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Sächsische Volkszeitung : 11.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192108113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210811
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-08
- Tag 1921-08-11
-
Monat
1921-08
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.08.1921
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«r. 18» Lv. Jahrg. A«e»s»*ech«r: «»da»»,« 32723 - Geschäst-st«»« 3272» Postscheckkonto: Dr««»e« M» 14797 SöcklMe Donnerstag, 11. August 1921 Sievoktio« »nd Geschäftsstelle: Dresden «N. 18, .-rolbeinstrasie 46 Ve,»nSpreiSr Biektellkhrllch frei Hau» Aulaab» 4 mtt illustrierter Beilage I» V8 lll„S,ab« » 11.»8 S» elnschttetzltch Postbestellgcld. Preis »er Einzelnummer Ni z. Pik ZSchspche DoNSzeilimg ericheint an allen Wochentagen nachm. — SPrechstimde der Redaktion: 8 VIS 0 Uhr nach«. Anzeigen« Einnahme von iSelchüstSanzeige» bi« 10 Uhr, von Familienanzeigen bis II Uhr vorm, — Preis siir die Petit-Spallzeile aller Anzeigen 1.40 im Rekiameteil 8.80 41. — Mr undeutlich gelchrickene, toivie durch Fernsprecher aulgegebene Anzeigen können wir die Berantwortlichkeit >ür die Richtigkeit des LezicS nicht übernehmen Jur Entscheidung Von Dr. Herschel. M. d. R. Wenige Stunden trennen un» vielleicht nur noch vom Lpruche de- Obersten Rate» über Oberschichten, der zusanunen- triit, während diese Zeilen geschrieben werden. In der letzten Zeit hat sich allerlei ereignet, wa» Schlüsse auf die Haltung der einzelnen Hauptmächte auf der Konferenz und damit auf deren AuSgang selbst rechtfertigt. Auch ein Blick auf die Rechtslage mag dabei nützlich sei». Die Meinungsverschiedenheit zwischen Frankreich und England über die Entsendung einer weiterem französischen Di- Vision in» Abstimmungsgebiet ist äußerlich bergelegt. Frankreich hat dabei nur einen Scheinerfolg errungen. Ein französisches Blatt spricht von hergestellter Fassade. Der Standpunkt der deutschen Rote, daß ein gemeinschaftlicher Schritt der Verbün deten nötig sei, um Truppendurchzüge von Deutschland fordern zu können, ist schließlich als gerechtfertigt anerkannt worden, weil er sich auf den Friedensvertrag stützte. Der gemeinschaft liche Schritt der Hauptmächte in Berlin hat lediglich dem fran zösische» Prestige Genugtuung verschafft. In der Sache er scheint England vorläufig als der erfolgreichere Teil. Denn es steht dahin, ob der Oberste Rat weitere Truppensendungen nach Obcrschlesien beschließen wird. Die Frage taucht in Pari» sicher noch auf, obgleich sie gegen den Willen Frankreich» vielleicht nicht an erster Stell« erörtert wirb. Das Ganze war ein Vorgefecht zwischen England und Frankreich um Oberschlcsten. Worum e» sich für beide Mächte jetzt handelt, kennze-chnet treffend die „Tribuns" in Nom, welche dem greisen StiatSmann Giolltti nahesteht. Sie sagt. Frankreich erstrebe durch möglichste Angliederung Oberschlesiens an das verbündete Polen die industrielle Vorherr schet auf dem Festlande. .'Wir können hinzufügen, auch di« militärische und politische.) England aber, so fährt da» Blatt fort, beabsichtige die Aufrechterhaltung deS Gleichgewichte» auf dem Kontinent in jeder Hinsicht. Darin lieg« ein schwerer In teressengegensatz, der nicht so leicht werde beseitigt oder gelöst werden können. In der Tat schreiben englisch« Blätter, e» handle sich nun um Biegen oder Brechen, um Nachgeben vor Frankreich