausschlaggebend sein, sondern ii erster Linie die lleberzeugung, datz das- Berufsheanitcntiim rm so mehr gefährdet ist, se n.'br die Beain'ensch'.ifi über das uneinig wird, was sic nnier N-'ntralität versteht, und je weni ger sie imstande wäre, de» sicher kommenden Angriffe» ans daS Bernfsbcamtcntiim einen aesthchostenen einheitlichen Abwehr- Willen eniaegenznsetzc»." Der DBB verbündet sich aber mit senen Kreisen, von denen er d-e , sicher kommenden Angriffe ans das- Berufsbeamtcntnm" erwartet --- und lebt in dem an Irr sinn grenzenden Wab», datz die Beamtenschaft ans diese Weise einig und geschlossen gegen diese Feinde des- Bernfsbeamtcn- t'»iS ins- Feld geführt werden könne. Schon die Sitzung deS BnndesauSscbnsses vom 15. und >6. August wird den Unterzeich nern des Abkommens zeige», dost sie nur Totengräberarbeit ge- le'llet haben. ES ist ganz ausgeschlossen, datz auch nur der grö ßere Teil des DBB die Verbrüderung mit dem sozialistischen ADGB mitmacht. Wenn sich anh im Augenblick erhebliche Teile des DBB übertölpeln lassen, so kann das doch nach allen Er- jabrnnge» und dein logischen Gang der Entwicklung nur ein vorübergehender Zustand sein. Wenn bei den derzeitigen Le°- tern des DBB wirklich mehr die Sarge »in die Sicherung des BernfSbeauitcntlimS als die Hinneigung z» einer bestimmten Weltanschauung und politischen Richtung ausschlaggebend wäre, dann hätten sie in dem Abkommen doch allermindestens mit ewcm einzigen Satze sich die Garantie geben lassen mnssen, datz die neuen Verbündeten nicht mchr gegen das BerufSbcamten- tum kämpfen. Ein solcher Saz ist aber nicht zu finden. Hätte der DBB ihn gefordert b-zw. Las Abkommen davon abhängig gemacht, dann wäre es überhaupt nicht zustande gekommen. Was in Wirklichkeit in dein „Abkommen" steht, ist so wenig und das Wenige so dehnbar, datz man sich wirklich fragen mutz, ir wiefern diesem Produkt der Name Abkommen zugelegt wurde. Tw Leitung des DBB gibt die Jnhaltlosigkeit dieses „Abkom mens" selbst zu, indem sie erklären lässt: „Die Behanptnng von einer Verletzung der parteipolitischen Neutralität des Deutschen BcamtenbnndeS durch dieses Abkommen gehört in das Reich der Fabel, da das Abkommen ouch mit jeder anderen Organisa tion abgeschlossen werden könnte." Ja, zuni .Kuckuck, warum ist denn dann nicht mindestens der Versuch gemacht worden, ein solckes „Abkommen" zum Beispiel auch mit dem Dcntschen Ge- verksckaftsbuild bezw. seinen Stutzen abzuschlictzen? Wir wissen eS: Weil die Macher des „Abkommens" daS, was sie wirklich wollen, nicht offen ansznsprechen wagen und weil sie in Wirk lichkeit doch nur wegen ihrer Hinneigung zu einer bestimmten Weltanschannng und politischen Richtung sich mit den ausge. spr chenen Gegnern des BerafSbeamtentums einlasse». Um eine Entschuldigung zur Hand zu haben, wird in Nr. 22 der „Ge meinschaft" gesagt, datz, die politischen Kreise, die den christlichen Gen erkschqften nabestehe», oft genug niit ihren schärfsten Geg nern lediglich aus taktischen Rücksichten Vereinbarungen getrof- f-n hätten, die ihrem grundsätzlichen Bekenntnis keinen Scha den und ihrer organisatorischen Entwicklung keinen Nachteil gebracht hätten; eS sei darum w'rklich nicht einzusehen, was von dem getroffenen Abkommen, das