Volltext Seite (XML)
Ar. ITA Iahrq. Freitag.!»«.,, 30. Mat 10 »0 adeuds Sächsische Geschäftsstelle und Vred»t>t:««r > Dresden-A. in, .Holdiinft»»^« > ' Fernjveeiiier 21 8tlh Popschrchdonto Leipzlp Vr. «e,»»IVr»ts, >»-«»»« X mU Mustr, veUag« vUrteltL-rN- »LdIn Dresden Mid gan» Deutsch land Ke« Hau« 8.SV ^ In Oesterreich «.«»X. « vterrellSdiltch «.«8 M. In Dietden und ganz Deutschland frei Hau» ».- »n Oesterretch ti.dtv X. Ginzel-Kummri 10 U» IllchMche «ollszettuna erscheint an allen »ochrntagen nachmittag«. Anzeige« , Annahme voiiKelchSttsanzemen dit lttktzi da» gamiUei auzcigeii die II Udl darni. Preis slirdtePeltt LPaU-cUr-N» ^,iw«eNc, mrteit t ^i, gamiUen-Anzeigen .1» ^ Für u»de»tlich geichricbenc, sowie durch sie,! Iprecher oulgegel'enc Anzeigen Ibnnen »I: >i Bera»lwor!l,chte>I>urdieA»1in«sc» deer, rx ' nicht Übernehmen. kfrechslunde der tttedaltim II—12 Uhr dorwitiagd Einzige kachoUch« NügeszEMg w GMeL Organ der DeMrmiWpariet. 'l . ' Ausgabe ^ mV MustrierlM WÄtWÄ^tzMigsbeilage umd relig. WochenbeMg^ MEMcko N mrx «U der WochenchMsge '> '^>r"NM!', «üii i , Bei Neichsminister Erzberger. ',' Zurzeit Berlin, 28. Mai. A Herr Neichsminister Erzberger hatte die große Liebenswürdigkeit, trotz seiner außerordentlickzen Inan spruchnahme durch Staatsgeschäfte, mir eine, wenn auch kurze Unterredung zu gewähren. Da die hierbei zur Sprache kommenden Fragen des Friedens sich im Wesent- Ischen mit den Mitteilungen decken, die unseren Lesern aus meinem Artikel über die deutschen Gegenvorschläge am Mittwoch bekannt sind, beschränke ich mich auf die Wieder- gäbe der auf die inne-re Politik bezüglichen Vor-! gängc, die den Gegenstand unserer Unterredung bildeten. Vs interessierte mich vor allem, zu hören, welche Aussichten Reichsminister Erzberger der gegenwärtigen Ne gierung gibt. Ter Minister äußerte sich folgendermaßen: Wenn ich sage, daß die.gegenwärtige Regierung nach Entwicklung der Dinge die denkbar stärkste ist, die das Deutsche Reich überhaupt haben kann, so werden Sie mir -»trauen, daß ich das nicht sage, lediglich um einen Eindruck jolcluw Stärke zu erwecken. Die gegentvärtige Regierung ist gebildet von den Mehrheitsparteien, den drei stärksten Par teien Deutschlands. Sie stützt sich auf diese Parteien und die hinter ihnen stehende großen Wählerinassen, gegen dir die äußerste Rechte und äußerste Linke nicht in Frage kom men. Daher ist die gegenwärtige Regierung gegen Angriffe iiud Aktionen von rechts und links gesichert. Ich fragte den Minister, ob er derselben Auffassung sei, ungeaclsiet des Ausganges der Friedensverhandlungen. Ter Minister entgegnete: Als Antwort frage ich Sie, ob Sie glauben, daß eine Negierung von rechts oder von links irgend welche Aussicht bat, sich zu halten und einen besseren Frieden zu machen, als die jetzige Negierung? Weder eine Diktatur von rechts nach von links wird imstande sein, die Gegner zu verleiten, Deutschland einen besseren Frieden zu gewähren. Jede dcsr beiden Diktaturen würde in Deutsch land das Chaos bringen und den Alliierten, jeden falls einer starken Strömung unter ihnen, nicht unerwünscht lei». Wenn Deutschland in, ein solches Chaos verfiele, könnte es sich emporarbeiten immer wieder nur an der Hand der drei Mehrheitsparteien. Ohne dieselben ist ein Wiederaufbau des am Boden liegenden Deutschlands nicht möglich Daher ist es nur ein Ergebnis logischer Ueber- leqnng, wenn ich sage: Mag der Friede ausgehen wie er will — das kann heute noch niemand sagen —, die Zu- sainmenschung der gegenwärtigen Regierung aus Mit gliedern der drei größten Parteien Deutschlands ist die einzige Gewähr für das Arbeiten einer Regierung über haupt. bin neues