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s den Diensteid beschworene Pflicht der Verwaltungsbcamten sich auf die Vertretung der Regierung auch bei den Wahlen erstrocke. Daran ist ja so viel richtig, daß es ein begreif licher Wunsch ist, es möchte endlich mit der Sitte, daß die preußischen Beamten fast ausnahmslos spontan im Dienste einer bestimmten Partei, nämlich der Konservativen, arbei ten, gebrochen iverden. Ten Gedanken aber, daß innerhalb weniger Wochen die ganze Verwaltungsmaschinerie durch einen politischen Strom umlagert, statt mit konservativer und liberaler At'tionskraft geladen werden sollte, wird ein Realpolitiker doch nur ungern zum Ausgangspunkt seiner Wahlreformbestrebungen machen. Wie sich auch immer die Ankenorgane der Preußi'chen Verwaltung in dem normaler weise zu 1908 bevorstehenden Landtagstvahlkreise verhalten mögen, jedenfalls liegt die Entscheidung über die Wahl- rcform nachher nicht bei jenen Verwialtungsbeamten, son dern bei dem in das Landhaus eingezogenen, auf grund des Dreiklassenwahlrechtes getvählten neuen Parlamente. Sollte nun wirklich das Werk der preußisckzen Wahlrechtsreform dadurch gefördert werden, daß man dem Gedanken der Wahländerung eine Horm gibt, die den Mitgliedern der oberen Wahlkörperklassen und den unter ihrer Mitwirkung getvählten Abgeordneten zum sehr großen Teil von vorn herein als unannehmbar ersck-eint?" Das heißt: die Natio- nallibcralen machen nicht mit. — Tie Peterssreundc haben neuen Mut erhalten, seit dein Herr von Liebert so glimpflich wegkain; sie rechnen da mit, daß ihnen nicht viel gesck>ehen kann, zumal ja auch Fürst Bülow die Begnadigung des Neichskämpfers d In Peters unterstützt hat. Fürst Bülow ist dadurch stark an die Petersfreunde gekettet worden; denn wenn er Peters für schuldig hielt, durfte er das Gesuch der konservativen und liberalen Abgeordneten nicht unterstützen, welches die ^Begnadigung Peters anstrebte, sondern mußte es zurückwei sen. Aber gerade durch die Hände des Reichskanzlers lief ja dieses Gesuch. Nun hat Dr. Peters selbst wieder Mut erhalten und in .Hannover unter anderem ausgeführt: „Die geistigen Urheber des Tuckerbriefes vermuten wir in der damaligen Kolonialabteilung des Ausnxirtigen Amtes, wo man ja auch in anderer Weise versuchte, gegen mich zu ar beiten. indem man Briefe schrieb an Leute, die mit dem Prozeß Fühlung hatten. So lxiben wir ja in Münclzcn be wiesen, daß (helzeimrat Hellwig an Wagner geschrieben hat, er vwlle ihm Material gegen mich geben. Leider fügte er hinzu, die Urkunden selbst könne er ihm nicht geben, da ihm das von seinen Vorgesetzten verboten worden sei. Ter Brief an Wagner wird ganz interessant für den Kölner Prozeß werden. Wenn das möglich. n>enn solche Jntriguen gegen mich gesponnen iverden konnten, so möchte ich sagen: „Das sind die Jntriguen, hier sitzt die nxchre Petersklique." Mit Recht bemerkt hierzu die „Freis. Ztg.": „Tcmtlicher, als es hier geschieht, kann Dr. Peters nicht gut Beamte oder viel mehr einen bestimmten Beamten der Kolonialabteilung als Verfasser des gefälschten Tuckerbriefes bezeichnen. Man wird abzuwarten haben, ob der Reichskanzler auch an den Kolonialhelden wie an Herrn von Liebert die höslickze An frage richten wird, ob er «.'tun die Absicht gehabt habe, den Geheimrat Hellwig der Fälschung zu beschuldigen. Einen Beweis für seine grobe Verdächtigung brachte Peters nicht bei. Er verwies dafür auf den bevorstehenden Beleidi gungsprozeß gegen die „Köln. Zeitg.", in dem er seine Belzauptiingen hoffe beweisen zu können. Wir wollen sehen, ob ihm das gelingt, und u>enn nicht, was dann der oberste Beamte des Reiches zur Genugtuung für die ehrenrührigen Angriffe des Dr. Peters auf die Kolonia.'abteilung unter nehmen wird." Wir sind auch begierig, ob