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lich in liberalen Besitz übergeht, ist das des 14. städt. Wahl kreifes (Hohenstein-Ernstthal), Linrbach) zu nennen, biSh«, durch den Fabrikbesitzer Rittberger vertreten. Hier stehen 48 nationalliberale Wahlmänner 21 konservativen gegen über, und nur 2 Nachtvahlen haben stattzufinden. Dazu kommen 31 sozialdemokratische Wahlmänner. Die Konservativen behalten sicher den 34. ländl. Wahl kreis (Zöblitz, Marienberg, Noßlvein), ebenso den 4. städt. Wahlkreis (Hohnstein, Königstein, Neustadt, Pirna, Schan dau), ferner Wurzen (8. städt. Wahlkreis), Ehrenfrieders. dorf-Zwönitz, Ncusalza-Schirgistvalde (6. ländl. Wahlkreis), Kamenz-KöiiigSbrnck (8. ländl. Wahlkreis), Altenberg- Tippoldisrvalde (13. ländl. Wahlkreis), Wilsdruff, Nossen (17. ländl. Wahlkreis), Leisnig-Mügeln-Döbeln (20. ländl. Wahlkreis), Mitttveida-Colditz (28. ländl. Wahlkreis), St. Egidien-Oberlnngwitz (38. ländl. Wahlkreis), Remse, Meerane. Lengefeld (39. ländl. Wahlkreis) — zum guten Teil Wahlkreise, in denen ein liberaler Kandidat nicht aus gestellt war. Man hatte sich von liberaler Seite in erster Linie auf den Kampf in städtischen Wahlkreisen konzentriert. Was die Freisinnigen betrifft, so werden sie zu dein einen Mandat, das sie bis jetzt inne haben, noch das Zwickaner erhalten. Die Reformpartei dagegen hat weder im 0. städtischen noch im 25. ländlichen Wahlkreise irgend welchen Erfolg erzielt. Die Liberalen sind trostlos, das; ihnen der Wahlkreis Dresden X' verloren geht. Sie haben nur 10 Wahlmänner für ihren Ikandidaten Dr. Latze aufbringen können, während der Konservative Knnath 54 auf sich vereinigte. Da die Sozialdemokraten 42 Wahlniänner errangen, so kommt Kaden mit Knnath in die Stichwahl, wobei die National- liberalen zugunsten deS letzteren den Ausschlag geben wer den. Auch Leipzig III vermochten sie nicht zu erobern, da den 48 Wahlmänneni für den Konservativen Enke gar nur 21 nationalliberale gegenüberstelien. Eine solche Nieder lage hatten die Liberalen nicht erwartet. Die Stärkeverhältnisse in der 2. Ständekammer blielxm also ziemlich unverändert: die Liberalen werden vier Mann stärker sein. Das; sie keine größeren Siege erfochten, schrieben sie dem Mangel an Organisation zu. Und dieser Fehler resultiere ans der Kartellwirtschaft. Ein ganz be sonderes Symptom zeigte die Wahl in Freiberg. Dort trat großsprecherisch die sogenannte Mittelstandspartei ans den Plan. Sie hob den Reformer Ahlhelm auf den Schild. Die konservative Partei und der Eva»geliscl>e Bund machten für ihn Reklame. Trotzdem erlitt der unter der Flagge einer agrarisch gefärbten Mittelstandspartei segelnde Kan didat eine Niederlage: er erhielt keinen einzigen Wahlmann. Tie Mittelstandsvereinigung hat kein Glück. Sie ist zu nächst eine Absage von allen höheren idealen Bestrebungen und eine einseitige Fnteressenpolilik. Einseitige wirtschaft lich Interessengruppen werden aber mit ihren Forde rungen immer unterliegen, da sie die Pertreter der Inter essen anderer Gruppen gegen sich zum Kampf ausrühren. Wenn die konservative Partei zu einseitig agrarische Inter essen vertreten wird, so würde der Liberalismus bald Hahn im Korbe sein. Einstweilen behält die konservative Parier noch die knappe Zweidrittelmehrheit. Tie Landtagsuxrhl war insofern von Wichtigkeit, weil sich die beiden Parteien einmal messen konnten, nachdem sie bisher stets im Kartell gemeinsam gegen die Sozialdemokraten marschierten. Es ist notwendig, das; sie ans selbständigen Füßen zu gehen bei Zeiten gewohnt werden, da nur auf diese Weise der alte Schlendrian in der Organisation ein Ende hat. Der Ent scheidungskampf mit der Umsturzpartei bleibt ihnen nicht aus . Wer seinen Airhang nicht geschult hat, wird dann die Unterlassung bitter