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Mittwoch, den 15. März 1V1-5. 4. Jahrgang. Erscheint titali ch nachm. mit Ausnahme der Sonn-und tkcsU v-,ua»v»»iS r Bierteljükrl, 1 vi». 80 Pf. ohne Bestellgeld . Fei austerdeutfchen Postanstalten lt. ZeittingSpreiSI. rtn,el»ummer lvPf Re dakrionS-Svrechstimde: 11-1« Nbr. iinabdsilgigez Lsgedlsu für Aadrdelt. lleedt u. freidelt. Inserate wliden die kgelpaltene Pelilzeile oder deren Raum mit 18 Pf. berechnet, bet Wiederholung bedeutender Rabatt. Bnchdrucherei, Redaktion und tstefchäftSftill-> Dresden. P«U»it»er Etraste 4». — Herutbrecher Slm, l Nr ur«Kr. Der „Geßlerhut" des Zentrums. Man schreibt uns aus parlamentarischen Kreisen: In politischen Kreisen wird derzeit das Zentrum wieder einmal scharf getadelt; man macht ibm namentlich in allen „nationalen" Fragen Vorwürfe, weil es die Mili tärvorlage nicht unbesehen angenommen hat, sondern auch hier auf Ersparnisse drang. Am Sonnabend waren wir beim Empfangsabend der Gräfin Biilow und sofort wurde uns von verschiedenen Seiten entgegengehalten: Des Zen trum steckt eben wieder einmal den „Geßlerhut" auf. Im Jubiläumsjahr Schillers darf man diesen Vergleich nicht allzu krumm nehmen, wenn er auch noch so unwahr und töricht ist. Der „Geßlerhut" ist das Symbol unbändigen poli tischen Hochmutes: die politischen Gegner wollen also mit diesem Vergleiche sagen, daß das Zentrum lediglich deshalb Abstriche an der Militärvorlagc gemacht habe, um den Par teien und der Negierung seine Macht zu zeigeil! Aus bloßem Uebermut soll also das Zentrum gehandelt haben. Glauben das die Gegner wohl selbst? Halten sic das Zen trum für so töricht, daß es das Sprichwort vergessen hätte: Hochmut kommt vor dem Fall? Das Zentrum ist eine Mi- uoritätspartei-, es bleibt auch stets eine solche. Angesichts dieser Tatsachen müßten die Führer der Zentrumsfraktion geradezu Tölpel und Idioten sein, wenn sie den „Geßler hut" aufstecken wollten. So viel Klugheit darf man doch auch dem Zentrum zuschreiben, daß es nicht die denkbar ver kehrtesten politischen Streiche macht, daß ihm ein Gefühl deS Hochmutes und der Kränkung anderer Parteien gänzlicki ferne liegt. Im Zentrum weiß man sehr gut, daß man auf das Zusammenarbeiten mit anderen Fraktionen angewiesen ist und man trägt diesem Umstande stets Rechnung. Wenn wir aber das Bild von dem „Geßlerhut" bei behalten wollen und nun zugeben würden, derselbe sei auf- gesteckt und Regierung und Parlament müßten ihm „Reve renz" erweisen: worin würde denn dieser „Geßlerhut" be stehen? Antwort: In der gebotenen Rücksichtnahme ans die Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes und der schlechten Finanzlage des Reiches! Jawohl, diesen „Geßlerhut" hat das Zentrum aufgesteckt: aber vor ihm sich beugen, liegt im Interesse des Vater landes. Nur das Wohl des Gesamtvatcrlandes hat das Zentrum durch sein Verhalten in der Militärvorlage ge wahrt: denn es ist ihm so gelungen, drei sehr wichtige Vor teile zu erreichen: In vorderster Linie steht der, daß die 2000 Oekonomiehandwerker an der Präsenzstärke in Ab rechnung gezogen werden, soweit sie durch Zivilarbeiter er setzt werden. Mit anderen Worten: es sind 2000 Rekruten weniger auszuheben, als die Negierung gefordert hat. Ist denn dies ganz unbedeutend? Während seither bei jeder Umwandlung eines Dekleidungsamtes die Negierung die freigewordenen Leute einfach in den Frontdienst steckte und so über 1000 Mann mehr gewonnen hatte, ohne daß der Reichstag auch nur ein Wort dagegen sagte, ist es diesmal den Bemühungen der Zentrnmsabgeordneten gelungen, die weiteren 2000 Mann vor dieser Aufmugung zu be wahren. Es waren die Abgeordneten Erzbcrger und Gröber, die auf diese Gelegenheit zur Sparsamkeit hin wiesen: von keiner anderen Fraktion wurde die Sache ans Tageslicht gezogen. Wenn wir hierdurch 2000 Soldaten er sparen, so ist dies doch nicht ganz unbedeutend. Ferner wird auf den Antrag des Zentrums die Schaffung von 10 weiteren Eskadrons um 2 Jghre hinausgeschoben: auch darin liegt eine Ersparnis und der Kriegsminister wird sich damit abfinden müssen. Wer allerdings geneigt ist, daß er „Ja" und „Amen" zu allen' sagt, was die Negierung for dert, der wird sehr erstaunt tun, daß das Zentrum sich noch ein eigenes Urteil gestattet. Wenn das Zentrum auch nicht alle militärisck)en Einzelheiten prüfen kann, so ist es doch in der Lage, ein zutreffendes Urteil über die Leistungs fähigkeit des deutschen Volkes abzugcben. Tie Militärvor lagc darf nicht nur vom militärischen Gesichtspunkt geprüft werden: sie muß stets auch nach ihrer Wirkung auf das Volk betrachtet werden. Und endlich hat das Zentrum durch seinen Antrag, der