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Schöffengericht aber sprach denselben frei. Wir begrüßen diese Entscheidung auch deshalb, weil das Gericht es aus- sprach, daß die gesamte Verfügung ungültig sei, tuest der Heran twortlick>e Minister sie nicht gegengezcichnet l)abe. Es ist nun selbstverständlich, daß sich der Reichstag mit der Frage zu befassen hat. Nach unserem Dafürhalten sollten die gesamten Vorschriften über die Ehrengerichte und ihre Zuständigkeit einer Neuregelung unterworfen tverken. — Von „betrogenen Witwen und Waisen" redet die so zialdemokratische Presse, weil der Abschluß des Jahres 1006 nicht den erhofften Betrag von 22 Millionen Mark in den Tresor für diese Versicherung abgeliefert l)at. Auch dem Zen trum ist dieser Fehlbetrag nicht angenehm, aber zunächst be weist er nur, daß die Vorhersagungen der Genossen von der großen Teuerung nicht eingetreteu sind: es ist eben nicht mehr Getreide eingeführt worden, und die Behauptung, daß der Preis des Getreides im Jnlande infolge der höheren Zölle gestiegen sei, läßt sich schon gar nicht führen. Tie letzte Ernte fiel eben sehr gut aus, und wir hatten nur uxmig Zu fuhr vom Auslande nötig. Tas ist kein schlechtes Zeichen: wir können doch nicht wünschen, daß unsere Ernte schlecht aussallen sott, damit man viel einführen muß und so hohe Beträge für diese Versicherung erhält. Aber durch diese Fehleinnahnie sind deshalb die Witnen und Waisen noch nicht betrogen, denn kein Mensch bat gesagt, daß man diese Versicherung nur auf den Ergebnissen dieser Zölle ausbauen wolle. Tas Zentrum wird es als seine erste Aufgabe an- selxm, nun diese Frage erst recht in Fluß zu bringen und wenn es an das Steuermachen geht, den bewilligungslusti gen Leuten zu sagen, daß man für diesen großen sozialen Zweck auch noch Gelder braucht und daß man nicht alles für Heer, Marine und Kolonien ausgeben darf. Wir wollen dann sehen, wer hier national ist, denn die Fürsorge für der Aermsten der Nation ist doch auch ein s.'atriatisches Werk. Tie Hetze der roten Presse ist also, soweit sie das Zentrum betrifft, mindestens sehr verfrüht. — Das Wort vom Kuhhandel feiert jetzt in der Presse seine sck>önste Wiederbelebung. Dem Zentrum liat man jahrelang vorgeworfen, daß es dieses politische Geschäft be treibe: als aber der Reichskanzler, der doch der andere Teil bei einem solchen sein müßte, im Reichstage fragte, wo denn die Staatsknhe seien, die er habe wegtreiben lassen, da ver stummten alle jene, die sonst so wortreich sind. In der neuen Situation wirst niemand mehr dem Zentrum vor. daß es seinen Kuhhandel treiben wolle: auch die Rede Spahns läßt sich nicht in diesem Sinne verwerten, denn sie enthält nur die persönlich Ansicht dieses Abgeordneten, mehr nicht. Dagegen kommt jetzt die liberale Presse und wirft dem Freisinn vor, daß er mit seiner politischen Stel lung einen regelrechten Kuhhandel treiben wolle. Man wird nicht behaupten wollen, daß dieser Vorwurf ein un gerechter sei, denn so oft man ein freisinniges Blatt in die .Hand nimmt, so liest man, daß mau nur noch so lange beim Block bleiben werde, als der Reichskanzler die Wünsche des Freisinns erfülle. Eine ganze Reihe von Abgeordneten hat dies offen nusgesprock-en, wir erinnern nur an die Artikel, die Naumann in der Wahlrechtsfrage geschrieben hat und die vielfache Zustimmung, die er anfangs gesunden hat. Das „Berl. Tagebl." sagt es uns jeden Tag, daß der Liberalis mus nicht mehr länger niittnn könne, wenn nicht seine Spe zialwünsche erfüllt würden und er rechnet hierzir nicht mehr und nicht weniger, als daß er in Preußen die Mehrheit erhalte. Nicht ans eigener Kraft aber will er dieses er reich», sondern die Regierung soll ihm dazu behilflich sein. Auch in „nationalen" Fragen will