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Sächsische Volkszeitung : 06.09.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192009067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200906
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200906
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-09
- Tag 1920-09-06
-
Monat
1920-09
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.09.1920
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Ich habe als Reichssinanzminister nicht daraus gedrängt, daß die Grundsätze seitens des Reiches schnellstens ausgestellt werden; denn einmal handelt es sich um ein« äußerst schwierige Materie, die viele Vorstudien erfordert: dann lommt in Betracht, daß es sowohl im In teresse der Kirche wie des Staates liegt, die Ablösung nicht vorschnell in einem Zeitraum zu vollziehen, in dem jeder sichere Maßstab für den Wert des Geldes fehlt Jedes langiristige Abkommen dieser Art, das man in einem solchen Ausland schließt, könnte zur größten Un- gerechtigkeit führen es muß daher mit der Ausemandersetznng ge wartet werden bis wiederum ein sicherer Wertmesser für das Geld vorhanden ist Endlich kommt hinzu, daß es taktisch unklug wäre, in einem Zeitraum- diele GeundsSve festzustellen und durch zu führen, in dem dem Bolk große Lallen in Horm von Steuern aulerleg« wer den müssen: die Opposition würde zn leicht den berechtigen Ver» mögensansprnch der Kirche in der Oefsentlichkeit mißbrauchen und zur Steuerverweigerung und ähnlichen zersetzenden Taten ausfordern Wenn man darangeht, zu erwägen, in welcher Form die Ab lösung sich zu vollziehen hat, so dürsten die Grundsätze des Reiches den Ländern hier volle Freiheit lassen. Drei Möglichkeiten liegen vor: 1. Entweder die Ausschüttung eines bestimmten Kapitals: dieses Kapital kann in Schuldverschrei bungen gegeben we den oder aber auch in Staatsvermögen (Wälder, Domänen), also in der Zurückgabe des alten Kirchengutes, was man heute nach dem Versailler Fiieden Restitution nennt. 2. Ein zweiter W«g wäre der, daß eine feste oder bewegliche, sährlich zu leistende Rente der Kirche ansgeworsen wird, und 3, endlich kann man eine Verbindung dieser beiden Wege einschlagen indem die Ablösung teil» in Kapital, teils in Rente gegeben wird. Jedenfalls müssen, ehx ein bestimmter Weg gewählt wird, eingehende Verhandlungen zwischen Ordinariat und Landesregierung stattfinden. Es wäre zu begrüßen, wenn man an die Erledigung dieser Vorlagen bald Herangehen würde. Was nun Umfang und Höh« der Ablösungssumme Vetzrifft. so nennt die Reichsverfassung drei Arten von Leistungen, die abgelöst werden müssen: sie müssen auf Gesetz beruhen, auf Vertrag oder auf beloderen Rechtstiteln. Unter diese Voraussetzungen fallen sämtliche bisherigen Leistungen, welche der Staat für die Kirche auf- ewendet hat. namentlich auch die staatlichen Zuschüsse zu den Ge- ältern der Geistlichen Die Quelle für die meisten dieser Rechtsansprüche ist die Säku larisation vom Jahre 1803 bis 1809 Artikel 35 des Regensburger Reichsd.plitationShauptschliisses überweist nämlich das Kirchenver mögen den Landesherren, „sowohl zum Behufs des Aufwandes für Gottesdienst, Un terricht und sonstige gemeinnützige Anstalten als zwr Erleichterung ihrer Finanzen." Artdekl 65 des Regensburger Reichsdeputationshauptschlusses bestimmt: „Fromme, milde Stiftungen sind wie jedes