Deutschland ist nur möglich auf der Basis einer solche» Regierung. Ich fragte den Minister, ob er ohne jeden Vorbehalt an ein neues Deutschland glaube? Er führte daraufhin niit warmer Ueberzcugung aus: Wenn ich nicht an ein neues Deutschland glaubte, ein Deutschland, das nach den entsetzlichen Erlebnissen dieses Krieges von allen imperialistischen Bestrebungen frei ge worden ist (tvährend wir dasselbe von den Alliierten nicht sagen können, die aus dem Frieden geradezu ein Bollwerk des Imperialismus machen wollen), — ich sagte, wenn ich meist an ein neues, der Arbeit, der Zivilisation und Kultur bingegebencs Deutschland glaubte, so säße ich nicht in der Regie r u n g, und kein einziger meiner Kollegen mit mir. Dieser Glaube ist ja das einzige, was uns über die traurige Lage Deutschlands immer wieder hinwcglnlst. Mer dieser Glaube ist nicht nur Glaube, er ist Gewiß heit. Tie Vergangenheit bietet die beste Gewähr dafür, daß unser Volk von Natur aus zur Arbeit und Hochgespann, ter Leistung begabt ist. Denn das freilich ist die fundamen- tale Voraussetzung aller Zukunft Deutschlands, daß das ganze Volk, Kopf- und Handarbeiter, in Werkstatt, Fabrik und Kontor alle Kräfte bis aufs äußerste anspannen. Dir Arbeit muß wieder in ihre heiligen Rechte eingesetzt wer den. Nur wenn sich alle Hände regen, haben wir eine Zu- kunft, wir.schaffen sie mit jeder Bewegung der werktätigen Sand selbst. Wenn im ganzen Deutschen Reiche alle diests Ziel vor Augen haben, wenn alle geeint sind in dem Willen, auf diese Meist zum Wiederaufbau des Vaterlandes bcizu- tragen, können wir nicht untergeben. Alle Parteien und Klassen müssen mithelfen, wir müssen in der Arbeit ein einig Volk sein. Hier wurde der Minister zu einer Sitzung abbc- rufen. Bevor ich mich verabschiedete, sagte er noch: In einem zweiten Ziel muß das deutsche Volk eben falls über alle Parteiunterschiede hinweg einig sein: dem der Einheits des Reichs. Wir haben sie erkämpft wie kein anderes Volk Europas. Unsere Gegner bedrohen dieses unser höchstes Gut, unsere nationale Einheit, indem sie lebenswichtige deutsche Gebietsteile aus dem Körper des Reiches abtrennen wollen. Aber ebenso schwer, wie uns dies treffen würde, ja, in gewissem Sinne noch schwerer muß es das deutsche Volk treffen, wenn Teile des Reiches die Absicht haben sollten, um materieller Vorteile willen dem Reich den Rücken zu kehren. Die unverantwortlichen Kreise, die solche Strömungen ins Leben rufen und fördern, wie wir sie aus der Pfalz und im Rheinland kennen, sehen in ihrer erbärmlichen und feigen Einstellung auf materielle Vorteile nicht, daß sie mit Ueberlegung den Zustand der deutschen Kleinstaaterei wieder herbeiführen, der notwendigerweise zur Abhängigkeit von den Nachbarmächten führt und der vom deutschen Volk mit vieler Mühe überwunden worden ist. Ich stehe nicht an, das Treiben dieser Persönlichkeiten im wahrsten Sinne des Wortes als hochverräterisch zu bezeichnen. Ich hätte gewünscht, daß dem Ausland nicht vergönnt gewesen wäre, diese Erscheinung gerade in Deutsch land festzustellen. Das ganze deutsche Volk wird für ein solches Verhalten von Leuten, die die Aussichtslosigkeit ihrer Absichten an der Reichstreue der in Betracht kommenden Bevölkerung wohl schon erkannt haben mögen, nur das Wort erbärmlich übrig haben. Die Not allüberall im deut schen Volke ist groß. Darüber gibt cs keinen Zweifel. Aber Not eint und das natürliche Empfinden ist, daß man gemeinsame Not gemeinsam trägt und sich nicht um dieses Gemeinsame zu drücken versucht. Wenn diesen Leuten die ses Anstandsgefühl abgeht, so kann es ihnen der Staats anwalt wieder in Erinnerung bringen. Jeden einzelnen im