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Sächsische Volkszeitung : 29.05.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190405290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040529
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-05
- Tag 1904-05-29
-
Monat
1904-05
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.05.1904
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Max von Sachsen im geistlichen Gewände, sowie die Vertreter der übrigen Fürstlichkeiten und die Herren des großen Dienstes beim weitgeösfneten Portale der Hofkirche eingefunden, um den Kondukt zu erwarten. Kurz nach S Uhr langte er daselbst an. Zwölf Hoflakeien hoben den Sarg vom Wagen und trugen ihn in die Kirche, wo sie ihn beim Portal nieder» stellten. Der hochw. Bischof Georg Wuschanski nahm unter Assistenz und in Begleitung der Geistlichkeit die hl. Hand lung vor. Nach dem gesprochenen Psalm Hlmvroro fand die Einsegnung statt. Sodann wurde der Sarg unter Vorantritt der Geistlichkeit in das Innere der Kirche ge» tragen. Leibpagen mit Fackeln und König!. Kammerherren gingen zur Seite. Dann folgten Se. Majestät der König, die Prinzen des König!. Hauses, sowie die Herzöge von Württemberg mit Gefolge und die übrigen Fürstlichkeiten, weiters die Deputationen und Trauergäste, welche den Kondukt zur Kirche begleitet hatten. Schmerzgebengt ging Prinz Johann Georg zur Rechten des König und seine unaufhörlichen Tränen gaben Zeugnis von dem tiefen Leid, das sein Herz durch den unersetzlichen Verlust getroffen hat. Das Innere der Kirche war mit Tranerdekorationeu versehen. Sämtliche Bilder der Altäre waren schwarz ver hängt, sowie auch die Tribünenbrüstnngen und Bänke schwarz ausgeschlagen. Vor dem Hochaltäre erhob sich eine Estrade, voll hundert flammenden Kerzen ans silbernen Kandelabern und Girandolen umgeben. Schützen und Jäger bildeten das Spalier. Ihre Majestät dieKönigin Witwe. Ihre König!. Hoheit die Prinzessin Mathilde. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheiten die Frau Erzherzogin Otto von Oesterreich, sowie die Herzoginnen Philipp und Robert von Würt temberg. Ihre Durchlaucht die Prinzessin Karl Anton von Hohenzollern hatten mit ihren Damen, sowie die beiden ältesten Prinzen-Söhne des Kronprinzen in den Oratorien Platz genommen. Im Schüfe saßen die Herren der ersten und zweiten Klasse der Hofrangordnnng. unter anderen die Herren Staatsminister, die Generalität, die Wirklichen Geheimen Räte, die aktiven und inaktiven General leutnants und die ü In stehenden, eine Deputation der beiden Sländekammern, die nicht dienslhabenden König!. Kammerherren, die Kgl. Leibärzte. Die Herren des diploma tischen Korps, die fremden Konsuln nsw. waren in den beiden ersten Tribünen der Kirche Plaziert worden, eine Deputation der evang.-lnth. Geistlichkeit, des Rates lind der Stadtverordneten (Herren Bürgermeister Lenpold, Bürgermeister Hetschel, Stadt rat Kammerrat Schröer, StadtverordnetenvorsteherDr. Stöckel, 2. Vizevorsteher l)r. Schladebach lind Stadtverordneter Dr. Schubert), sowie Vertreter der Großstädte Leipzig, Ehenmitz. Zwickau, Planen i. V. nsw. hatten in der dritten Tribüne Platz genominen. Während des Zuges znm Hochaltar sang der König!. Knpellenchor das i)c proi'iimlm. Der Sarg wurde ans die VersenkimgLvorrichtnng der Estrade gehoben, sodann nahmen die Fürstlichkeiten ans den Stühlen Platz, die im Halbkreis ausgestellt waren. Hieraus hielt Herr Hosprediger K u m m e r nach folgende Trauerrede