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Partei diesen Leitsternen folgt, wird sie bestehen, und so möge sie denn, meine Herren, mit froher Zuversicht in die Zukunft blicken, über alle Schwierigkeiten und Kämpfe der (Gegenwart hinaus, und so darf ich Sie anffordern. mit mir in freudiger Hoffnung zu rufen: „Das Zentrum, es lebe hoch!" Begeistert stinunte die Versaniinlung in den Hoch ruf ein. Wir niiissen es uns leider versagen, aus Raummangel den Wortlaut der übrigen Trinksprüche hier zu veröffent- lickxm. Kurz sei nur die Reihenfolge derselben angeführt, und der Gegenstand genannt, dein sie galten. Als zweiter Festredner sprach der Vorsitzende der Zen- trumsfrastion des preußischen Abgeordnetenhauses Gehei mer Justizrat Tr. P o r s ch. Er gedachte der bedeutendsten Männer in der Geschichte der Partei und der Gründer, von denen noch neun Herren leben. Zwei davon waren an wesend: Exzellenz Freiherr Ignaz v. Landsberg und Prä lat Dr. Lender. Dann gab er seiner Freude Ausdruck, daß aus dem Kreise der Gründer Söhne und Enkel in der Mitte weilen. Wenn Sie, sagte Redner, die jetzige Fraktionsliste mit jener vor vierzig Jahre» vergleichen, so finden Sie wie damals die Namen v. Savigny, Graf Henckell v. Donners- marck, Graf Praschma, Fürst Löwenstein, v. Mallinckrodt, v. Schorlemer-Alst. So leben die Traditionen des alten Zentrums in den weiteren Generationen fort. Eine auf richtige Freude für uns ist es auch, an dem heutigen Fest tage eine Vertretung des bayrischen Zentrums begrüßen MI können, an der Spitze den Präsidenten der bayrischen Abgeordnetenkammer Dr. v. Orterer. Weiter können wir zu unserer Freude begrüßen einen Vertreter der württem- bergisck>en Zentrumsfraktion, ein nicht kleines badisches Fähnlein mit dem wackeren, unermüdlichen Fechter, dem Geistlichen Rate Wacker an der Spitze. Es ist uns ekne Freude, Herrn Dr. Brentano und Herrn Kommerzienrat Molthau als Vertreter des hessischen Zentrums bei uns zu sehen. Weiter sehen wir hier zu unserer Freude auch Ver treter der Zentrumsorganisation Preußens und der ande ren Bundesstaaten, und je stärker diese Organisationen wer de», desto größer ist unsere Freude. All den Herren drücke ich im Namen der Mitglieder beider Fraktionen von Herzen im Geiste die Hand. Wir sind aber nicht bloß zusammen gekommen, um hier ein frohes Fest zu feiern, gestern und heute haben erste Beratungen stattgefunden, gestern und heute haben wir darüber nachgedacht, wie man unsere Orga nisation festigen und weiter ausbanen könnte. Gestern haben wir, als Krönung dieser Landesorganisation, eine Satzung der deutschen Zentrums- partei beschlossen, wir haben einen Reichsansschuß der Zcntruinspartei ge wählt. Der Toast klang in ein Hoch auf die Gäste aus. Der nächste Redner war der Vizepräsident des preußi schen Herrenhauses und Mitbegründer der Zentrums- ' fraktion Ignaz Freiherr v. L a n d s b e r g - S t e i n f u r t. Er erörterte die Frage, warum das Zentrum gegründet worden sei und sprach den Wunsch aus, daß es auch in Zukunft getreu seinen grundlegenden Prinzipien handeln und Erfolge erringen möge, nicht bloß zum Wohle der katholischen Kirche, sondern auch des gesamten deutschen Vaterlandes. Um diesem Wunsche Ausdruck zu geben, leerte er das Glas auf das Wohl der beiden Fraktionen. Nach einer kurzen Pause sprach der Präsident der baye rische» Kammer, Tr. v. Orterer, in begeisternden Worten: „Ich möchte," sagte er u. a., „namens der Frak tionen, die hier so freundlich begrüßt worden sind, dinen innigen, warmen, herzlichen Dank sagen. Beginnend von der Westniark. von Elsaß-Lothringen, daS, spät erst dem Mutterlande wiedergewonnen, treue