rein taktisch zu werten wäre, für die Beamtenschaft zu befürchte» sei. Offenbar soll damit ge sagt werden, datz di: sogenannten bürgerlichen Parteien, wenn sie in einer Koalitionsregierung mit Sozialisten znsammenar- beiten, nicht Schaden leiden, und daß darum auch der DBB endig mit dem sozialistischen ADGB an einen, Strang ziehen könne. An diesem Beispiel sielst man wieder, wie naiv — oder latfiniert — gewisse Führer des DBB bandeln und damit dem ADGB die Arbeit erleichtern. Als ob das Zusammengehen in einer Koalitionsregierung nicht etwas wesen6ich anderes wäre, als ein Bündnis einer Beamtcnorganisatio» mit dein gcsährlich- stkn Gegner deS Beriifsbeaintentnins — und zwar nicht ein Bündnis ans kurze Zeit oder zu einem zeitlichen Zweck, sondern zur Herstellung einer „Einheitsfront aller Arbeitenden" im Cinne deS „Vorwärts"! Lehrlingsausbildunq in Handwerk und Industrie Mit der Aufrovung der Frage der Berufsausbildung der Arbeiter, die allgemein dnrchgeführt werden sott, ist die Zeit gekommen, da Handwerkerbewcgung und Gewerkschaftsbewegung endlich den Boden finden zu gemeinsamer aufbauender Arbeit. Die Handwerkerbewegung ist ans ähnlichen Gründen in da» Lcben getreten wie die Gewerkschaftsbewegung. Beide entstan den ans dem Vorsatz den Menschen mit seinen Ansprüchen aus Freiheit, auf Entwicklung seiner Anlagen und auf Wohlfahrt au» der Arbeit zu erretten von ter Unterdrückung, die ihnen von dem freien Spiel de, Kräfte droht«. Dr. LH. Brauer auf dem Kongreß der chrtst ichen L-. «.Schäften 1» Esse». »VLL Die Handwerkerhewegnug hat, seitdem um die Mitte de» IS. Jahrhunderts die ösfentlich-rechtliche Organisation de» Handwerks durch die Staatsgewalt zertrümmert ward, um da» öffentliche Recht der berustichen Selbstverwaltung durch di« Innungen gekämpft, wodurch die Kräfte der berufsständigen Gemeinschaftsarbeit erschlossen werden sollten. ES ist bemer kenswert, datz das Handwerk ausgesprocheiiermahcu seine For derung mit der Notwendigkeit und der gesellschaftlichen Pflicht begründete, dem Lehrling eine gute Erziehung und Ausbildung sicherzustellen und damit den Nachwuchs de» BerusSstande» sicherzustellen. Im Jahre 1897 wurde daS unzulänglich« InnungSgesetz von 1881 auSgebaut, und zwar in ausdrücklicher Anerkennung der Bemühungen des Handwerkes um die Lehr lingsausbildung. Seitdem habe» Jnnunge», Jnnungsverbände, Haiidwerkskaniinern in einer uinsastende», teilweise von Mei stern und Gesellen gcineinsckiaftlich geleisteten Arbeit ein Swlein von Lehrlingsordnungen aufgebaut und durchgeführt. Der Er folg ist nicht ansgebl.eben, sowohl in der Haltung von Lehr- lingen als auch in ihicr Erz'chung und Ausbildung. Mag mm, auch die erfolgte Bcsstrung noch nicht für ausreichend Hallen, ein Ilnrechr würde dein Handwerk angetan, wenn man seine Leistungen nicht anerkennen wollte. Besonders hervorzuheben ist, datz das Handwerk diesen Weg ging, während auf de» Märk ten daS freie Spiel der Kräfte weiter fortging und das Hand werk den nnlanteren Wettbewerb und den Wettbewerb gegen übermächtige Wirtschaftskräfte anszuhalten hatte. Das Hand- werk bat trotzdem zum mindesten die Aufgabe gelöst, dem Lehr, ling gegen die Ausbeutung durch gewissenlose Menschen einen wirksamen Schutz zu