Privateigentum zu konservieren, iedoch so. daß sie dl-r landesherrlichen Aufsicht und Leitung untergeben bleiben." Artikel 63 garantiert „den ungestörten Genuß des Kirchengutes und Schulfonds nach der Vorschrift des Westfälischen Friedens". An der M'chtsquelle der Säkularisation müssen wir gerade jetzt mit aller Entschiedenheit festhalten. (Schluß folgt,) Politische Macht der Arbeiter und Arbeiterbildung Je länger die Arbeiter, Sozialisten und Nichtsozialisten seit der Revolution im Besitze der politischen Vormacht sich besinden, um so mehr fühlen sie, wie sehr das nationale Bstduigs- und Kulturgut fast ausschließlich von den bürgerlichen Kreisen betreut und beherrscht wird, wie dagegen die Arbeiterklaffe daran arm und unmächtig dasteht, w'e sogar die alte Kultur des naiv e*> o.e„ Volkstums gerade in den Arbeiterkreisen während des kapittlisttsch.-n Zeitalters zermürbt unk, weithin verloren gegangen ist. Eine kulturirme und weithin bil dungsfremde Volksschicht kann aber niemals di« politische und bin aur politischer Macht beruhende wirtschMliche und gesellschaftliche Vorherrschaft aufrechterhalten. Di« Zollen gerade die aroßen und reinen Arbeiterführer beherzigen. Nicht minder die zweite Wahrheit, das« all« politischer und wlrt,ch'ltlich n Enungen'ch.'.sicn ttst dann Mr"ichheitswe>.' gewinnen, wenn jie in innere Bereicherung der der Seele umgesetzt werden und damit inneres, persönliches Glück be wirken. Diese Ausgabe leistet aber nur echt religiöse, sittliche Bildung zugleich mit echter menschlicher Geistes- und Herzensbildung des ein- zelnen Arbeiters, der Arbeiterfamilie, des Arbelterstandes, Je grö ßer die politischen und wirtschaftlichen Erfolge der Arbeiterbewegung werden, um so heftiger wird der geistige Hunger und Durst nach in nerer Bereicherung der Arbeiterseel« durch echt« bodenständige Bil- düng, die etwas ganz anders ist als bloßes sachliches, politische-, soziale-, selbst religiöses Sachwissen, als die Fertigkeit der Organisa tion und Agitation. So erneut sich heut« die Erfahrung, welche zur Zeit der Völker wanderung und zu allen Zeiten nach erfolgreichen Revolutionen die Völker und Volkschichten machten, wel^e an Kultur arm waren oder doch abseits des schöpferischen Kulturleben-, an ihrer Pflege nicht be teiligt, im Schatten der geistigen Führer der Gesellschaft gelebt hatten und NM durch Waffen- oder Rrvolutiousgewalt zur politischen »nd wirtschaftlichen Vorherrschaft gelang waren; fl« mußten de« säuern und langen Weg betreten, de» zur S lbslbesähigung für die Mitarbeit an der Kultus- unb BilduugSpsleg« führt. Eine solch« aufsteigende Schicht kann dabei nicht den Versuch machen, von dem die Sozial demokratie noch zu träumen scheint, eine neu« Kultur sozusagen aus dem Nichts, und zwar al< Klaffenlultur völlig neu zu schaffen. Eie muß vielmehr das Erbgut einer Jahrhunderte alten Kulturarbeit ehr- furchtsvoll aufnehmen und durch eigene Bildungsarbeit sich erst anzu eignen suchen. Die über der Menschheit waltende Vorsehung will durch diese Aufpsropfung einer altgewordenen Kultur aus einen Reu» ling deren Verjüngung herbeifahren. Das Ergebnis ist, daß die po litischen Sieger von der Kultur der abtretenden Herrscherschicht geistig besiegt werden. Denn alle» Lebenswachstum ist organisch. Die christliche Arbeiterbewegung hat sich auf de« Boden der durch die sozialistische Revolution