Waffenbrüderschaft gehalten hat mit der Zentrumsfraktion und auch mit den Brüdern im Osten und im Norden. Und danach, am rechten Ufer des herrlichen deutschen Rheins, da sitzen die braven Badenser, Wacker heißt nur einer, aber alle sind sie es, dann die Württemberger, verschieden in der Tonart — feiner die einen, gröber die andern. «Heiterkeit.) Aber Ritter sind sie alle, ohne Furcht und Tadel. Und die Bayern. Es schickt sich nicht, daß ich sie lobe, aber die Ge schichte beweist es: Sie stehen allezeit in Treue fest. Alle Fraktionen, die ich genannt habe, und die braven Hessen dazu, die Hellen Auges sehen trotz aller Sprüche. Sie alle danken Ihnen schönstens für Ihre gütige und liebens würdige Einschätzung: wir haben zum großen Teile auf gleichem Felde gearbeitet und jedenfalls nach dem gleichen Muster. Wenn wir nicht genau Bescheid wußten, wie wir es zu halten hatten, dann haben wir in Berlin, obschon wir Bayern sind, Rat gesucht und gefunden, und so soll es ge halten sein und bleiben für alle Zeiten. So salutieren wir alle deutschen Brüder, alle Fraktionen im Reiche vor der makellosen, vom Feinde nie erstürmten Zentrumsfahne. «Stürmischer Beifall.) Sie weht heute noch wie vor 40 Jahren auf einem festen Turme, beschirmt von einem treuen, christlich-katholisclcen Volke, von Männern und Hel den. die auf die Fahne geschrieben haben: Mut und Klugheit, Treue und Einigkeit, über alles aber ein unentwegtes Gottver trauen! (Stürmischer Beifall.) Und kommen die Stürme von fern und nah, von hoch und nieder, von erklärten Feinden und von zweifelhaften Freunden, dann stehen wir auf der Mauer und sagen: Dieser Turm sei unverletzt, und unver- letzt die Fahne im Kampfe um die größten Güter der Nation, um die größten Güter des gläubigen Volkes." «Stürmischer Beifall.) Redner toasticrt auf die Führer der Fraktionen, Freiherrn v. Hertling und Dr. Porsch. Daranf sprach Dr. Schädlcr über die Bedeutung der Zentrnmspresse. Selbst klein und unbedeutend im An fang, ist sie im Kampfe groß geworden. Die Presse sei zum Predigtstuhl geworden, von dem aus die Wahrheit und Be lehrung, die politische und wirtschaftliche Belehrung des ganze» Volkes ausgegangen ist. Darum der wackeren Zen- trumsprcsse, die das Predigtamt ausgeübt hat, innigsten und herzlichsten Dank auch an diesem Tage. Dank unserem treuen Volke, das unentwegt zur Fraktion gehalten habe. Dank unserer Presse, der treuen Dolmetscherin zwischen Fraktion und Volk. Möge die Zentrumsfraktion hinein wachsen in das fünfte Dezennium, dem goldenen Jubiläum entgegen! und mit ihm das Volk, seine Wählerschaft und die Presse ihres hohen Amtes waltend! (Lebhafter Beifall.) Nach dieser Rede ergriff das Wort der stellvertretende Vorsitzende des Angustinnsvereins, L e n s i n g - Dortmund. Er erinnerte, daß die Zentrumspresse selbst ein Jubiläum feiert. Denn die Gründling und der Aufschwung der Zen- trumspresse datiert aus jener großen Zeit, die mit dem Jahre 1871 auch für sie ihren Anfang nahm. Redner will nicht auf die Entwicklung der Zentrumspresse eingehen, noch viel weniger über die Aufgaben der Presse in unserem „papiernen" Zeitalter sprechen, sondern nur konstatieren, daß gemäß der Mahnung unseres großen Görres vor hundert Jahren im katholischen Deutschland rechtzeitig Wert und Bedeutung einer gut geleiteten Presse erkannt worden sei. (Lebhafter Beifall.) Wenn auch bis heute nicht vollkommen nach Form und Inhalt, so nimmt unsere Zentrumspresse doch im Konzern der „siebenten Großmacht" eine achtunggebietende Stellung ein, und das wegwerfende Urteil, welches ein deutscher Schriftsteller radikaler Richtung, Karl Bleibtreu, jüngst über unsere