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Sächsische Volkszeitung : 06.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192402063
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240206
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240206
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-02
- Tag 1924-02-06
-
Monat
1924-02
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.02.1924
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Mittwoch. de» ü. Fevruar 1921. Dos dciiW Elend im Ipiegel des Auslandes Dresden, 5. Februar. Dem Tebniiion.-Sachsendlenst wird folgender Artikel der bulgarischen Tageszei tung „Mczawissimost" (Sofia) zur Verfügzing gestellt, den der Korrespondent des Blattes anläßlich deS Sächsischen Pressetages in Dresden schrieb: Tie Verwüstungen in Deutschland. Internationale Jour nalistenenquete i» Dresden. Die sächsische Regierung, die Dresd ner Stadtverwaltung, die sächsische Presse und die Industrie empfingen in gastfreundlichster Weise de» Verband der Auslands- Presse in Deutschland, der sich entschlossen hatte, Mitteldeutsch land gemeinschaftlich zn besichtigen, um in den dichtbevölkerten deutschen Ländern an Ort und Stelle die schwere», durch eine unmögliche und gedankenlose westeuropäisch- Politik anfgezwuu- genen Lobcnsverhältnisse zu studieren. Unser Aufenthalt wurde durch ein« Reihe festlicher Empfänge nnd herrlicher Darbietungen umrahmt, es blieb aber die Haupt aufgabe der tÄastgeber sowie der Gäste, das fürchterliche Bild der heutigen europäischen Verwüstung vor dem Gewissen der gesitteten Welt aufzudeeken. Es wurde uns eine stattliche An zahl Statistiken, Ziffern,»gterjal, Bilder und gedruckte Referate in die Hand gedrückt, es war aber nicht die Sprache der Zahlen, die rührte und aufwühlte, sondern die Schatten und die Farben dieses Gemäldes des Elendes selbst. Ein Volk, da? weltbekannt durch seinen Fleiß, seine Gaben und seine Fertig keiten war, das trotz aller geographischen und Nnturerschwernisse cs fertig gebracht hatte, durch die fabelhafte Vervollkommnung der Produktionsmittel im Frieden seine Ernährung zu sichern, ist heute der Arbeitslosigkeit, dem Hunger und dem Elend ver fallen. Die Zahl der Selbstmorde wachst erschreckend an, die Quote der tuberkulösen Kinder, der Rückgratverkrümmungen un ter den Schulkindern, der englischen Krankheit und der den, Hun ger folgenden Epidemien vermehren sich täglich. Im Herzen Europas feiert Ser Tod seine Feste, nachdem die Stürme des wirtschaftliche» Niederganges alle ehrlichen Regungen einer hoch kultivierten Volksmasse ins Wanken gebracht hatten. In den Kinderkrankenhäusern und Zichheimcn wurden uns die nackten Körperchen unschuldiger Geschöpfe gezeigt, deren erster Anblick schon angrnselte. Vertiefte man sich aber ins Studium dieser lebenden Skelette, so wurde man überwältigt von der Tragödie des Fiolrertampfes inenichlicher Natur gegen die harten und un zähligen Klammern des Hungers. Die gesamte kultivierte Welt steht ergriffen vor diesem mitteleuropäischen Toten tanz und eS gibt wohl kaum ein fortgeschrittenes, oder für ein solche? zu gelten wollendes Land, das sich der Gcldsnmmlnng für hungernde deutsche Kinder verschlieft. Ich weif es selbst am besten, wie schwer es gerade heute dem bulgarischen Volke fallen mag. nnßerkalb