geschaffenen, noch unfertigen Demo» krati« gestellt. Damit, daß manche ihrer Führer iin deren leidende Aemter aufgerückt sich, ist erst die äußerlich« Arbeit der Schaffung der Betriebseinrichtung geleistet; diesem Apparat gilt eS nun eine neue Seele zu geben. Das erfordert ernste Bildungsarbeit der Arbeiter selbst. In dem Maße, als diese natürliche Bil dung auch von den christlichen Arbeitern in ihren Se«len geboren wird, können sie auch den Geist Christi damit vermählen. Zurzeit hat der Umsturz über das Christentum gesiegt; den Sieg deS Christen tums, über den die christlichen Arbeiter redeten, müssen sie erst noch durchsetzen durch die Tat des Geistes, die bisher unzureichend war. Nicht Darüberreden, sondern Lebenwecken und Lebenspenden wird ge- fordert. Niemand kann aber etwas geben, was er nicht in eignem Reichstum besitzt. (Vgl. A, Pieper: Bon der Arbeiterbewegung zum Arbeiterstande. 4 Abschnitt: Die Pflege der Arbeiterstandeslultui; Soziale Auskunft 69 de- VolksvereinS: Ziele und Wege der Ar beiterbildung,) Die Konferenz der ErnShrungsm nister Berlin, 5. September. Ucber die Konferenz der Ernährung»- minister wird jetzt eingehender berichtet. Dr. Hermes erklärte, dem Abbau der Zwangswirtschaft lägen zwei Gedanken besonder» nahe: 1. Daß wir bei Aushebung der Zwangswirtschaft unter allen Umständen ein gemeinsames Vorgehen de, Länder und des Reiches erzwingen müsse«; bisher sei es nicht gelungen, diese Einheitlichkeit aufrechtzuerhalten und da, wo Sonderaktionen eingeleitet worden waren, ein einheitliches Zusammengehen wieder- herzustellen. 2. Wird mit der Aushebung der Zwangswirtschaft die Ver antwortlichkeit der deutschen Landwirtschaft ein« größere und unmittelbarere, als zur Zeit der Zwangswirtschaft. Die großen Organisationen und ihre Führer haben ihre Mitwfttung in dieser Hinsicht in den letzten Wochen zur Vevfügung gestellt und ihre Mitglieder und Anhänger zur tätigen Hilfe angespornt. Die Brotablieserung. die ja hierbei eine ganz besonders wichtige Roll« spielt, habe in den letzten Tagen eine Besserung erfahren, wenn sie auch noch nicht ausreiche, um dir Brotreserve genügend sichcrzu- stellen. Die freie Wirtschaft, wie sie jetzt namentlich in Kartoffeln eintriu, dürfe nicht zu einer wucherischen Preisbildung führen. Dir Landwirtschaft müsse dem mit allen Mitteln entgegentreten. Zu der Frage der Freigabe der Fleischwirtschaft und der Bereitstellung einer Reserve an Auslandsfleisch, di« ständig so groß gehalten werden soll, daß sie eine Wochenration für längere Zeit sichern könne, wurde mitgeteilt, daß gegenwärtig 55 000 Tonnen vorrätig sind. Der Bestand soll Lauernd auf 33000 Tonnen ge halten tvorden, so daß 66 Millionen Versorgungsberechtigte drei Mo nate lang mit 125 Gramm versorgt werden können. Der preußische Staatskommissar regt« an, daß die Kommunalverbänd« bei Aus hebung der Fleischbewirtschastung an di« Bevölkerung aufgegeben wer den können, um auf diese Welse Störungen tn dar UebergangSgeit zu vermeiden. Ter sächsische Vertreter sprach sich gegen di« Aufhebung der Bewirtschaftung d«s Fleisches aus, wogegen die meisten Länder für die Aufhebung eintraten. Im Laufe der Debatte erklärte der Reichsminister, daß er die Verantwor tung nicht übernehmen könne, die Freigabe des Schlachtviehes ohne Sicherung einer Fleischreserve vorzuschlagen. Die Sicherung müsse geschaffen werden gegen Störungen