Presse gefällt hat, ist völlig unzutreffend. Allerdings sind die anderen uns vielfach in der Fixigkeit und Skrupellosig keit über, dafür sind wir aber den anderen entschieden in der Richtigkeit über. „Die im Augustinusverein korpo- rierten Blätter empfinden mit Ihnen, meine Herren Abge ordneten, Freude und Genugtuung am heutigen Tage. Sie danken durch mich aufs herzlichste für die freundlichen Worte, welche der Herr Vorredner soeben gegenüber der Zentrumspresse gesprochen hat, sie geben das Gelöbnis, sich immer dem Ganzen anzuschließen und unterzuordnen. Zentrumspresse und Zentrnmsfraktionen einig und ge schlossen, ein Mann und eine Seele. Dieser Einigkeit unser Hoch," Voil den vielen Depeschen aus allen Teilen Deutsch lands wurden die der Kardinäle Kopp und Fischer, ferner jene vom Erzbischof aus Freiburg und vom Pater Ray- mundus verlesen. Von der Redaktion der „Sächs. Volks- zeitnng" war folgendes Glückwunschtelegramm eingelangt: „Unbesiegbar stehe das Zentrum als Schützer der idealen und materiellen Güter zum Segen des deutschen Vaterlandes." « Während des Festmahls wurde ein geschmackvoll aus- gestattetes Gedenkblatt an die Festfeier verteilt. Die Abbil- Hungen des alten und neuen Reichstagsgebäudes sowie deS alten und neuen preußischen Abgeordnetenhauses schmücken daS I Titelblatt. Sodann folgte daS gestern erwähnte Festgedicht des Abg Pfeiffer. Ein Artikel, gezeichnet v. S.. bringt eine kurze Uebersicht über die Geschichte der Zentrumsfraktion geschmückt mit den Bildnissen der bisherinen Vorsitzenden her Zentrumsfraktionen. Ein anderes Bild zeigt als eine Gruppe Windthorst, A. Reichensperger, P. Reichensperger und v. Mallinckrodt. Ein zweiter Artikel rührt aus der Feder des Abg. Dr. Karl Bachem, welcher eine Würdigung des Zentrums enthält. Dann folgen die Bildnisse der noch lebenden Mitbegründer der Zentrumsfraktion: Fürst zu Löwenstein (Pater RaymunduS), Freiherr v. Reichling-Mel degg. Freiherr v. Landsberg. Graf v. Waldendorff, Dr. Bock. Dr. Lender. Geistlicher Rat Schaffer. Graf Lazy Henckel von DonnerSmarck und Krämer. Die Festfeier hat den Geist der Zusammengehörigkeit von neuem bestärkt; die unvergänglichen Grundprinzipien, welche seit 40 Jahren daS Zentrum leiteten, leben in gleicher lebendiger Krast unverändert fort. „Mit Gott für Wahrheit. Recht und Freiheit!" war und wird in alle Zukunft der Wahlspruch deS Zentrums bleiben! Politische Rundschau. Dresden, den 23. Mär« ISN — Die innige« Beziehungen, die Deutschland mit Oesterreich-Ungarn und besonders die beiden Herrscher häuser verbinden, werden durch den bevorstehenden Besuch he« Kaisers, der Kaiserin und des Prinzen Joachim in Wien, wieder einmal deutlich illustriert. Trotzdem die Kaiserin in ihrer Gesundheit nicht ganz fest ist. hat sie doch die Begleitung ihres Gemahls bei diesem Besuche sich nicht nehmen lasten, um den ehrwürdigen Herrscher deS verbündeten Reiches begrüßen zu können. Auch die Be- gleitung deS Prinzen Joachim bringt einen intim-familiären Zug in die Z isammenkunft, da er das Patenkind des Kaisers Franz Joseph ist. — D«S Kroaprinze»p«»r wird am 29. März Kairo verlassen und zwar aus dem Dampfer de» Norddeutschen Lloyd« „Prinzregent Luitpold". — Im Reichstage wurde die Beratung betreffend die Kaliabgabe fortgesetzt. Tr. Bärwinkel (Ntl.) trat für die Kommissionsanträge ein und Dr. Rösicke (Kons.) hob her vor. daß die Kalibeziehcr sich zusammenschließen mögen, da eine solche Organisation Vorteile bringe. Dr. Heim (Ztr.) begründet einen Antrag, der eine Abänderung zum Koni- Missionsantrag darstellt. — Das preußische Abgeordnetenhaus hat in der Sitzung am Dienstag neben dem Etat