unserer Gren zen Hilfe zu leisten zu einer Zeit, da im eigenen Lande die Not nicht minder stark wütet. Jedoch, auch die kleinste Beihilfe für die Leidenden in Deutschland ist hier willkommen. Sie wird vor allem, moralisch wirken, sic wird auch unser Land in die Reihe der ersten humanen Staaten der Welt stellen. Vor allem aber darf auch der bescheidenste Beitrag der Viels» Bulgaren, die der deutsche» Wissenschaft und der denlsche» Gesellschaft einen Teil ihres persönlichen Fortschrittes und ihrer Vervollkommnung verdanken, nicht ausbleibeii. Es sind Gelehrte, Kansleute und Emigranten, die das Wort haben. Menschenpflicht klopft ganz imperativ au viele bulgarische Türen. Lasst uns hoffe», das; hinter diesen Türen herzhafte Bulgaren weile». Seitens der Notleidenden bin ich ermächiigt, von vornherein allen Wohltätern zu erklären, das; die hilfsbedürftigen Deut schen keine Freunde des AlmosenwcsenS sind. Schwere» Herzens sind sie diesmal die Nehmenden, weil sie nicht unproduktive Un terstützung, sondern Arbeit fordern Eine erbarmungslose Verkettung der politische» Verhältnisse hat die Oefen ihrer Fa briken uuSgeblase», den Rl'psihmuS ihrer Arbeit vergewaltigt und die Essen ihrer Stätten jener Rauchwolken beraubt, die alz Zei chen unermüdlichen Fleißes über Deulschlands Gauen schweben. Das aber, was sie unaufhörlich mit der vollen Energie ihres völkischen Genius immer wieder fordern und verlangen, ist — Arbeit. Um sich erneut ans dem Felde der Arbeit zu betätigen, brauchen sie Kredite, Frieden und Moratorium für die Versnille- verschuldungen. Den Eindruck, den ich aus meinen Unterredun gen mit den Kollegen von der maßgebende» amerikanischen nnd europäischen Press- gewonnen habe, läßt sich in dem Einsehen zusammenfassen, daß man dem deutsche» Volke alle Möglichkeiten bieten muß, sich erneut in scgenbringende Arbeit zu stürzen, mit deren Hilfe man allein vor dem Kriege den hohen Standart des gesamten europäischen Wohlstandes erhalten konnte. Die fremde Hilfe wird nicht ausbleiben, weil sie nicht nur in Deutschlands Interesse notwendig ist. Da? Vertraue», das zur Gewährung 1, Seite tt Die Zukunft der Reichsbahn Man schreibt uns von unterrichteter Seite: Wenn die Reichsbahn nunmehr nach den, Beschluß des Kabinetts eine organisatorische Umgestaltung im Sinne der Schaffung eines selbständigen Wirtschaftlichen Unternchnienß er fährt, so ist damit im Grunde nur eine Vorbedingung erfüllt, die in der Reichsverfassung schon zum Ausdruck gebracht wird. Allerdings hatte man sich damals das selbständige wirtschaftliche Unternehmen innerhalb des Neichshanshalts gedacht. Wie un günstig die Verknüpfung eines Verkehrs-Unternehmens mit dem Reichshaushalt ist in Zeiten einer jede Kalkulationsmöglichkeit ausschaltenden Inflation, haben wir ja zur Genüge erlebt. Wenn jetzt diese Frage nickst auf gesetzgeberischem Wege, sondcrn durch eine Notverordnung zu lösen versucht wird, dann liegt daS nur an dem Druck der Verhältnisse, wie er gegenwärtig nur uns lastet. Denn alles und jedes, was jetzt geschieht, muß einzig und allein betrachtet werden unter dem Gesichtspunkt de? Schuhes der Nentenmark. An diese», Schutz liegt der NeichSregieoung alles und zu seiner Durchführung ist die Reichsregierung ent schlossen, alles und jedes z» tun, auch die stärksten Maßnahmen