bereuen. Tas wäre aber im Interesse der staatserhaltenden Elemente tief zu bedauern. Politische Nundschau. Dresden, den IN. September 1SV6. — Aus dem Präsidium des Deutschen Flottenvcrcius sind, wie die Berl. Neuest. Nachr. aus München erfahren, Freiherr v. Würtzburg und Generalkonsul v. Oldenbourg ansgeschieden. Dieser Austritt kommt uns nicht überraschend; man hat seinerzeit Freiherrn v. Würtzburg als jenen be zeichnet, der auf den Kaiser eingewnkt habe, damit dieser sein bekanntes Telegramm au den Flottenverein absende. die Zivilisation überhaupt. Mit keinem Atemzug wird aber bei dieser Auslegung verraten, daß es sich ausdrücklich um den modernen Liberalismus handelt, der sich zum Träger einer ausgesprochen antikirchlichen Anschauung erniedrigt hat und in ödester Knltnrkämpferei sein Ideal sieht, das; es sich handelt um einen Fortschritt und eine moderne .Kultur mit ausdrücklich antichristlicher Spitze. Und doch will die Verurteilung eben diese und nur diele antikirchlich und antichristliche Richtung des Liberalismus treffen und zwar weil und inwieweit sie antikirchlich und antichristlich ist. Daraus aber eine Kiilturfeindlicht'eit der Kirch deduzieren »vollen, kan» nur der. welcher die tatsächliche Kulturarbeit der Kirche nicht kennt oder kennen Null und absichtlich tot schweigt, Inzwischen bat Herr Professor Dr. Goetz geglaubt, gegen die ihm von Heiner zuteil gewordene Kritik pro testieren zn sollen und er tut das (Köln. Ztg." 1905 Nr. 946 vom 11. September), indem er einfach die scharfen Urteile Heiners zusanimenstellt, aber wohlweislich den Zusammen- lxmg wegläßt, in welchem diese Urteile gegeben werden. Es ist ja dann so billig, über das Schimpfen der bösen Ul- traniontanen zu raisonnierenl So zitiert Goetz S. IV, wo Heiner seinen Stil entschuldigend eine „gewisse Scklärfe" nenne. Warum zitiert er nicht ganz, was der Verfasser dort schreibt: „Wenn ich mit einer gewissen Schärfe dessen anti ultramontanen Verdächtigungen und Unterschiebungen zn- rückgewiesen, so hat sich das Herr Goetz durch seine maßlosen offenen und versteckten Angriffe auf die katlwliich' Kirche, die er unter der Maske des „Ultramontanisinus" bekämpft, selbst zuzuschreiben." Ja glaubt denn Herr Professor Goetz für seine Denunziationen katholischer Professoren, als er zögen sie ihre Schüler in staatsfeindlicher Gesinnung, der katholis<l)en Beamten, Juristen. Offiziere, als seien sie nn- sichre Kantonisten, noch mit hohen Lobspriichen traktiert zu werden? t Nachdem alles nur ein .Mißverständnis" war, zog Frhr. v. Würtzburg die Konsequenz und trat aus. — Die neue» Genrraloberstk. Mit der Ernennung deS Erbprinzen von Sachsen-Meiningen und des Erbgroß- Herzog» von Baden zu Generalobersten sind 2 Fülle ein- getreten, welche in der preußischen Armee noch niemals vorgekommen sein dürften. Zunächst der Fall, daß Vater und Sohn dieselbe hohe Charge eines Generalobersten be kleiden. Der Grobherzog Friedrich von Baden ist seitdem 25. Juni 1888 Generaloberst. WaS die.Ernennung de- Erbprinzen von Sachsen Meiningen zu n Generalobersten betrifft, so haben wir hier den ebenfalls so seltenen Fall, daß der Sohn den Vater im Avancement überholt hat. denn Herzog Georg von Sachien-Meiningen ist seit dem 22. März 1868 General der Infanterie. — Zum Falle Lachstein schreibt das Organ deS Evan gelischen Bundes, die Tägl. Rundschau, ülnr die Rückver- weisung deö Falles Bachstein zur nochmatigcn Verhandlung an die Berufungsinstanz durch das Reich:Militärgericht: „Auf das Volk macht sas Hecumgezerre des nun dreimal freigesprochenen Pfarrers Bachstein von einem Gerichtshof zum andern einen widerwärtigen, erbitternden E-rdruck. Mau wird die Vorstellung nicht los. Ter Jude soll und inuß verbrannt werden all inajorom eeelemrre ^Icirirrm und