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SWscheUolksMimg . U«,og»p«ci», »«Saab« 1 mit 2 Beilagen vierieljShrNch 2,1« 2». I ^ Dresden durch Boten 2,10 21, In «an, Deutschland . srei Haus 2,82 21; in Oesterreich 1.1N L , t «nSaabe » nur mit Feierabend dicrteljLhriich 1.8« 2», An I Dresden durch Boten 2,10 21, In ganz Deutschland frei Haus 2,2» 21; IN Oeilcrreich 4,«7 L — Einzel,Nr, ltt 2, Redalttoiir-Sprechstundc: 1« bi» 11 Uhr vormittags, I Uiir Rückgabe ein"'—''^"'^^ - - I nicht verbindlich gesügt Ist. Brief! Nr. 33 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit UnterhaltrrirK»-eilage Die illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend , Anzeigen, Annahme von Sefchüfisanzcigen bis 1» Uhr. von Familien- anzelgen bis 12 Uhr. Preis für di- Petit-Spaltzetle 20 >°> Rellametcil «0 4- Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus- I gegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für die I ' Richtigkeit des Textes nicht übernehmen. > Geschäftsstelle und Redaktion Dresden. Holbcinstratze «« Fernsprecher 1366 Sonntag, den Fedruar 1913 Fernsprecher Lssts LsLUAscsusUs! Vor-Lxlieli« ovuo rurä xvdr»notito, »Ns Lols- rurä 8U1»rtvQ so^iv o»vtr LsioliQrui^ Ril310^IRIN8 von 60 klark an lUosixv ^U8^v»k1, ^ünslixa 2»N1v^vLse, lioNaz L»ssvQr»d»11! Livt-klsno« l 8VOI : »»L80L!« 2vb»nu-0«org«n-1Us» 1» Die schwarze Gefahr. Auf einem „Familienabend" des Evangelischen Bnndes in Weißend erg sprach Pastor Primarius Wallcnstein über „Jesuitismns". Der Herr Pastor „schilderte", io schreiben die „Bautzener Nachrichten" (Nr. 17 d. I.). „nach eineni historischen Rückblick ans die Geschichte der Jesuiten die große Gefahr derselben für die Welt und besonders für das Deutsche Reich". Weiter berichtet das Bautzener Blatt: „Herr Pfarrer Hausse hatte den Patriotismus zum Thema und wies nach, wie derselbe nicht nur durch die rote, sondern durch die deutsche Geschichte hindurch und nicht am wenigsten in der Gegenwart durch die schwarze Gefahr geschwächt, ja gefährdet werde. Allen drei Rednern (als erster hatte An staltspfarrer Wehcmann - Großschweidnitz geredet) wurde für ihre inhaltreichen Vorträge reichster Beifall zuteil." Das will sagen: Nicht nur die rote, sondern auch die schwarze Gefahr schwächen, ja gefährden den Patriotismus. Drei Beleidigungen in einem Satze! „Schwarze Gefahr" — mit der roten auf einer Stufe — schwächt, ja gefährdet den Patriotismus. Sind das die geistigen Waffen, mit denen man „Nom" überwinden will? Oder liegt dieser Handlungsweise der Gedanke zu Grunde: „Andersgläubige sollten im luthe rischen Lande nicht geduldet werden"? v. Sülze zitiert in einem — „Luthertum und Christentum" überschriebenen — Aufsätze des „Neuen Sächsischen Kirchenblattes" (Nr. 1 d. I.) diesen Ausspruch Luthers. In dem interessanten Artikel ist auch die Rede von einer Gefahr: „Die religiöse und sittliche Not unseres Volkes". Wir können sie im Unter schied von den oben erwäbnten Gefahren die blaue oder tief- schwarze nennen. I). Sulz führt ü. a. aus: Die „Rechtfertigung aus dem Glauben" ist im Grunde Luthers Religion, bei der die Sittlichkeit nicht aufgegeben wird, aber nur ein Neben produkt ist. Wörtlich heißt es weiter: „Die lutherischen Theologen stritten sogar darüber, ob die guten Werke, die doch die Betätigung der Sittlich keit sind, notwendig, nützlich oder gar schädlich wären. Man hat es mit ihnen auch nicht weit gebracht. Der Besitz der „Rechtfertigung" genügte. . . . Die Pflege der Sittlich keit überließ man der Kirchen- und Sittenzucht des Staates. Infolge davon war die Geschichte des Luthertums die Geschichte seiner Ver tu sie . . (Von uns gesperrt.) Das Hanptgebrechen des Luthertums, so meint 71. Sulz war sein Quietismus, wodurch es ohnmächtig war und ist gegen Rom und den Atheismus. „In tiefster Trauer sehen wir es mit an, daß so viele unserer Zeitgenossen nach dem Grundsätze leben: mein Gewissen schreckt mich nicht, weil sie kein Gewissen mehr haben. Da kann Luther nicht helfen, wohl aber Christus." 