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Zs. Vonaabend, 2v. August ISIS Feimh»»echer 21 SS« Popscheckkoat» Letp^jg 147V» L8 Nr.ISV Jahrg. Geschäftsft«»« «ad Redaktio«, Dresden - A. 1«, Holbeinftrah« 4» Ausgabe ^ mit Illustr. Beilage viertei,Shr»ch ».N8 >5. In Dresden und „an, Deutschland frei »au« ».»« .«. - Ausgabe v vierteljährlich ».»« In Dresden und ganz Deutschland frei HauS ».0« — Di- Sächsische vollSzeitung erschetnl an allen Wochentage» nachmittag«. — Sprechstunde der Redaktion: II bi» 1« Uhr vormittag«. Anzeigen, Nnnahme von SeschSsiSanzetgen SIS ly Uhr v>>„ Famillenan-eigen bi» I I Uhr vorm. — P„I» für dt» Pelil-Spalizerle 4» 4- >m RcNameieil I ffamiiten-ilnzetgen M ^ — Für undeutlich ge,chriebene. sowie durch Fern sprecher ausgcgeben« iinzcigen können wir die Verantwortlichkeit für die Richligleii de» Lezle» nicht übernehmen. »o §ciiminl<SN, puclei' für 1U«»l«sdi<»rf, «lr 8vss1I»«d»It»n, rus ttmilptl«,« In vnormvr Aus«»KI Paul 8e^^Äs2loss,°°LÄ «L Unsere Ziele G der frÜlwre Staatssükrctär Helfferich hat einmal in einer seiner Reden die stolzen Worte geprägt: „Deutschland könne es vertragen, ärmer zu werden, England steche und falls mit seinem Reichtum." Kein Mensch hat es damale, für möglich gehalten, daß wir uns in so furchtbarer Weise vor die Notwendigkeit gestellt sehen würden, diese Worte zur Bi stach werden zu lassen. Daß wir so arm werden uniiden, hat .Helfferich wohl kaum befürchtet. Die Eisenbart- kur. die das Schicksal an uns vornimmt, kann sehr leicht zum Tode des Patienten führen. Mit allen Kräften müssen wir uns dagegen wehren. Deutschland muß und wird leben. Koch und wir davon durchdrungen, daß wir der Welt etwas zu sagen haben. Und eine der bedeutsamen Kräfte, die wir dazu beitrage» müssen, daß das „arme" Deutschland ein grö sser Knltnrsaktor lverden wird, wie das „reiche", ist der deutsche .<katho!izismus. Ratlos stellen die Europäer heute auf den Trümmern ihrer Kultair und sehen den stolzen Bau ihres materialisti sche («leistes zusammengebrocheu. Eine gähnende Leere füllt dis Geister nnd sie Haschen nach jedem Strohhalm wie ein Ertrinkender. Schwarze Magie und Astrologie, Gehet.u- imisenschaften aller Schattierungen gewinnen reißend schnell Ärlänger und auch die Theosophie eines Steiner findet Eingang in breite Schichten, viel mehr, als ihr gut tut. Vor kurzem erst hat man in Rom Stellung, zu diesen Zeit- erschmmngen genommen und sie für nicht pcreinbar mrt der katholischen Lehre erklärt. Es Ivar hohe Zeit. Es ist diirclmiis veri'rändlich, wenn esoterisch)? Gedankengänge, die Reaktion auf die materialistische Richtung, in weiteren Krei sen Anklang finden. Aber es besteht die große Gefahr, daß die Menschheit nur tiefer in Krankheiten verstrickt wird und verlernt, mit Leiden Füßen auf der Erde zu stehen. Kräf tigen »«armen Lebensstroin braucht der europäische Geist. Die übertriebene Sucht nach Wissen um des Wissens oder dessen „Nützlichkeit willen", der Utilitarismus und Materia lismus muß dem Idealismus, dem Vergeistigen des in neren Menschen Platz machen. Wer wollte leugnen, daß wir Deutschen in hervorragendem Maße gerade bei dieser Re- Generation der Menschheit helfen können. Es ist kein« Ueberhebnng, wenn wir sagen, daß der Katholizismus in den breiten Volksmassen doch sich wider standsfähiger erwiesen hat gegen die Abkehr vom Glauben als der Protestantismus. Deshalb müssen wir aber auch Lei dem Wiederaufbau der christliche» Weltanschauung in Deutschland ganz besonders eifrig arbeiten, da der Pro testantismus, des Schutzes des Staates beraubt, mit dessen Interessen «r vielleicht allzusehr Hand in Hand ging, sich auf ganz neuer Basis wieder aufbanen muß. Andererseits haben aber auch wir allen Grund, a» eine iwitige neue Blutzufuhr zu denken. Der deutsch)«.' Katho lizismus muß immer und immer wieder von seinen Geg nern den Vorwurf hören, daß er nicht national sei. lind trenn man auch von den etwas kindischen Uebertreibiurgen alldeutsch orientierter Nationalisten, die sich zu Behauptun gen ««ersteigen, wie z. B., das Zentrum würde von Rom regiert, oder von der albernen Jesiiitensiircht absieht, so bleibt doch das Gefühl, daß der deutsche Katholizismus seiner deutsche» Eigenart sich mehr bewußt sein möchte. Ter benische Katholismus teilt aber diese übernationalen Neigungen mit der Weltbürgerideen des deutschen Bürgers überhaupt. Er ist darin ein echtes Geisteskind seines Lau- des. Umgeben von reinen Nationalstaaten der jungen sla wischen, Völker, wie der rnssenbewnßten Romanen, die große deutsche Vvlkssptitter zngewiesen erhielten, können wir uns den Luxus übernationaler Ideen nicht mehr leisten. Wir habe» die Pflicht, unsere spezifisch deutsche Eigenart zu wiegen und Kulturblüten hervorzubringen, däinit unsere von uns getrennten Brüder eine starke Stütze im Kampfe um ihr völkisches Dasein an uns haben. ES ist selbstverständlich, daß damit nicht ein Patriotismus des Floitenvereins oder ähnliches gemeint ist. Nach Weltgeltung iw strebe», ist »ns heute versagt und würd; o.nck« nur das ch isch rauem der unteren Volksschichten Hervorrufen. 7-r deutsche Kctliolizisnins kann aber niel '.ir die Wiedererweckung der Hcimatliebe, der Freude a» deutsch'.-»: Wesen und letzten Endes der Staatstrene tun. Dr. August Pieper schreibt darüber in seiner Schrift „Zur staatsbürger lichen Bildurrg und p."litiscl)cn Schulung" unter anderem:' .Stets hat das Volk den Staat, seine Führer, Vertreter und Einrichtungen mit religiöser Ehr furchst umkleidet. Das Wüten der Vorsehung, das Gottesgnadentum der Helden, der Fürsten, wollte es in den großen Zeiten seiner starken Kraft in diesen Verkörperungen sehen. Das Vaterland Wae ihm stets heilig, deshalb war der Tod für Volk nnd Vater land religiös verklärt. Seit langer Zeit entbehrt der deutsch)« ^Katholizismus dieser nationalen Note. Das Schweizervolk hat in sein«r Tellskapelle, in der religiösen Feier an derselben, seiner nationalen Gesinnung auch einen religiösen Wert gegeben. Um Karl den Großen, um die Kaiser des „Heiligen römischen Reiches deutscher Nation' wcht diese religiöse Ehrfurcht. Wir müssen sie wiederzu- gewinnen versuchen." Kenn Zweifel, in dieser Hinsiclst muß bei uns vieles anders werden, wenn wir ein gewichtiger Baustein im neuen deutschen Vaterhause n«evden wollen. U.n unsere Würde zu wahren, die infolge der Katastroplm arg ins Wanken ge raten ist, ist es auch notwendig, daß auch in Nom die Eigen art des deutschen Katholizismus mehr betont wird wie bisher. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Romanen durch ihren Sieg in ihrem Nationalgefühl noch mehr gestärkt worden sin-d als früher und daß wir mit dem romanisch'» Einfluß an !er Kurie noch mehr rechnen müssen wie früher. Käihost'ch sein bedeutet dnrchvnS nickst übernational sein. Wir sehen es ja am ausgeprägtesten an Frankreich und Polen. Tie Hauptaufgabe aber des dentscheir .Katholizismus . wird die Erlösung unseres Volkes ans der Fessel des Ma- r terialismns sein. Es sind äußerst bedenklich Zeichen, die heute da und dort im katholischen Lager anstanchn, die ein Eingehen ans sozialistische Gedanken propagieren. Möchte da bald von autoritativer Seite aufs schärfste