wenn der berüchtigte dnliw oventucdi» geuotzüchtigt werden soll. Wann findet sich endlich der Gerichtshof, der dem armen, unabhängigen Gerichtsherrri die Ruhe gibt und den zentrumsverhaßleu Pfarrer verurteilt?" Beschimp fungen der katholischen Kirche sollcu alio nach Ansicht des genannten Blattes unbestraft bleiben aus dem „einfachen" Grunde, tveil man das ans protestantischer Seile nicht für erwünscht hält. Bekanntlich kümmert sich die Neichöjustiz nicht um derartige konfessionelle Hetzereien, aber es ist ein testiwonium pmipertirtm süc ein Blatt, das ernst genommen sein will. — Tie Vermögcnsverwaltnngsstelle für Offiziere und Beamte in Preußen hat durch Geheimrat Hecht eine Prü fung ihrer letzten Bilanz anfnehmen lassen, da nicht alles ganz stimmte, (Geheimrat .Hecht erstattet jetzt sein Gut achten und kommt zu einem Resultate, das die Situation der Gesellschaft in einem noch weit ungünstigeren Lichte er scheinen läßt, als erwartet werden konnte. Während die Direktion der Vermögensverwaltnngsstelle eine Bilanz aus gestellt hatte, die mit einem Ueberschuß von 178 000 Mark abschloß, der im wesentlichen zn Abschreibungen und Rück stellungen Verwendung finden sollte, kommt Geheimrat Hecht zn dem Resultate, daß Abschreibungen und Neserve- stcllnngen in Höhe von ztvei Millionen erforderlich seien, dis heißt, daß von dem Aktienkapital von drei Millionen Mark zunächst ztvei Millionen Mark als verloren, bezw. ge fährdet anznschen sind. Die Vermögensverwaltungsstelle für Offiziere und Beamte ist, wie ihr Titel besagt, zu dem Zwecke ins Leben gerufen worden, die finanziellen Inter essen von Offizieren und Beamten zu fördern. Eine Zeit lang wurde auch an diesem Programm festgehalten. Seit dem Jahre 1901 ist aber in der Geschäftspraris des Insti tuts eine tiefgehende und Verlust bringende Wandlung ein getreten. Bon diesem Augenblicke an ließ sich die Bank in industrielle Engagements ein, und ans diesem resultieren in der Hauptsache die großen Verluste, die jetzt in ihrer ganzen Ausdehnung an das Licht der Oeffentlichkeit gezogen wer den. Dabei wird als der Hauptschuldige der frühere Direk tor Scheidet auznsehen sein. Aber auch dem jetzigen Direk tor Solman werden scharfe Vorwürfe nicht erspart bleiben können. Er ist im Jahre 1901 in die Verinögensverwal- tnngsstelle als persönlich haftender Gesellschafter eingetre ten. Und wenn auch die Anfänge der Verquickung mit zwei felhaften Jndustriennternehmungen weiter zurückliegen, so hätte doch der jetzige Leiter Gelegenheit gehabt, früher die Brücken mit zweifelhaften Jndustriennternehmungen abzu- hrechen, znm mindesten aber für eine sofortige Klarstellung der Verhältnisse zu sorgen. Statt dessen sind mehr als drei Jahre vergangen, ohne daß sich die Direktion zur Vornahme einigermaßen ausreichender Abschreibungen bequemt hätte. Im (Gegenteil, sie hat Dividenden verteilt! Am 18. Sep tember findet die außerordentliche Generalversammlung tember fand die außerordentliche Generalversammlung statt. Ans dieser wurde nach längerer Debatte eine Revisionskom mission zur Prüfung der Bilanz gewählt, bestehend aus Rechtsanwalt Aßwann und Marinezahlmeister a. T. Grone mann. Gegen diesen Beschluß gab Justizrat Stern Protest zn Protokoll. — llrber eine Verständigung zwischen Polen und Zentrum in Oberschlesien wird von einem Kaltowitzer Blatt eine seltsam klingende Nachricht verbreitet, die aber nicht ganz unsubstanziiert sein kann, da das Blatt die Namen angesehener Führer beider Parteien, die an dieser Konferenz teilge loinmen haben, nennt. Danach soll in einer von 60 angesehenen oberschlesischeu Geistlichen be- suchten Konferenz zwischen Polen und Zentrum eine poli tische Vereinbarung auf der Basis getroffen worden sein, daß beide Parteien sich in die oberschlesischen