71. Sulz, der „auf 60 Jahrs mit klarem Bewußtsein zurück" sieht, hat in einem langen Leben die Ueberzeugung gewonnen und bewährt gefunden: Luthers Anschauung von der rechten Art deS Heilserwerbs kann die religiöse und sittliche Not unserer Zeit nicht überwinden. Wir müssen zu einem Größeren, zu Christo, zuriickkehren. DaS Luthertum, so schreibt 71. Sulz, habe die Macht des Katholizismus gebrochen (?) — oben hat er cs „ohn mächtig gegen Nom" genannt — aber die Kraft des wahren Christentums noch nickst gewonnen. 71. Sulz schließt: . . die Stunden, die ich ans diese Arbeit verwen det habe, haben zu den schwersten meines Lebens gehört. Ich mußte immer wieder an die religiöse und sittliche Not unseres Volkes denken. Der Katholizismus erhält mit gewaltiger Macht eine Sittlichkeit, deren Ziel eS ist, das Entstehen sittlicher Persönlichkeiten zu hemmen." (?) — An einer anderen Stelle sagt 71. Sulz: „Für die römische Kirche war die erste Frage die: wie wird der Mensch ein sittlicher Mensch?" — Der in sich gespaltene Protestantismus weiß nicht, woran er ist. Er kennt nickst definitiv die absolute Religion, die zugleich das mächtigste sittliche Ringen ist. Die Kirchen bekämpfen einander: und inzwischen wächst die Macht des Atheismus. Das Niveau der Sittlichkeit hebt sich nicht. Meinerseits weiß ich nur die eine Rettuna: die neutrale Macht des Staates muß in der schonend st en und duldsamsten Weise das Heranwachsende Geschlecht für das Christentum Christi zu gewinnen suchen, das allein imstande ist, alle Rätsel zu löse n." (Von uns gesperrt.) Herr Superintendent Kröber, der selber im Kampfe Wider den Katholizismus das Ausnahmegesetz des Staates gegen die Jesuiten verteidigt hat, sprach auf der Landes- vcrsammlung des Evangelischen Bundes in Lengenfeld wörtlich: „Der Evangelische Bund bekämpft den Unglauben neben Nom, er bekämpft ihn auch i n Nom, dessen Stre ben, das Reich Gottes mit den Mitteln weltlicher Macht zu bauen, im tiefsten Grunde Unglauben an die eigene sieghafte Macht des Evangeliums ist." („Vogtl. Anz. und Tagebl." Nr. 263 vom 12. No vember 1912.) So Superintendent Kröber. Nun kommt sein Amts- brnder 71. Sulz und erklärt, gestützt ans die Erfahrung eines langen Lebens: Rettung ans der religiösen und sittlichen Not unseres Volkes liegt „nur" in der neutralen Mackst des Staates. Er soll das Heranwachsende Geschlecht für das Christentum Christi zu gewinnen suchen. „Mit den Mitteln weltlicher Macht" will 71. Sulz das Deutsche Reich in einen Teil des Gottesreiches nmwandeln. Diese Widersprüche zu lösen, müssen wir denen über lassen, die sie ausgestellt haben. Wir brauchen auch nicht die Kousegueuzen aus den Gedanken zu ziehen, die 7>. Sulz ausgesprochen hat. Sie sind übrigens so unzweideutig ge faßt, daß ihre Folgerungen klar zutage liegen. „Die Ge schichte des Luthertums die Geschichte seiner Verluste"! Damit ist alles gesagt. Uns lag daran, auf eine „schwarze Gefahr" hinznweisen. deren entschiedene Bekämpfung eine Aufgabe wäre — wür dig eines Bnndes, der sich nach dem Evangelium nennt. Die