oder um da» Ende der Allianz. Selbst die mehr franzosenfreundliche „Times" schreiben von einer ..Neberprüfung der Allianz". Daß Llohd George entgegen seiner ursprünglichen Absicht wenig stens zu den oberschlesischen Beratungen nach Paris ging, zeigt die Wichtigkeit, welche er dieser Frage beimißt. Noch kürzlich wollte er alle» Lord Eurzon überlassen. Während der oft gut unterrichtete „Observer" eben ffir die Bclassung von ganz Oberschlesien bet Deutschland eintrat, kommen jetzt Blcittcrmcl- dungen au» England, wonach dieses für Abtretung des Südteile» von Pleß und Rybnik sowie des südöstlichen Teiles von Katto- witz wäre, während andeverseit» plötzlich der Gedanke des ge fährlichen Provisoriums in Oberschlesien wieder austaucht. Man weiß nicht recht, ob damit eine dem Saargebiet ähn liche Lösung (das heißt besser Verschiebung) des Problems oder «ine sofortige Dreiteilung zwischen Deutschland, Polen und einem Zentralgebiete, das weiter beseht bleiben würde, auge strebt werden soll. Uns scheint weder die eine noch die andere Lösung nach dem Friedensvertraae zulässig, der die sofortige Aushändigung der zugeteilten Gebiete an Deutschland und Po len fordert. Es erscheint auch keine der Lösungen geeignet, den in Oberschlesien so nötigen Frieden wieder berzustellen. .Jede würde zu neuen Bürgerkämvfen führen. Man begreift aber nun, warum Frankreich die Entsendung einer weiteren Division so sebr betrieb. Wenn der Oberste Nat sofort zur endgültigen Entscheidung kommr, ist sie unnötig, gedenkt aber Frankreich sich weiter im wichtigsten Teile des Abstimmungsgebietes, näm lich dem alten Zentralredier der Industrie, auf Jahre hinaus häuslich einzurichten, von dort ans Deutschland zn bedrohen und einen Vorposten gegen die Sowjets zu haben, so mag eS ein eigene« wohlverständlicheS Interesse a» Verstärkungen wohl haben. Ebenso, wen» eS entschlossen ist, den Peilen bei etwaigen militärischen Maßnahme», das heißt Aufständen hilfreiche Hand zu leiste». Das ist aber beides nicht im Interesse von England und Italien und natürlich noch weniger von Oberschlesien selbst gelegen. In Frankreich will inan Polen in erster Linie weit ent- gegenkommen und d-mentspvechend zunächst die Korfanth- Linie, dann die sogenannte des Grafen Sforza, schlimm stenfalls aber das Provisorium in einer der beiden Formen durchzudrücken versuchen. Es läßt sich nicht verkennen, daß man in der letzten Zeit zurückhaltender geworden ist. Die Rede von Llovd George ,n Thame war eine Warnung an Frankreich. Der britische Premier betonte, daß der so teuer erkaufte Friede ein wabrer Friede sein möge. Die Alliierten sollten sich hüten, jetzt Keime für spätere Kriege zn säe». Wenn man damit die Bemerkung des „Observer" vergleicht. Oberschlesien den Deut schen zn entreißen und den Polen zu geben, hieße einen dauern den Frieden unmöglich zu machen, so kann man den Aerger französischer Blätter verstehe,', die geradezu ausführen, England beabsichtige eine für Deutschland günstige Lösung, weil cs eine solche als Gegengabe für die Annahme des Ultimatums in Ber lin versprochen habe. Llohd George ist zurzeit in Frankreich der bestgehaßte Mann. Der „Homme libre", das bekannte Organ von Cle in enceau, bezichtigt ihn, auS persönlichem Aerger über eine Niederlage bei Besetzung der Hauptredaktion der „Times" nun nicht bloß persönlich gegen Lord Northcliffe, der in Ame rika weilt, zu intrigieren, sondern auch dort eine scharfe fran zosenfeindliche Propaganda emgeleitet zu haben. DaS läßt darauf schließen, daß in Amerika den Franzosen augenblicklich nicht alles nach Wunsch läuft. Augenscheinlich aber sollen dein einst in Frankreich verhimmelte» Manne allerhand Schwierig keiten im eigenen Lande bereitet werden. Elemencean war ja sein erbitterter Gegner in der oberschlesischen Frage schon Anfang 1919. Cr wollte die Zuteilung an Polen ohne Volksbefragung, während L l o.