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Mittwoch. 19. September 1917 Ivos leider noch immer nicht ausgeschlossen ist. Ver gesse man oder nicht, dost, wenn selbst der Winter 1917/18 den Frieden brächte. wir bis zum Sommer 1918 trotzdem einer fnrchlbore» horten Zeit der Eutbeh- r n n g entgegengingen. '.'Iber eS lvöre dann doch dos Ende des Schreckens mit dein Ansblick onf den weidenden „Tag". " Soweit die DarileUiing der „N. Zür. Nachr.". Tie bestätigt eine ichon vor Wochen onsgeivrochene Ansicht, dost Englond, ivbald sein Fnleresse den Frieden verlangt, feine Bundesgenossen einfach im Stich lasse» würde. Ebenso wurde schon nach dem Beitritt Portugals zum Krieg die Vermutung ausgesprochen, dast England seinerzeit, wenn es die Partie verliere. Sen Sieger mit Hab und Wut seiner (Englands) kleinen Bundesgenossen schadlos halten werde. Was Rußland anlangt, so kan» es ja England nur recht sein, werrn dieser, sein gefährlichster Gegner, auch noch mit Land- Verlust geschröpft wird, nachdem er Millionen von Menschen für England geopfert har. Und Ivos sagt England dazu? Ter „Taily Telegraph" ist ermäckstiat, amtlich zu eicklären, dast das in der Deutschen Zeitung und anderen deutschen Blättern verzeichnte Ge rücht, Großbritannien habe Deutschland Friedensvor schläge gemacht, der leisesten Begründung ent behr e. Damit ist eigentlich nichts gesagt. Nun kommt noch eine andere wichtige Frage Die „Deutsche Tageszeitung" trat an die Regierung die Frage gestellt, ob die Gerüchte wirklich wahr seien, dast die deut sche Regierung unter dem Druck deS Reichstages bereits aus Belgien verzichtet habe. Die „Deutsche Tages zeitung" spricht non Gerüchten, die in den letzten Tagen in Berlin nmgegangen sind, wonach am letzten Dienstag in einem Krön rat die Erklärung beschlossen worden sei, wir seien an Belgien desinteressiert und garantier ten die Selbständigkeit und Unabhängigkeit Belgiens auch nach dem Kriege, Bon maßgebender Seite wurde allerdings die Eiklärung abgegeben, dast eine Entschließung über Bel gien noch nicht gefaßt fei. Vielleicht haben die Gerüchte ihre Nahrung erhalten ans den Verhandlungen der Siebe ner-Ausschusses über die Antwort an den Papst. Von einem Mitglied des Siebener-AusschnsseS ist ausgiebig über Bel gien gesprochen worden. Wie mitgetcilt wird, soll in der Antwortnote über Belgien überhaupt nichtsgc - s a g t w erde n. Jedenfalls ist nicht daran gedacht, Ein zelheiten über Belgiens Zukunft zu nennen. Erfreulich ist, daß der Reichskanzler über eine Entschädigung an Belgien jede Unterhaltung abgelehnt hat. ?lber auch das Gerücht, dast der Krön rat in Anwesenheit des Kaisers das deutsche Desinteressement an Belgien ausge sprochen haben soll, kann nichtrichtig sein. Deutschland kann nach diesem Kriege und nach den Erfahrungen mit der belgischen Diplomatie heute nickst mehr erklären, dast es an Belgien kein Interesse habe. Die Erfahrungen, die wir mit Belgien gemacht haben, sollten uns lehren das In teresse an Belgien zu erhöhen. Ein vollständiger Verzicht winde wie ein Faustschlag in das deutsche Angesicht wirken, X Landtagsnachrichten Dresden, <8, September, Die F i n a » zdeputatio n .1 der Zweiten Kammer ist ihrer gestrigen Sitzung de» Beschlüssen der Ersten Kam mer bezüglich der neuen besonderen Kriegs- t e u e r u n g s z u l a g e » für die Sächsischen Staats beamten und Arbeiter allenthalben beigetreten. In der Aussprache wurde» die Wünsche auf Gleichstellung der Be amten der,7, Klasse des Wohnungsgelbtarifs mit denen der l, Klasse lebhaft befürwortet, jedoch mit Rücksicht darauf, daß die Erledigung der ganzen