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Sächsische Volkszeitung : 15.09.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192009157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200915
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200915
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-09
- Tag 1920-09-15
-
Monat
1920-09
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.09.1920
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Vellage zur Sächsischen Volkszeitung Nr. «L» Mittwoch den 15. September 1920 IS. Jahrg. Generalversammlung des Verbandes katholischer Akademiker in Bonn vom 4. bis 7. September Ivrv. Bon Studienryt Dr. Joseph Gerhards. Hum ersten Mal« seit seinem Bestehen hatte der Verband der Vereinigungen katholischer Akademiker lein« Generalversammlung in größerem Rahmen abznhalten sich entschlossen. Nicht ganz ohne Unruhe und Gorge, aber doch voll zuversichtlicher Hossnung hatte «r der Tagung entgegengesehen. I» näher ihr Anfang rückte, desto grö. tzer war die Zuversicht auf ihr Gelingen geworden. Hatten doch all mählich die Vereinigungen aus allen deutschen Gauen, von Ober bayern bis Kiel, von St. Wendel bis Danzig, ihr Erscheinen zuge- jagt. Dazu waren Vertreter Deutsch-Oesterreichs, der Schweiz und Hollands angekündigt. Vom hochwürdigsten Episkopat hatten sich Erzbischof Dr. Joses Schulte von Köln, Weihbischof Dr. Petrus LauSberg von Köln und Abt Dr. Ildefons Herwegen von Maria-Laach angesagt. Weit mehr als man hätte hoffen können, hat sich erfüllt. Die Tagung wurde nicht nur zu einem geradezu hinreißenden Be kenntnis für die unvergänglichen Ideale des Katholizismus, sie hat auch die Verständigung der katholischen Intellektuellen all«r Länder, die sie mit auf ihr Programm geschrieben hatte, erfolg verheißend angebahnt. Durch alle Reden des Festtages klang eS durch, und auch in den Referaten der Festversammlung brach eS immer wieder hervor, wie reich wir Katholiken doch geblieben sind inmitten der allgemeinen Verarmung und trotz des Zusammenbruches aller Werte, die auch wir vielleicht bisher höher, als ihnen zukam, «inzuschätzen geneigt waren. Ties« Schatze unseres Glaubens zu heben, sie in jedem von uns wirksam zu machen, unser und unserer Familie Leben damit ganz durchdringen zu lassen, das wurde stets wieder als die schönste und höchste Aufgabe HIngcstellt, die uns Katho liken in dieser so schworen Zeit gesetzt ist; dazu die nndsr«, unseren Reichtum nicht ängstlich zu verwahren, sondern ihn auszubreiten vor allen, die ihn sehe» und kennen lernen wolle». Offenes Bekenntnis zu Gott, zu jenem „Gott, der die Welt und alles in ihr geschaffen hat", das — so btztoiue der hoch würdigste Hehr Erzbischof von Köln in seiner begeisterten und be geisternden ersten Rede der mit einem überaus zahlreichen Zuhkrer- kreis abgehaltenen großen Festversammlnng — ist cö, was die intellek tuelle Welt von heute vor allem braucht, wie jelnls der heutigen so ähnliche Zeit des Urchristentums, in der Paulus seine berühmte Nreopagrede im damaligen Mittelpunkt der Wissenschaft und Kunst gehalten hat. Ohne dl« Mirale Kraft des Gottesgedankens und 'seine absolut Herrschaft über das Menschenleben ist keine wahre Reli gion und keine echte Frömmigkeit möglich. Daher