Olefahr ist riesengroß. Ihre Beseitigung leidet keinen Aufschub. Die skizzenhafte Niederschrift des Unglück? kostete einen alterfahrenen evangelischen Seelsorger und Gelehrten die schwersten Stunden seines Lebens. Wenn der Evangelische Bund, dem die Not und der Un glaube der Zeit am Herzen liegen, nickst von uns, sondern von einem aus ihrer Mitte belehrt, der Gefahr sich mit seinem gesamten Heere entgegengcworfen und auch nur die Hälfte ihres Jammers beschworen hat. dann wollen wir ihm gerne zngestehen, sich nach einer „Gefahr" umzusehen, die ihn jetzt fast allein beschäftigt. Die Balkanwirren Tie Niederlage der Türken ans Gallipoli kann heute kaum mehr angezweifelt werden. Wir haben gestern den strategischen Plan der Bulgaren besprochen. Es scheint, als ob der Erfolg ihnen auch da wieder günstig wäre. Sie haben Bnlair eingenommen. Es fragt sich allerdings, ob die bulgarischen Truppen weiter Vordringen können, da die türkischen Schifssgeschütze in der Lage sind, einen großen Teil des Landes bei Bnlair zu bestreichen und so ihre Armee zu unterstützen. Gelingt den Bulgaren die Besetzung Gallipolis und die Einnahme der Darda- ncllenfortS, dann würde, wie wir gestern dargelcgt haben, die Dardanellenfrage in ihrer ganzen Komplikationsgesahr wieder aufgerollt werden. Ueber die Schlackst bei Gallipoli wird als Detail berichtet, daß der türkische Rückzug in panik artige Flucht ausartete. Die bulgarische Kavallerie richtete unter den Flüchtigen ein furchtbares Gemetzel an. Man sck)ätzt die türkischen Verluste in diesen Tagen ans IN 000 Mann. In Sofia verbreitete Gerüchte, die Bulgaren hät ten 10 000 Gefangene gemacht, werden nickst bestätigt. Die Folgen dieser Niederlage sind vorläufig noch nickst abznschätzen. Immerhin scheint daraus hervorzugehen, daß die türkische Armee sich in den Wochen des Waffenstillstandes nicht regeneriert hat. Die Jnngtürken gaben als Motiv ihres Militärputsches vor, daß sie das Vaterland retten wollten. Sie sind aber wieder kläglich gescheitert. Damit aber haben sic von neuem ein geschichtliches und menschliches Verbrechen ans sich geladen. Wenn die Vulgaren die Tschataldschalinie umgehen, so können sie die letzten Schanzen der Türken erobern. Sic können den Sultan in seiner Hauptstadt bedrohen und ihre verbündete Kriegsflotte kann die Minaretts von Stambul bombardieren. Dem Ehrgeiz der Bulgaren ist wieder die Bahn geöffnet. Man kann heute noch nicht sagen, wie sehr diese neuen Ereignisse alles, was, mühsam genug, in der Richtung des -mdlichen Friedens geleistet worden war, über den Hansen werfen würden. Aber sicherlich wird es nicht leicht sein, die Wünsche der bulgarischen Offiziere z» be- friedigen. 8eliülsr Aütreil ?sul »einre, 8flsrlsl-?s!r«r,en- uni! Mren-KsrMt 2<», unvc'oltLlelcoVikwriai-sr. äor lirvclülLnäiselioll Lnok ^ ^ I'ornsiiroctior bi>7v >eulmfortl«uu?on Die Lage in Koiistantiiiopcl ^ wird von der gewöhnlich gut unterrichteten Wiener „«süd slawischen Korr." als sehr bedenklich geschildert. In den leitenden türkischen Stellen scheint völlige Kopflosigkeit zu herrschen und man hat alle Zuversicht au die Möglichkeit entscheidender Erfolge verloren. Der Großwesir Mahmud Schefket Pascha machte ans alle Personen, die mit ihm in Berührung kamen, den Eindruck tiefer Niedergeschlagenheit. Verläßliche Berichte über den Zustand der türkischen Armee wissen von der militärischen Unordnung zu melden und man siebt nue geringe Möglichkeiten für einen erfolgreichen Widerstand. Das Bedenkliche der Situation liegt in der Zerfahrenheit der