in der Anlieferung und gegen übertriebene Preisbildung. Auch die Sicherung der Brotreserve, die zur Stelle sein soll, wenn die Fleischbewirtschastung aufgehoben werde, «i absolut notwendig für die Sicherung der Ernährung. An die Besprechung der Fleischbewirtschast schloß sich die der Getreidebewirtschaft. Vom Reichsministerium wuirde er klärt, daß über eine» Zeitpunkt der Aushebung der Zwangswirtschaft heute unmöglich eine Erklärung abgegeben werden könne. Die meisten Vertreter der Länder forderten eine Verminderung des Ausmah- lungssatzes, eine mindergroße Zahl auch die Forderung nach Er höhung der Brotration Zur Freigab« der Kartosfelversorgung verlangten einige kleine Staaten Ausfuhrverbote. Die Reichsregierung widersprach dem Grundsatz« nicht. Die Maßnahmen gegen die Preissteigerungen sollen in einer demnächst stattfindenden Konferenz besondars erörtert werden, ebenso die Frage einer stärkeren Beliefe» rung der Brauereien. Eine >v«itere Konferenz ist für Ende des Mo nats in Aussicht genommen. Erfüllung der französische« Sühneforderuntzen Berlin, 5. September, Der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons und der preußische Minister des Innern Dr, Seve- ring suchten heute mittag den französischen Botschafter aus, Dr SimonS erklärte Herrn Laurent folgendes: „In dar Note vom 30, v. M. haben Eure Exzellenz der deutschen Regierung die Be. dingungen mitgeteil:, unter denen die Regierung der sramzöjischen Republik die Beilegung des Zwischenfalles herbejsühren will de,» sich auf dem französischen Konsulat in Breslau am 26. August d I, zugetragen hat. Zugleich haben Sie auf eine Reihe von Ku,ikg:b,»u gen »Md Angriffen gegen zivil« und militä iiche Verte, er Fron!- reichs in Deutschland hingewiesen. Dabei haben Eure Exzellenz be tont daß die Regierung der sranzö6ch n Repub'it mit der dentstl, >, Regierung in einer Atmosphäre.der Be ud'gung und der Albe» siche, liehe Beziehungen zu unterhalte» wünsche. Deifeld' Wunsch nsiUll die deutsche Regierung. Cie mißbilligt auf das entschiede,»sie diese Borkommniffe, die wie die Bo gäng- in Breslau durch gewisse Um stände unk Ereignisse erklärt, abe" nicht g-r'clittett'at wette» Ion: 0> Die deutsche Regierung bedauert alle Zwisch »fälle, deren Ovstr französische Vertreter oder Staatsangehörige geworden sind und wird die in der Note vom 20 v, M. geforderten Ge nugtuungen gewähre n." Ter französisch« Botschafter erwiderte: „Im Namw der Regierung der französischen Republik nehme ich Kenntnis von der Erklärung Euer Exzellenz und der Zusage der Reichsregierung, daß sie di« ihr mitqeleilten Wiedergutmachungssordenmaen erfüllen wird Lasten Sie mich. Herr Minister, der Hoffnung Ausdruck gebe», daß sich solche Zwffchensälle nicht wiederholen und daß die Bezieh'-»», gen Deutschlands und Frankreichs sich von nun an im Geiste fried licher Zusammenarbeit gestalten werden, der für die wirtschaftliche Wiederaufrichtnng und das Gedeihen beider Teile so nötig Ist." Sodann machte der Rcichsminister von den durch die Reick)-, regierung, der Minister de» Innern von den durch die preußische Re gierung in Erledigung der französischen Forderungen getroffenen oder ei »geleiteten Maßnahmen Mitteilung. „ Eine Note über die Gewalttaten in Oberschlefie» Berlin, k. September. Amtlich Die Reichsregierung hat eine Anzahl einwandfrei sestgestelltrr, besonders empörender