sollen alle Men schen wahr« Gottsucher sein, „ob sig ihn wohl fühlen und finden möchten". w, . ZU einer eingehenden Gewissenserforschung, inwieweit die ka tholischen Intellektuellen KiShier wirklich Gott gesucht und ihm dt« Ehre gegeben, oder nicht vielmehr das eigen« lieb« „Ich" im Aua« gehabt hätten, gestaltete sich di« zn>eile Red« der Festversammlung, in »er Ttudienassessor Dr. Bernhard Rosen möller, Münster, in überaus feinfühlender Wehs« und mit Worten, di« aus iinMtem Empfinden hervorquollen, die „Aufgaben d«s katholische» Akademikers" vorzeichnete. Nu« der Aufblick zu Gott, di« Beziehung alle- Geschaffenen und alle- Geschehens auf ihn und daS unbedingte vertrauen auf seine Gnade, kann un» von der Oberfläch, lichkeit d«tr bloße» „Jchkultur" befreien und eine echt christliche , ver innerlichte Kultur Wiedererstehen lassen. Wie eindringlich der Ruf nach dieser Erneuerung in Christo, . nach einem EiiF'grlieigen ans der L«er« der gegenwärtigen mate riellen Kultur sich besonders nach dem Kriege immer wieder auch ans solchen Kr.isen erhebe, die mit der katholisch«» Kirche noch nichts ge mein haben, daS zeigte in lichtvoller Darstellung dir dlritte Rede de» Unifxrsitätsprofessorz Dr. Engelbert KrebS aus Frelbritg i, B. Die Zeit, in d«r alle« Katholische als eine fremdle Welt de» Dranßew, stehend«» Erschlossen blieb, ja als etwas UndiSkutierbagcs, Ver ächtliches absichtlich vernachlässigt und gar verspottet ward, geht zu Ende. Je mehr alle bisherigen Machtfaktorv» in nichts zusammen- gestürzt sind, desto mehr ist die geistige Macht d«r Kirche gewachsen. Welch wundersames Schauspiel bietet !er Welt der Wettlauf, den sämtlich« europäischen Mächte angetreten haben, um mit dem Ober haupt« d«r waffenlosen Großmacht, unserer heiligen Kirche, in diplo matische Beziehungen zu kommenl Immer erschütternder wird dt« Klage der kirchenfernen Seelen, wie vernachlässigt, verarmt, beraubt sie sich fühlen. Es ist die Klage der betrogene,» eisten Menschen, als sie srkamrten, daß sie nackt seien. Wie reich ist dagegen die Kirche gn innerer Schönheit und Krastl Jetzt ist es mehr denn je an der Zeit, diese ReiLtümer zu zeigen und de» Kampf anfzunchmc,, gegen ole innerlich- durch daS Neuheideutum, das noch immer insbesondere auf den Lehrstühlen der Universitäten sich breit macht. „Die Universitäten müssen für das Christentum znrückerobe« wer den," mit diesem Aufruf« schloß Professor Kdebs unter lebhaftem Beifall seine Ausführungen. Die gleich« Forderung wurde in de» Diskussionen der General« Versammlung „och mehrmals wiederholt und jedesmal zu einem wamttn Appell für den Beitritt zur Gbrresgesellschast. Seine großen Aufgaben glaubte der Verband durch großangelegte literarische Neu« gnindungen wirksam fördern zu können. Los Jahrbuch soll weiter ausgebaut, die Mitteilungen des Verbandes davon getrennt beraus- gegeben, dazu eine Sammlung, betitelt „Aus Gottes Reich", und Flugschrlsten des Verbandes geschaffen werden. Der Größe seiner neuen Aufgaben entsprechend wurde d«r Vorstand bedeutend ernKi- t«t. Besonder«, or.s seiner Mitte gewählte Kommissionen werden die literarischen, die Verfassung»-, di« Finanz- und die Propoganda- fragen bearbeiten. Ein zweiter Generalsekretär soll dem verdienten ersten Generalsekretär