- d George diese letztere schließ lich mit Wilson durchsetzte. DaS können ihn die Franzosen nach dem ungünstigen Ausfall der Abstimmung nicht verzeihen. Wenn er seinen Willen jetzt durchsetzt, wird man ihm noch mehr -rollen. Auch Briand hat viele Gegner unter de» eigenen Lands leute». ES kann dahingestellt bleiben, ob er überhaupt die Note veranlaßt hat, welche einseitig den Durchzug der Truppen verstärkungen von Deutschland forderte. Man sagt, daß andere französische Staatsmänner lMillerand und Laurent) diesen Schritt ohne ihn getan und damit Frankreich in die Sackgasse gebracht hätten, aus der man nur mit Mühe und unter An rufung der nationalen Würde, ;a fast nur mit der Drohung, die Allianz zu sprengen, wieder heraus kam. Jedenfalls ist die oberschlesische. Frage heute in Frankreich auch eine der inne ren Politik geworden. DaS macht ihre Lösung noch sehr viel schwieriger. Ein Ministerium Noincarä würde deutschfeindlicher sein als das von Bemnd. Llord George hat daran auch kein Interesse. Man wird daS faiale Gelühl nicht los, das; weniger der Friedensverirag, das Abstimmungsergebnis und die LebenSnot- wendigkeiten Oberschlesiens Schicksal entscheiden werden, so wie cs sich gehörte, als vielmehr di- Machtverteilung, die weltpoli tische Bindung »nd die wirtsclmftlichen Interessen der Haupt mächte. Es ist auch möglich, daß irgend eine Verlegen heitsentscheidung fällt. Darauf deuten schon Aenßerun- gen maßgeblicher Blätter in F-ankreich und England hin, welche betauen, die Zeit der Vorbereirnng für die Entscheidung sei zu kurz gewesen. Die Sachverständigen, welche durch ihr Gutachten den einheitlichen Bericht der Interalliierten Kommission in Oppeln ersetze» sollten, konnten ebenfalls nicht zur Einigung gelangen. ES kann übrigens Khr wohl die Frage aufgeworfen werden, ob eine Entscheidung des Obersten Rates ohne den ein heitlichen Bericht der Interalliierten Kommission, den doch nun Artikel 88 des FriedensvertrageS einmal fordert, überhaupt als diesen entsprechend und demgemäß die Entscheidung als rechts gültig angesehen werden kann. Das ist zu verneinen. Italien wird voraussichtlich mit England gehen, wenn England fest bleibt. Der Außenminister della Torretta hat sich bisher sehr zurückhaltend geäußert. Früher wurden ihm von französischer Seite ähnliche Absichten wie dem Grafen Sforza zugeschricben. Diese Gerüchte sind nunmehr ver stummt. llingekehrt würde die Meldung, daß Herr de Ma rinst der militärische Vertretec in Oppeln, anS eigener Sach kunde die Unteilbarkeit ObeeschlesienS wegen der unterirdischen Zusammenhänge im Bergbau («fordert habe, für eine Anerken nung deS deutsche» StandpuiilteS sprechen, wenn sie nicht etwa plötzlich aus Verlegenheit auch für das Provisorium verwertet werden sollte. Im auswärtig'» Ausschüsse deS Parlaments zu Rom habe» der Sozialist Fcrati und Povuläre Torini für feste Haltung Italiens gesprochen, ersicrer die Auslieferung deS IndiistriebezirkeS an