zn ergreife». Denn ein Absinken der Nentenmark in eine neue Inflation wäre einfach untragbar, ein grenzenloses Unglück, daS nur mit eincr furchtbaren Katastrophe enden würde, wäre die Folge. Und daher müssen die jetzt förmlich sich häufenden Not- maßnahmc» und -Verordnungen hingcnommen werden, auch wenn sie unbequem sind und auch wenn wir wissen, daß sie sehr schwer wirken. Aber sie haben nur den einzigen Zweck, die Ren tenmark zu sichern und dadurch wieder feste Kalkulationen und Dispositionen dem einzelnen wie der gesamten Wirtschaft zu er möglichen. Unter diesem Gesichtspunkt allein sind auch die Maßnahmen zu betrachten, di- die ReichsvsrkehrSverwaltiing nun ergreift. Seitens des Reiches sind ihr alle Zuschüsse entzogen und daher muß sie versuchen, die Finanzen von sich aus i» Ordnung zu bringen. Nichts wirkt seelisch aus die Eisenbahnbeamten schwerer ein als die Erkenntnis, daß e? trotz allerschmersten Anstrengungen bisher noch nicht gelungen ist, die Eisenbahn wieder zu einem Ueberschußbetrieb zn machen. Um dieses Ziel herbeiznsühren, werden nun alle Kräfte daraugesebt. Daß man das tan», ist auch nur eine Folge der Stabilität der Rentenmark. Vor dem 15. November 1923, an jenem Tage die Notenpresse versiegelt wurde, war eine Kalkulation überhaupt nicht möglich. Jetzt hat man einen festen Boden unter sich. Jetzt kann darum auch die finanzielle Sanierung der Eisenbahn mit Erfalg in Angriff ge nommen werden. Und so hak die Notverordnung bezüglich der organisatori sche» Umgestaltung der Reichsbahn den Hauptzweck, der Reichs bahn die Ausnahme eigener Kredite zu ermöglichen. Solange die Reichsbahn nur ein Bestandteil des Reichshaushalts war, hastete sic für alle Schulde» deS Reiches und umgekehrt. Das erschwert die Kreditgebung sehr. Auf der neuen Basis ist bereits über die Kreditgewährung verhandelt worden. Auf ihr gründet sich der englische Kredit für die Kohle», ferner ein Wcchselkrcdit in Rentenmark, der in gewissen Zeiträume» abgetragen werden muß, und weiter Verträge mit industriellen Unternehmen, wo nach Materialien gegen spätere Zahlungen geliefert werden solle». Weiter hat der Reick c-rat soeben seine Zustimmung für einen Pfandbrief-Kredit von 190 Millionen Nentenmark gegeben. — Im Gegensatz zu der organisatorischen Umgestaltung bei der Post, wo sofort eine endgültige Regelung eintrftt, die durch eine offizielle Gesetzesvorlage verankert wird, ist die Regelung bei der Eisenbahn noch nicht endgültig. ES handelt sich zunächst nm ! einen Ucberg,i»g?;»sta»d. der die Möglichkeit geben soll, die wirt schaftlichen Absichten durchznführe». Die gesetzgeberische end- gültig« Regelung für die Verhältnisse bei der Eisenbahn wird erst später erfolgen. Die Stellung der Reichsbahn zum Reich bleiln zunächst darum auch noch etwas unvollkommen. Indessen ist mit Nach druck hervorzuhebcn, daß die Notverordnung nicht dazu bestimmt ist, eine Privatisierung der Lkahn vorzubereiten. Wie prompt unsere Eiseichahnverwaltung heute sckpm arbeitet, geht daraus hervor, daß am I. Februar beim Neichsverkehrsminister schon dee vollständige finanzielle Abschluß sämilicher Verwallungsbezirie für den Ddonat Januar restlos Vorgelegen hat. Besser kann aucv der bcstorganisierte Privatbetrieb in der Tat nicht arbeiten. Ti- Eisenbahn wird auch weiterhin vom