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hatte», die Straße verlassen, war in weichen Ackerboden eingesunken und im Schnee stecken geblieben. Mehrere her- beigerufene Leute halfen an der Freimachung des Wagens, die gegen drei Stunden in Anspruch nahm. Pirna, 22. November. Der Schulknabe Ahlert ist am Sonntag beim Ueberschreiten der Brücke, die an der Aus mündung des Krippenbaches in die Elbe über den Bach führt, ausgeglitten, in den hochangeschwollenen Bach ge stürzt und ertrunken. Erst am Montag früh wurde die Leiche ausgefunden. Rkichenbnch, 21. November. In der Wiesenstraße ist gestern ein Knabe beim Rodeln scharf gegen einen Stein gefahren. Er wurde vom Schlitten geschleudert und erlitt einen Unterschenkelbruch und einen Bruch des Nasenbeins. Gemeinde- und Vereinsnachrichten. § Dresden. Die vom Kath. Kasino aufgestellte Ordnung erleidet eine Aenderung, indem an Stelle des Lichtbildervortrages am 4. Dezember auf vielseitigen Wunsch noch ein Theaterabend tritt. Entsprechend der Zeit ist ein ernsteres Stück, das vieraktige Schauspiel „Zwischen zwei Herzen" zur Aufführung gewählt worden. Mitglieder haben freien Eintritt. Karten zu 36 Pfennig für Gäste und Angehörige der Mitglieder sind schon vorher bei den Vereinsvorständen, sowie in der Schmidtschen Buchhandlung (Inhaber Paul Beck). Ecke Schloßstraße und Brüdergasse, sowie beim Hausmeister des Gesellenhauses erhältlich. 8 Eeitendorf. Am 16. d. M. sprach in einer kombinier ten christlichen Gewerkschaftsversammlung ein Beamter des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter Deutschlands; es kam auch zur Gründung einer Zahlstelle für diesen Verband. Dieses Ereignis ist den hiesigen „Genossen" derart auf die Nerven gefallen, daß sie sofort am 20. November eine Gegenversammlung veranstalteten, in »velcher der Bezirks leiter des sozialdemokratischen Bergarbeiterverbandes, Herr Tender aus Senftenberg, über das Thema: „Wer vertritt besser die Interessen der Bergarbeiter, der „freie" Verband oder sein christlicher Gegner?" referierte. Bedauerlich ist. daß so viele katholische Bergarbeiter den Weg zur „roten Organisation" beschritten haben, obwohl sie früher ganz anders organisiert waren. Es gibt dies jedem einsichtigen Beobachter der örtlichen Verhältnisse zu denke». Ein Teil der Sckpild dürfte auch auf das Konto der „farblosen" Presse zu bnck>en sein. Tenn das ausschließliche Lesen von den „allen recht tuenden" Zeitungen hat noch nie feste Charak tere gebildet. r. Kirche und Unterricht. ü Fulda, 20. November. Am Grabe des großen GlaubenSoaterS St. BontfatiuS fand heute nachmittag e ns imposante Katholikenversammlung statt. Der große an 1200 Personen fassende Stadtsaal war bis auf den letzten Platz beseht. Bischof Dr. Schmitt wohnte der Versamm lung bei. Professor Vollmer, ein Laie, hielt eine herrliche Lobrede aus das Papsttum und den jetzigen in letzter Zeit so viel geschmähten Vertreter desselben. Nachdem der jubelnde Beifall verrauscht war, sang der 100 Mann starke Chor der Alumnen unter Leitung des NegenS Dr. Schreiber die Italienische Papsthymne „Ina sinin, sullo rivs <lol Dobro^, die im Wohlklang der italienischen Sprache mit dem südländischen feurigen Rhythmus mächtig wirkte. Eine geistvolle Rede deS Regen- vom Bischöfl. Seminar, Piof. Dr. Schreiber, über F.eidenkertum und seine revolutionären Ziele folgt«. Ta- erhebende Schlußwort sprach der Bischof. Als Frucht der