dies geschehen wird; wir glauben kaum. Wenn aber ein Kölner Zentrums- blatt gegen einen Kolonialbeamten eine Anklage wegen sei nes privaten Verhaltens in Ballgesellschaften erhebt, so hat man sofort den Staatsanwalt hierfür zur Seite und läßt öffentliche Anklage erbeben; kürzlich handelte es sich auch hier »m ein Zentrumsblatt. Wie weit die Petersfrenilde schon gehe», benx'ist ein ganz begeisterter Artikel ans Peters in der „Franenriindschau", einer Franenzeitung. Tic Afri- kanisiernng unserer Sitten schreitet rasch vorwärts. — Herr v. Liebert als neuer Sachverständiger. Das „Be»l. Ta,wbl." bist mii: in den; Proceß des Kaufmanns Böhm, A lleiinnbaber der Fi »>a „K'mib kuansharis Böhm", gegen den Schneide!ve-bana und gegen die „Vorwärts"- Drnckerei sei als Sachveiüändiaer für die kainmeracrichlliche Instanz General v. Liebei t g -laden Warden. Der „Vorwärts" bemerkt hierzu mit .Hohl'.: . Selhstee'bändtiäl haben die B-klagten den Reichsverbands- und JnsnzschanöfleckS-General nicht als Sachverständigen benannt. Auch ist ihnen völlig unbekannt, daß der General als Sach-ee,-ständiger benannt sei. B. k umtUch hmwelt es sich nur die durchaus haltlose Klage dt-s Heir.n Böhm Diese ist vom Landaeilcht an: 2?». Mai g> gnnsten des von den Partei- und Gowerkschasts- genossen üb r e!»e Anzahl Firmen, zu denen Böhm gehmt, verhängte» Boykotts zur Beseitigung der Heimarbeit ent schieden. Das Urteil g-. langt zu seinem zutreffenden Er gebnis unter Anlehnung an die Entscheidung des Reichs gerichts vom 12. Juli Die Urteils»,ninde haben wir in ihren weleiilbch.-n Teile» am 23. Juni veröffentlicht. Soll e die Angabe des „Berl. Tagebl." nicht ans Düpierung durch einen Witzbold benwei,. so kann der General nur von dem Kläger als E'deshelwr zitiert sein. Ter General ist unseres Wissens nie Heimarbeiter, noch Schneidet, noch Konfektionsinh-lber gewesen. Kläger könnte ans den fett- samen Einfall, Herr v Liebert als Sachverständigen in dem erwähnte» Prozeß zu ernennen, also wohl nur gelangt sein, weil er ans der bekannten temperamentvollen Be schimpfung eines ger.chten N.teils schloß: Der Mann lei zum Angriff gegen gerechte Urte'le vorzüglich ge eignet. Das kann ja am 7. August > ine-nette Verhandlung werden. DaS können wir auch glauben. Aber vielleicht ist He-r v. Liebert so klug, daß er es ablehnt, sich lper als Sachverständiger bezeichnen zu lassen. — Der Reichskanzler und die Sozialdemokratie. Die Bemelknngen. die Fürst Bülow zu ei,'ein Mitarbeiter d>s „Figaro" über die Sozialdemokratie gemocht hat, sind so anSgelegt worden, als hätten darin Hoffnungen ans die Haltungen des revisionistischen FsiigelS der sazialdenwkra- tischen Partei nngch-ntet werden sollen. Die scharf- macherischen Blätter sind daraufhin mst starkem Gebell i gegen den Fürsten Bükow lokgKahren. Nun muß die i „Tüdd. Rcichskorreip." sie beruhigen. Der Reichskanzstr I habe nie cm die M tarbeit der Revisionisten gedacht, auch l as Bestehen der sozialdemokratischen Gefahr nicht verneint, wohl aber sich auch nie vor der Sozialdemokratie gesürcht.-t. Aber daL genügt den Scharfmachern noch nicht, sie wollen mehr. So meint die bülowsreundttche „Deutsche Tageüz.": „Auch wir sehen in der sozialdemokratischen Gekahr keines wegs einen „unentrinnbaren Abgrund", der unsere deutsche Entwicklung über kurz oder lang verschlingen müsse. Wobl aber glauben wir, daß wir in diesen Abgrund hineingeralen können, wen» die Lenker unseres Itaatswagens nicht richtig zu steuern und zu bremsen verstehen oder entschlossen stad. Unseres Erachtens scheint der Reichskanzler zu vi 'l von den Parteien zu erwarten. Die Hauptsache wicd von der Ne gierung getan werden müssen, und zwar sowohl im Punkte der Abwehr, als auch im Punkte der Wahrung der Träger der StaatSerhaltnng. Das deutsche