Gewalt- taten gegen Deutsche in Oberschlesien zur Kenntnis des Präsidenten der Friedenslonserenz gebracht und ihm hierbei nachstehende Note überreich, n lassen: Die Nachrichten über Ge:' Maten gegen Deutsche in Oberschlesien mehren sich. Der deutschen Bevölkerung im Abstim mungsgebiete wie nn übrigen Reiche ha: sich infolgedessen steigende Erregung bemächtigt, die ein« -Atmosphäre der Beruhigung und Ar beit nicht aufkommen läßt, vielmehr zu gewaltsamen Gegenmaßregeln ausreizt Aus der Fülle der hier vorliegenden Meldungen sind einige besonders schwerwiegende Fälle zusammengestellt, deren Ergänzung Vorbehalten bleibt. Die deutsche Regierung ist es dem deutsche» Volke schuldig, Klarheit übekv d«n tatsächlichen Sachver halt herbeiz «führen und das ihrige zu tun, damit Abhilfe eintritt. Nach den Abmachungen von Paris ist sie nicht in der Lage, durch ihre eigenen Organe in dem vvn der interalliierten Kommission verwalteten Gebiete Feststellungen vornehmen zu lassen. Durch pri vate Beauftrag'? kann dies nicht geschehen. Würde» aber die Er. Hebungen der interalliierten Kommission überlassen bleiben, so wäre mit Sicherheit anzunehmen, daß das Ergebnis von der erregten Be völkerung nicht als unparteiisch anerkannt wird. Der erstrebte Zweck wird nur zu erreichen sein, wenn eine an den Vorgängen in Ober- schlossen unbeteiligte Stelle die Aufgabe übernimmt. Die deutsche Ne, giening beehrt sich darum vorzuschlagen, ein« von Deutschland, Polen und den Verbündeten Hauptmächten zu bildende Kommission a»S An- gehörigen solcher Staaten, die nicht z« den SignatarmSchten des Ver trages von Versailles gehören, mit der Feststellung deS Sachverhalte« zu betrauen. Sie hofft, daß die Tätigkeit einer solchen Kommission auch dazu beitragen wird, in Oberschlesien die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen allein eine dem Sinne und dem Wortlaute dtt Verträge entsprechende Abstimmung erfolgen kann." Die Regierungen ft, Paris, London, Rom und Warschau sowie der p 8 p st- liche Stuhl werden von dem Inhalt der Note in Kenntnis gesetzt. Weißbücher für Oberschlesien Berlin, 6. September. (Amtlich.) Di« Reichsregierung wird drei Weißbücher von Oberschlesien herausqeben. Das erste wird eine authentische Schilderung aller von den Aufständischen verübten (Ge walttaten und Morde enthalten. Das zweite wird Beweise dafür erbringe«, daß ein Teil der in Oberschlesien verwandten inter alliierten Truppen es nicht nur unterlassen haben, gegen die Aufständischen einzuschreiten, sondern daß sogar an einigen Stellen von der Trupp« offen fü-r die polnischen Banden Par tei genommen worden ist. Das dritte Weißbuch wird sich mit den Vorbereitungen geschäftigen, die polnischerseits für die Orga nisation des Aufstandes getroffen wurden. DaS Weiß buch wird sich im wesentlichen auf polnisches Malanal stützen, da durch die Wachsamkeit unerschrockener deutscher Zollbeamter eine« widorrechtlich die Grenze überschreitenden Kurier KorfantyS abgenom men worden ist. Der Postillon von Schönberg Von Karl Domanig. (3, Fortsetzung.) „Jörg sah die Sprecherin an und dann die Cenz und wußte nicht, wie ihm geschah. Ist denn nicht er gekommen, um ihr den Ab schied zu geben, und jetzt — woher wußte sie das? ... Es war ihm. als hätte er Ohrensausen, er sah nur starr vor sich hin. Und die Alte begann wieder: „Wir haben wohl gemeint, daß du ein guter Mensch