Reichstags und Landtagsmandate zur Hälfte teilen und daß die Abgeordneten der Polen, die eine besondere polnisch-katholische Zentrums- Organisation bilden sollen, den parlamentarischen Zentrums- fraktionell beitreten. An der Konferenz hat u. a. der jetzt gegen Korfanth Beuthen aufgestellte Pfarrer Kapitza Tichau testgenommen. Der Hauptvertrauensmann der ober- schlesischen Polen Napieralski, hat allerdings eine für die Polen bindende Erklärung noch nicht abgeben können, hat aber für seine Person den Vorschlag mit Freuden akzep tiert. Hoffen wir auf eine Verständigung! — Zu dem Proteste sozialdemokratischer ReichStagS- abgeordueter gegen die Hinrichtung von Kakprzak erfährt die Tgl. Rundschau folgendes: Das deutsche Generalkonsulat in Warschau hat festgestellt, daß der Generalgouverueur von Warschau nach russischem Recht gesetzmäßig gehandelt hat, wenn er den mehrfachen Mörder hinrichten ließ, denn das russische Strafrecht schreibt vor. daß die rechtlichen Konsequenzen des Belagerungszustandes sich auch aus solche Kriminalfälle erstrecken, deren Verfolgung vor Erklärung des Belagerungszustandes begonnen hat. So erklärt eS sich auch, daß weder KaSprzok selbst, noch seine Verteidiger einen Protest gegen dieses Verfahren erhoben haßen. Ob der Generalgouverneur berechtigt war, die Weitergabe des KafsationSgesuchs deS Verurteilten abzulehnen. steht nicht mit gleicher Sicherheit fest. Nur so viel konnte cimiitelt werden, daß es gesetzliche Bestimmungen hi, rüber nicht gibt, daß sich vielmehr eine Art GcwohnheilSircht heions- gebildet hat. so -war. daß der Gouvcrmur hierin nach diskretionärem Ermessen verfahren konnte. Lediglich auf diesen Punkt erstreckte«, sich die -wischen beidru Staaten eingeleiteten diplomatischen Verhandlungen. — Eine grobe Taktlosigkeit gegen die bayrischen Svtho- liken finden wir in Nr. 214 deS „Reichsboten" vom 10. Step- tember 1905. Das konservative Blatt befaßt sich da mit der künftigen Tagung des bayrischen Landtages und schreibt dabei: „Die Religion ist für den Ultrainontanismus Neben- sache. In erster Linie gilt es, durch eine ultramontane Um gebung des Regenten auch politischen Einfluß zu gewinnen. Der Gefahr einer solchen Bearbeitung will der Regent, die ses Muster eines wirklich toleranten Fürsten, nicht ausgesetzt sein. Darum wählt er sich Protestanten, zumal ihm auS der Geschichte seines Hauses bekannt ist, welches Unheil ultra- montane und jesuitische Hofleute über Krone und Land ge bracht haben." Vor einigen Monaten war es die „Wart- bürg", tveläie die Treue der bayrischen Katholiken gegen über ihrem angestammten Fürstenhause zu verdächtigen suchte. Heute scksiägt das Berliner Pastorenblatt in dieselbe Kerbe. Wir lehnen es ab, die bayrischen Katholiken gegen solche unerhört frivole Vorwürfe zu verteidigen. Ihre Treue steht zu hoch, als daß professionsmäßige Katholiken hetzer sie verdächtigen könnten. Wir führen die Sache nur an als Probe dafür, in welch unverantwortlicher Weise auf protestantischer Seite die Hetze gegen die Katholiken getrie ben wird, und mit welch häßlichen Mitteln die Protestanten gegen die Katholiken aufgestachelt werden. Oesterreirh-Ungnru. — Der christlich-soziale Parteitag, der am Sonntag in Eggenburg (Niederösterreich) tagte, war von über 5000Teil- uehmern besucht. Es wurde dabei ein Parteibeschluß gefaßt, der eine scliarfe Kundgebung gegen die geübte Regierungs- praris darstellt. Es wird in diesem Parteibeschlüsse mit edler männlicher Offenheit die Meinung des Volkes vor den höchsten Stellen der Staatsgewalt zum Ausdruck ge bracht In diesem Beschlüsse wird als Ursache des sich von Tag zn Tag verschlimmernden Mißverhältnisses zur anderen Neichshälfte die „unverantwortliche und grenzerllose Nach giebigkeit genannt, mit welcher seit