Bürgertum kann ohne Frage und mutz auch viel tun, aber die Regierung kann und muß noch mehr tun. Wir bäiten gsmünscht, daß dieser letzte Gesichtspunkt vom Reichskanzler mehr in den Vorder grund gerückt worden wäre." Also: Hannemann geh'du voran! Die Regierung soll erst ein neues Sozialistengesetz einbringeu, dann folgt der Block getreulich. Wir glauben d es auch — „Ein national-katholisches Organ." Unter dieser Spitzmarke lesen wir im „Bayer. Kurier": Im Anschluß an den Nedaktionswechsel im „20. Jahrhundert" brachten tvir vor einigen Wochen die Nachricht, der ausscheidende Redak teur des „reformkatholischen" Blattes trete in die Redaktion der liberalen „Köln. Zeitg." über. Die Nachricht wurde dementiert, zu unserer Verwunderung, da wir sie von einer Seite erhalten hatten, die wir für gut unterrichtet halten mußten. Nnir erfahren wir, daß die „Berichtigung", wenn auch formell, so doch sachlich nicht berechtigt war. In engster Verbindung mit der „Köln. Zeitg." soll nämlich ein neues, nationalkatholisches Organ gegründet werden. Die Vor verhandlungen sind bereits zum Abschluß gelangt, so daß man für die nächste Zeit mit der Neuerscheinung als eine Tatsache rechnen darf. Die Redaktion dieses Organs über nimmt der frühere Schriftleiter des „20. Jahrhunderts". „Reformkatholizismns" und der politische „Nationalkatho lizismus" Hand in .Hand für Bülows Block-Vaterland I Als programmatischer Name für die neue Richtung kann Pro fessor Dr. von Savigny gelten, der Zentrnmstöter im letz ten Neichstagswahlkanrpf und grimmige Kritiker in der Schell-Jnder-Debatte." — Die „Germania" bemerkt hier zu: „Ein „nationalkatholisches" Organ als quasi Ableger der „Köln. Ztg." — diese Kennzeichnung genügt, um die neue Preßgründung auch für den Beschränktesten als das erscheinen zu lassen, was sie in Wirklichkeit ist. Damit aber ist auch schon ihr Schicksal entschieden, ehe sie noch ins Leben getreten ist — wenn dieser Fall überhaupt eintritt." — Nationallibcrale Heuchelei. Die nationalliüerale Presse entrüstet sich darüber, daß im Zentrum io wenig Arbeiter sitzen und daß man diese erst aufgenoinm-n habe, nachdem die Arbeiter mit dem „Revolver geknackt" Härten. Die Zentrumsfraktion des Reichstages hat sechs Arbeiter in ihrer Mitte, die Nationalliberalen gar keinen und sie stellte bei der letzten Reichstagswahl nur einen Arbeiter auf, es war in Duisburg, und daö war ein Nichtorganisierter, der den Liberalen das stark gefährdete Mandat halten sollte. — Die Konferenz über die gleichmäßige Gestaltung der Eisenbahnverschrsordunnqen Deutschlands, Oesterreichs und Ungarns, die am 23. I:N in Salzburg begann, hat bezüglich des vom Deutschen Neichscisenbahnamte aus- gearbeiteten Entwurfs einer neuen Verkebrsordnnng eine Einigung erzielt. Die definitive Annahme der neuen Ver- k-ch-Sordniing, die ans einer zweiten, vor Schluß dieses Jahres statlfindendcn Kaufer-wz ersoff»'» wird, bedeut'! einen einschneidenden Fortschritt für den Personen- und Frachtverkehr. — Eure Gruppe nationaler Polen hat dem Präsidenten des Haager Kongresses ein Schreiben zug^ho,, kaffen, das nach einer historischen Einleitung und unter de-r Berufung am ein ähnliches Memorandum, daü der Haager Konferenz UZ99 von der polnischen nationaldemokratischen Pa toi zn- gestellt wi.rd-, in den folgenden Forderungen gipfelt: l. für die Bevölkerung des ehemaligen Herzogtums Warschau autonome Verwaltung, eine nationale Armee von 40 000 Mann, ein konstitutionelles Parlamrnt, Gebrauch der polnrschen Sprache und freie Amübnng der Kalte; 2. sür die Provinzen L-.ttanen, Padosien und Ukraine, die. Teile des alten Polens waren, dies,Iben konstUnlionellen Recnte außer Armee und eignen, Parlament; 3. sür die Preußen unterworfene polnische Bevölkerung ff eien Gebrauch der Nation