Neichskabinett, Reichstag und Reichsrat abhängig bleiben und damit der Kontrolle der parla mentarischen Körperschaften unterstehen. Nur bezieht sich diese Kontrolle nicht mehr auf Einzelheiten des Haushalts, dagegen müssen Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnnng, Jahresberichte usw. vorgelegt bleiben. Auch an der Spitze des umgestalteten Be. triebes wird der Verkehrsminister stehen und zwar als Mitglied des Kabinetts, so baß also auch das Kabinett jederzeit die Mög lichkeit hak, auf die Geschäftsgebarung Einfluß zu üben. Dir spätere Ausgestaltung durch Gesetz wird freilich keine leichte Ans ätze sein. Sie wird auch eine Bereinigung des Verhältnisses der ieichSbahn zu den Ländern bedingen, namentlich z» denen die eigenen Bahnbesitz haben. Soweit Staatsverträge in Be tracht kommen, kann auch die Notverordnung nichts wesentliches ändern. Die späteren Absichten der ReichLregierung gehen dahin, die Wirtschaftlichen Aufgaben der Reichsbahn stärker als bis her auszuprägen. Man wird insbesondere de» Weg der Dezen tralisierung beschreiten müssen. Wenn aber die Reichsbahn ein wirtschaftliches Unternehmen sein soll, dann muß sie auch von alle» überflüssigen Ausgaben befreit werden. So werden Einschränkungen verschiedener Art vorgeiwmmen werden müssen, die freilich von den VerkehrSinteressenten unangenehm empsun- den werdeil dürsten. Aber auch diese Maßnahmen geschehen unter dem Zwang der Verhältnisse. So hat man jetzt schon auf weniger bedeutenden Linien den Nachtverkehr eingestellt, man hat den Güterverkehr eingeschränkt und damit eigentlich überraschend gute Erfahrungen gemacht. I» Sachsen, einem der verkehrs reichsten Länder, wurden 79 Güterznge täglich eingestellt, und trvtzd^n hat der Verkehr um 29 Prozent zugenommen. Tie Ver waltung kowmt glatt mit de» Maßnahmen aus. Mil ihnen kommen nicht weniger als 1900 Rangier-Lokomoiiven vro Tag in Wegfall, d<i>dnrck> ergeben sich Ersparnisse an Kohle, Oel, Materialabnutzung, Personal usw. Alles das soll wieder dem Verkehr im ganze» zugute kommen, wie sich daraus ergibt, daß dis Verwaltung eine Ermäßigung der Frachtenlarise herbcigejührt hat und weitere Ermäßignngen i» Aussicht nimmt Dagegen bat sich als notwendig erwiesen, bei den Personcntarife» einen Aus gleich des monatlich sich auf etwa 39 Millionen belansenden Defizits vorzunehmen. Von berufener Seite weist man darauf hin, daß die Preise für die erste nnd zweite Wagenklasse weit über Friedenspreis gesteigert Ware», während die Tarife für dis dritte und vierte Wagenklasse heute noch nicht den Friedenspreis erreicht hätten. Was bei den Preisen hübcr erscheint, sei die Verkehrssteuer. Man null auch den internationalen Durchgangs verkehr, der arg ins Stocken gekommen ist, wieder fürder», da lieber Umwege von 69 bis 190 Kilometer in Kauf geiionimeck werden, um den wesentlich höheren deutschen Eisenbahnvr. äsen für die oberen Wagentlassen zu entgehen Was außcnvolftißg so schwer auf uns wirkt, nämlich, daß Deutschland von allen Seite» eingeschlosscn ist, wirkt dagegen verkebrspolitisch zn nuferem Vor teil sich au?, da immer wieder unser Territorium durchkreuzt werden muß. Die Wirkungen, die die Reichs, ahn mit ibcer organisaloci- scben Umgestaltung zu erzielen Horst, zeigen beule schon gute Ansätze. So haben sich unter dem Zeichen der