gewähren. Die Gesellen- und Arbeiterbewegung nahm ebenfalls den ' Komps ans gegen Auswüchse des freien Spieles der Kräsle. Sir schuf die Gewerkschaften. Diese unterstützen ihre Mitglieder in Fällen der Arbeitslosigkeit und sonstiger Bedürftigkeit, erkänw- fen die Sicherung eines angemessenen Lohnes und regeln durch den Abschluß kollektiver Arbeitsverträge mit den Arbeitgebern die Lohn- nnd Arbeits-Verhältnisse. Die Verordnung der Ne- voliltionSrcgicrnng vom 22. Dezember 1918 hat dem kollektiven Arbeitsvertrag eine starke Rechtsgrundlage gegeben. Wen» di« sozialistische Gewerkschaftsbewegung der Eigenart des H,u,d- werke? bisher so wenig Rechnung trug, so liegt die Ursache hier für nicht allein in der marxistischen, dem Handwerk feindlichen Lehre, sondern ebenso sehr in dem Umstande, datz sich die Hand- Werker in den Arbeitgeberverbänden von den Führern der Fabrikbetnebe allzu sehr ins- Schlepptau nehmen ließen, wodinch natnrgeniätz die Geltung der Eigenart der IniinngSorgaiiisg. tien geschmälert wurde Vor allem wurde dadurch die radikale Richtung in den freien Gewerkschaften begünstigt, die in der Re gelung der Erziehung des Nachwuchses keinerlei Unterschied mackste zwischen Handwerksbetrieben nnd Fabrikbetriebcn. erstcren wnrde ans Grund eines von der Innung nbacschlosie- »cn. drei oder mehr Jahre dancrnden Lehrvertrages Lehrling« angeleitet, erzoaen n»d zur Ableguna der Gesellenprüfung an- gehalten; die Ablegung der Meisterprüfung ist das weitere Ziel. Hier ist die berufene Pflanzstätte selbständiger Handwerker. Mögen auch nicht alle Lehrlinge später selbständig werden, die Erziehung des- Lehrlings mutz in der Meisterwcrkstätte ans jene» Ziel gerichtet HKibea. In teil Fabrikbetrieben denkt kein Lehr ling daran, selbständiger K'einunternehiiier zu werde». Ein- zelne streben danach, Vorarbeiter oder Werkmeister zu werden; die große Mehrzähl begnügt sich damit, gelernter Arbeiter i» einem bestimmten Betriebszweig zu werden; nicht wenige Ar beiter werde» blak angelernt, wozu einige Wochen genüge». Alle bleiben unselbständig, bedürfen also nicht jener besondere» Erziehung und Ausbildung, deren der Handwerker als- kleiner Unternehmer oerade heute bedarf, um den erhöhten Anforde rungen des Wirtschaftslebens gerecht zu werden. An dielee LcbrliiigSerziebnng wcllcn die Handwerker auch die Handwerks- gesellen bctcilint sehen, sie wnnschen sie dafür interessiert. ES widerspricht aber den Lebensbedinaungen der Lehrlingserzieh',:>j> in der Meisterwerkstatt, wenn die freien Gewerkschaften ans c,u, 16. Gewerkschaftskongreß in Jena 1920 forderten, daß die ch,- strndigkcit der Innungen anfzi,beben sei. Die Gewerkschaste» haben darauf in der zentralen Arbcitsacniei»sch,afi der indwtn. eben nnd gewerblichen Arbeitgeber, und Nrbeiinehnicrverbänd«, tu der die industriellen Arbeitgeber unter den Unternehmer» dir Mehrheit haben, beantragt, einen Ausschuß mit der An-?,»bei. ti'ng bo» Leitsätzen zur Nenortnung des LehrsingSwescnS z» beanftraaen. Dieser Ausschuß hat am 11. Februar 192l m-ae» die Stimmen des Handwerkes u. a. den Grnndsatz ausnestcllt: „Ter Lehrvertrag begründet kein reines Arbeitsverbältnis." Diesem ans Fabriklebrlinge passenden Satz widersvricht doS Handwerk, und die Gcseko'.bung