TeuernngSvorlage dadurch hinausgeschoben worden wäre, und mit Rücksicht daraus, daß einer Aeitdernng des Wohnungsgeldgesetzes entsprechend dem Anträge Anders und Genossen bald entgegengesehen weiden, einschließlich znrückgestellt. Im V e r s a s s n n g S a n Ss ch » ß der Zweiten Kammer begründete in der am Dienstag abgehaltenen Vorniittagssitzung Abg. Nitzsckie seine Anträge zn 88 86 und -12 der VerfassungSurkunde, betr. die Erweiterung d e r R echte de r Z w eite n K a m in e r. Er hob her vor, daß der Einbriitgung dieser Anträge die Absicht zu- ai linde gelegen habe, das p a r l a in e n ta rische Sy st em, entgegen dem jetzt bestehenden Obrigkeitssysteni, herbeizu- fiihren. Mit einer Vermehrung der Rechte der Zweiten .Kainmer müsse natürlich eine Verminderung der Rechte der Ersten Kamnier verbnniden sein. Von konservativer Seite wurde aus ein näheres Eingehen auf diese Anträge ver zichtet, da sie für die Rechte unannehmbar seien. Redner der Fortschrittlichen VolkSpartei stimmten, der Tendenz der Anträge zwar i»> allgemeinen zu. hielten sie aber für zu weitgehend. Ein nationalliberales Mitglied des Ausschusses eicklärte, daß die Anträge auf unsere Verhältnisse nicht Paß ten. Ein unabhängiger Sozialdemokrat meinte, die ganze bestehende Verfassung müsse über den Hausen geworfen werden. Es sei zwecklos, einzelne Bestimmungen heraus- zngreifen. Eine Ilbstiinmiing erfolgte nicht. Der Teil der sozialdemokratischen Anträge, der ministerielle Gegenzeich nung der Beschlüsse des Landtages fordert, wurde formell zurückgezogen. Weiter wurde über einen Antrag Dr. Zöphel verhandelt, der dahin geht, „entgegen der kollegialen Ver fassung deS Gesamtininisterinms und der Rcssortininister- Verantwortlichkeit jedes einzelnen Ministers, auf die poli tische Verantwortlichkeit eines einzigen Ministers sM i ni- st e r p r ä si d e n t) hinzuwirken". Man erklärte sich mit dem Wunsche einverstanden, vor der Beschlußfassung noch mals Kommissare zu hören, doch wurde gewünscht, daß es sich bei der Aeußerung diesr Kommissare nickst um die An- sickst eines Einzelministeriums, sondern des Gesamtininiste- riums handeln müsse. In der Nachmittagsitzung stand ein Antrag Hettner zn 8 75 der Verfassungsurkunde zur Verhandlung, wonach ein ziiini Mgcordneten gewählter Staatsbeamter oder sonstiger Beamter »ur die Verpflichtung haben soll, die erfolgte Wahl - «»chflsch« «-ttsz-wms - seiner Vorgesetzten Dienstbehörde lediglich anzuzeigen. Dieser Antrag fand einstimmige Annahme. Zu zwei weiteren An- trägen Hettner und Dr. Roth, betr. die Aufhebung der mini steriellen Verordnung, nach der den Beamten verboten ist, Mitteilungen an Slbgeordnete zn machen, wurde nach länge rer Aussprache kommissnrisck)e Beratung beschlossen. — Die nächste Sitzung findet heute statt. LU3 Der Weltkrieg ! Der deutsche Adeudbericht Berlin, 18. September, abends. (Amtlich. W. T. B.) In Flandern starker Artilleriekampf Mich und südöst lich von Wern. Vor Verdun nachmittags auslebende Ge- sechtstätigkeit östlich der Maas. Von Osten nichts Neues. WMMWWI« k» Me / neue Kriegsanleihe muß - erfolgreich sein— sonst ermutigen wir « England weiterzu- x kämpfen! — Sie j kann Z erfolgreich sein— denn es ist Geld ge- : - nug im Lande! — tz K Lind sie wird erfolgreich sein— z ^ wenn jeder handelt, ' als ob von ihm allein > i alle-abhinge! Lesterrrichisch-ungarischer Kriegsbericht Wien. (W. T. B.) Amtlich wird verlautbart den 18. September. Auf der Hochfläche von Bainsizza wurden vereinzelte, nach starker Artillerievorbereitung unternommene feindliche Vorstöße abgewiesen. Von östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz ist nichts zn melden. Der bulgarische Kriegsbericht Sofia, 18. September. Amtlicher Bericht des General- stabs. Mazedonische Front: Au der Tscherverna Stena und im Norden von Bitolia bette sich das Artilleriefeuer zeit- weise. Im Cerna-Bogen Erkiindungsunternehnlungen. Die feindlichen Gräben südlich von Doiran wurden von uns mit lebhaftem Artilleriefeuer belegt. Auf der übrigen Front sehr schwache Kampftätigkeit. — Rumänische Front: Bei Tulces »nd Galntz spärliches Artilleriefeuer. Vom Seekrieg B e r ii. 18. September. Der Marinösachverständige der „Daily Mail" weist darauf hin. daß die deutschen Tauchboote bisher einzeln, dann weit planmäßiger, später in Gruppen zu dreien und vieren erschienen seien. Der kürzliche An griff auf amerikanische Schiffe habe die Operation einer regelrechten Tauchbootflottille erkennen lassen. Damit sei der Tauchbootkrieg in eine neue Entwicklungsstufe getreten, die für die Alliierten schwerwiegende Folgen haben können und sich anscheinend noch immer ernster anlasse. Jedenfalls zeige Deutschland auch im Tauchbootkrieg Findigkeit und Anpaßnirgsfähigkeit. Dieselben Eigenschaften seien den Engländern nötig, um Deutschland zn schlagen. Deutsches Reich — Der Reichskanzler beim Kaiser. Zur gestrigen Abendtafeln bei Ihren Majestäten im Neuen Palais waren geladen der Reichskanzler, Staatssekretär von Wal- dow und Staatsminister von Eisenhart-Rothe. — DaS türkische Generalkonsulat in Berlin gibt be kannt. daß laut Verfügung deS kaiserlichen Kriegsministe- riums alle ottomanischen Untertanen, die im Jahre 1873 geboren sind, gleichgültig, ob sie die Militärbefreiungstaxe bezahlt haben oder nicht, vom 1. September an unter die Nr. 215. Seit« 2 Fahnen gerufen sind und unverzüglich nach Konstantinoeck abreisen müssen. — Eine deutsche Erklärung zum Falle Luxburg. Aach der „Vossischen Zeitung" veröffentlicht die „Stockholmer Zeitung" „Nya Dagligt Allehanda" eine Erklärung de: deutschen Regierung in der Angelegenheit der Depesch-,, des Grasen Luxburg, die folgenden Wortlaut hat: De Kaiserliche Regierung beklagt tief, daß der schwedischen Ae- gierung infolge ihrer dankenswerte» Vermittlung von Tele grammen zwischen deutschen Gesandten im Auslände um dem Auswärtigen Amt Unannehmlichkeiten entstanden sind. Die Regierung beklagt weiter, daß der deutsche Vertreier in Buenos Aires derartige Telegramme unter Beniitzimz der schwedischen Vermittlung «-gesandt hat. Die Regier- ung hat. sobald ihr der Fall bekannt wurde, ihre Vertn- tnngen im Auslande ausdrücklich angewiesen, dafür z i sorgen, daß alle Versuche, die Königlich Schwedische Regier- ung in Verbindung mit dem Inhalt der vermittels;, Schlüsseltelegramme zu bringen, zurückgewiesen werde; Gleichzeitig betont die Kaiserliche Regierung, daß die sckwe- dische Regierung keine Kenntnis vom Inhalt dieser Tele gramme gehabt har. — Reichstagsabgeordneter Dr. Stresemau« äußerte:, einer Versammlung des nationalliberalen Vereins in Kal ?;, dem der Oberprästdent der Provinz Hessen-Nassau, de, frühere Kultusminister Dr. v. Trott zu Solz, sowie die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden beiwohnten, seine Auffassung über die Gesamtlage dahin, daß an eine;, Frieden zunächst noch nicht zu denken sei. Zwar je England, das den Weltkrieg herausbeschworen, durch den verschärften Unterseeboot-Krieg furchtbar mitgenommen. Nichtsdestoweniger wäre es töricht, wenn das deutsche Vst! schon jetzt auf das erste englische Friedensangebot irgend- wie reagieren wollte. Deutschland sei seines Sieges dum- aus sicher: Das habe Hindenburg so oft betont. Teutiä'- land