Versammlung wurde eine Huldigungs- und Ergebenheitsadresse an Pius X. zur Absendung gebracht, in der die unwandelbare Treue, der unverbrüchliche Ge- horsam und die stete Ehrfurcht und Liebe -um Oberhaupte der Kirche seiten- der Katholiken der BonifatiuSstadt zum Ausdruck gebracht ist. k Ro«, 20. November. In der vatikanischen Basilika haben alle Mitglieder des vatikanischen Kapitels am Altäre della Cattedra vor dem Erzpriester, Kardinal Rampolla, den Schwur gegen den Modernismus abgelegt. Der Akt vollzog »sich mit der Feierlichkeit, wie sie für das größte Gotteshaus der Christenheit charakteristisch ist. Literatur. In allernächster Zeit erscheint in dem rührigen Ver lage der Bonifatiusdruckerei in Paderborn eine hochaktuelle Neuigkeit unter dem Titel: Die Maßregeln Pius X. gegen den Modernismus nach der Enzyklika Luseencki vom 8. September 1907 in Verbindung mit dem Notu proprio vom 1. September 1910, die den rühmlichst bekannten früheren Universitätsprofessor Dr. Franz Heiner, jetzigen Auditor der Röm. Rota, Apost. Protonotar und päpstl. Hausprälaten, zum Verfasser hat. Prälat Dr. Heiner gilt auf dem Gebiete des Kirchenrechtes und der kirchlichen Dis ziplin als Autorität, und sieht man daher das Erscheinen der Schrift allgemein in theolog. Kreisen mit Spannung entgegen. Oner dnrch Spanien und im Norden Afrikas. Reise bilder, Kunst- und Kulturstudien von Dr. Phil. Walter Rothes, Dozent an der Königlichen Akademie zu Posen. Mainz, 1910. Verlag Kirchheim u. Co. Mit 24 Voll bildern. Oktav. (VIII und 149 Seiten.) Preis geheftet 2,20 Mark, in Originalband 3 Mark. Inhalt: Einleiten des. — Südfrankreich und Nordspanien. — Bayonne. — Biarritz und S. Sebastian. — Burgos. — 2.Madrid. — 3. Stiergefechte. — 4. Der Eskorial. — Toledo-Aranjuez. — 6. Tie Karwoche in Sevilla. — 6. Cadiz und Barcelona. — Cordova und Granada. — 7. Gibraltar und Marokko. — 8. Gedanken über spanische Kunst. — Das mit 24 trefflichen Illustrationen geschmückte, hervorragend ausgestattete Werk des durch seine früheren Studien zur Kunstgeschichte be kannten Gelehrten, ist gewandt und überaus anschaulich ge schrieben. Auch die den Verhältnissen fremder gegenüber- stehenden Leser erhalten von Land und Leuten, Kunst und Kultur ein plastisches Bild. Tadelloser Druck mit moder nen Typen, sowie der Originaleinband — der Toledo als Titelzeichnung trägt — empfehlen das Buch schon äußerlich, das eine Zierde der diesjährigen Geschenkliteratur bil den dürfte. Kunst. Wissenschaft und Vorträge. > Dresden. Konzerte und Borträge F. Ries, König!. Hofmusika t-n-Handlung (Inhaber: F. Plötner), Seestratze 21 (Eingon.i Rin;,(trotze): Lilly Koenen, Lieder-Abend. Am Klavier: Paul Aron. Freitag den 25. November abends '^8 llhr. Vereinshaus. Karten: 4.20. S.15. 2.1V. 1,«5 Kartenverkauf in der Hofmuftkallenhandlong von F. Nies (A. Plötner), Kaufhaus, und Ad. Brauer <F. Plötner), Neuftadt. von S—1. 8-S Uhr. I Dresden. Konzert-Mitteilungen der Firma H. Bo«k Prager S>rahe S: Bachmann > Trio. Die Trio - Vereinigung Bachmann- BSrtich-Etenz veranstaltet ihren n. Kammern ustk-Abend nächste» Sonnabend de» 2s. Stovembe, im Reustädler Kasino. Tpielpl«» »er The«1er i» Dresde». »»ntgl. Vvrrva» . Donnerst-'g: Oberou. Anfang Uhr. Freitag: Salome. Anfang 8 Uhr. »»ntg». »»»niptrldnn«. Donnerstag: «allenstein- Tod Anfang 7 Uhr. Frei-ag: Vas Konzert. Amaag '/,8 Uhr. Donnerstag: Der ledige Gatte. Anfang >/,8 Uhr. Freitag: Der «alzerkvnig. Anfang »/-« Uhr. Zentral. Theater. Sonnabend: ZeppelinchenS Reste zum Christkind. Auf. V,4 Uhr. >f (S Konzerte. König!. Belvedere »nf. llhr. WartstsS. gentraltheater Auf. 8 Uhr. Biktoria-Saloa Auf. 8 Uhr. Ttvoli-Pr unksaal Auf. llhr. König-Hof (Strehlen) An». 