wärst, aber wenn die Sache so steht und du willst uns gleich aus dem Hause schaffen, dann gehst doch gescheiter du als wir, weißt du; und mit «inem solchen Menschen will die Cenz schon gar nicht» zu schaffen haben, jetzt weißt du es!" Der Jörg, als er so reden hörte, wußte noch immer nicht, wie ihm war. und fragte nur ein gedehntes „Was —-?" „Was? Willst etwa leugnen," fuhr die Base heftiger fort, „und hat man nicht Zeugen dafür, was du im Sinne hast? Geh nur weg, einen Menschen, der Vater und Mutter nicht ehsrt, nimmt die Cenz nicht ins HauS, Sie hätte schon andere gekriegt und brauchst dir auf dein Geld nicht so viel emzubilden," Indem ging die Tür auf und auS dem Nebenstübchen heraus trat die Mutter. „Ja. ja," begann sie zum Jörg, „nachher kannst schauen, wo du einen Segen Gottes hernimmst und wie du es vor wärts bringst, wenn du mit den alten Leuten so umgehen willst, daß sie gleich aus dem Haus sollen, wenn sie genug gearbeitet haben. Jörg. Jörg, gib acht, wie es dir die eigenen Kinder einmal machen! Du wirst es erfahren, daß sie dir es grad so machen, wie du es jetzt mir machen willst." . . . Da sina dem Jörg an ein Lichilein ausjzugehen, er stand auf und sagtx: „Das ist mir jetzt ein sonderliches Gerede, Mutterl Wer Meinen Vater kennt, kann es von ihm hören, was er zu klagen hat über mich »nd ob ich nicht meine Schuldigkeit ordentlich getan Hab. 'Und ich Hab Euch auch nie anders behandeln wollen, Mutter; wer anderes sagt, ist cin Lügner!" — „Lügner?" keifte die Base „Jetzt schau mir den Zaggler an" (sie sah auf das zerrissene Knie)! „Du Schlamverer, meinst, wir wissen nicht, was d» getredet hast?" — „Was geredet?" rief Jörg. -„Was ich geredet? Heraus mit der Sprache daS will ich jetzt wissenl" „Nichts braieckist du wissen," schrie die Base, „eS ist genug, wenn wir es wissen"; und die Mutter sagte: „Geh nur, wir haben dich für einen Heiligen gehalten lang genug, du machst uns nichts mehr weiß!" Und wie di« Frauen so durcheinander lärmten, sprang auch der Hund unter dem Ofen heraus und Hub sein Gebell an. Der Jörg aber stand inmitten, ratlos, Zorn und Verdruß hatten ihn stumm gemacht; bis endlich die Cenz herüber trat und kleinlaut zu ihm sagte: „Der Klober-Luis hat es zur Mutter gesagt." „Ja, was denn aber, Cenz?" fragte Jörg schier weinerlich. — Ach, Jörg, daß du zu ihm und zum Gstirner gesagt habest: Sobald ich die Cenz habe, muß mir die Alte aus dem Hans!" Und Cenz weinte, während sie sprach und schluchzend trat sie ans Fenst«r zurück. Die beiden Alten aber fingen ebenfalls wieder an zu klagen und zu schelten, der Hund kläffte noch grimmiger: — da stieß der Jörg den Hund von sich, daß er winselnd in eine Ecke kollerte, hob drohend den Zeigefinger und ries: „Der Klober-Luis und der Gstirner! Alle beide müssen sie mir Herl Und das heute noch!" Mit diesen Wor ten schritt er zum Hause hinaus, —- Die Frauen, als sie den Jörg so zornig sahen, waren ein« Weile stumm und verwirrt, Cenz sing zuerst an, daß der Jörg am Ende unschuldig sei; auf den Klobener habe sie nie was gehalten. Aber die Mutter sagt«: „Er hat mirs nur ganz im Vertrauen mit geteilt und deswegen kriegt er dich doch nicht," und die Base berief sich vor allem auf dem Gstirner. 