Volk gebt diese Angelegenheit an. Wir müssen alle für die Einheit des Reiches kämpfen, und es ist eine erfreuliche Tatsache, daß sich in dieser lleberzeugung alle Parteien obne Ausnahme von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken einig sind. Das Reich wird und kann nickst zuschan den werden an den Treibereien einiger Hochverräter. Sckion vorher hatte Herr Minister Erzberaer mir unter Ueberreichung eines größeren Betrages seinen Bei - tritt zum katholischen Preß verein für Sachsen als Förderer erklärt. Er will damit zum Aus druck bringen, wie notwendig er gerade in der Jetztzeit dis U n te r st ü tz u n g u n s e r e r Z e n t r u m s P r e s s e er- nchtet. Paul Heß lein. Bis an die Grenze des Möglichen. Von unserem Berliner Vertreter. Wer den Entwurf der deutschen Gegenvorschläge mit Aufmerksamkeit durchgelesen, muß anerkennen, daß die deutsche Negierung in ihrer Fricdcnsbereitschaft nicht weiter gehen konnte, als es jetzt geschehen ist. Große Opfer wollen wir freiwillig auf uns laden. Man denke nur an die Zah lung von zwanzig Milliarden bis zum Jahre 1920 und weiterer 80 Milliarden im Lause der nächsten Jahr zehnte. In weiten Volkskrcisen wird man gewiß über dieses Anerbieten höchst erstaunt sein und die Frage stellen, ob wir diese Entschädigungssummen überhaupt zu leisten in der Lage sein werden. Auch bei der Entente und in der ganzen Welt wird das deutsche Anerbieten gewiß das größte Aufsehen erregen. Die Gegner werden wohl nicht erwartet haben, daß Deutschland sich zur Tragung einer solchen Riesensummc bereit erklären würde. Es wird auch sicher lich nicht an Stimmen fehlen, die unseren Vorschlag als Bluff bezeichnen werden. Aber es ist nicht deutsche Art, die Welt zu täuschen. Die Vertragstreue wird uns heilig sein. Schon während des Waffenstillstandes haben wir den besten Beweis erbracht, daß wir die Verpflichtungen, die wir auf uns nahmen, auch erfüllen. Wenn ustsere Gegner ehrlich sein wollten, dann müßten sie zugcben, daß wir mehr geleistet, als sie selber wohl erwartet haben. Deutschland ist auch jetzt bereit, all das zu erfüllen, was es jetzt freiwillig auf sich nimmt. Die Anforderungei an unstr Volk werden gewiß groß sein. Deutschland ist verarmt und verelendet, eine gewaltige Schuldenlast haben wir im eigenen Lande zu decken. Kriegerwitwen und Waisen und das große Heer der Invaliden wollen unterhalten werden. Hinzu kommen noch die Niesenkosten, die wir für Einfuhren unserer Lebensmittel und Rohstoffe dringend aufbringen müssen. Unsere Negierung und unsere Volksvertretung sind sich keineswegs im Unklaren gewesen über die Größe der Opfer, die wir leisten wollen. Aber der Heroismus un seres Volkes, die Liebe zum Vaterlande sind so groß, daß wir alle diese Opfer gern auf uns nehmen, wenn wir end- lich damit zum Frieden kommen. Verlangen müssen wir aber, daß unsere persönliche Freiheit gewahrt bleibt. Deutsch land darf nicht zerstückelt werden, die Gegner müssen ihre Absichten auf rein deutsche Gebiete aufgeben, denn nur dann erscheint unsere Arbeitskraft gesichert, und nur da durch haben wir die einzige Möglichkeit, die Werte zu schas sen, die wir zur Aufbringung der Entschädigungssumme brauchen. Unsere Forderung auf Behaltung der strittigen Gebiete in Osten und Westen sind zudem dadurch vollauf gerechtfertigt, daß alle diese Landesteile rein deutsch sind und deutsch bleiben wollen. Das gilt für das Saargebiet und die Pfalz, es gilt auch für Oberschlesien, Westpreußen, Danzig. Ostpreußen und für einen Teil von Posen. Wir haben uns damit abgefunden, auch territoriale Opfer zu bringen. Den Verlust von Elsaß-Lothringen werden wir nicht leicht verschmerzen, doch