ck-ni Sprache und das Polnische als Unierrichrslprache, freie Ausübung des Kultes und individuelle Freiheit. . . . Wir stellen lnißt eS zmn Schluß, diese Forderung im Namen Polens, das durch eine Bevölkerung von 40000. Köpfen vertreten ist. die im Gebiete des ehemaligen König reiches Polen leben. Sellisiv-rsländlich kann sich die inter nationale Konferenz mit dieser Bitte gar nicht befassen; wir ballen sie auch für töricht, da sie nur Wasser auf die Mühlen der Hakatisien liefert. Oesterreich-Ungarn. — Wie daS „Fremd«nblatl" meldet, wird die von uns bereits angekündrgte Ankunft bcS König- von England in Ischl am 1ä. d. erfolgen. Der König wird vormittags etnlresfen und iin Hotel „Kaiserin Elisabeth" absteigen. Für mittags ist eine Ausfahrt beider Monarchen geplant. Nachmittags findet ein großes Hofdiner in der kaiserlichen Villa statt. Abends sollen Höhenbelenchtungen und Berg- feuer veranstaltet werden. Am 16. d. früh erfolgt die Abreise des Königs Eduard nach Marienbad. — Die Zeit bringt angeblich ans diplomatischer Quelle Aufklärungen über den Dreibund und seine Taten, die als authentisch gelten können. Danach würde der Dreibund bei einer weiteren Verlängerung über 1914 hinaus einer Neuordnung bedürfen. ES wurde von dem Dreibund festgesetzt, daß iin Jahre 1912 jeder der drei Mächte das Recht zustebe, die Abänderungsanträge zu stellen, worüber dann in Konferenzen beraten werden soll. Die Wirksam keit der Abänderungen hätte erst nach dem Jahre 1914 einzutreten. Allen drei Mächten steht daS Recht zu. das VertragLverhältniS ein Jahr vor Ablauf, also bis Juni 1913, zu kündigen. Erfolgt die Kündigung nicht und be schließen die Mächte im Jahre 1912 nicht anoerwestig. so läuft der Vertrag von 1914 ab automatisch auf scchs Jahre weiter. — Die „Corr. Rom." sagt, es sei wahrscheinlich, daß der Papst alle Festlichkeiten aus Anlaß seines Jubiläums wegen der jetzt von den Freimaurern mit so viel Nachdruck geführten kirchenfeindlichen Kampagne absagen werde. Der „Osservatore Romano" bezeichnet die L>ge ver Kirche heute überhaupt als unerträglich und meint 8 d»r Papst werde sich gezwungen sehen, die Aufmerksamkeit der Mächte auf den gegenwärtigen Stand der Dinge «ru lenken. — Unter der Ueberschrift „Der antiklerikale Jubex" schreibt die „Corrispondenza Romana": Bei Len diesjähri gen Schulschlußseiern haben die Kommissionen zur Lus- lvahl der Buchprämien für die Schüler, so weit sie von Anti klerikalen gebildet waren, eine merkwürdige Auswahl ge troffen, indem sie alle Bücher mit der Erwähnung de- Got- tesbegrifses und des Christentums beiseite ließen. Einzelne Buchhändler, die gute Werke christlicher Schriftsteller ge kauft hatten, erlitten durch den antiklerikalen Index großen Schaden, weil sie den ganzen Stock noch auf Lager haben. Hr«rrkreteh. — Die Untersuchung über die Vorfälle in Raou l'Etape hat ergeben, daß der Gendarmerierrttmeister Tavernier. als er sich bedroht sab. in die Luft schoß und erst als er von den Angreifern am Unterleibe verwandet wuids, gegen die Nächststehenden einen Reoolverschnß abf-uertei Es sind insgesamt 61 Schüsse von den Genoarnren und Ausständigen abgegeben morden. Der Rittmeister erklärte, er habe alles getan, um das Feuer zu verhindern. Die durch die An griffe erbitterten Gendarmen hatten jedoch seinen Befehlen kein Gehör geschenkt. Niederlande. — Zur Friedenskonferenz. Die Unterkommission für die Beratung des Schiedsgerichts begann Donnerstag vormittag unter dem Vorsitze Bourgeois' die Debatte über die Er richtung eines ständigen SchiedögerichtShofes, sür den Choare, der Vertreter der Vereinigten Staaten von Nordamerika, warm eintrat. Die Errichtung eines dauernden Schieds gerichtshofes wurde sodann von den Vertretern Rußlands v. Martens, dem Engländer Fry, dem Amerikaner