über das Thema: „Wenn mir jemand dienen will, der folge mir nach: und ivo ich bin, wird mein Diener auch sein." (Ioh. 12, 26.) Hochansehnliche in Trauer Versammelte! Diese Worte des Herrn sollen unseren Gedanken in dieser Stunde die Pfade weisen, wo wir im Begriffe stehe», die irdische Hülle der Frau Prinzessin Johann Georg in die stille Gruft hiuabzusenken. Wie sie von Gott gesprochen sind, führen sie auch zu Gott, der allein imstande ist, unsere, im Anblicke dieser Bahre tief erschütterten Gemüter zu beruhigen und zu trösten. Es ist anders gekommen, als wie wir erwartet haben. Unsere Gebete und Bitten haben nicht vermocht, dem Tode vor dem teueren Leben .Halt zu gebiete» In der Blüte der Jahre hat er die teuere Prinzessin dem geliebten Gatten, den lieben Eltern und Ge schwistern, dem hohen Königshause und uns allen entrissen. Entseelt liegt sie vor unS: die milde freundliche Sonne, die diese Hülle belebte, ist uns entrückt. O Tod, was hast Du getan? Jedoch, wenn wir recht zusehen und genauer die Dinge und die Ereignisse der Welt verfolgen, erkennen wir bald, das; über unserer Weisheit eine höhere Weisheit steht, und das; über unseren Willen ein höherer Wille geht. Und dieser Wille und diese Weisheit sind der Wille und die Weisheit Gottes, „ohne den kein Haar von unserem Haupte fällt". So hat der Herr zu uns gesprochen. Dennoch l,at auch der Tod im Aufträge Gottes ge handelt. als er die teuere Prinzessin von uns nahm. Gottes Rechte auf die Entschlafene aber sind älter als wie jedes andere Recht, als wie das Recht des Gatten und der Eltern. Vor Gott beugt sich jedes Recht, da es ihm sein Dasein verdankt. Darum rufen wir in tiefer Demut zu Dir, o Herr: „Was Du tust, ist wohlgctan. Dein Name sei gepriesen." Und wenn die Wunden, die dieser Tod den Herzen geschlagen, sich wieder zu regen beginnen nnd sich in.Klagen ergehen wollen über den so großen Verlust, der uns betroffen, so verstummen doch die Klagen, wenn Gott Vater uuS seinen Eingeborenen entgcgen- hält, den er für uns alle dahingegcbcn, damit wir nicht verloren gehen, sondern das ewige 2eben haben. Wahrhaftig, seine Be ziehungen zu der Entschlafenen sind inniger, las wie alle anderen Beziehungen, seine Bebe zu ihr ist größer als jede andere Liebe, und sein Opfer, das er für sie dargebrachl, schwerer, als wie das Opfer, das er dem geliebten Gatten, den lieben Eltern und Ge schwistern und dem hoben KönigShause auferlegt, und Gott hat cs dargcbracht, damit er die teuere Prinzessin für sich gewinne zuin ewigen Leben. Die Klagen verstummen und Freude gewinnt in unseren Herzen die Oberbaiid. weil wir die feste Zuversicht hegen dürfen, das; die Entschlafene für das Leben auf Erden das ewige Leben in Gott hat eintauschen könne». Diese Zuversicht stützt sich auf unsere Wahrnehmungen, aus denen heraus wir sprechen: Sic hat beherzigt das Wort des Herrn: „Wenn mir jemand diene» will, der folge mir nach, und wo ich bin, soll mein Diener auch sein." Die Nachfolge des Herrn, die sich in ihren Werken wiederspicgelte, ist der Glanz, der ihre Seele in unseren Augen heute so glücklich erscheinen läßt. Wie der Herr seinen Eltern in Nazareth untertan war, so war sie untertan den Ihrigen. Sie folgte den, Herrn Wie der Herr sich gerne aufhielt in dem Hause seines Vaters, so war auch für sie das Gotteshaus ein Lieblingsaufenthalt: ihre tägliche Wanderung zu dein !