8 ThmtanS Thalia. Theater */«S v. Deutscher Kaiser (Ptefchea) v ühr- Masenhalle Löbtau Auf. 8 llhr Klei»«- Theater (Hofbräu-Kae ) . «nf. >/,V llhr. Spiel»!«» »er Ltze«ter t» Peipzi«. Reue» Theater. DonneiStag: Zwei glückliche Tage. Freitag: Das Nachtlager in Granada; vorher: Die Puppenfee. — tttte« Theater. Donnerstag: Zigeuaerltebe. Freitag: Der grobe Name. — Gcha»fpt»lha»e. Donnerstag: Kabale und Liebe. Arettag: Sinston und Delila. — »eue» Operette»« Theater (Zentral-Tkxater). Donnerstag: MiliLlaw der Moderne; hierauf: Brüderletu feiu. Freitag: Reiche Mädchen. Sondon VMM üsnuLLmittel b-> , tI»vi«.>Iei»Nl!N.kst»iti. I Herling Hjioellrlrok HisäsrlaKSQ in sllsa — LtaättsiiöQ. — ZM" Rosenkränze "MA vom billigen Kinder-Rosenkranz von 1V H an, bis zum fetntten Edelstei». Rosenkranz mit Silber- und Goldkettuag empfiehlt LlviLriel» Vr«l»»pvr Hoflieferant weiland Ihrer Majestät der Königin- Witwe Carola von Sachsen, Dresden >A., Ecke Sporer- und Schöfsergafse» in nächster Nähe der kathol. Hofkirche. — Tel. 136«. — 18 — „DaS werden Sie am Posten erfahren; vorwärts!" „Ach, laß doch den Dingen ihren Lauf!" sagte Riaux zu Montussan. Dieser wendete sich aber zu dem Anführer der Polizisten und sprach: „Herr Wachtmeister, eine Viertelstunde Verzögerung kann das größte Unheil nach sich ziehen. Ueberlegen Sie reiflich, was Ihrer harrt, wenn Sie meinen Worten keinen Glauben schenken wollen. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß zwei Männer, die dem Anscheine nach von schlechten Absichten geleitet waren, soeben über diese Mauer geklettert sind." Diese Erklärung verfehlte ihren Eindruck nickst, und wieder wurde der Wachtmeister von einem Zögern erfaßt. „Sie werden aber wenigstens den Eingang zu diesem Hause kennen, zu dem dieser Garten gehört?" nahm Montussan das Wort. „Allerdings," lautete die Erwiderung. „So trecken Sie den Portier des Hauses und durchsuchen Sie es dockst Sie müssen uns ja deshalb nicht loslassen." »Ja, ja, das kennen wir," meinte der Beamte pfiffig. „Während wir in das Haus eindringen und es durchsuchen, werden die anderen, mit denen Sie möglicherweise einverstanden sind, wieder über die Mauer klettern und sich in Sicherheit bringen; wir aber haben das leere Nachsehen." „Sie leiden an keinem Ueberfluß von Schlauheit, Verehrtester," be merkte Lncien. „Möchten Sie nicht ein wenig Ihre Worte wählen, mein Lieber?" gab der Wachtmeister erzürnt zurück. „Es muß wohl sehr sckfivierig sein, nichi wahr," fuhr der Künstler fort, „zwei oder drei Mann als Wache hier zurückzulassen, um die beiden Eindring linge gegebenenfalls an einer Flucht zu verhindern?" Der Wachtmeister dachte einen Moment nach und wendete sich dann mit den Worten zu seinen Untergebenen: „Gewagt ist schließlich nichts dabei. Drei Mann bleiben hier und nun gehen wir." In diesen: Augenblicke kamen zwei andere Polizisten des Weges. Sie wurden angerufen und als Wachtposten zurückgelassen, wie es Montussan an gegeben, worauf sich die kleine Schar nach der Rue Sergente begab. Nackstiem man einige Minuten gegangen, langten die Polizisten mit ihren Gefangenen vor einem in antikem Stile gehaltenen gebauchten