Stabilität dis Einnahmen fortgesetzt gesteigert. Während sie im N^ix-mg,?,: genau 8 Goldmillionen betrnaen, belaufen sie sich heute schon auf 10 Goldmillionen. großer Kredite gehört, findet eine feste Unterlage in der bewun derungswürdige» Haltung der notleidenden Massen. Ich wage eS zu behaupten, daß die Zahl der Völker, die in der Lage des heu tigen Deutschlands sich ohne weiteres in? Chaos der sozialen Re volution stürzen würden, eine sehr große ist. Es ist nicht zu leugne», daß speziell in Sachsen einzelne Verzweifelte und Jrregeführte anfingen, die öffentliche Sicher heit zu sabotieren. Abcr dis rechtzeitige und taktvolle Verhän gung des AuSiiahmeznstandes und die zweifellose» sozialen und menschlichen Fähigkeiten deS kouiiiiandierenden Generals'M ü l. ler halfen zn einer baldigen Wiederanfrichtung der Ordnung. Eine der Ziele unserer Enquete war die Feststellung der vor bildlichen öffentlichen Sicherheit in Sachsen. Der Verband der sächsischen Industriellen hat unS ersucht, nach außen hin bekcinntznmachc», daß die Bedingungen für eine geregelte Produktion gewährleistet sind und daß die sächsische Inonsilie in der Lage ist, sämtliche Bestellungen ihrer a»Sländisch-i> Kund schaft prompt aiiSzufükren. Die beste Illustration für das wahre Gciühl der sozialen Verantwortlichkeil erhielten wir in den Er gebnissen der sächsischen G e m e i n d e w a h l e n, worüber ich schon an anderer Stelle eingehend berichtet habe. Unser gemeinsamer und znsamme»fassciider Eindruck war, daß wir es mit eincr h e l d e n h a st e n B c> l k S g e in e i n s ch a f t z» tiiil haben, die auch in den dunkelsten Niederungen ihres Kampfes gegen Hunger. Not und politische? Schicksal den Glau- ben an ihre große Bestimmung nicht verloren hat. Jeder der imstande ist, dem Kampfe dieses Volkes gegen daS Elend Ver- saille-Eurova heizusielie», ist verpflichtet, seine helfende Rechte zu reichen und damit seinen Schuldteil an der aeschichftick'nc Evo> liitiv» der Menschheit abzutragen. Die Spur des Dschinqis Khan Von Hans Dominik. Copyright bh Angnst Schcrk G. m. b. H. 1923, Berlin-Leipzig. (Nachdruck verboten.) (11. Fortsetzung.) Georg Jseubrandt unterbrach den zornigen Amerikaner. DaS Schiss stand jetzt über Peronisk und folgte eine größere Strecke dein vielfach gewundenen Lauf des Sir Darja. Jseubrandt deutete in oie Tiefe, wo der breite, grüne Strom deutlich zn sehen war. Jsenbraudte deutete in die Tiefe, wo der brette, grüne Strom deutlich zu sehen war. „Jetzt sind w>r am Sir, am alte» Jaxartes. Bis hierhin ist der große Alexander ans seinen Ecobernngszügen vorgedrungen, hier nuißte er wieder »nitehren und hinterließ «eine Spur von stiiien Taten. Wir sind weitergekommni. Fünfhundert Meilen »eeiter nach Osten. Mir schmelzen und dampsen bis in das Him« »wkSgebirge. Wir schassen Neuland für Hunderte von Millionen Menschen. Unsere Arbeit lohnt sich . . . Tie Hochalpen brenne», aber die Ebene wird fruchtbar . . Maria Feodorowna spann seinen Gedankengang weiter: „Ein gewaltiges Werk! Doch die Gelbe» sehen es nicht ge». Ich höre, wie sie bei uns in Kasthgar darüber sprechen. Fremde Tenselcie», die dein Gelben »nd dem Blauen Fluß das Wasser nehmen. Seitdem die Berge nm Kaschgar dampsen, sieht inan nnS scheel an . . . V elleicht »lügen wir eines Tage? den Ort verlaßen, an