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Literatur. Fünf neue Hefte der Broschürensammlung „Volks- aufklarung" (jedes Heft 10 Heller — 8 Pfennige, Haupt versandstelle A. Opitz, Warnsdorf, Nordböhmen) sind letzter Tage erschienen und zwar: Nr. 135/136 „Das große Wunder der Weltgeschichte" von Franz Zach-, Nr. 137 „Christliche Moral und moderne Kultur" von Ottokar Prphaszka, Bischof von Stuhlweißenburg: Nr. 138 „Der AMichrist Nietzsche" von F. Zach: Nr. 139 „Alkoholismus und soziale Frage" von Pfarrer Johannes Kapitza. Die bisherigen 139 Hefte (jedes auch einzeln erhältlich) bieten eine reiche Fülle sowohl positiver als auch apologetischer Aufklärung für breite Volksmassen. Möchten diese so zeit- notwendigen und billigen Volksschriften an jedem Orte planmäßig verbreitet werden. Sämtliche 139 Nummern mit fünf Ergänzungsbändchen und der Zitatensammlung „Die großen Fragen des Lebens" (384 Seiten) kosten 17 Kronen oder 14 Mark 20 Pfennige. Ein zuverlässiger Kompaß für das neuzeitliche Stu- dcntcntum sind die „Sozialen Studentenblätter", welche unter der trefflichen Redaktion des Herrn Dr. Karl Sonnensck)ein seit nunmehr einem Jahre vom Sekretariat sozialer Studentenarbeit (München ° Gladbach, Sand- strahe 6, Abonnementpreis pro Jahr nur 1 Mark) heraus- gegeben werden. Der erste Jahrgang umfaßt 8 Nummern. Sie dienten der Mobilmachung der deutschen, insbesondere katholischen akademischen Jungmannschaft für die zum charakteristischen Merkmal unserer Tage gewordene sozial- staatsbürgerliche Idee, dienten der Aufklärung, der uner müdlichen Werbearbeit, und, da es notwendig wurde, auch der kräftigen, zielbewußten Verteidigung der neuen Ideale? Was in diesen Blättern an Intelligenz, moralischer Ener gie, idealem Opfersinn, klugem, praktischem Wirken und siegesfroher Aufmunterung geleistet wurde, beweist, daß es sich hier um eine ernste, tiefinnerliche Erziehungsaufgabe handelt voll nationaler, ethischer und religiöser Kultur werte. Nicht für- den Augenblick schaffen die mutigen Kämpfer, sondern für die Gegenwart und die Zukunft! Nicht persönlicher Ehrgeiz treibt sie zu Wort und Tat, sondern die bittere Erkenntnis von der Notwendigkeit ihres Bemühens für Volk, Staat und Kirche. Nicht a:n- dringliche selbstbewußte „Reformer" wollen sie sei», son dern bescheidene Mitarbeiter an den wichtigen Problemen, deren Lösung sie nun einmal auf Grund ernster Arbeit und Prüfung als brennend mrd dringend erkannt. Wir wün schen dem wackeren Organ der katholisch-sozialen Studenten bewegung, die alle Gruppen ohne Unterschied umspannt, i ein donnerndes vivnt ereseat, klareat! Möge es bald ! 3000 Abonnenten zählen! Ein 6. ^.-Philister. Vermischtes. V Vogelschieber. Der Handel mit einheimischen Zimmervögeln ist bekanntlich nach dem Vogelschutzgesetze vom 1. März bis 1. Oktober verboten. Für Meisen, Klei ber und Baumläufer erstreckt sich das Verbot auf das ganze Jahr. Wo blieben nun am 1. März die Vögel, die der Händler noch am 28. Februar hatte? Mit dem neuen Ge- setze haben sich Gestalten gefunden, die in den Großstädten ein steuerloses Gewerbe als sogenannte „Vogelschieber" be treiben. Sobald am 1. März der Handel mit einheimischen Zimmervögeln verboten ist, nehmen diese Vogelschieber ihre Arbeit auf. Beim Vogelhändler sind zwar alle Singvögel am 1. März verschwunden