betreffend die Zentralge- nossenschaftskassc den Etat des Herren- und Abgeordneten hauses, der allgemeinen Verwaltung und das Etatsnot- gesetz nach kurzer Debatte erledigt und damit die zweite Lesung des Etats beendigt. — In der Sitzung am Mittwoch wurden zunächst kleinere Vorlagen erledigt. Dann fand die erste Beratung des Gesetzentwurfes betreffend Feuerbe stattung statt. Minister v. Dallwitz brachte die Vorlage ein und befürwortete sie verhältnismäßig warm. Ein rundeS Nein gegen die Vorlage sprach der Zentrumsabgeordnete Schmitt-Düsseldorf und der Pole v. Mizcrski. Ersterer brachte anch sein Befremden darüber zum Ausdrucke, daß die Regierung in dieser Frage ihre Ansicht geändert habe, v. Dallwitz begründete die Aenderung der Meinung mit der Annahme, daß die Mehrheit des Herren- und Abgeordneten hauses in der letzten Session eine veränderte Stellung zu dieser Frage gezeigt hätte. Graf v. Wartensleben sprach für den größten Teil seiner Freunde sein Bedauern über die Vorlage aus, auch die Freikonservativen sind gespalten. Für die Vorlage stimmten Lieber (Ntl.), Pachnicke (Dp.) und Hoffman» (Soz.). Der Entwurf ging an eine Kommisftoii von 24 Mitgliedern. — Ein ganz unerwarteter Sieg der Rechten. Einen überraschenden Ausgang hat die Neichstagsstichwahl am Dienstag im ersten hessischen Wahlkreise genommen, wo, wie bekannt, der Kandidat der Wirtschaftlichen Vereinigung Dr. Werner mit dem Sozialdemokraten Beckmann um das Mandat des verstorbenen Antisemiten Köhler kämpfte: Dr. Werner siegte mit einem Vorsprung von rund 1000 Stim- men über seinen sozialdemokratischen Gegner. Bei der Stichuxihl im ersten hessischen Wahlkreise erhielt nämlich der Kandidat der Antisemiten und der Wirtschaftlick)en Ver- einignng Dr. Werner 12 669, der Sozialdemokrat Beckmann 11 622 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt. Bei der Hauptwahl vom 10. März hatte Dr. Werner rund 7960 und Beckmann 7976 Stimmen auf sich vereinigt, während auf den Freisinnigen 5060 und auf den Nationallikeralen 2616 Stimmen gefallen waren. Die Nationalliberalen sind voll zählig zu dem Antisemiten Werner übergegangen, de: anßerdei» noch starke Reserven gehabt haben dürfte. Die Wahlbeteiligung war noch etwas stärker als wie bei der Hanptwahl. Man hätte nach den Erfahrungen früherer Er satzwahlen den parteiamtlichen Erklärungen zufolge an nehmen müssen, daß die volle Zahl der freisinnigen Stim men bei der Stichwahl dem Sozialdemokraten zufallen würde, dem dadurch schon der Erfolg sicher schien. Nach dem obigen Ergebnisse hat aber nur ein Teil der Freisinni gen, etwa 3660, für Beckmann gestimmt, während die Na tionalliberalen anscheinend sämtlich für Dr. Werner ein- getreten sind. Wahrscheinlich haben sich auch viele bäuer liche Wähler, die am 10. März dem Antisemiten aus poli tischer Verärgerung ihre Stimmen nicht abgegeben hatten, in letzter Stunde anders besonnen, um den Kreis nicht den Sozialdemokraten auszuliefern. Das Gesamtergebnis aller bisher vollzogenen Nachwahlen zum Reichstage, 44 an der Zahl, stellt sich nunmehr wie folgt: Es haben verloren die Konservativen 2 Mandate an den Freisinn, 1 an die Anti- semiten, 2 an die Sozialdemokraten, 1 an die Nationallibe ralen; die Nationalliberalen 6 an die Sozialdemokraten. 