er nur dann dem Fürsten Bülow Gefolgsck>aft leiste», wenn er bereits den Lohn in der .Hand bat oder ihm doch dieser sicher gestellt ist. Wenn das Zentrum auch nur den zehnten Teil dieser Anforderungen gestellt hätte, dann hätten wir den Lärm hören wollen. Uns ist es sehr angenehm, daß die Freisinnigen so offen mit ihren Ansprüel)en hervortreten. Tas Zentrum kann daraus ler nen, wie man sich zu verhalten hat, wenn die Negierung einen braucht. Was der Freisinn heute für sich fordert, das kann jede andere Partei auch verlangen, wenn sie in der selben Lage wie dieser ist. Es bleibt dann das Verdienst des Fürsten Bülow. diese Art von Politik im Reiche einge- sührt zu haben. Tie späteren Zeiten werden erst erkennen, wie schwer der Sehden ist, der hieraus entsteht. Freilich bat der Freisinn bis jetzt die Erfahrung gemacht, daß seine Kühe nicht so stark begehrt werden, wie er wohl selbst glaubte. — Das Ende deS christlichen Staatsgrdankens ist schon da, wenn man das Blockorgan „Berliner Tageblatt" (Nr. -15,6) hört. Dort siebt zu lesen: Wie heute der G.-danke des christlichen Staates auch in seiner veiseinerten Form a'.s überwunden z» gelten hat. so ist auch eine Ver- sö mnng der Stände und Parteien um so eher möglich, je mehr die konfessionellen Rücksichten aus der Praktischen Politik ausgeschaltet werden." Das „Berl. Tag-'bl." gebärt zu den Verteidigern des konservativ-liberalen Blocke. Ihr Konservativen, ist denn wirklich der christliche Staatsgedanke abgetan, gilt er wirklich nichts mehr, sogar die „verfeinerte" (lies: verblaßte) Form nicht? Fast scheint cd so. wenn man die Sprüche der Blockliberalen hört. Oesterreich Ungarn. — Die Delegetionen. Der Zusammentritt der Tele- gationen soll erst in der zweiten Hälfte des Dezember erfolgen und die Verhandlungen derselben nach Dotierung eines zweimonatlichen Budgetprovisorinms nach Neujahr foi(gesetzt werden. Nur für den Fall, als diese Rücksicht infolge Schwierigkeiten bei der EUedignng des Ansgleiches sich als überflüssig erweisen sollte, würde der Zusammentritt der Delegation zu einem früheren Termine stattfinden. — Der Empfang des russischen Minister« J-wolSkh bei König Eduard in Marienbad nahm einen an politischen Unterredungen sehr reichen Verlauf. Der russische Staats- mann äußerte sich über das Ergebnis dieser auch die mazedonische Frage berührenden Unterhaltung sehr be- friedigt. Der britische Monarch verließ Marienbad. um direkt nach London heimznkehren. tsr««rreirb. — Judet schreibt im „Eclair" über die Haltung Deutschlands in der marokkanischen Frage: Diese .Haltung ist nicht geheimnisvoll: Deutschland hütet sich, uns hinder lich zu sein, wenn wir unsere Verantwortlichkeiten um neue vermehren wollen, aber cs behält sich alle Rechte auf dte Beute vor, die es uns zu erjagen gestattet, um möglichst noch mehr Verluste und noch weniger Gewinn zu haben. Wir machen das Haus rein, um es anderen zu schenken. Die Kombiiration mit Marokko lvar eine verderbliche Täuschung. Diese Kombination ist für uns weder militärisch, noch poli tisch. noch wirtschaftlich von Wert gewesen. lttiederlauve. — Zur Haager Friedenskonferenz. In der Sitzung der Schicdsgerichtskommission vom 10. d. M. wurde der Entwurf betreffs die Errichtung eines internationalen Prisengerichtes angenommen. Es erfolgten zahlreiche Er klärungen der einzelnen Staaten. Barbosa begründete ein gehend das ablehnende Votum Brasisiliens, Tschrikow und gehend das ablehnende Votum Brasiliens, Tscharikow und Japans. Hagerup-Norwegen entwickelte die Bedenken sei ner Negierung gegen die jetzt vorgeschlagene Zusammen setzung des Gerichtshofes, da Norwegen nach England, Tentschland und Nordamerika die größte Handelsmarine der Welt habe. Dennoch tverde Norwegen in Ueberwindnng seiner