entgcgengc treten werden. In München fiel der Ausdruck: Die Revo lution habe die Aussöhnung des Sozialismus mit der tätho lisch» Kirche gebracht." Das ist eine arge sinnver wirrende Verwischung der Grenzen. Was ist Sozialismus? Ist er Wirtschrftsordnimg oder Wcltairschannng? Und wo her kommt er. Karl Marx rühmt als Vorzug seines Zystems: Wissenscliaftliche Ergründung und Aufbau der menschlichen Wirtschaft und der darin lebenden Gesellschaft „ohne auch nur ein Ouentchcn Ethik". Die Lehre des Sozialismus entspringt dem ödesten Materialis mus, der Entgeistigung unseres Innenlebens. Nie wird sich -der Katholizismus damit versöhnen. Mit der Neurege lung der Wirtschaftsordnung hat die Religion doch nur in soweit zu tim, als das Sittengebot der Nächstenliebe in Frage kommt. Sie fiat die Aufgabe, das jen«eilige Wirt- schaftsslistem mit christlicher Gesinnung zu diirchdringen, das kann genau so gut bei der täpiialistächen Wirtschaftsordnung geschehen wie bei der sozialistischen. Daß der Kapitalismus die furchtbaren Auswüchse zeitigte, liegt nicht am System, sondern dam», daß die Religion die Menschen nicht mehr beherrschte, daß Materialismus sie in Banden schlug. Aus- znsöhneii hat sich der Katholizismus mit dem Sozialismus nickst. Aeudern die Völker ihre Wirtschaftsordnung, so bat der Katholizismus genau wie vorher die Pflicht, christlicher Moral dabei ausschlaggebende Geltung zu verschiffen. Der Sozialismus nnd Kommunismus aber als Welt- anschännng sind die Auswirkungen des Materialismus, den nur vollends ansroiten müssen, also liier im Gegen teil Kampf nnd keine Aussöhnung. Abkehr von der übertriebenen Wertschätzung dev Wissenschaft, Ehrfurcht vor dem historisch Gewordenen. Ehrfurcht vor den Geheimnissen der Natur nnd der mensch lichen Gesellschaft tut uns not. Seelenknltnr, nicht Bei standestnlt. Wir müssen wieder uns als Teil, wenn auch als winziger, des ganzen Kosmos fühlen lernen, nuier- worfen den göttlichen Gesetzen, die diesen beherrsch««.''!, »h. eng, mit ihm verbunden durch unsere unsterbliche Soest. v. H'. Die Herausgabe der Kriegsgefangenen Versailles, 20. August. Ter Oberste Rat der Verbün deten verösseniiicht folgende Note: Um so rasch wie möglich die durch den Krieg verursach ten Leiden zu mildern, haben die Verbündeten und assoziier ten Mächte beschlossen, den Zcitpnnkl des Inkraft tretens res F r i e d e n s v e r t r a g e s mit Deutschland, soweit erden Rücktransport d c r d e n ' , ch c n Kriegsgefangene» betrifft, v o r z n d a G e - e n. Tie Vorbereitungen zum Rücktrans port werden sofort beginnen, und zwa- durch eine interalli ierte Kommission, der ein deutscher Vertreter ungegliedert werden soll, sobald der Vertrag in Kraft -getreten ist. Die verbündeten und ussoziierten Mächte weisen aber ausdrück lich darauf hin, daß diese wohltvollende Haltung, von der die deutschen Soldaten so große Vorteile heben, nur dam» von Dauer sein wird, wenn die deutsch' Regierung und das deutsche Volk alle ihnen obliegenden Verpflichtungen erfüllen. Ter Beschluß des Obersten Rates ivurde hauptsächlich durch die Mitteilung Italiens veranlaßt, daß Italien als erste Macht die Gefangene« heimsenden werde, ohne die Ratifikation des Friedrusveikrages abzuwarten. Berlin, 20. August. Von zuständiger Stelle imrd zu vorstehendem Beschluß des -Obersten Rates erklärt: Die Nachricht, daß jetzt endlich! der von uns asten so sehr ersehnte erste Schritt zrir Freilassung unserer gefangenen Brüder getan werden soll wird in «ganz Deutschland fieudig begrüß» »«erden. Es ist jedoch lediglich! -der erste Sch» ist. Die Kriegsgefangenen »«erden nicht, wie man aus der ir, einem Berliner Blatt erschienenen MKldnng viesteickst ent nehmen könnte, sofort entlassen »«erden. Das geht schwur ans der weniger erfreulichen Bestimmung des Odee sten Rates hervor, daß der deutsch' Vertreter an den Ver- -hvn-dlungen her Voräercsttiingskommission erst teilnehmeu soll, wenn der Friedensvertrag in Kraft getreten ist. Mer die Tatsache, daß diese interalliierte Kommission, denen Ein setzung von der deutsche» Delegation immer wieder auf das Dringlichste gefordert wurde, endlich Zusammen tritt und sofort mit de» Vorbereitungen des llkücktraus- portes beginnt, gibt uns die Hoffnung, daß die Vorarbeiten so schwell gefördert werden, hiß die Entlassungen unmittel bar mvch Iukmfttnsten des Friedensvertrages beginnen können. Unsere Delegation in Versailles wird auch weiter nach Kräften bemüht sein, die Freilassung, noch mehr zu beschleunigen. Das deutsch' Volk kann diese Bemühungen um die baldige Erlösung seiner Brüder am besten dadurch) imterstützen, daß -es in wahrer Erkenntnis seiner ureigensten Interessen an dem baldigen Wiederauf bau der deutschen Produktionstätigtest mitarbeitet und da durch dem Deutsch'!! Reich die Möglichstest zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gibt. Die Frauenliga Berlin, 20. August. Tie Frauenliga zur Hcrmhlnng der Kriegsgefangenen hat durch Frau Geh-immt Dr. Schvorz aus Bochum mit dem Reichsminister des Aus wärtigen in Weimar verhandelt und bei ihn, tatkräftige Unterstützung gesunden. Die Erlaubnis zur Einreise in die Schü«eiz ivurde erteilt. Besprechungen mit den »«eiblichen Abgeordneten der Nationalversammlung lassen erwarten, das» die Fraiienorgcuiisationen aller Partei«'» sich zusammen- schließen und eine Kundgebung zugunsten der -baldigen Heimkebr unserer Kriegsgefangenen erlassen. Nückkel« rauS Sibirien Berlin, 20. August. Auf dem Lachesischii Bahnhof trafen heute 7 0 deutsche und österreichische Ge fangene aus Sibirien ei», die sich durch Flucht der russi sche» Knechtschaft entzogen habe». In den nächsten Tagen sollen weitere Transvorie ei »treffen. Auch sollen sich in Tüiiaburg 1500 Deutsche befinden, die durch die Aronr dnrcbgelasse» »«erde» sollen, sobald es die militärisch' Lage gestattet. Gcmciiic Behandlung unscrcr Kricgc-gcsniigcnc» Berlin, 20. August. Ein schweres ErpIosionSiliiglück hat sich, wie jetzt in Ergänzung früherer kurzer Meldungen genauer bekannt wird, bei der 0 ff. dents ch e n K riegs- g e s a n g e n e n - K o m p a n i e in dem amerikanischi« Gesaiigenlager in St. Lonbes hei Bordeaux Mitte Juli ereignet. Die Gefangenen waren damit beschäftigt, die Schießbaumwolle in den Pnlverkisten u »brauchbar zu machen. Sie mußten dazu Gräben Herrichten und in diesen die Pnlverkisten verbrennen. Hierbei kam es zu einer star ken Explosion größerer Pulvermeugen, der eine große A n zab l KriegSgefa » gener z n m Opfer sie l. 2 4 — 2 0 de n t s che S oldate n w nrde n getötet, viele andere verletzt. Infolge dieser Vorgänge »«eigerte sich die Kompanie, ähnlich' Arbeiten aiisznsühren. Durch Ent ziehung der Nahrung, durch Gefängnisstrafen nsw. ztrxvng miau sie aber, dir Arbeiten doch weiter ansznsühren. Tie deutsche Regierung hat durch Vermittlung des Schweizer VnndeSrats an die anierikanischie Regierung «stne Note gerichtet, in der sie nin Aufklärung der Vornan,re er sucht und schärfsten Einspruch dagegen erhebt, daß das Loben dar deutschen Kriegsgefangenen gefährdet wird. Neuer P»«tsch»ersuch in der Pfalz Mannheim, 20. Aiignst, 7 Uhr 30 Min. vormittags. Von der Volkszeiitralc trifft folgende Meldung ein: Der