Dr. Münch zur Seit« gestellt werden. Mit Genugtuung und Freude konnte die Versammlung seststelle», daß aus der ganzen Verbandsfront regstes, schafs«»sfrvhes Leben herrscht. In den wenigen Jachen seines Bestehens ist der Verband bereits ans 94 Ortsgruppen mit rund 13 OM Mitgliedern angewachsen. Tie Generalversammlung hat die Vorbedingungen sür weiteres rasches Anwachsen geschaffen. Mit größter Befriedigung konnte der nengewählte erste Ver bandsvorsitzende Sanitätsrat Dr. Bergmann, Eleve, am Schluß der Tagung auf deren Verlauf zurückblicken. Der über alles Er warten starke Besuch der Versammlungen, der bis zum Schluss« an hielt, die lebhafte Beteiligung zahlreicher Redner an den überaus an regenden Aussprachen, die Begeisterung, die ans dc» Worten eines jeden sprach, die Höhe, auf der sich bis zuletzt die Aussprache hielt, bewiesen jedem Teilnehmer, daß es sich im Verbände katholischer Aka- demiler nm eine kerngesunde, mit elementarer Macht zur Weiter entwicklung drängende Bewegung handelt, sür d«ren Wachsen die Zeitumstände günstiger liegen denn je. Hoffnungsfroher Optimis mus war daher von Anfang bis zu Ende di« Signatur der Tagung, von der mit Bestimmtheit reichste Früchte zu erwarten sind, die dem ewigen Reicks Gottes und nicht zuletzt auch dein Wiederaufbau un seres schwer darniederliegenden Vaterlandes zugute kommen werden. Die Ansiedlungen von Arbeitern und ehemaligen Soldaten wero«n mit großer Energie in Angriff genommen. Ein Musi.rbei- spiel sür diese Siedlungen bietet das Schmu.besehe SiedlnngS- unternehmen, welches der Hauptmann von Schmud« ins Leben ge rufen hat. Einen, Vertreter unserer Zeitung war eS gestattet, dieser Tage diese Siedlungen persönlich in Augenschein zu nehmen, lieber seinen Eindruck berichtet er »ns folgendes! Das Schmudesche Uwe," nehmen ist in einem überraschenden Ausstieg begriffen. Es beruht ans genossenschaftlicher Grundlage, verfügt bereits jetzt über ein Kn- pital von 170 000 M. und ist in offensichtlichem, auch finanziellem Aufschwung begriffen. Der Typ der Wohnungen ist das Zweifami lienhaus, untermischt mit dem Einfamilienhaus, jeweilig vier Zim mer mit Zubehör und kleinem Stall. Wie schnell gebaut wird, zeigt die Tatsache, daß die Häuser, hi« bon den Bergleuten in ihrer freien Zeit errichtet werden, und zwar ohne Zuhilfenahme tzoii schon soweit gediehen sind, daß bereits in de» nächsten Wochen über 30 derartige Häuser beziehbar sein werden. Gearbeitet wird nach dem Prinzip der Solidarität. 10—20 Mann schließen sich zusammen und verpflichten sich schriftlich zu gegenseitiger Hilfe. Sie Helsen ein- ander, so zwar, daß ihre Ausgabe erst als erledigt angesehen wird, wenn die Häuser sämtlicher Beteiligter fertig sind, anf diese Weis« haben sie ein Interesse daran, daß die ganze Siedlung möglichst rasch und auch möglichst gut gebaut wird. Die Siedler bekommen vom preußischen Staate vro Quadratmeter Grundfläche 130 M. und pro Quadratmeter Stellfläche 7 M. als Darlehen. Beli«hen wird bis 80 Quadratmeter für Grundfläch« und bis 40 Quadratmeter für Stallfläche Die Darlehen sind unverzinslich. Nach fünf Jahren wird der Mietswert ermittelt, und wenn dieser höher geworden ist, wird ein Teil des Darlehens verzinst Diese Schätzungen werden alle 3 Jahre wiederholt und