Polen sogar als ein Verbrechen bezeichnest Palen selbst scheint entschlossen zu sein, eine ihm ungün stige Entscheidung nicht ruhig binzunehmcu. Von der Grenze kommen beunruhigende Nachrichten. Das Dementi der polni schen Vertretung in Berlin an den ,.Vorwärts" ist eigentlich eher eine Bestätigung der dem Ministerpräsidenten Witos zuge schriebenen dahingehenden Erklärung. Es wird Sache der Haupt mächte. insbesondere auch der Franzosen sein, die Polen zurück zuhalten. Sonst kann binnen kurzem um und in Oberschlesien ein Brandherd auflodern, der sich ans diese» unglückliche Land nicht beschränken dürfte. Wir haben, wie eben auch der Reichskanzler Dr. Wirth in Bremen ausführte, ans unserer Seite daS gute Recht. Die Mehrzahl der Stimmen im ganzen AbstimmungSgobiete, ebenso wie im Zentralreviere, waren deutsch. Die Mehrzahl der Kreise und der Gemeinden haben sich für Deutschland entschieden, eben so alle Städte bis ans drei kl:ine. Keine Gemeinde war ohne deutsche Wähler, wohl aber 83 chne polnische. Trotz des Terror». Die Sprache., auf die mau Anfang 1919 in Paris abstellcn zn können glaubte, war b c der Abstimmung überhaupt nicht ent scheidend, auch nicht die Religion. Hnnderttauscnde von Pol nischsprechenden und Katholiken haben für das Reich gestimmt. Geographie, Geschichte, Verkehrswege und wirtschaftliche Zusam menhänge verweisen Oberschlesicn »eben dem Wunsche der Be völkerung auf Deutschland. Die Durchführung des Ultimatums und die weitere LebenSinöglickkcit von Deutschland hängt von der Erhaltung Oberschlesiens ab. daS seinerseits ohne Deutsch land verkümmern müßte. Das sind Tatsache», an denen der Oberste Rat nicht wird Vorbeigehen können, wenn er seine Ent scheidung »ach der Gerechiiakeit und nicht nach willkür lichen politischen Gesichtspunk'eu zu fällen gedenkt. Warten wir ab. — Die neuen Steuern und das Ausland Ans parlamentarischen .Kreisen wird nnS geschrieben: In der Oeffcntlichkeit ist an die Veröffentlichung des Steuerprogramms mehrfach die Frage geknüpft worden, ob die ser Auszählung der Eharaktcr e-neS Programms beiznmessen ist. Vor allem ist auch die Frage berührt worden, inwiewcit durch die »enen Stellervorlagen die Programme der einzelnen Par teien berührt werde». Will »'an diese Frage grundsätzlich aur- werfen, so wird es sehr ntttzl'.cl, sein, sich zu vergegenwärtigen, daß auch Parteiprogramme der Anpassung an neue Verhältnisse unterworfen sind. Tie neuen Verhältnisse werde» dazu führen, daß auch die Parteiprogramme, soweit sic nicht bereits geändert sind oder zurzeit emer Aenderring unterliegen, in ihrer Ur sprünglichkeit nicht mehr bestehen können. Es kommt auch nicht so sehr bei der Beurteilung der Vorlage» darauf a». zu unter suchen, ob ihnen dee Eharaklec eines Programms beizumessen ist oder nickst Uns will es sckeinen, als sollte man über diese Frage etwas ruhiger denken. Man sollte vor allen Dingen auch die Frage einstweilen beiseite lassen, ob alte oder neue Weg« beschritten werden müssen. Das alles sind letzten Endes nur Theorie», bei denen ein pracnsckeS Ergebnis, und darauf kommt es doch nur a», nick' heranskominst Die Hauptsache ist die, ob ans de» betretenen Wege» neue große Einnahmequellen flüssig gemacht werden könne», ohne gleichzeitig die Grundlagen deS deutschen Wirtschaftslebens zn erschüttern. Ein abschließendes Programm wird erst dann ausgestellt werden können, wenn Ziel »nd Richtung der deutscken