Tore an, wie man solche noch im Saint Germain-Viertel und in der Provinz anzu treffen Pflegt. Der Wachtmeister läutete lange und wartete, doch die Tür blieb ge schlossen. Offenbar >var der Portier nicht gewöhnt, zu dieser Stunde geweckt zu werden. „Läuten Sie fester!" riet Montussan. Einer der Agenten läutete nun ununterbrochen, wohl volle fünf Mi nuten hindurch, doch nichts regte sich im Hause. „Am Ende steht der Portier im Einvernehmen mit den Räubern," be merkte einer der Polizisten. „Das ist nicht gut anzunehmen," behauptete der Künstler, „denn sonst hätten sie ja nicht über die Mauer klettern müssen. Eher steht zu befürchten, daß sie ihn bereits ermordet haben." — 19 - „Pochen Sie mit dem Griffe Ihrer Seitenwaffe an das Tor," befahl der Wachtmeister seinen Leuten. Diese schickten sich bereits an, dem erhaltenen Befehle nachzukommen, als eine Stimme hinter der schweren Tür vernehmbar wurde: „Wer klopft? Was will man?" „Ausgemacht!" erwiderte der Wachtmeister, der die sonst gebräuchliche Phrase „Im Namen des Gesetzes!" nicht hinzuzufügen wagte, da er nicht in amtlicher Entsendung vorging. „Zu dieser Stunde öffnen? Wer sind Sie denn, frage ich noch einmal. Ich kenne die Stimme nicht." „Die Polizei ist da!" sagte jetzt Montussan. „Oeffnen Sie also iu Ihrem Interesse." ,.O, mein Gott! Die Polizei! In meinem Interesse!" sprach die Stimme und fast gleichzeitig wurde dos Tor ein wenig geöffnet. Offenbar beruhigte aber -er Anblick der polizeilichen Uniform de« vorsichtigen Mann, denn der Torflügel wurde ganz zurückgeschobeu. „Sind Sie der Hausbesorger hier?" „Ja, mein Herr, ich bin der Torwart in diesem Hause." Bei diesen Worten trat Montussan einen Schritt näher, um diese- Phänomen zu betrachten, das Torwart und nicht Hausbesorger genannt werden wollte. Der wackere Mann war in bloßem Hemde, seine Füße steckten in Pan toffeln und übrigens begann er zu frieren. Weiter konnte man für den Moment nichts erkennen, denn die Nacht war sehr finster, und in dem Haus flur herrschte vollständige Dunkelheit. - „Diese zwei Herren hier," begann der Wachtmeister, „behaupten, daß vorhin zwei Räuber bei Ihnen eindrangen, indem sie über die Gartenmauer in der Rue du Jardinet stiegen." „Bei mir?" entsetzte sich der Torwart. „Und da sind wir nun gekommen, um uns zu überzeugen, ob man un» nicht getäuscht hat." „Vielleicht sind's gar Mörder!" ächzte der getreue Hüter LeS Hauses. „Sie werden also die Güte haben, uns als Führer zu dienen, damit wir die erforderlichen Nachforschungen anstellen können." „Gewiß, mit Vergnügen. Gestatten Sie mir bloß in meine Kleider zu schlüpfen, worauf ich Ihnen dann sofort zur Verfügung stehe." Damit kehrte er in seine Nische zurück und zündete eine Kerze an, bei deren Schein man ihn sehen konnte. Es war das ein kleines, ungemein dickes und breites Männchen; — Gesicht, Brust und Bauch waren in ganz unglaublichem Maße entwickelt. Der Oberkörper glich einer viereckigen Masse, die auf zwei kurzen und dünnen Beinen ruhte, während seine Arme so lang waren. Laß man unwillkürlich nach einem Höcker am Rücken suchte, der indessen nicht vorhanden war. Unter einer weit hervortretenden Stirne funkelten zwei kleine graue Augen, die gewiß daS kleinste und unbedeutendste des ganzen Gesichtes waren, denn der Mund war weit, die Nase breit, abgeplattet, die Ohren standen gleich zwei Kohlblättern ab. und die ganze GesichtShaut wieS tiefe Pockennarben aus.