und die Leute erzählen das Mär chen, es sei alles ausverkauft. Das ist aber keineswegs überall der Fall, obgleich es selbstverständlich zahlreiche Händler gibt, die das Gesetz nicht umgehen. Auf Bedauern des Vogelliebhabers, der gern noch einen Vogel erwerben möchte, erklärt der Händler, er wisse jemanden, der wolle seinen Vogel wieder verkaufen und wohne da und da. Der Verkäufer ist in den meisten Fällen der vom Händler ge dungene Vogelschieber, der so lange jedesmal „seinen Vogel wieder verkaufen will", bis er nach und nach die in Kommi sion genommene Ware des eigentlichen Vogelhändlers ohne Aufsehen, unter Hintergehung des Gesetzes, abgesetzt hat. Wer von einem Vogelhändler zu solchem Biedermanne emp fohlen wird, der seinen Vogel gerade wieder verkaufen will, der erforsche genau den Ursprung des Tieres und er wird Wunder erleben. Die durch Vogelschieber erworbenen Vögel sind natürlich höher im Preise, denn diese Art der Vogel freunde ist darauf bedacht, gut zu verdienen. Es würde sich sehr empfehlen, wenn die Polizei stets einige Tage vor dem 1. März feststellen würde, wohin die Vögel kommen, die in den Vogelhandlungen nicht verkauft werden. v Die Kunst schätze von Messina. Seit dem Erdbeben, das Messina am 28. Dezember 1908 verheerte, traf man viele Maßnahmen für die Erhaltung der Kunst werke dieser Stadt. Ein Teil der Marmorverkleidung der berühmten Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert, aus Mar- mor hergestellt, wurde gerettet. Skulpturen aus dem fünf ten Jahrhundert und herrliche Mosaiken sind ebenfalls er halten. Die Kirche Santa Maria, die die Krypta der Kathedrale bildet, ist wieder instand gesetzt worden. Der Schatz der Kathedrale, der reich an Kunstwerken und wert vollen Steinen ist, wurde nach dem Erdbeben geborgen und befindet sich noch beim Erzbischof. Die Marmorver- kleidung der herrlichen Kapelle der Pieta ist in Sicherheit gebracht worden, da eine dicke Mauer die Kapelle durch Ein sturz zu vernichten droht. Um Diebstähle zu verhindern, wird die Kirche unausgesetzt durch einen militärischen Doppelposten bewacht. Das gleiche ist mit der Kirche An- nunziata Cataluna geschehen. Vom Museum hatte Pro- fessor Salins vor allen: das herrliche Tryptichon An- tonnellos aus den Trümmern retten können. In der Mitte gut erhalten, war es an den Flügeln beschädigt. Es ist pro- visorisch im Museum von Palermo untergebracht. Sonst konnte nian von: Museum nur sieben Kisten mit Silber arbeiten und anderen Gegenständen retten, die ebenfalls beim Erzbischof deponiert sind. An den Wiederaufbau der arg beschädigten Kathedrale will man alsbald gehen. Das neue Museum soll sechsmal größer werden als das bisherige. v Das Verbrechertum in- Amerika. In einer amerikanischen Zeitschrift finden wir folgende Zahlen über das Anwachsen der Verbrechen, die meist keine Sühne finden. In den Vereinigten Staaten werden durchschnittlich 200 Menschen in der Woche ermordet, also rund 30 an jedem Tage. Die Polizei ist ohnmächtig, weitaus die Mehrheit der Mörder entgehen infolge der schlechten Polizei der Strafe. In Deutschland werden 96 Prozent aller Mord taten gerichtlich gesühnt, in Spanien 86, in Frankreich 61 und i» England 60 von 100. v Eine der größten Perlen, die jemals in die Vereinigten Staaten importiert worden sind, ist dieser Tage den: Institut