dem wir ieit zwanzig Jahren wohnen." Prüfend ruhte der Blick Georg Jsenbrandts auf de» Züge» der Specherrt». „Der Tag kann schneller kommen, als Sie denke». Ich werde Sie warnen. Versprechen Sir mir, meiner Warnung zu folgen . . ." Maria Feodorowna streckte dem Reisegefährten die Rechts entgegen. Ihre Blicke trafen sich und hingen sekundenlang an einander. „Ich daiike Ihnen, Herr Jseubrandt!" Der Kreuzer hatte jetzt den Stromlaus verlassen. Während der Fluß einen weiten Bogen nach dem Süden schlug, verfolgte er den Südostkurs, überflog die Alpen bei Chotkal »nd stand jetzt schon dicht vor Andischan. Es wurde Zeit, an den Abschied zu denken. Ans dem Hangar »eben dem Enöbahnhof der Strecke Andi- schan—Osch—Kaschgnr landete das Kompanie,chiff. Erst die Technik des DhnothermS hatte es ermöglicht, In kurzer Zeit und mit gelängen Baukosten den großen Tnmiel durch das gewaltige Tcrekmassiv z» bohren nnd die neue Linie bis Kaschgac durchznsüh««! Georg Jseubrandt und Wellington Fox begleiteten Maria W'tthnsen zniii Zug. Sie standen dort, bi-s das Absahrtszenhen gegeben wurde nnd der Zug sich iu Bewegung setzte. Welling ton Fax zog ein seidenes Tuch und winkte. Georg Jsenbrandt sprang mit plötzliche»! Entschluß auf das Trittbrett des rollen den Zuges. Er beugte sich zu Maria Feodorowna, flüsterte ihr wenige Worte zn und war mit einem Sprunge wieder neben seinem Freunde. Dort sland er »nd blickte dem aussahrenden Zuge noch lange nach. Der Knall des Schusses, der ven Kaiser veS Himmlischen Reiches ans daS Schmerzenslager warf, war bis in die letzte» Erdenwlnkel gedrungen. Immer noch, bald schwächer, bald stärker, hallte sei Echo wider. Millionen Herzeil erbebten... bebten... w e immer, wenn das Schicksal einen ganz Großen unter de» Menschen traf, von dessen Sein oder Nichtsein dasjenige von Millionen Kleiner abhing. Nnd je länger die Zeit des Wartens, desto >merlräglick>er wurde die Spannung. Wann endlich Gewißheit? Würde er sterben . . . der Große, oder lebe» bleibe» nnd sein grißes Werl vollenden? Die Bulletins der Aerzte waren dunkel lote die Sprüche des delphischen Orakels. Ein dreifaches enges Gitter von Bajonetten nmgab jetzt, nachdem bas Unheil geschehen war, die Anlagen ve» Sckiehol, dem chinesisthen Sanssouci. Wie alljährlich batte sich der Herrscher auch diesmal zn W.nteransgang nach Echenot begeben, nm hier Erholung von der Last der Neglernngsgeschäste zn suchen. Hier, wo die strcngr Bewachung seiner Person nicht so >chars wie in Peking dnrch- geführt wurde, hatte ihn die Kugel eines als Jägcrbnrschc ver kleideten Republikaners getroffen. Der Sckniß war töolich. So lautete der Bericht der Aerzie für die wenigen Vertranten der nächsten Umgebung. Abcr die Lage des Reiches verbot eine Veröffentlichung dieses Berichtes. Kaum zwanzig Jahre waren vergangen, seitdem der junge, tatkräftige Mongolengeneral Knbelai die Herrschaft des Niescn- re'ches an sich gerissen hatte. Vis dahin war China eine Repu blik, deren beste Kräfte durch nie zur Ruhe kommende Wirre» auigezehrt wurden. Eine Riesenfarm, die von den Völker» des Slbendlandes ansgenntzt wurde. Auf schneller, blutiger Bah» war der Mongolenkhan an die Slltze des Riesenreiches geeilt, alles niederwerscnd, was sich Ihn, in den Weg stellte. Tann statte er das Spiel gespielt, das von jeher