> Uhr- GotteSdienlt in der Hofkirche i>t ein Beweis dafür. Sie folgte den; Herrn Wie der Herr den Bund mit unS Menschen schloß, um uns glücklich zu machen, und wie er in unverbrüchlicher Treue ihn bewährt als Gottinensch. so hat luch sie in dem Herrn mit ihrem geliebten Gemahl den Bund geschossen, um ihn in unver brüchlicher Treue zu wahren. Sie folgte dem Herrn. Wie es in der Schrift von dem Herrn heißt, das; er Wohltateip spendend vorüberging, so ging auch sie. Wohlwollen und Wohltaten im Stillen spendend, an unsoorüber. Wem hat sie jemals wehgetan? Sie folgte dem Herrn. Wie der Herr nn Garten Gethsemane vor Beginn seines bitteren Leidens an Gott den Vater die Worte richtete: »Vater, wenn cs möglich ist. so gehe dieser Kelch an mir vorüber: doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe", ebenso sprach auch die teure Prinzessin in dem Gemache, in dem sie die heiligen Sakramente empfing, und gefaßt ging sie ihrem Leiden entgegen. Sie folgte dem Herrn. So war sie denn zur Stunde, als für sie der Ruf erscholl: .Siehe der Bräutigam kommt", als kluge Jungfrau bereit: sie hatte Oel in ihrer Lampe. Sie folgte dem Herrn. Seitdem ist die Teuere unserem Gesichtskreis ent schwunden. Wo wird sie jetzt sein? Der Herr gibt uns Antwort darauf, denn er spricht: .Wo ich bin. soll meine Dienerin auch sein." Und wo ist der Herr? Er ist auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel und sitzet zur Rechten Gottes, in der Herrlichkeit und Seligkeit de- Vaters. Demnach ist auch die geliebte Seele, die unS verlassen, mit Christus in der Herrlichkeit Gottes des Vaters. Und wie kann es auch anders sein, da schon hier .ihr Leben mit Christus in Gott ver borgen war"? Sie suchte in ihrer edlen Selbstlosigkeit nicht ihre Ehre, sondern die Ehre GotteS, sie wollte nicht ihren eigenen Willen, sondern den Willen GotteS und betete ständig zu Gott um die Gnade, daß sie ihn immer besser erfülle. Hatte der heilige Geist ihren Geist somit nicht schon hier umgewandelt zum ewigen Leben in Gott? Wenn sie Gott verehrte, liebte und anbetete, wo sie ihn nicht sah, wie wird sie ihn jetzt anbeten, lieben und preisen, wo sie ihn sieht von Angesicht zu Angesicht in seiner ganzen Herrlichkeit? Wie wird sie sich freuen, daß sie die Ueberfahrt glücklich überstanden Hai und daß ihr niemand das Erbe der Kinder Gottes mehr streitig machen kann! Wo Christus ist, da ist auch seine Dienerin. Aber auch bei uns ist Christus; denn er selbst hat gesagt: .Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis an das Ende der Welt." Darum können wir auch hier mit der geliebten Seele durch Christus verkehren. Sollte sie der göttlichen Gerechtigkeit noch nicht ganz Genüge getan haben, so können wir für sie cintrcten in und durch Christus mit unseren Gebeten und Opfern, damit bald die letzten Makel von ihr weichen und sie bald eintauche für immer in da« unvergängliche Licht und in die unverwesliche Seligkeit Gottes des Herr». Di- treue Dienerin des Herrn ruhe im Frieden des Herrn in alle Ewigkeit. Amen! Der hochwürdigste Bischof sprach sodann die kirchlichen Gebete, inzensierte und benedizierte die irdische Hülle. Nach der Beendigung der kirchlichen Zeremonien wurde der Sarg langsam in die Gruft gesenkt. Nunmehr gelangte vom Kirchenchor unter Begleitung der König!, musikalischen Kapelle, die Herr Geh. Hofrat v. Schuch selbst dirigierte, das Iio<-'iml von Schuster zum Vortrag. Nach Be endigung desselben begabeit sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften durch den Uebergang in das Residenz schloß zurück. In der Gruft, wo der König Albert