Bedenken dem großen Werke zustinimen, das künftig- hin den Interessen der Neutralen einen viel höheren Schutz gegenüber der Willkür der Kriegführenden biete. Merey- -Lesterreich-Ungarn rühmte es als einen großen Erfolg der Konferenz, daß in dieser schnx'ren Frage, in der man so lange vergeblich und ohne Hoffnung auf einen Erfolg ge arbeitet habe, volle Eintracht zwischen England und Deutsch- land hergestellt werden konnte. Von allen Seiten wurde dieses bedeutsame Ergebnis beton: und der Entwurf so dann in den einzelnen 5-1 Artikeln und schließlich in der Ge samtheit angenommen. Nur zu Artikel 15 betreffend die Zusammensetzung des Gerichtshofes machten mehrere im übrigen zustimmende amerikanische Staaten noch Vorbe halte. Zweifellos wird die Plenarkonferenz den Entwurf in gleicher Weise annehmen. Es herrscht allgemein Befriedi gung über den Abschluß dieses großen und schweren Werkes, das insbesondere auch einen hervorragenden Erfolg der deutschen Politik auf der Konferenz darstellt. Stimment haltung übte außer Rußland und Japan auch Dänemark, Persien. Montenegro, sowie zehn mittel- und südamerika nische Staaten. Dänemark. Ter internationale statistische Kongreß findet gegen wärtig in Kopenhagen statt. Die Arbeit des Kongresses enthält recht interessante Themata: Methoden der Tuber- kulwenstatistik, internationale Wirtschaftsstatistik, Statistik der Nahrnngsmittelpreise, der Familien und ihrer Kinder- zahl, Statistik der Arbeitsunfälle, genaue Aufstellung der Berufs- und Betriebszählung in Tentschland, Statistik der periodisch» Presse — eine Frage, die bisher noch niemals ans dem internationalen Kongreß behandelt wurde — und endlich eine Statistik der See-Fischrei. Von Tentschland sind zwei Delegierte entsendet, während Frankreich deren 16 geschickt hat. Grokbritannre», — Ans Vancouvcr wird gemeldet, daß des weiße Pöbel am 0. d. M. abends abermals Ruhestörungen beging. Er fand jedoch die Japaner vollständig gerüstet. Sie hatten mit Erlaubnis der Polizei fünf Häuserblocks in ein ordent liches Lager vernxmdelt, i» welchem sie in großer Stärke mit Revolvern und langen Messern ninherpatronillieren und die Angreifer mit Bomben zu empfangen drohten. Ter weiße Pöbel zog sich daher zurück, kein Weißer wagt es mehr, sich in: japanischen Viertel sehen zu lassen. Ter Di rektor der Handelsabteilnng im japanischen Ansnxirtigen Amte Jschi, der sich auf einer Tour durch Amerika zur Untersuchung der Arbeiter- und Einwandererfrage gerade in Vaneonver befindet, erklärte die Ausschreitungen für viel erheblicher als die in San Franziska. Tie Ehinesen in Vaneonver beantworten ihre Mißhandlungen mit der Ein stellung der Arbeit in denjenigen Hotels und Restaurants, die ans sie angewiesen und nun lahmgelegt sind. Tie Ja paner unternahmen einen Umzug. Sie drohen jetzt ihrer seits den Frieden zu stören. rktiitz?««-. — Nach einer telegraphischen Meldung aus Lodz hat dort am 10. d. Mts. nachmittag infolge der entsetzlichen Mordtaten der letzten Tage ein Pogrom begonnen. Elf Personen, darunter vier Frauen, wurden erschossen, vier Personen, darunter zwei Frauen, verletzt. In der Balatt)- Vorstadt dauerte die Schießerei noch am frühen Morgen fort. Balkan. — AuS Uesküb wird gemeldet: In den letzten zwei Monaten hat das Bandenunwesen im Wilajet Üsknb auf fallend nachgelassen. Im Juli haben nur zwei Banden- känipfe stattaefunden. Auch die übrigen Schreckmittel der Komitees sind spärlicher zur Anwendung gekommen als sonst. Als Ursachen der erfreulichen Abnahme werden an genommen landwirtschaftliche Arbeiten der dö> fliehen Bevölkerung, ferner die zwei großen Schlappen, welche die Banden jüngst erlitten haben und die angeblich s-itenS der Komitees erlassene Parole, die Aktion einznschränken. Marokko — Die