der vereidigten Juwelentaxatoren von Neuyork zur Begutachtung übersandt worden. Die Perle ist birnenförmig, und von den Fachleuten wird behauptet, daß sic schwerer ist als irgend eine andere Perle, die seit langen Jahren nach Nordamerika gebracht wurde. Eine Juwelenfirma, der die Perle gehört, schätzt das seltene Kleinod auf 400 000 Mark. Der Verkaufspreis der Nie- fenperle wird schon jetzt mit annähernd 600 000 Mark an gegeben. ,, , Nabsn in ^.potliokon, OrvAsrion und XolonikIvkrsotiündlunKSn. »» Msgeartitrkr«a ,,, Hppetita«rege«ai ZVo susvLrts niollt srtrLltlloli, Vor- sg.ni1.psr kost b/i klgsovon 4.— ::: krgnlco Ilgodnginno. ::: 8ed!i»Ir« ^ O«., Hisrvsjvnstrsüv 14. bcdkamm § keklerme^er, Vreden l.sMiaussli'. 27 8sv8tk. 18 Mlrlerliolsl) k'iknskvkg 81k. 2 von 4 Mg. SN. ZOO Sorten A^aretten. U kaucktabake L«v11«rv ««ckivnniix «a dtlUxstvn - 104 - 101 — „Steh auf! Jetzt kenne ich dich! Die Hanna vom Buchhof — was willst du hier?" „Raubt uns nicht die Heinrat!" bat sie. „Habt Mitleid — mit den: Vater, mit uns. — In ihrer Jugend kamen die Knaben auf unseren Hof. Wir hatten sie lieb. — Gedenkt dieser Liebe. Seid nicht hart! Seid menschlich barmherzig — um des Vaters willen! Er ist blind — und arm — arm — Tafinger räusperte sich: es würgte ihn in der Kehle. Diese. Augen — diese Augen! „Es geht nicht. Das Recht muß seinen Lauf nehmen —" „Das Recht? Ich dächte, das wäre bei uns!" „Mädchen — reize mich nicht." „Nein, ich kan:, Euch zu bitten. Als Bettlerin komme ich. Seid gut! Einmal, im Maien, als ich noch ein Kind war, da saß ich auf Eurem Schoße, und Ihr führet mir über das Haar und herztet mich und Ihr wart mir gut. Warum seid Ihr jetzt hart gegen mich? — Gegen uns?" „Das tvaren andere Zeiten. Das ist lange vorbei — damals war Ruhe und Stille. Jetzt aber ist Sturm." ..Der Friedensengel geht durchs Land. Habt Ihr seine Botschaft nicht vernommen? Friede dem Menschen, die guten Willens sind! — Gebt Frie den! Frieden!" — Sie faßte seine Hand. „Es ist so schwere Zeit. Warum seid Ihr so hart? Ist denn kein warmer Funke in Eurer Brust?" Tafinger machte seine Hand los und starrte in die Lampe. Dann sagte er: „Im Dorfe steht ein leeres Haus: ich will es euch überlassen." „Nein, nein! Nur nicht fort vom Buchhof." „So stolz bist du?" „Nicht stolz! Er ist uns die Heimat! . . . Die liebe Heimat! — Er umschließt alles, was wir lieb haben. Dort liegt unser Glück — begraben. Vertreibt uns nicht." Tafinger rang mit sich. Aber der Kampf war kurz. Dort lag sein Schuldbuch. Das war ihm Richtschnur fürs Leben. „Nein!" Hanna zwang ihren Stolz nieder, und die Liebe zu ihrem Vater riß sie auf die Knie. „Ihr wart auch einmal jung," sagte sie. „Ihr wißt, was Liebe ist. Um dieser Liebe willen flehe ich Euch an: raubt uns die Heimat nicht. Wir lieben sie mehr als das Leben." „Was — was weißt du?" , Ihr hattet ein Mädchen lieb um dieses Mädchens willen —" Tafinger schrie auf, faßte Hanna an den Schultern und rüttelte sie. „Schweig — schweig! Sonst —" Da erhob sich Hanna, weiß wie Marmor im Gesicht. Ihre Augen blick ten starr und groß. „Rührt mich nicht an!" sagte sie mit eisiger Kälte. „Eure Hand ist unrein! Ich habe geglaubt, die Liebe mache groß und gut und edel. Aber es ist nicht wahr. Es gibt Menschen, denen nicht einmal die Liebe heilig ist, die auch mit der Liebe Schacher