4, Kapitel. Wie Jörg sich rechtfertigen wollte utnd dabei nicht zurecht kam. Jörg inzwischen war aus dem Wege nach Matrei zurück. Keine Ruh« ließ es ihm mehr, über Stock und Stein ging es dahin, obwohl es schon anfing Nacht zu werden; und drinnen traf er den Gstirner im Hansgang, wie er mit den Ehehalten Nachtrosenkranz betet. „Jörg, ungeduldig,- geht auf ihn zu: „Was sagst du? Was soll ich gesagt haben?" — Der Wirt, noch kniend: „Laß du mich jetzt einmal fertig betenl Es wird wohl noch eine Zeit gebenl" Mes aber war aus dem Beten herausgekommen und sah den Jörg an »nd die Dirnen kicherten zw- sammen. Jörg murmelte etwas vor sich, hin und ging in die Stube; der Wirt mit den Leuten betete fort. Nun in der Stube saß noch der Luis ganz allein hinterm Tisch und der Jörg auf ihn lost Und was ez da eigentlich gegeben hat, erzählt er nicht gern. Sie müssen arg überttnandergekommen sein; zuletzt ging eS ans Mausen. Wie der Gstirner mit dem Gesinde tn die Stube trat (ich weiß nicht, war der Rosenkranz fertig, oder hatte sie der Lärm hereingebracht), da treffen sie den Jörg über dem Luis auf dem Boden, wie er ihn am Halse hat und würgt, daß er bin» war und alleweil schrick: „Lump. Lügner, willst bekennen, daß du gelogen hast?" , Nu», der Witt und der Hausknecht reißen sie auseinander und der Gstirner sagte, das wär ihm sauber, in seiner Witttsstudc das Raufen, und konnte «s vom Jörg grad gar nicht verstehen: ob er denn einen Rausch hätte? — Da schimpfte Jörg auch den Gstirner, daß er gelogen und ihn verleumdet habe und tat ganz wild; «S hat lange gedauert, bis sich der Witt nur überhaupt auskennt. „Jörg," sagt er dann, „wenn die Sache so ist. hast recht. Zu mir hast du nie so was gesagt und das traute ich dir auch nicht zu „Siehst du, du Lump," fing da der Jörg zum Lui« wieder an, „wie du gelogen hast! Und jetzt frag ich dich grad, ob du abbitten willst oder nicht?" und sprang aus- neue auf den Klobener los. Aber der Hausknecht hielt ihn zurück und Luis schlüpfte hinter den Tisch, Der Gstirner selbst wollte, daß sr Abbitte leiste, aber der Luis sagte nur: „Wenn es halt du (Gstirner) nicht gebört hast, ich Habs gehört, gewiß ist es, unS Habs so verstanden," Wester war nichts zu erreicben; bis endlich der Wirt den Handel beilegt« und sagt« „Weißt. Luis, es hat ein jeder daS Recht, dir zu glauben oder nicht, und ein jeder wird wisse», wa§ er von deinem Gerede zu halten hat. Mich einmal darfst d» als Zeugen nicht hcrnehmen, ich Habs nicht gehört, daß der Jörg so e!waS geredet hätte, »nd zutrauen tu ichs ihm auch nicht." Wi« der Jörg sah, daß mit dem Klobener« weiter nichts aus- zutrichlen sei, bat er den Gstirner, er solle zur Cenz gehe» und es dort sagen. — „Wohl, das tu ich dbr schon, das will ich dir gern beengen, daß du zu mir nichts gesagt hast," — „Gut, nachbett gehen wir!" — „Jetzt? Nein, bei der Nacht gehe ich dir nicht mehr in den Matreier Wald. Der Handel pressiert ja auch nich' so. Ich muß morgen vhn - weg um ein Kalb dahinein und dann will ich dir schon zukey-rn " Der Jörg aber in seiner Hitze war damit nicht zufrieden und sagte, dann könne er ganz daheim bleiben und soll es dann nur auch mit dem Luis halte«; imd fing wieder an zu schelten und zu lamen tieren, daß der Witt endlich sagte: „Jetzt ist mir bald lieber, du gehst, Jörg, wenn du gar keine Vernunft annimmst," und die Leute vom Witt, die ihn reden hörten, meinten: „Ein bißchen zu viel muß der Jörg schon doch haben!" ^ „ ... (Fortsetzung folg!,)
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