Jahren die Regierungen Oesterreichs die Interessen unserer Reichshälfte gegenüber einer gewissen übermütigen judäoinagyarischen Clique preisgeben." „Die Bevölkerung erklärt — und hierin befin det sie sich in Uebereinstinnnung mit der erdrückenden Mehr heit der Bewohner der anderen Kronländer Oesterreichs — daß sie mit jener Art des Dualismus, durch welchen heute Oesterreich mit Ungarn verbunden ist, durchaus nicht zu frieden sein kann. Darum wünscht sic eine baldige «md durchgreifende Abänderung dieses Verhältnisses, betont aber schon jetzt, das; sie sich auch nicht niit einer aus Personalunion beruhenden Schattenmonarchie, die ja doch nur die Basis für neue staatsrechtliche Schwierigkeiten sein könnte, zufrie den geben würde. — Die Bevölkerung drückt ihre auf das höchste gesteigerte Unzufriedenheit darüber aus, daß maß gebende Faktoren Oesterreichs in arger Verkennung dessen, lvas unserem Staate zu Nutz und Frommen gereicht, das Ällgemeinewahlrechtsprojekt der ungari schen Negierung zu Falle gebracht und auf diese eine wahrhafte Volksvertretung sämtlicher Nationali täten Ungarns vereitelt haben, durch welche einzig und allein eine gerechte und billige Verständigung der Völker Oesterreichs mit denjenigen der anderen Reichshälfte mög lich geworden wäre. Durch eine derartige Entrechtung der nicht magyariscklen Nationalitäten Ungarns werden die in der österreichischen Neichshälfte wohnenden Stammesbrüder derselben in ihren nationalen Gefühlen aufs tiefste verletzt. Sollte es der Negierung Oesterreichs an Kraft oder gutem Willen gebrechen, dem altehrwiirdigen Habsburgerreiche da durch Bestand und neue Blüte zn sichern, indem sie es an bahnt, daß an Stelle der heutigen morschen Staatsform das Reich ans geeinter und gefestigter Basis neu begründet werde, so fordert das Volk Niederösterreichs seine Abgeord neten aus. mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln künftighin zu verhindern, daß Leistlingen welcher Art immer, seitens unserer Reichshälfte für gemeinsame An gelegenheiten erfolgen." — Der Ujfog meldet in cinrm Wiemr Vricf, daß in aller Stille die Entlvirrnng der Lage gelungen, und daß schon am 10. Oktober das neue Koalitionsiniiiisterinm, mit dein Grafeil Andrussy an der Spitze, im Reichstage erscheinen werde. — Gestern in de» Abendstunden kam es bei der Einweihung des neue» Klnblokals der Kossuth- partei zu Demonstrationen. Etwa 1000 Sozialsten stürmten gegen das Lokal. Tie Polizei schritt mit bla: ker Waffe ein und nahm acht Verhaftnagen vor. Die Demonstrationen der Sozialisten wiederholten sich im Laufe der Nacht. Kossuth und Apponhi konnten nur mit Mühe vor tätlichen Insulten bewahrt bleiben. Sie mußten unter scharfer Bedeckung in ihre Wohnung gebracht werden. — Die erste Beratung de» ArbeiterversichernngS- Kongreffe» fand am 18. d. M. in Wien statt. Die Refer ate galten ausschließlich der Entwickelung der Arbeiterversicherung seit dem Pariser Kongreß im Jahre 1889. worüber Redner inehrerer Länder und für Deutschland Dr. Bödicker referierten. — Wie die „Wiener Abendpost" meldet ist ganz Oesterreich cholerafrei. Italien. — Infolge eines starken Erdstoßes stürzten am 18. d. M. mehrere Häuser in Seigliano, Rose und anderen Orten ein. ES ist jedoch niemand verletzt In San Pietro ereignete sich ein Erdstoß während des Besuch» de» Minister- Ferraris. Die erschreckte Bevölkerung floh. In Martiseu» fand ein großer Erdsturz statt. Dabei stürzte ein Berg ins Tal hinab. Mehrere Gebäude wurden zerstört. In Fambrone (Bezirk Monteleone) wurde ein Bauer, der vor 9 Tagen verschüttet wurde, noch lebend an» Tageslicht befördert. In Stromboli dauert der AuSbruch fort. — Präsident Loubet stiftete 26 000 Frc». zur Unter« sttttzung der Opfer de» Erdbeben». Der Sultan spendet« 23 000 Frc».