treiben, deren Herz ganz erhärtet, aus Stein ist. Ich bitte nicht mehr; tut, was Ihr wollt! Ich gehe! Ich folge meinem Sterne! Ich folge meiner Liebe! Ich ziehe in den Krieg!" „Mädchen — bist du wahnsinnig?" Hanna blickte ihn hoheitsvoll an. „Ich gehe in den Krieg — ich sterbe für meine Liebe." „Was soll das heißen?" : ^ Ans de», Bnchhofe stieg die Not mit jedem Tage. Lorenz Murrner ward mit feiner Bewerbung immer kühner. Am Neujahrsabend, als Hanna in ^ der Küche an: Herde stand und Grete ins Dorf gegangen war, trat er an sie * heran und sagte: „Ich habe jetzt lange genug gewartet und laß mich nicht zum Narren halten. Etwas Sicheres will ich wissen: wann soll die Hochzeit sein?" „Es muß erst Friede in: Lande werden," stöhnte Hanna. „Was geht mich der Krieg an?" sagte der Knecht. „Willst di: vielleicht warten, bis einer zurückkommt und dich nimmt? Da magst lange warten!" Hannas Stolz bäumte sich auf, u:ck> in flammender Entrüstung rief sie: „Ich will nicht das Weib eines Schurken werden!" Aber sie bereute im selben Augenblicke das böse Wort. Der Knecht trat dicht an sie heran, faßte mit rohen: Griffe ihre Hand und sagte, während seine Augen heißen Grimm funkelten: „Ich will ein Ende machen. Bis Sonntag will ich die Antwort haben. Lautet sie nein — so schließe :ch mit Tafinger Frieden. Dann seid ihr Bettler." Er ging mit dröhnenden Schritten aus dem Hause, indes Hanna am Herde stöhnend zusammenbrach. Es war, um wahnsinüig zu werden. Sie sah keinen Ausweg, sie mußte diesen: schrecklichen Menschen die Hand reichen, um Vater und Schwester die Heimat zu retten. Sie mußte das furchtbare Opfer bringen, sonst war alles verloren. — In der Nacht, während sie sich schlaflos auf ihrem Bette wälzte, durch zuckte sie ein Nettungsgedanke. „Ich will zu Tafinger gehen," sagte sie, „und ihn auf den Knien anflehen, daß er unS hilft. Es muß doch ein wenig Menschlichkeit in seiner Brust wohnen." Aber am anderen Morgen verwarf sie diesen Gedanken wieder. An: Abend brachte der Postbote mit der Zeitung einen Brief an Jo hanna. Hastig zerriß sie den Umschlag. Es lag nur eine kleine Karte darin, darauf stand mit hastiger Schrift: „Franz schwer krank. In Eile mit herzlichen Grüßen Alois." Johanna brach in die Knie, rang die Hände und stieß einen Schrei aus. „Was ist's?" fragte Magnus Faller. Hanna umklammerte seine Arme. „Vater — Vater! — Franz ist krank, schwer — krank!" Die Stimme versagte ihr, das Hmrpt fiel schwer auf ihres Vaters Arm. „Franz? — Welcher Franz?" „Ach Gott — Vater — der Franz — vom SeehofeI — Im — im Kriege —." Sie röchelte, ihr ganzer Körper zitterte. Magnus Faller tastete mit den zitternden Fingern über ihr kaltes Ge sicht. Da spürte er Tränen auf seiner Hand. Wie ein Blitzstrahl kam die Er kenntnis über ihn. „Johanna, mein Kind!" — rief er „.warum weinst du? — Du, Hanna, Kind — du — du hast ihn lieb?" — Johanna barg schluchzend ihr Gesicht an seiner Brust. „Vater — ver zeih mir!" Er fuhr ihr liebkosend über das Haar und sagte mit weicher Stimme: „Ich habe dir nichts zu verzeihen, Kind. Du bist immer eine liebe und treue Tochter gewesen. — Du hast mehr getan, als du mußtest, viel mehr — du hast mich reich und glücklich gemacht durch deine Liebe. — Und mir wollte oft das Herz brechen, weil ich dir so gar nichts dafür bieten konnte." .Heimaterde.' ^86 ^