Politik nach der Entscheidung über Obrrschlesien klar zu srkena-n sind. Das deutsche Volk wird gewaltige Lasten van nie geahnter Größe aus sich nehmen »rüsten. Zu ihrer Bewältigung wird r» eines starken inneren Jmpnlsts bedürfen, ohne den es daS riesige Opfer nicht wird tragen können. DaS deutsche Volk muß die Gewißheit haben können, daß seine Opfer nicht vergeblich sind. Diese Erkenntnis sollte sich namentlich im früher feind lichen Ausland« durchsetzen. Denn die Opfer, die das deutsche Volk auf sich zu nehmen sich cmschickt, dienen zur Befriedigung der Ansprüche der früheren Gegner. DaS Ausland sollte auS den mitgeteilten Stencrvorlagen erkennen, daß eS der deutschen ReichSregterung und dem deutschen Volke ernst ist mit der Er füllung der übernommenen Vertflichtunge». Es ist der Reichs regierung nicht nur ernst gewesen mit der Zaülung der ersten Milliarde, eine Aufgabe, die gewiß für sich allein außerordent lich schwer war, sondern es Ft ihr ebenso ernst damit, eine dauernde Grundlage für die Kontributionen zu schaffen. W r haben schon gesagt, daß die Entscheidung über Oberschlesien in dieser Beziehung ausschlaggebend sein wird. Die Zugehörigkeit des oberschlesischen Industriegebietes zum Deutschen Reiche ist eine Voraussetzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit de» deutsche» Volkes. Das deutsche Volk muß die Hoffnung Haber können, daß ihm durch eine gerechte Lösung der oberschlesischen Frage wieder Wege zur Freiheit geöffnet werden, „nd es muß die Gewißheit haben, das; diese Hoffnung ouck berechtigt ist. Deshalb war es auch durchaus richtig, daß die Reichsregicrnng vor dem Beginn der Tagung deS Obersten Rates mit den, Be. weis ihres ernste» Willens, d>e erfarderlichen Mittel zur Er füllung der eingcgangenen Verpflichtungen aufzubringen, in die Oeffentlichkeit getreten :st Wir sind überzeugt und wir glauben zu wissen, baß die maßgebenden Stellen des Reiches der gleicken Ueberzeuyung sind, daß eine gerechte Lösung der oberschlesischen Frage die gesamte Weltwirtschaft beleben wird und daß sie auch dem deutschen Geldwesen eine gewisse innere Festigkeit und Halt verleiben wird. Daneben muß die Aufhebung der Sanklionen gefordert werden. Nur eine Erfüllung dieser gerechte» Forderungen des deutschen Volkes gleichzeitig inst' einer Ordnung des deutschen Budgets wird dem dantsckcn Volke die Möglichkeit eröffnen, auf festem Boden stehen zu können. Verbunden mit der Frage deS Budgets ist daS Währungsproblem. Anck in dieser Hiniickt sind wir überzeugt, daß die Stabilisierung der deutschen Mark er- folgen wird, wenn eS dem de' ffchen Volke durch eine gerechte Lösung der oberschlesische» Frage und der Aufhebung der Sank tionen ermöglicht wird, feste geordnete Fiiianzvcrhnltnisse zu schaffe». Neben diesem Problem wirft sich ein weiteres auf. das sich bereits in feinen erstell Anzeichen bemerkbar »lacht: die große Mahalts- und Lohnbewegung. Die Neichsreaicrung wird diese Frage, daran zsveifcftn wir nicht, rechtzeitig ins Auge fasten. AuS dem Vorstehenden craibt sich, daß es beute verfrüht wäre, bereits von einem fest umschriebenen Stenerprogramm z» reden. Dazu wirk die Zeit erst gekommen sein, wenn eine völ lige Klarheit über alle erwäbnlen Probleme geschaffen ist. Es ruht in diesen Tagen eine Rieseiilast und eine außer- ordentlicke Verantwortung ans der Negierung und auf de» Par teien, die diese Regierung durch ihr Vertrauen stützen. Sie