nach 20 Jahren folgt die endgültig« Fest legung der Verzinsung, wobei der Betrag sestgeslellt wird, der als Darlehen stehen bleibt, während der übrige Teil a sond perdu gelöscht wird. Die Leute arbeiten vielfach Nlit Material aus alten Heeres- baracke», als Baumaterial hahen sie sich eine Mischung von Kohlen schlacke, Zement. Lehm und Tannennadeln, letztere zum Binden der Stoffe, zusanunengestellt. Diese Mischung hat de» Vorteil, daß man zu ihrer Herstellung keine Kohle braucht. Das Verhältnis des Haupt- mrnns Schmude zu seinen Siedlern ist ein ganz ausgezeichnetes. Auch die anderen Siedelungsuntcrnehmen gedeihen vorzüglich. Ans altem Moor- und Heideland entstelle» Ansiedelungen, die im Laust der Zeit Tausenden von Menschen die Möglichkeit zu vollem freien Wirtschaften auf eigener Scholle bieten Schwierigkeiten machen nur noch einige bis jetzt noch nicht be hübe»- rechtliche Auseinandersetzungen zwischen dein Reich und Pr?», ßen über die Besitzverhältnissc. Dc» Siedlern kommt es aber daraus an, daß sie völlig klare Vertragsverhältnisse haben, die ihnen ihre Zukunst als freie Siedler anf eigener Scholle garantier''». Man muß im Interesse di«ser Siedlungsunternehmcn wänsche», daß diese bnreankralischen Formalst» aus der Welt geschasst werden. ' Katholizismus und Kunst I» heutiger Zeit ist die Kunstslage wieder außerordemlich aktuell geworden. Darum sei eS vergönnt, das genannte Th«ma, wenn auch nur in groben Strichen, zu zeichnen. Wie stellt sich also im allgemeinen, die Religion und im besonder«» die katholische Kirche zur Kunst? Die Religion verkennt nicht den Wert der Kunst als Erzeugerin ästhetischer Gefühle, die das religiöse Leben wirksam be suchten könne». Das Knnjtwerk ist der gegebene Träger der hohen, heiligen Gedanken, welche die Religion in ihr«m Schoß« birgt. Es kommt der schwachen Menschennatur zu Hilfe und sucht ihr symbo. lisch das Abstralmm nahe zu bringen. Als „Abbild des Lebens" hat die Kunst darum eine besondere Bedeutung sür das Gebiet der liebe,natur. Jedoch mögen auch gleich die Grenzen ihrer Bedeutung festgesetzt werben. Zunächst sind religiöse Gefühle ernsterer Natur als die ästhetischen und von ganz anderer Wirkung. Weiterhin wen det sich die Kunst nur an das Gefühl, während die Religio» den gan ze» Mensche» in Anspruch nimmt, also auch Erkenntnis uns Willen. Kunst ist noch leine Religion, sondern nur ein willkommenes Mittel, die Menschheit religiös zu erziehen. Sie hat deshalb ihren Platz auch im GvtteShause, ein Recht, welches ihr am wenigsten die ka tholische Kirch« streitig gemacht hat, Im Gegenteill Zu allen Zeiten hat sie die echte Kunst gefördert, eine wahrhaft christliche Kunst ge schaffen, die so hffrrliche Blüte» getrieben hat. Wer steht nicht heute »och staunend vor den religiösen Schöpfungen eii^s Michel Angela und Raffael Santi! We» erfaßte nicht ein ehrfurchtsvoller Schauer, wenn er in der feierlichen Stille einer romanischen Kathedrale steht! Da wölben sich di? Steinmassen, von emsigen Baumeistern kunstvoll getürmt, und reden zu uns eine so urgewaltige Sprache. Nicht min der Großes schus die Gotik. Wie erhebend wirkt ein Gotteshaus, daS mit seinen vielen Säulen und Sänlchen gen Himmel strebt, in des andächtigen Beschauers Brust «ft, inniges: Sinsum