Sc Nt und dem Vertreter Deutschlands v. Marschnll empfohlen. Dieser erklärte, die allgemeinen G-undzüge des amerika nischen Vorschlages für ein ständiges Schiedsgericht an- zuiiehmen. Deutschland betrachte die Einsetzung eines solchen für einen wesentlichen Fortschritt und werde alles anwenden, mir den Hauptzweck der Konferenz zu verwirk lichen. Nach weterer Debatte wurde die Sitzung auf Sonnabend 3 Uhr vertagt. Grvstbritzuuien, — Der Bizekönig vorr Irland hat einen Erlaß an die Polrzeirncnmschaft von Belfast gerichtet, in dem es heißt, die Regierung sei nicht in der Lage, sich mit einer Petition zu befassen, die unter solchen Zuständen von Zuchtlosigkeit und Insubordination eingereicht worden sei und deren Schlußsatz sich als eure Drohung charakterisiere. — Unterhaus. Im Lause der Debatte beanttvortete Staatssekretär Grcy mehrere Anfragen bezüglich der Zuckerkonvention und führte aus: Die Regierung bemühte sich, ein Abkommen zu sichern, durch das, falls die Konven tion bestehen bleibt, wir weiter an ihr teilnehmen können, aber von der Gefahr befreit sind, daß unsere Märkte durch Beschluß einer Meyrheit von Mächten beschränkt werden, deren Interessen als Zuckerproduzenten in einem gegebenen Augenblicke nicht mit unseren Interessen übereinstimmen könnten. Ueber die Haager Konferenz und die Frage der Rüstungen könne er keine bestimmten Angaben machen, denn nach all den Kommentaren der europäischen Presse bezüglich des englischen Vorsclsiages habe England eine große Abnei gung dagegen, irgend einen Vorschlag zu machen, der die Konferenz, die einen freundschastlickum Charakter haben müsse, in eine von Streitigkeiten zerrissene verwandeln könnte. — In der Abrüstungsfrage erklärte der Staats sekretär Grey lveiter, die Frage müsse in einem Tempo ge fördert werden, bei dein auch andere führende Nationen der Welt sich England anschließen könnten. Es sei gesagt worden, daß die deutschen Vertreter ans der Konserenz in der Friedenssacl>e weit mehr eine führende Rolle gespielt hätten, als die cnglisclzen, aber bei allem Respekt vor den Leistungen der Deutschen dürfe man auch die englischen Ver treter nicht herabsetzen. Bezüglich eines allgemeinen Schiedsgerichtsvertrages seien seiner Ansicht nach alle Mächte einig. Großbritannien lverde der Uimvandlung des Haager Cchiedsgcrichtshofes in einen ständigen zustimmen. Nach kurzen Ausführungen über die Kongo- und die maze donische Frage erklärte Redner bezüglich des beabsichtigten Abkommens mit Rußland, dasselbe solle möglichst alle Streitfragen zwischen beiden Ländern aus der Welt schaf- fen. Sollte ans der Beseitigung von Neibungsmöglichkeiten sich eine Frenndsckxrft entwickeln, werde der Grad derselben durch die öffentliche Meinung des britischen und russischen Volkes bestimmt. Ruklarrv. — Die russische Regierung bat definitiv verfügt, daß in Warschau die Universität, sowie das Polytechnikum nicht wieder eröffnet, sondern beide Hochschulen verlegt werden sollen. Die Universität kommt nach Saratow und daS Polytechnikum nach Smolensk. Beide Hochschulen haben einen ausschließlich russischen Charakter und sind bereits seit zwei Jahren gesperrt, da sie von der polnischen Jugend boykottiert werden. Marokk». — Von Kabylen der Umgegend von Tanger wurden vorgestern neun Europäer getötet, darunter fünf Franzosen, die anderen sind Italiener und Spanier. Ein Reichs- deutscher ist uicht getötet oder verletzt worden. Der Ans- rnhr richtet sich gegen den Hafenbau. Die Feldbahn fiir diesen Bau wurde zerstört. Auch die Zollkontrolle soll die Kabylen gereizt haben. Auf einem Dampfer aus Casablanca befanden sich 400 flüchtige Israeliten. Auf der Reede von Casablanca liegen drei Handelsdampfer für die eventuelle Einschiffung der Europäer bereit. Der deutsche Geschäfts. « >