wird diesem Widerspruch, d». durch Rechiniua traue» müssen, daß sie dem LebrliiiasvcrkältmS ini Handwerk die Eigenart erhält, die ibn, in der bisheriae» m- sctzlschen Organisation deS Handwerks stets gewahrt blieb. P? ist an erster Stelle Ansbiidnnas- und Erziehiingsverbält»!?. Nach der Schab'lone des Arbeits-Verhältnisse? in der Industrie kann cs nicht aerenclt werden. Alle Rechte des Lehrling? kön ne» auch «in Rabmeii der Handwerks-ordnung unter Beteiligung der Gesellen nach den nenziitlichen sozialen Anforderungen ge- regell werden. Literatur Betriebsbüchereien Man schreibt uns: Bei der außerordentlichen Bedeutung, die der Frage der Volksbildung schon längst nnd heute mchr denn je zukomnit, mutz es Wunder nehmen, datz ein Weg duz» bisher nur in wenigen Fällen eingeschlagen worden ist. der mif bequemste und wirksamste Weise die Vermittlung reichen M- dnngSstoffeS an weiteste Kreise ermöglicht, nämlich die M- triebsbücherei, die den Angestellten und Arbeitern, sowie deren Angehörige unterhaltende nnd belehrende Literatur a» der Ar beitsstätte selbst darbietet. Da räninliche Entfernung und an dere Gründe die Benutzung von öffentlichen und Leihbibliotheken gerade dem tagsüber beruflich Beschäftigten häufig unmöglich machen, ist eine Angestellten- und Arbeiterbücherci in hervor ragendem Matze berufen, oaS bringende Verlangen breitester , Schichten nach geistiger und seelischer Bereicherung zu erfülle» und die» besonder» in unserer Zeit der Bücherbertcuerung, di« dem einzelnen den Bücherkauf kaum mehr ermöglicht. Die Ein« t'chtuiig einer solchen Bücherei bedeutet eine soziale Wohltat, eine Quelle geistiger Veredlung, ein reiches Geschenk der Gr> schäftsleitung an ihre Arbeunehmer, welcben durch dieses bie- legenheit einesteils zur Weiterbildung durch ernste, belehrend« Werke, andernteils zur Erheiterung und Erholung durch unter, haltende Lektüre geboten wird. Möchten die Betriebsbüchereien vermehrte» Eingang in des Betrieben finden und dazu beitragen, einen ersprießlichen Boden gemeinsamen Interesses zu schakfen und in unserem Volke di« Freude am guten Buche und durch dieses die Bildung, di« frei und reich macht, zu verbreite». Märchen von der Mutter Gottes. AuS polnischen BolkSmgen ac- sammelt. Kleinoktav (115). 2. Auflage. 7.—12. Tausend. M- Gladbach 1921, V o l kS v e r e i n s - V e r la g bvM, M. 8.-. Die Sammlung hat in der Literatur eine willige Aufnahme gefunden, als noch die Polen in deutschen Heeren kämpfte». Nie die Deutschen während deS WeltkrieaeS die Poesie der feindliche» Länder in ihren unvergänglichen Werten gewürdigt haben, st steht unser Bvlkstum auch heute noch hoch genug, um trost der Bedrängnis, deren die Deutschen an der vstgrenre ansgesetzt sind, reine Freude an Märchen zu finden, die ein sinniges VolkSgc- müt in vergangenen Jahrhunderten um die heiligen Gestatte» der christliche» Religivn geschlungen hat. Auch der Forscher, der dem Ursprung nnd dem Wesen des Märchens nach'pürt, findet in diesem Büchlein manches für seine Zwecke. ES ist die Porst« der blumigen Wiesen, des rauschenden Walde» und der wogende» Felder; DolkSsagen, dt« fast ebensogut deutsch wie polnisch >«« nannt werden können.
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