roida weckend! Und denken wi!r «rst an die prächtigen Ausstattungen, die großartigen Portale, Wandgemälde und Statuen. Ja, unsere alt- ehrwürdigen Kirchen sind geradezu Sammelstätten hoher und höchster Kunst. Ihr« Schöpfer waM Männer des Glaubens und religiösen Empfindens, die im Gemälde und im Stein ihren heiligsten Gefüh len Ausdruck verliehe». Aber besteht nicht die Gefahr, daß die christ liche Knnst schließlich nichts Neues mehr schassen kann wegen d«S ewig gleichhleibcnde» Glaubens? Heute möchte es manchmal den Anschein haben. Jedoch liegt der Fehler nicht an der Unwandelbar keit des Glaubens. Einem nie versiegenden Quell gleich bieEt er der christlichen Knnst immer neue Nahrung, »nd wird es weiter vermögen, so lange die Erde besteht. Der Fehl r liegt bei den Men schen. Ein Kenner der Kunst auf unserer Seite hat Rech» wen» ec sagt: „Es ist traurig genug, zugeben zu müssen, daß der Nachtchrist in, allgemeinen mit viel leidenschaftlicherer Hingabe und kampses» stcndigerem Draufgängertum an seiner Weltanschauung hängt als der Dnrchschnittschrist." DaS ist es. Wir müsst» wieder innerlicher werden, wieder tiefer grabe» in den unerschöpflichen Schätzen nm'erer Religion, ans das unser ganzes Leben und auch unser? Kunst wieder neu befruchtet werde von den Ewigkeitsidealen, di« Diamanten gleich im Goldschatz des Glaubens ruhen. Wenn wir allerdings bezüglich des Glaubens im Fahrwasser moderner Oberflächlichkeit schwimmen, werden wir dem Glauben keine neuen Seiten abgewinnen, vielmehr seelisch verkümmern. Ein kranker Baum ab«r bringt keine «dlen ^l-s'chte, «in krankes Volk zeugt keine großen Männer. In glaubenS- schwacher Zm "»4 witzr nicht Männer erstell-» die sür die christliche Knnst Neues, ihren tig«S leisten. So wertvoll auch die echt christUcge ^^ keinesfalls gesagt werden, daß «ns religiöse Vertiefung n>^ " ^ nm sie zu fördern. Jedoch ist es nützlich, auch aus dieser Seite zu er kenne», was uns fehlt fürs ganze Lebe». Möchten wir darum alle Mittel und Gelegenheiten zur Vertiefung unseres religiösen Lebens niisimtzeu, auf daß uns wieder enger umschließt, das Band des Glau bens und der Sitte. Ein solches Mittel haben wir in unseren Katholiken tag« n, deren zweiter in Sachsen am 24. bi- 2 6. September d I. in Leipzig stattffndet. Mögen sich dort alle Glaubensgenossen der weiten Diaspora zusammenfinde,, um ein- zuatme» eck>t katholischen Lebenshauch, ans daß sic seelisch gestärkt werden, was besonders notwendig ist in heutiger schwerer Zeit. Eine Stätte deutscher Knegsblindsu- Fürsmge Alle», die aus des Vaterlandes Ringen schivcre Wunde» trag«,,, gebührt Fürsorge und Liebe in weitestem Maße. Aber unbestreiibar das schwerste Los hat jene betroffen, die in ewige Nacht gestoßen die Kriegserblindelen. Wenn auch gar manches Nützliche und Edle sür die Kriegsblinden geschehen, das Allerwichtigste bleibt doch, ihn«» bis zum größtmögliche» Maße pecjönliche Bewcgungssreiheit wieder- zugebe». damit sie unabhängig von ihren Mitmenschen die Schritte lenken können. Von dieser Erkenntnis getragen, hat seit Jahre schon der Deutsch« Verein s ü r. S a n i t ä t s h u n d e in Olden» b u r g diesem Ziele außerordentliche Kräste »nd Mühe geweiht, um den Kriegsblinden de» »»eigennützigsten und zo> verlässigsten Führer, d.