wird auch in den kommenden Monaten auf ihnen lasten. ES ist da her zu begreifen, daß die Frage nach der Erisien; der gegenwär tigen Regierung nickt nur das deutsche Volk beschäftigt, sondern das; in der ganzen West der Fortbestand dieser Regierung, die den ernsten Wille» hat, den Frieden zu dienen, der Gegenstand ernsthaftester Erörterungen ist Nickt nur das deutsche Vo:k. sondern anck die früheren Feingstaaten haben haben daber alles Interesse daran, zu ermöglichen. daß diese Regierung, die ei als ihre größte Aufgabe ansieht,, milznwirr.'n an der Wieder- herstelluna eine? wahrhaft niernden Friedens, i» ihrem Be stände gesichert werde. Die Aufklärung über die Kriegsschuld läßt sich dock, trotz aller krampfhaften Versuche der Gegner, Deutschland allein damit zn belasten, nicht länger auitzailen. Den vielfältigen Zeugnissen gerade auch im ehemals feindlichen Ausland, daß die russische Mot'ftisiermig den Brand ent-arlüe, gesellt sich nun ein neues hinzu, in Gestalt einer Rede des 'Senn torS d'Estanriielles de Eonstant bei der Enthüllung des Denk nialS für Jaures in Epinal. D'Est-'»rnelles machte dabei überaus bemerkenswerte Ausführungen: „Wir wollen nicht verzweifeln, daß einmal me volle Wahr heit leuchten wird. Trotz einer Sintflut hathosfifteser Schriften, trotz aller Reden, bei denen nicht immer an das Sprichwort gedacht wird: „Wer sich entschuldigt, klagt sich an'", trotz aller Bemühungen, uns die Schädel zu vernageln, fängt unsere eigene Diplomatie allmählich an, nnS ein Lickt anfznstecten. Ein Be obachter hat aus seinem Tagebuch in der „R evne des den x Monde s" einiges veröffentlicht. Er erzählt »ns. was in Pe tersburg geschehe», gerade zu jener Zeit, als IanreS die Regie rung anslehtc, ihre Tradition nicht zn verleugne» und ihre Un abhängigkeit nicht zngniisten der russische» Militärpartei an'f- zugeden. Damals erhob Jaures seine warnende Stimme. Er sah so klar, als ob er nicht i» Paris, sondern in Petersburg, Berlin oder Wien gelebt hätte. Das Tagebuch gibt de» Beweis: denn eS verzeichnet mit Realismus ein packendes Bild von Personen, die in diesem Spiel mitwirkten. ES zeigt uns die Kriegspartei in Rußland im Kampfe gegen den Wil len deS Zaren. Es erzählt uns von der Mobilisation in Rußland, die nicht nur eine teilweise Mobilisation war, son dern eine allgemeine, im Widerspruch zu allen offiziellen Er klärungen. ES schildert die berühmten Großfürstinnen, die Töch ter des Königs von Montenegro, die ganz außer sich vor Freude waren, weil sie wußten, daß der .Krieg bevorstand. Auch die Großfürsten treten auf, die eben auS Paris zurückge kehrt sind und — wie ich hoffen will, gegen den Wunsch der französischen Diplomatie? — daS Spiel der KriegSpar- tet in Berlin förderten. Noch ist der Tag nicht erschienen, an dem gesagt werden darf, wie klar JaureS diese Lage erkannt hat Nicht die Rücksicht ans andere veranlaßt nnS heute, noch .m schweigen, sondern das Bewußtsein, daß durch die kaum erst beendete Katastrophe unsere öffentliche Meinung noch zu verstört und zu demoralisiert ist, sie ist von offiziellen Lügen so irrcgesührt, daß sie das Licht nicht zu erkennen, die Wahrheit nicht zu begreifen verniqg. Sie vermag e>Ft das alles zu bcgreisen und zn glauben, wenn Reue oder Gewissen oder Zwietracht oder auch nur ganz gewöhnliche Eitelkeit all« dazu gebracht haben werden, zu sprechen."
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