und Prinz Albert ruhen und der Auferstehung entgegensetzen, wurde der Schlüssel zum Sarge der so früh dem Gemahle, den; Königshause und dem sächsischen Volke entrissenen Prin zessin dem Superior der Hoskirche, Herrn Kanonikus Fischer, vom Herrn Oberhofmarschall Grafen Vitzthum von Eckstädt zur Aufbewahrung übergeben. Die Katholiken er- keimen es als ihre Pflicht, in diesen schweren Tagen der Trauer ihre Gebete zu vereinigen für die Seelenruhe der als leuch tendes Beispiel lebendiger religiöser Ueberzeugungstreue in der Erinnerung Aller stehenden hochseligen Prinzessin Isabella; sie werden aber auch ihren Patriotismus darin betätigen, daß sie den Allmächtigen anflehen, er möge dem schmerz gebeugten Prinzen Johann Georg Trost in reicher Fülle verleihen und unserem geliebten König Georg diesen neuen Kummer, der sein edles Herz tief verwundet hat, erleichtern helfen. Gott schütze das Haus Wettin! Politische Rundschau. Deutschland. — Der Kaiser traf am 27. d. M. in Marienburg ein und besichtigte das Ordensschloß. Um 4 Uhr erfolgte die Abreise nach Danzig, woselbst der Stapellanf des neuen Liiiienschisfes K vorgeiwminen wurde. Fürst zu Hohen- lobe-Langenbnrg führte in der Tcmfrede ans, daß das Schiss Lothringen heißen soll. „Eng verbunden", fuhr er fort, „sollen die beiden Schwesterschisfe Elsaß nnd Loth ringen unter deutscher Flagge eine neue Gewähr dafür biete», daß unserem geliebten Vaterlande des Friedens köst liche Gabe auch in Zukunft gewahrt werde. Denn dem Frieden nnd Gedeihen des Deutschen Reiches gilt es, wenn wir zu Lande wie zur See die starke Rüstung tragen, die dem deutschen Namen seine volle Achtung sichert. So trage auch du. der deutschen Seemacht jüngster Zuwachs, in Ehren den deutschen Namen nnd die deutsche Flagge, ein stolzer Recke im Dienste deines Kaiserlichen Herrn und deines Vol kes. In ernster Zeit beginnst du deinen Laus, im fernen Osten messen sich mächtige Flotten im blutigen Ringen. Dringlicher mahnen uns die Begebenheiten der Weltge schichte an den Wert der Seemacht. Möge dir, du starkes Schiff, beschieden sei», dem Vaterlande treue Dienste zu leisten, ivo immer du seine Farben zeigst. Gottes Segen nnd Schutz begleite dich ans allen deinen Fahrten!" Nach dem die Gräfin Zeppelin sodann das Schiff „Lothringen" getauft hatte, brachte der Redner das Kaiserhoch ans, in welches das Publikum begeistert einstiimnte. Unter erneuten Hurrarufen der Anwesenden ging nunmehr der Stapellanf glatt von statten. Nach beendetem Stapellanf bestieg der Kaiser eine Barkasse, um die neuen Hafenanlagen zu be sichtigen. An Bord der Barkasse begleiteten den Kaiser Prinz Heinrich, Staatssekretär von Tirpitz, Oberpräsident Delbrück, Oberbürgermeister Ehlers, ferner die Herren des Gefolges Sr. Majestät, Generalleutnant von Kessel, General si In miit,- von Moltte, Oberstabsarzt Dr. Niedner und der ans Schlobitten herübergekommene Fürst Dohna-Schlo- bitten. In der zweiten Tampfbarkasse befanden sich der Fürst-Statthalter und Graf und Gräfin Zeppelin, ans der dritten ein großer Teil der übrigen Festteilnehmer, die Mi nister Freiherr von Nheinbaben und von Budde und Frei herr von Senden-Bibran, ferner Vertreter von Elsaß-Loth ringen und der Stadt Danzig. — Wie die „Münch. Neuest. Nachr." hören, kam bei der am 27. Mai erfolgten Audienz des Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils beim Prinzregenten auch die Papst- liche Prostctnote zur Sprache. Die katholischen Arbeitervereine Süddentschlands halten den