1 ans Zentrum: das Zentrum 1 an» die Nationalliberalen: die Freisinnigen 2 an die Sozialdemokraten. Die Rechte (Konservative, Antisemiten und Zentrum) hat also im gan zen 7 Mandate eingebüßt und 1 gewonnen, die Linke (Na tionalliberale und Freisinn gleichfalls 8 Mandate einge büßt aber 6 gewonnen, während die Sozialdemokratie 9 Sitze eroberte. Im übrigen wurde der Besitzstand der Par- teien durch die Ersah- und Nachwahlen nicht verändert. DaS „Berl. Tagebl." findet dieses Resultat „schmachvoll". Der „Vorwärts" spricht von „liberaler Schande" und meint: „Der Ausgang dieser Wahl wird den Genossen iw Lande eine gute Mahnung sein, die Wahlhilfe der Bürger lichen so einznschntzcn, wie sie es verdient und den Kampf gegen den schwnrzblauen Block, wie ihn die Herren so laut mit Worten führen, nicht allzu tragisch zu nehmen. Die Herren schrien sehr entrüstet auf, wenn sie das Wort von der einen reaktionären Masse hören, aber in Gießen haben sie sich in der Tat als solche bewährt. Nur ein Teil der frei sinnigen Wählerschaft hat die Parole der eigenen Partei befolgt: die Sammlungspolitik des Herrn v Bethmann Hollweg hat durch den Abfall eines Teiles der Freisinnigen ihren ersten Erfolg zu verzeichnen. . . . Der fchwarzblaue Block Hai einen Augenblickserfolg, die Liberalen die Schande, und wir, nun wir, die „Geschlagenen", sind di? rinzigen, die mit Befriedigung auf die geleistete Arbeit und die Resultate des Wahlkampfes zurückblicken dürfen." — Eine Interpellation über den Modernisteneid. Im Herrenhause ist folgende Interpellation eingebracht worden: „1. Ist der Königlichen Staatsregierung bekannt, ob Professoren preußischer Universitäten freiwillig den Anti- modernisteneid geleistet haben? 2. Hält die Königliche Staatsregierung den Antimodernisteneid mit dem im Diensteide von Professoren übernommenen Verpflichtungen für vereinbar? 3. Wenn die Frage 2 mit Ja beantwortet wird: Ist nicht die Königliche Staatsregierung der Ansicht, daß das Ansehen, die Würde und der Charakter der Uni versitäten eine Minderung erfahren, wenn es ihren Mit gliedern freisteht, sich nach Art des Antimodernisteneides zu binden? 4. Was gedenkt die Königliche Staatsregie- rnng zu tun, um die auch ihr anvertraute Würde der preu ßischen Universitäten, die durch erfolgte oder auch nur mög liche Ablegung des Antimodernisteneides seitens einzelner ihrer Mitglieder gefährdet erscheint, zu wahren?" Die Interpellation ist unterschrieben von neun Hoch schullehrern, zehn Bürgermeistern, ferner von dem Reick-s- tagtzabgeordneten Prinzen zu Schönaich-Carolath, von dem Generalsnperintendenten Fabcr, von dem früheren Oberlan desgerichtspräsidenten Hamm und von dem Geheimen Re- giernngsrat v. Böttinger. Wie gar Katholiken solche An fragen unterschreiben können, ist uns ein Rätsel. Diese Anfrage bestätigt nur, wie scl>arf der Kulturkampf ist und schon besteht. — Obgleich der Besuch König Ferdinands von Bulga rien bei Kaiser Franz Joseph durchaus privater Natur ge wesen ist, bedeutet er tatsächlich einen Wechsel in der Hal tung deS Königs. Man entsinnt sich des Besuches des Für sten Ferdinand in Pest bei dem Staatsoberhaupts der isterreichisch-nngarischen Monarchie kurz vor der Unab- hängigkeitserklärung Bulgariens, und man hat nicht ver gessen, daß Ferdinand, nachdem er die Unabhängigkeit sei nes Landes unter dein Schuhe des Doppeladlers erworben hatte, in der bald darauf cinsehenden europäischen Krise nach Petersburg fuhr, um sich dort als König empfangen zu lassen, daß er während der ganzen Zeit der Spannung zwiscl-en Rußland und Oesterreich-Ungarn im JSwolskischen Fahrwasser segelte und auf den Rat de« russischen Mini- sterü, der damals von einem gegen Oesterreich-Ungarn ge richteten Balkanbunde mit der Türkei an der Spitze träumte, zum Sultan fuhr, dessen Regierung damals noch nicht wieder auf dem freundschaftlichen Fuße mit Wien vee- kehrte, auf dem sie jetzt steht. Wenn man in der Politik überhaupt von Dank und Undank sprechen will, so konnte mau es damals im Hinblicke auf den neuen König von Bul-