-n Kriegsblinden-Führhund. zu geben. Und in d«r Versolgnag die ses Zieles fand er den tatkräftigsten Fördere! >» seinem bohen Lienhard, „der Fürst" Bon Karl Doma nig. - (Schluß.) Aber auch am anderen Tage und all« folgenden stand es nicht besser um den Lienharb, vielmehr schlimmer mit jedem Tage Den Leuten wich er aus, sein eigen«» Weib sah er mit scheue», mißtraui sche» Micken an. Dabei war er nicht zu bewegen, irgend eine Arbeit in die Hand zu nehmen. Kam ein Besteller, so antwortete er ihm nicht oder er sah Ihn mitleidig an und sagte. Mußt halt wohl gerad zu einem anderen gehe», zu «inem Drechsler." — Lienhard war immer ein Liebhaber von Selbstgesprächen gewest», jetzt wurden sie häufig« als je. bald das einzige, was er »och verlautbarte. Die Anwesenheit seines WeibeS schien Ihm dabei wenig zu stören, er be achte!« st« wohl nicht. Immer wieder aber waren es die Erlebnisse stnes merkwürdigen Tages, die ev sich selber vorsührte, vorab sein Zusammensein mit dem Fürsten »nd — mit dem Kaiser; er saß mit ihnen zu Tisch und' hörte sie rede». Da« schilderte er haarklein und genau, icn pathetischem Tone. „Mein lieber Lienhard," sagte der Kaffer, „wir sind Kameraden'' Und der Fürst: „Majestät, er ist eigentlich am besten daran, er braucht keinen Kammerdiener" , . . Wochenlang ging daS so fort, von Arbeit war nicht di« Rede. Ttnes Morgens zog «r sek» schwere« Winterkleid hervor von grauem «oben und steckte sich «Inen GemSbcrct ans den Lodenhut. Und kein andere» Gewandt kam seither mehr an seinen Leib. Als er am Frauentag sein Festtagsgewand anziehen sollte, tvelger,e er sich dessen Mit den Wort-»: er wisse, was sich schickt und wie man sich zu tragen hat, und trug sich jetzt so vornehin steif Mid so würdevoll, wie einer von den geschnitzten drei Königen, die er In seiner Krippe hatte: wenn er sich setzte, mußte ein Polster aus dem Gttthkd sein, anders tat a es nicht mehr. Zuweilen hftnieben macht« ?r seltsam« Gesten mit Händen tklch Füße». griff sich an Nase und' Ohren, als ob er sich vergewissern wollte, daß er noch seine Gliedmaßen besitz« und ob fl« Ihm auch rich» M« gehorchten Sr veAanat« aller «ritt nickst- andere« ,n ellen als Brot und Speck, ab und zu ein Gläschen Holunder: „DaS mögen wir und das schickt sich." Immer wieder: „Das schickt sich" Dem Weiblei» graute eS oft vor seinem rätselhaften Wesen! er, wo er konnte, ging ihr scheu ans dem Wege. Nur einer war, dem er sich anverkrau!«: das dicke Seppele. DaS kam ans Fenster der Werkstätle nach wie vor, nm ihm bei der Arbeit zuzusehen. Aber da er nun nicht inehr arbeilete, genierte >'s ihn wohl, den Buben unbefriedigt zu entlassen; er hieß ihn zu sich kommen, nahm ihn auf de» Schoß und plaudarte mit ihm. „Sep pelol" sagte er eines Tages. „Wie viel Fingerle»? An jedem tzandl fünf, gelt, macht zehn. Sichst, das sind schon zehn. Siehst, was du für' ein .Herr bist! Zehn Diener grad an den Handle«. Und was das sür eine sind! Müßtest drechseln können, daß du wüßtest, zu was allem man die brauchen kann . Nachher zwei Oehrlen auch, gelt? Di- Aufpasser und Zuträger. Und zwei Augen — ah, und was du für eine hastl — di« Schloßwartell Füßel» auch: ein paar Schimmel, was wären die dagegen!" So ging das fort. Dein Seppele konnte er