diesjährigen Dclegiertcntag am 28., 29. und 80. August in Heilbronn ab. Als Hauptthema ist in Aus sicht genommen: „Jugendfürsorge" und soll dabei in Bezug auf die katholischen Arbeitervereine behandelt werden: Kindcrschntzgesetz, Berufswahl und Fabrikslehrling, ver- wahrloste Jugend, Jngcndvereine, Jugendlektüre. Die weiteren Vcrhandlungsgegcnstände betreffen wichtige Fra gen in Bezug auf die innere Entwickelung der katholischen Arbeitervereine. Dem süddeutschen Verbände sind bis jetzt rund 55,0 Vereine mit 72 000 Mitgliedern angeschlossen. — Die evangelischen Arbeitervereine und der Reich-, verband gegen die Sozialdemokratie. In der Delegiert-»- Versammlung des Gesamtverbandes der evangelischen Ar beitervereine sprach am 25. d. M. nurnenS des Rcichsve'.- bandes gegen die Sozialdemokratie der Geschäftsführer Dr. Boten scheu über die Ziele des Rciciisverbandes. der absolut kein Scharsmacherverein sei, sondern die berechtig, ten Ziele der Arbeiter auf Verbesserung ihrer wirtschaft lichen Lage anerkenne. Er hob die mannigfachen Beruh- rungspmikte hervor, die zwischen dem Reichsverbande und den evangelischen Arbeitervereinen beständen. Schon in der ersten Versammlung des Delegiertenhiges war der Wunsch des Reichsverbandes, daß der Gesamtverband der evangelischen Arbeitervereine sich ihm anschließe, bekannt gegeben worden. Nachdem der Ausschuß sich Dienstag abend über diese Sache schlüssig geworden ist, gab am Mitt woch Liz. Weber eine Erklärung ab, dahingehend, daß der Delegiertentag jeder Bestrebung, die gegen die Sozialdemo kratie gerichtet, sein Interesse beweist. „Aber wir haben ein bestimmtes Programm: die Betonung des religiösen Momentes und die Anerkennung der Bestrebungen des Ar beiterstandes. Wir (vollen nur positiv arbeiten nnd sind der Meinung, daß eine Reaktion gegen die Sozial demokratie mir ans dem Arbeiterstande heraus erfolgreich sein kann, daß die anderen Stände lange nicht so nach haltig gegen die Sozialdemokratie wirken können. Wir wollen nn sc reu eigenen Weg weiter gehen. Wir (vollen im Arbeiterstande bleiben und der Neichsber- band mag auf seine Weise für die Gewinnung der be sitzenden Klasse zu sozialen Reformen tätig sein. Las ist besser für beide Teile." Diese deutliche Absage an den Reichsverband wurde vom Telegiertcntag der evangelischen Arbeitervereine mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Oesterreich - Ungarn. — Die Fürstin Hohenberg, die Gemahlin des Erz herzogs Franz Ferdinand, ist am 27. d. M. vormittags in Konopischt (Böhmen) von einem gesunden Prinzen ent bunden worden. Tie Fürstin nnd der Prinz befinden sich wohl. — Die Delegationen. Nach der kurzen Pfingstpause traten die beiderseitigen Telegationsausschiisse in Pest am Mittwoch zur Fortsetzung ihrer Beratungen (nieder zu sammen. Am 27. Mai versammelt sich das Plenum der österreichischen Delegationen. Es handelt sich bei ihr um die Bewilligung von 400-45,0 Millionen Kronen für Kriegsrnstilngen. Sind diese wirklich unumgänglich nötig? Verdienen die Angaben und knappen Begründungen der Kriegsverwaltnng wirklich volles Vertrauen? Das ist die ernste Frage. Tie Sozialisten ereifern sich jetzt gegen diese hohen Kredite in zahlreichen Versammlungen, um sich wieder populär zu machen. Das so erschreckend hohe Summen ver langende Niistnngswesen ist gewiß ein schreckliches Uebel; aber die Sozialisten, welche sich über die jüngsten Nieder lagen des ungenügend gerüsteten Rußland freuen, sind nicht die Patrioten, deren „Nein" von der Negierung ernst ge nommen würde; sie rüsten ja auch durch ewige Samm lungen für ihre Wahlkämpfe. Sehr bedauerlich ist aber, daß das Parlament durch die Obstruktion sich jeglicher Kon trolle in so hochwichtigen Finanzsragen begibt. Frankreich. — Der Ministerrat beschäftigte sich mit der Inter pellation über die päpstliche Protestnote und beschloß, daß Telcass«? in der Kammer eine genaue Darlegung der ganzen Angelegenheit geben und dabei mitteilen soll, daß Nisard nicht beurlaubt, sondern abberufen worden sei. Ministerpräsident Eombes wird sich sodann über die Tragweite dieser Abbernfnng äußern. Man nimmt an» daß die Besprechung der Interpellation zwei Tage dauern wird. — Der Verrat der Note an die „Hnmanitc;" ging ganz un- zweifelbaft von Monako ans. Es ist nämlich Sitte, das; in jeder Zirknlarnote irgend ein Wort geändert wird. Die von der „Hnmanit^" publizierte Note enthielt die Variante der an Monako ergangenen nnd war daher sehr leicht zu erkennen. — Tic Tcpntiertenkannner bespricht am 27. d. M. die Interpellation über die päpstliche Protestnote. Lasies (Na tionalist) sagte, die Negierung gehe nur infolge der Ver öffentlichung der päpstlichen Note vor, was ein gefährliches Präzedens schaffen würde. Derjenige, der Jaures die Note mitgeteilt habe, sei sicher kein Freund Frankreichs. (Be wegung.) Lasies erwähnt dann die Reise des Deutschen Kaisers nach Italien und die von dem Kaiser bei seiner Rückkehr gehaltenen Reden. Redner fragt dem Minister Delcassä, ans welche Weise die Indiskretion begangen wor den sei und beantragt dann Vertagung der Diskussion. Der Abgeordnete Hubbard fragt an, warum Dclcassä dem Lande keine Mitteilung von der Protestnote gemacht habe, die er vom Vatikan erhalten habe, nnd wünscht über die Trag weite der Abberufung des französischen Botschafters unter richtet zu werden. Abgeordntecr Allard erklärt, die Ab berufung des Botschafters Nisard genüge nicht. Er erhebt Einspruch gegen die Schwäche der Regierung. Redner ver langt den endgiltigen Abbruch der Beziehungen zum Vati kan und die Kündigung des Konkordats. Demgegenüber will Abb6 Gayraud die Beweggründe zu der Abberufung Nisards und den Zweck wissen, den die Regierung damit verfolge. Er behauptet, die Protestnote sei keine Beleidi gung für Frankreich gewesen und der Vatikan habe sich ge nötigt gesehen, sie zu erlassen, nn: den Anschein zu ver meiden, als sei er mit den Vorgängen von 1870 ein verstanden. Nibot bedauerte, daß (»an dem Vatikan nicht erklärt habe, daß in der Reise Loubets keine Beleidigung für den Vatikan liege. Conibcs erklärt hierauf, er werde nur die von Bienvenu Martin beantragte Tagesordnung annehmen, worin es heißt, die Kammer billige, daß die Re gierung den französischen Botschafter beim Vatikan zurück- berufen, jeden weiteren Zusatz zurückweise, und zur Tages- orduuug übergehe. Die Kammer nimmt hierauf mit 427 gegen 95 Stimmen den ersten Teil betreffend die Abberu fung des Botschafters und sodann den zweiten Teil mit 383 gegen 160 Stimmen an. Schließlich wird der Gesamt- antrag durch Handhochheben angenommen und die Sitzung geschlossen. ... Serbie«. — Dis Krönung König Peters wird bestimmt in der ersten Augnsiwoche in der Belgrader Kathedrale stattfinden. Die Skupschtina, Welche mehrere auf die Krönung bezug- nehmende Beschlüsse zu fassen hat, wird Mitte Juni zu einer voraussichtlich bloß dreitägigen außerordentlichen Session einberufen werden.
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