Zeitungen melden ans Casablanca, daß franzö sisch Truppen, 6000 Mann stark, bereit waren, am Sonn tag morgen nach Taddert zu marschieren, als die Aerzte dein Esi'neral Drude, der an Fieber leidet, absolute Ruhe anf- erlegten. Da dieser cs nicht für notwendig hielt, die Ereig nisse zu überstürzen, so verschob er den Marsch, den er selbst kommandieren wollte, auf den folgenden Tag. — Nach einer Tangerer Meldung der „Times" ver- kündet Mulch Hafid in einem an die Gesandtschaft in Tanger gerichteten Schreiben, daß er mit den europäischen Mächten in Frieden leben, alle vom früheren Sultan mit Europa abgeschlossenen Verträge gewissenhaft halten und alle schwebenden Fragen und Forderungen erledigen wolle. Zum Zeichen der Aufrichtigkeit dieser Gesinnung hat Muley .Hafid dem Briefe das große Staatssicgel aufgedrückt. Au- Ttadt und Land. Mlttellunaen an« unserem Leserkreise mit Namen-fertig,mg für diese Ruvrik sind er Redaktion allezeit willkommen. Der Name de? Linsender- bletot Oieheimni- der Redaktion. Anonyme Zuschriften müssen u»berücksichtt„t bleiben.) Dresden, den 11. September 1907. TageSkalenderfürden 12. September. 187«. ch Anton Graf Von Auersperg (UnastastuS Krün) zu Graz, Dickler. — 1810. s Blücher zu Krieblowiy in Schl-fien, der berühr» e Hee. füh er nn BesrelunttSkttege. — 18Ü8. * August Graf von Werter zu LchUh. bera bet Narkitten, erzwang die Kapüulalton von Strutzburg — 1740. * Johann Heinrich Jung (Jung»Stllling) zu Gruno irr Weufaien. — IbOO ß «lbrecht M. der Beherzte, Herzog von Sachsen, zu Emden. Stifter der aibertintschen L»nie. -* Wetterprognose oer «oaia». Sltchl. Landes- Wetterwarte zu Dresden für den 12. Seprembcr. Trecken» meist Heuer, mäßige südöstliche Winde, wenn,. —* Se. Majestät der König empfing heute mittag im Schlosse zu Pillnitz die Herren Staarsminister behufs Entgegennahme v«n Vorträgen. —* Ihre Königlichen Hoheiten Prinz und Prin zessin Johann Georg haben am 6. d. M. Lugrin bei Evian in Obersavoyen, wo sie bei dem Grafen von Ca- serta auf Chateau Blonay mehrere Wochen zu Besuch ge weilt haben, verlassen und sind nach Mailand und Venedig weitergereist. Von hier aus werden sie die geplante Reise nach Dalmatien unternehmen. —* Tas Denkmal für König Georg, das hier errichtet werden soll, wird ein R e i t er st a u d b i l d aus Bronze sein. Als Standort ist der an die Bürgerwiese angrenzende Teil des Georgplatzes oder die Johann-Georgen-Allee in. Aussicht genommen. Zur Ausführung des Denkmals ist die Summe von 80 000 Mark vorgesehen. Zugelassen zue Bewerbung sind nur Künstler, die in Sachsen ihren dauern- den Wohnsitz haben oder dort geboren sind. In der Jury befinden sich von Künstlern Robert Diez, Max Klinger-Leip- zig und Hermann Prell, ferner Professor Schumacher von der Technisch» Hochschule zu Dresden. Für Preise ist die Summe von 8000 Mark bestimmt. Auch aus Berlin betei ligen sich mehrere aus Sachsen stammende Künstler. —* Die angebliche geheimnisvolle Automobil- fahrt des Kaisers nach Schloß Pillnitz bildet noch immer den Gegenstand von Erörterungen in der Presse. Erst sollte es sich dabei um die Wiedervermählung Sr. Majestät des Königs handeln ; nachdem aber dieses Märchen kurzerhand von der Presse abgetan wurde und keine Gegen liebe fand, wird als Grund des Kaiserbesuches die Be setzung des Posener Erzbischofsstuhles durch Se. Königs Hoheii den Prinzen Max angegeben. Se. Majestät der Kaiser soll dem König den Prinzen hierfür in Vorschlag gebracht haben. Deshalb sei auch Se. Königliche Hoheit kürzlich zuin Besuche am sächsischen Hofe gewesen. Wir wissen nicht, ob der Kaiser einen solchen Wunsch har. aber wir wissen ganz genau, daß Se. König!. Hoheit keine Sehnsucht nach diesem oder jenem Bischofssitze empfindet.. Außerdem ist der Besuch des