da» erzähle» jede» Tag, so oft der Junge Lust hatte, sich schaukeln zu lassen. Und das Ende vom Liede war dann immer: „Hi, bist auch wohl ein Flststenkind, Seppele. ha?" . . . Da? merkte sich de? Pausback und kranile gelegentlich davon ans; so erfuhren die Leute von den Marotten des Lie»ha>d. Einige meinte» übrigens, daß sie so etwas schon gehört hätten, in einem Rätsel oder dergleichen; eine altere Person behauptete, in ihrem Lesebuch habe es gestanden. Eines Tages traf d?r Jung« seine» Lehrmeister inst einem Ka lender aus de» Knien; er ninßte »ngestüm werde», nm sich bemerklich zu »lachen. Da explizierte ihn der Lienhard brühwarm: „Da steht?s ausgezeichnet und gedruckt, siehst, wann die Sonne erscheine» muß n>»d der Mond! An einem jede» Tag zu einer besonderen Stunde - brauchst di« Uhr »ur herznnehmen Heut«, siehst. :»n 5 Uhc 23 Mi nuten auf, um 0 Uhr 20 Minute« unter, morge» 5 Uhr 33 Minuten anf, 6 Uh» 18 uitte». . . . Siehst, gar die Soun« muß erscheinen, gar der Mond und die Sterne, akkurat, wie es der Herrgott l>esti»»nt hat zum Dienst de» Meivchen; denn „ich will dich zum Herr» setzen über die Erl»»" Seine Hosleu«» sink Sonne uuld' Mond', was niedrigere, sind seine Untertanen — siehst: Fstch und Vögel und oie Käfevlen, siehst, znm Tode könnt ich sic vecmwücn, 'cli. wenn ich wollen tät!" . . Der Junge sing an, von seine!» Leb N!? 't'r zu prositicren; ec ndete die Dinge in seiner Ar« nach: inan verbot ilstn endlich den llingang mit de». Narre,,: d,„, „Fnrs'en", wst- min ihn letzt bald allgnnein hieß. Da ward dev arme Lienhard beleidig! and gib sich wie eine beleioigle Majestät Meist schwieg er sich jeM voltends an»: saß Tag für Tag müßig in der Wenstatt aus se'n-em Polster, sab, w'n Knl'nde* ans seine» Knien, zur Sonne empor, oder stäoii- mi: ,eu Tier!?:,,, den Fliegen, den Spinnen und was imm r U m in di- Quere lim. Eines Tages schlich er sich in di« Da.b'i.nraer nad holte sich, msta» in der Fastenzeit, Figuren von seiner. .ope: die heftigen dr-s Klrige mit ihren Pagen, welche Kronen off L >I?>e»« trugen, ihre ka-neie und Pferde «r.b die Dienerschaft, n ie Könige vosiierte er vor sich hin: den Troß stellte er absests und bie-t »an .Zw>e'i>>a>be mit den Gekrönten. Im König Melchior aber '»neckte ?r > sbald sein eigenes Bild: Zng »m Zug. er war es gon.n er selber, der r,:en- hard! Das könne jedermann ichen und sich »übst davon aoerzengenk Als im vergangenen Sommer «in Fremder beim Hirsche.»»:>tt Wohnung nalnn. von dem eS h'ckß, daß es ein Doktor sei and gor Medizinalrat. da wandte sich die Dreckstlrrin hilfesuchend an ffm Der Arzt beobachtete den Mann; wie er morgens aus seinem Häns chen trat mit de? Uhr in der Hand, nm nachzilsebe». ob di> ?erg- spitzen sich richtig beleuchteten; wie er abends dasaß und der S an« Untergang kontrollieaie »nd die Sterne sich in Reih und Gned stellen sah und d'arübe, lächelte, im Selbstbewusstsein seiner Me,:sch-nho.,ett und Würde. ^ Der Medizinalrat interessierte sich sür den „Fall ; er >ieß sich mit Lienhard in ein Gespräch ritt, das zu nichts führte. erlnndn'V' sich des langer, bei seine», Weibe nach allem, was in Betracht komme«» konnte, und resolviette zuletzt: „Paranoia, Größenwahn, Hann" loser Natur." Ende.
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