Leitung und in der politischen Spaltung des OsiizierkorvS. Der Großwesir soll bei der Tschataldscha linie persönlich Gelegenheit gehalst haben, wüsten Szenen politischen Zankes unter den Offizieren beizuwohuen. Die Liga scheint die Agitation gegen das Komitee in verstärk tem Maße wieder ausgeuomiuen zu haben. In Stambul finden viele geheime Versammlungen von seiten der Gegner des Komitees statt, und inan muß damit rechnen, daß ein Mißerfolg der türkischen Waffen von einschneidendem Ein fluß ans die innere politische Lage sein wird. Im Snltanspalast herrscht tiefste Niedergeschlagenheit und Furcht vor der Revolution im Falle weiterer Nieder lagen. Die Privatschätze deS Kaiserhauses werden teils in den Keller» der Ottvmanbank deponiert, teils in dem ab- geheuden Dampfer „Jsmalia" nach Aegypten verladen. Der Sultan beginnt, genau wie seinerzeit Abdul Hamid, sich vor dem Thronfolger zu fürchten, er glaubt, dieser werde ihn mit Hilfe des Komitees absetzen. Prinz Abdul Medschid überhäufte Enver Bev mit heftigen Vorwürfen, das; er und das Komitee die Türkei durch den aussichtslosen Krieg gänzlich ruiniere. Nach der voraussichtlich baldigen Kapi tulation »nd nach dein Friedensschlüsse dürsten die Groß mächte gezwungen sein, die Hauptstadt selbst vor völliger Anarchie zu bewahren. ttkber das Handschrcibcn des Kaisers Franz Joseph an den Zaren sind die widersprechendsten Gerüchte iw Um laufe. Sicher ist, daß der Ueberbringer. Prinz Hohenlohe, freundlich empfangen worden ist und daß ein solch persön licher Meinungsaustausch nur den Frieden fördern kann. Man erinnere sich an die erfolgreich verlaufene Mission Snmarakow. Am 27. September 1876 sandle Zar Alexan der ll. den Grafen Snmarakow als Ueberbringer eines kai serlichen Handschreibens an Kaiser Franz Joseph. Unter dem 10. Oktober folgte noch ein zweite? Handschreiben des russischen Kaisers. Zar Alerander U. hielt den Krieg mit der Türkei für unvermeidlich. Gleichzeitig (Oktober >876) fragte Alerander in Berlin an — da? wissen wir aus Bis marcks „Gedanken und Erinnerungen" (2, 211) — wie sich Preußen im Falle eines russisch österreichischen Krieges Ver halten werde. Die Antworten des Kaisers Franz Joseph führten zur Budapester Konvention vom IN Januar t877, in der Oesterreich für den Kriegsfall wohlwollende Neutra lität und diplomatische Unterstützung zniagte und Rußland zur Okkupation Bosniens und der Herzegowina seine Zu stimmung gab. Tie Beschießung von Adrinnvpcl dauert an. Die ganze Stadt ist von einer Feuerlinie um geben, ans der fortgesetzt Granaten und Schrapnells in den Platz geworfen werden. Die Bemühnngen der Bulgaren sind darauf gerichtet, sich näher ein den Platz beranziiarbei- ten. Die bulgarische Infanterie gewinnt langsam an Boden. Die Türken erwidern das Feuer nur zögernd und mit Pemsen. Die Zglst der Toten und Verwundeten unter der Zivilbevölkerung ist anscheinend groß. Die Bulgaren sollen sogar in dem Bestreben, die drahtlose Verbindung mit Konstantinopcl zu vernichten, die berühmte Tnltaii-Selim- Moschee beschossen haben. Zwei stirer vier schlanken, mit dreifachem Galerienkranz versehene» Minaretts, dieser Meisterwerke aus der Glanzzeit der türkischen Baukunst, sind nach vorliegenden Meldungen zerstört. In Konstant!- nopcl herrscht die größte Entrüstung hierüber. Man emp- findet diese Zerstörung als einen Frevel, gegen den die ganze gebildete Welt Protestieren müsse. Die Deutschen haben 1870 bei der Belagerung von Straßbnrg den Beobachtungs- Posten vom Münstertnrin abgeschossen, ohne die Architektur