jedem Usurpator geläufig war. Um seine Herr schaft zn festige», wurde das chinesische Natlonalbewnßt,ei» mit allen Mitteln einer geschickten Diplomatie aufgepcitscht, bis alle Angen gegen den äußeren F-'lnd gerichtet waren. Und wieder hatte ihm das Glück zur Seite gestanden. In zäbem Ringen hatte er den Europäern eine Position nach der anderen entrissen, bis er bas Land von den „Bedrückern", de» „Blutsaugern" befreit hatte. In der kurzen Zeit von zehn Jahren hatte er dieses Ziel erreicht. Mit der gleichen Energie ,,„d Tatkraft widmete er sich dann dem Ausbau oer inneren wirt schaftliche» Kräfte seines Landes. W»hl schufen ihm die Re formen. die er ohne Rücksicht ans die alten Sitten und Geinohn- heften dn.rchsührte, viele Gegner. Doch die mußten sich beuge», und in einem halben Menschenalter war ein Werk vollbracht, um das ftihrelidc Geister sich jahrhundertelang vergeblich be mühten, daS Kenner des Landes sür »»möglich gehalten hatten. Mit seinen Erfolgen wuchs sein Ebrgciz ins Unermeßliche. Träume wurden in rastloser Gehirnarbeit geformt, bis sie als- erreichbare Möglichkeiten vor seinem Auge standen, und dann schuf er die Pläne zn ihrer Verwirklichung. Schon bevor die Europäische SicdlnngSgesellschaft ihre Tätigkeit in Tnrkestaii begann, hatte sich sein Auge ans diese Gebiete gerichtet, die ja größtenreilS von mongolischen Brüdern bewohn! waren. Doch damals schien ihm der mögliche Ge winn den Preis der hoben Onfcr nicht wert. Erst als die Pläne der Sledlnngsgesellschaft bekannt wur de», Pläne, die dort ein großes, weißes Kulturland zu schassen versprachen, erschienen ihm jene Länder beg-hrenswert. Um so begehrenswerter, je größer die Erfolge der Siedsiingsgesellichast wurden. Ein neues Schlagwort war bald gesunden: Panmong.'lis- mns! Vereinigung aller Gelben mit den, großen .Himmlischen Reick. Schnell wurde es ausgenommen. Bald war eine rege Jrredeifta in den bis dahin politisch völlig t»d,'sserentc» Gegen den im Gange. Tie gelbe» Emissionäre fanden eine» Bode», dessen Be- arveitnng ihnen die SiedlnngSgeseltzchaft selbst notgedrungen sebr erleichterte. Ta die dort ansässigen mviigolischen Stäinnie durch die europäischen Siedler in ihrer Nomadenwirtschaft gehindert oder, gar verdrängt wurde», gab es Unznfrieoene genug. Tie össent- liche Meinung Chinas forderte täglich mehr oder weniger laut das Vorgehen der Regierung. Das diplomatische Spiel hatte bereits begonnen, znm mindesten waren die Karten dazu gemischt/ da krachte der verhängnisvolle Schuß. lieber den Gärten von Schehoi lag eine milde Frühlings- sonne. Sie vergoldete die Mauern der Schlösser und Tempel »nd ließ deren glasierte Ziegel in allen Farben erglänze». Auf einer weiten Tachterrasie deS Palastes, deren Rand mit blühenden Kirschbänmcn in großen Bronzekübcsii besetzt war, stand bas niedere Lager, auf dem oer Kaiser ruhte. Ans de» weißen Seidenkissen wirkte da? Antlitz, nur von unter her ei» wenig mit dem Blutrot der Seidendecke angesirahlt, wie daS eines Toten. Tie Stirn des Kranken war kahl, steil und gefurcht wie ein zerhanerner .Helm. Tie Blicke des Kaisers hingen starr am Horizont. Tort hinten . . . hinter den Schneegivseln d:s Thian Schau lag da- Reick seiner Feinde, der Mestlänoischen. :Jk>1sttzung folgt.;
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