habe keinen Anlaß, jetzt etwas zu tu», was schon i aller Kürze die Engländer dringender und für uns gänstz ger wiederholen würden. Auch die Auslassungen Erzberaers in Biebrach bezeichnte Dr. Stresemanu als durchaus un wahrscheinlich. Er faßte seine Ausführungen dahin zman men, daß jetzt nichts anderes zu tun sei. als daß zunns-, das deutsche Volk die Unverschämtheiten Wilsons dadurch beantworte, daß es eine glänzende Anli-Wil>eii- Kriegsanleihe zeichne. — Kundgebungen gegen Wilson veranstaltete »cuc: dings der Vorstand der Berliner Handelskammer, die dßn- gerschast von Münster, eine große Versammlung in Kaper die Bürgerschaft von Wesel, die Bürgerschaft von Grum denz. die Bürgerschaft in Gera, die Vereinigung im Deutschlands Sieg und Zukunft in Düsseldorf, die Zen- trumspartei und die nationalliberale Partei in Herne. Aus dem Ausland Oesterreich-Ungarn — Kaiser Karl begab sich mittels Sonderzug an die Tiroler Front. Schweiz — Ter Kämmerer des Königs von Bayern, Fürii Wrede, der seit vorigem Winter in Territet am Genfer 3ee wohnt, soll als Leiter eines umfangreichen Spionagemtzes von seiner Gattin, mit der er in Unfrieden lebe, angeuist, die Flucht ergriffen haben, jedoch vor dem Erreichen der deutschen Grenze verhaftet worden sein. Diese NastrM ist auch in die neutrale Presse übergegangen. So grinst sie „Aftonposten" vom 11. d. M. als Pariser Meldunr. — Demgegenüber sei festgestellt, daß Fürst Wrede nach wir m unangefochten in seinem Hause zu Lerntet leb:. — Ter Bnndcsrnt hat das Ersckieineil des Genfer B.m- tes „Jstdt-pendance Helvcktigne" für drei Monate vor- boten wegen der Beschimpfung von Regierungen der En teilte durch das Blatt, insbesondere des Präsidenten Wi.mn. Das Blatt war schon früher einmal vom Bundesrar ver warnt worden. Frankreich Der chcmaligc französische Bluckadc-Uiitcrstiuu: sekretnr Eochin richtet im „Petit Parisien" einen sehr Mu sen Artikel gegen Rußland. Er erklärt, es gebe eigentlich kein europäisches Rußland mehr. Es gebe nur einen Wey für Rußland, sich zn rehabilitieren, nämlich, Deutschland .ms Riga und Kurland zu ver-jagen. Dafür habe man idin ja die Waffen geliefert. Tie Kanonen Kerenskis und Korni- lows stammten ans Erensot und St. Chamont. Die Huren in Rußland sollten sie gefälligst endlich gegen die gemein- samen Feinde abseuern. Italien - Tic Provinzen Alexandria, Genua und Turin n ur- den angesichts ihres militärischen Charakters in die Krieas- zone einbezogen. — Zwischen dem Papst und Wilson hat ein einge.'enöer telegraphischer Meinungsaustausch stattgefunden. Ta: Er gebnis stellt den Papst zufrieden und bestärkt sein«? Umge bung in dem Glauben, daß weitere wichtige Schrine des Papstes in der Friedensfrage bevorstehen. — lieber die Turiner Unruhen schreibt das Bert. Tgbl.: Tie italienische Kriegspresst', die sich sonst in pgtherisctzcn Schlachtgcsängen nicht genug tun kann und tagtäglich über- fließt von Hymnen auf die Siege Eadornas und die Ruhmestaten des italieniscl)en Heeres, spricht jetzt davon, daß der Geist der Revolte durch das Land schreitet und seine Stunde kommen glaubt und daß der innere Feind leine Generaloffensive gegen Krieg und Vaterland eröffnet bade. Spanien — D«r Minister des Acusteren Marquis Lewa erklärte, die Gerüchte Uber eine angebliche Krisis in der kvnserea- tiven Partei seien unbegründet. Es seien allerdings Schwierigkeiten ausgetreten, die nunmehr beseitigt seien, so daß die Partei keinerlei Veranlassung habe, die Macht aus den Händen zu geben. Lema glaubt, die kon servative Partei habe bisher richtig gehandelt, aber die Pflicht Spaniens sei, ruhig zu bleiben.