Kaisers vollständig aus der Luft gegriffen. Wie heute die „Dresdener Korrespondenz" milteilt, ist sie von maßgebender Seite ermächtigt worden, festzustellen, daß an der ganzen geheimnisvollen Geschichte kein wahres Wort ist. Der Kaiser ist lediglich am 25. Mai, am Geburtstage des Königs Friedrich August, in Dresden gewesen, aber weder vorher noch nachher. Auch hält mau es am Dresdener Hofe für ganz ansgeschlossen, daß sich der Kaiser in der angegebenen Weise in eine solche Angelegen heit mischen würde. Ebenso hat auch der Besuch des Prinzen Max am sächsischen Hofe absolut keine Bedeutung, denn der Prinz habe lediglich, wie auch in früheren Jahren, einen Teil seiner Ferienzeit bei seinen hohen Verwandten in Dresden verbracht. Wahr ist an der ganzen Sache lediglich, daß der hochwürdigste Bischof Dr. Schaefer vor einiger Zeit, begleitet vom Königlichen Kämmerer Herrn Generalleutnant von Cciegern, nach Moritzburg gefahren ist und daselbst eine kurze Unterredung mit Sr. Majestät hatte. Das ist der tatsächliche Sachverhalt. Wir wundern uns nicht, daß die offiziellen Stellen solche vollständig ans der Luft gegriffene» Alarmnachrichten ignorieren. Die Jutriguen gewisser dunkler Hintermänner streuen mit Vor liebe über den Hof und die Königliche Familie Gerüchte aus. die geeignet sind, Unruhe im Lande zu stiften und Anlaß zu allerhand falschen Mutmaßungen und Kombina tionen zu geben. Heute steigt dieser, morgen jener Ver- suchsballon auf. Es wäre traurig, wenn die Bevölkerung nicht selbst so viel gesunden Sinn Hütte, um diese listigen Machenschaften zu durchschauen. Wo aber dieser und das Vertrauen zu seinem Königshause fehlt, nützen auch offi ziöse Berichtigungen nichts. Weil aber in Sachsen dieses Vertrauen noch mächtig vorhanden ist, trotz aller Minier- versuche, haben die offiziellen Stellen vorderhand in Sachsen noch anderes zu tun. als jede Tartaremmchricht. die Plötzlich grundlos in der Presse auftaucht, zu demen tieren. —* Die von Wolffs Telegraphenbureau ans ver breitete Nachricht von der W i e d e r v e r h e i r a t n n g der Gräfin von Montignoso wird in hiesigen Hoskreisen für sehr unwahrscheinlich gehalten. Nach diesem Telegramm soll sich die Gräfin in der englischen Haupt stadt mit dem 26jährigen Sänger Toselli von der Floren tiner Oper trauen lassen. Es liegen jedoch am sächsischen Hofe bis jetzt hierüber keinerlei Mitteilungen vor. denn sicherlich wäre eine Nachricht nach Dresden gelangt, wenn die Gräfin einen solchen Schritt, d. h. die Zivil trauung beabsichtige; eine kirchliche Trauung ist für sie als Katholikin ausgeschlossen. UebrigenS sprechen auch sonst gewichtige Gründe gegen die Wahrscheinlichkeit obiger Mel dung. Zunächst würde sie zweifellos ihre Apanage von 36 000 Mark jährlich verlieren, da der Hof keine Ver pflichtung in solchem Falle mehr hätte. Auch würde sich im Falle einer Verheiratung ihr Vater, der Großherzog von Toskana gänzlich von ihr abwenden, beit ihrer ge richtlichen Scheidung ist sie wieder Mitglied des öster reichischen Kaiserhauses geworden; sie würde der finanziellen Unterstützung verlustig werden. Weiter würde eine Heirat ihr das Recht der ferneren Erziehung ihres Töchterchens. der Prinzessin Monika nehmen, die ihr dis 1. Mai 1908 anvertraut ist. Vom toskanischen Hofe werden die Gerüchte über die angebliche Wiederverheiratung der Gräfin Montig noso direkt als unglaubhaft bezeichnet. Die erzherzogliche Familie zog sofort in Rom Erkundigungen ein. die zu dem Resultat führten, daß man dort einen Sänger Toselli über haupt nicht kenne. Auch habe ein Verkehr der Gräfin mit Personen außerhalb ihres Bekanntenkreise« niemals statt gefunden. Gräfin Montignoso lebe durchaus zurückgezogen und befinde sich augenblicklich weder in London noch ander-