finden wir uns auch damit ab. wenn eine Volksabstimmung über die Zugehörigkeit der Bevölkerung entscheidet. Es ist unser ehrlichster Wunsch, endlich eine Streitfrage aus der Welt zu schaffen, die zum Anlaß zweier großer Kriege gewesen ist. Wenn die Be wohner der ehemaligen Reichslande sich bereit erklären, nach Frankreich zu gehen, Deutschland wird nicht dagegen protestieren, der Schrei nach Eevanche wird nie in unserem Lande und Volke wach werden. Ter Wille der Elsaß-Loth ringer soll und wird uns heilig sein. Für das linksrhei nische Gebiet verlangen wir sofortige Räumung innerhalb! sechs Monaten. Es ist das eine Lebensnotwendigkeit für unser Volk und unsere Industrie. Wir müssen mit dem Rheinlands frei verkehren können. Die Vorgänge in den letzten Wochen in der Pfalz haben auch bewiesen, daß diese Forderung mehr als berechtigt ist. Die Bevölkerung ist allen Abtrennungsgelüstcn völlig fremd. Unter dem Schuhe und der Begünstigung der Besatzungsarmcen nur war es möglich, daß gewisse Kreise an die Ausrufung einer Pfälzi schen Republik auch nur denken konnten. Oberschlesien ist deutsch. Tie Bevölkerung l-at in den letzten Tagen wiederholt und feierlich erklärt, beim Reiche bleiben zu wollen. Ein himmelschreiendes Unrecht wäre eS, wenn trotzdem von unseren Feinden verlangt wer den sollte, das Gebiet an Polen abzutrcten. Was für Schls- sieu gilt, gilt auch für West- und Ostpreußen. Deutschland wird sich niemals bereit erklären können, diese Lande an fremde Herren abzutreten. Wenn wir trotzdem die Abstim mung vorgeschlagen haben, so geschah das aus dem Grunde, um auch Hier unseren ehrlichen Friedenswillen ',zu be kunden. Auch hier wird das Resultat der Abstimmung für uns bindend sein. In derDanziger Frage hat unsere Negierung wirklich das weitestgehendst" Entgegenkommen gezeigt. Selbst die Feinde werden das zugestehcn müssen. Weiter konnten wir nicht gehen. Die Polen haben keinerlei Anspruch auf diese urdeutsche Stadt und auf seinen Hafen. Aber trotz alledem wollen wir ihnen Gleichberechtigung dort zugestehen, sie können eigene Hafenanlagcn erbauen oder schon vorhandene pachten. Ihre Waren sind so frei wie die unsrigen. Selbst für Eisenbahnen und die Benutzung der Weichsel in ihrem deutschen Lauf gewähren wir ihnen große Zugeständnisse. Tie Ansprüche der Polen hätten wirklich) nickst besser berücksichtigt werden können, als es in unseren Gegenvorschlägen geschieht. Auch in allen anderen Fragen hat unsere Regierung überall nachgegeben. Deutschland will sich völlig wehrlos machen, die allgemeine Wehrpflicht abschaffen und nur so viel Soldaten halten, wie die Entente uns zugeitelst. Ms Kriegsschiffe liefern wir aus. Wo in der Geschickte hat ein Volk jemals -sinen besseren Beweis seiner aufrichtigen Frie densliebe erbracht? Nun liegt es bei unseren Gegnern, die Entscheidung zi, fällen. Die deutschen Gegenvorschläge sind von dem Wunsch, allen gerecht zu werden, diktiert, Tb die Feinde das erkenen werden? Wenn sie setzt trotz unserer Nach giebigkeit, trotz aller Opfer, die wir freiwillig auf unS ge nommen, noch immer am ihrem Vernickstungswillen bestehen sollten, dann haben sie auch die Verantwortung zu tragen, wenn der Friede nickst zustande kommt. Die ganze Welt wird anerkennen, Laß Deutschland unmöglich mehr tun konnte, als geschehen ist. Wir sind bis an die Grenzen des Möglichen gegangen. Mit ruhigem Gewissen dürfen wir in die Zickunft schauen. Wie immer auch die Entscheidung aus- fallcnAbird. wir haben unsere Pflicht getan, wir haben der Welt unseren F r i e d e n s w i l l e n b e w i e - se n, Deutschland trifft keine Schuld, wenn nun trotz dem nicht der Ftziede kommen sollte!