zweifelsohne am Dienstag in der Bnd- getkommission angenommen tverden wird, erreicht, daß die gesamte Vermehrung der Präsenzstärke erst am 1. Oktober 1006 eintritt und nicht schon in diesem Jahre. Dadurch gelingt es, das Defizit in diesem Jahr recht sehr zu er- mäßigen, vielleicht fast ganz zu beseitigen. Jedenfalls bleiben dann nicht mehr als 12 Millionen Mark Fehlbetrag, den die Zuckerstcuer und Börsensteuer mit Leichtigkeit auf bringen kann. So also sieht der „Gcßlerhnt" des Zentrums au§: diesem soll „Reverenz" erwiesen werden! Worin liegt nun der politische Uebermut? Hätte das Zentrum nicht die zurücklxütende Stellung eingenommen, so wäre all das nicht erreicht worden, was wir eben aufgezählt haben. Rücksicht auf die Finanzlage des Reiches, Verweigern jeder weiteren Pumpwirtschaft ist aber kein politischer Uebermut, sondern das ist nur eine gesunde Politik, die im Interesse des Vater landes liegt. Wer ein rechter Vaterlandsfreund ist, sollte deshalb dem Zentrum nicht gram sein, sondern vielmehr dankbar anerkennen, daß es in der Militärvorlage diese Haltung eingenommen hat. Es gibt dem Vaterlande, was cs nötig hat, aber es fragt sich auch: Wer bezahlt die Kosten? Eine solche Frage ist aber gerade im jetzigen Moment kein Uebermut, sondern geradezu eine Notwendigkeit, damit nicht eine spätere Zeit den Vorwurf der Leichtfertigkeit erleben kann. Deutscher Reichstag. s. Berlin. 162 Sitzung NM 16 März 1li65. Präsident Graf Ballest rem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Minuten und teilt das Ableben des Abg. Linder- Kausbenren (Zenlr.) mit. Das Haus seht die Beratung des Etats des NcichsamlS des Innern beim Kapitel ..Bundesamt für das H c i in a t rv c s e ir" fort. — Abg. S ch i ck e r t (kons.): Die Rechtsprechung des Bundesamtes gereicht dem platten Lande sehr zum Nachteile, bessnder-s bei uiiedelichrn Kindern. Nach einer kurzen Erwiderung des Staatssekretärs wird der Gegenstand ver lassen. Es folgt das Kapitel S t a t i st i s ch es A m i. Abg. E r z- bergcr ,'Zenkr.) bespricht die großen Mängel der amtlichen Streikstatistik: er hofft eine Besserung derselben dadurch, daß inan die Gcwerbegerichte auch mit der Sammlung von Material beauf trage: später müßten es die Arbcitskammern tun. Mn organi sierten Arbeitern sollte Fühlung genommen werden. Diese liefern sehr gerne Material. — Abg. Pott hoff (Freis. Berg.) rügt, daß der neuernannte Präsident des statistischen Amtes eine A>t Zensur über die Privaten beiten der Räte ausübt: die Politik müsse aus dieser rein wissenschaftlichen Vebörde ausbleiben. — Staats sekretär Graf v. Posadowsky: Das statistische Amt hat nur die Aufgabe, das Zahlenmaterial obfeinv zu verarb-ütcii: aber Schlüsse soll es nicht ziehen. — Abg. Tr. Mugdan (Freis. Boiksp.) wünscht bei der nächsten Berufszählung, daß bei Witwen fcstgestcllt werde, welche Berufsstellung der verstorbene Gatte ein nahm. — Abg. Gothein (Freis. Per.) schließt sich den Aus führungen Potlhosfs an. — Staatssekretär Graf Posidowsky: Davon kann keine Rede sein, daß wir Statistik machen, um irgend eine wirtschaftspolitische Richtung z» unterstützen. Eine tendenziöse Statistik verurteile auch ich. Der Wunsch des Abg. Dr. Mugdan soll erwogen werden. — Es folgt das Kapitel .Gesundheitsamt"; dazu liegt ein Antrag Baumann (Zentr.) betreffend Kcllerkontrolle vor. — Abg. Baumann (Zenlr.) begründet den Antrag. Das Nahrungsmittclgesetz ist ungenügend, weil die Kontrolle fehlt. In Bauern ist es besser: dort sind eigene Bcliörden hierfür angestcllt. Diese haben seither recht gut gewirkt. Aber in anderen Bundes staaten fehlt diese Kontraste. Eine reichsgesetzliche Regelung ist im Interesse der Gesundheit geboten. Namentlich muß der Wein kontrolliert werden, weil hier auch am meisten gefälscht wird. Kranke und Gesunde erleiden hierdurch Schaden. Der Wein- gärlnerstand aber wird »m seinen Verdienst gebracht, ja, um seine Existenz. Das neue Weingcsetz besteht schon vier Jahre: es vcr bietet die Kunstwcinsabrikaiio» und könnte sehr wohltätig wirken. Aber die Kontrolle ist nicht einheitlich und nicht scharf genug. In Preußen, wo die Weinfabrikation am meisten zu Hause ist, fehlt es an der Kontrolle fast ganz. Das schadet allen Bundesstaaten. Weshalb führt man hier nicht eine gute Kontrolle ein? Die Kosten sind gar nicht hoch: setzt man hohe Strafen für Fälschungen fest, so werden die Kosten sehr reichlich gedeckt. Wie lange soll der Volksbelrug noch fortgesetzt werden? Ter Reichstag wünscht schon lange ein Einschreiten: mögen deshalb auch die verbündelen Re gierungen nicht mehr zögern, sondern ein Gesetz vorlegen, das dem Betrug ein Ende macht. (Beifall.) — Äbg. Schell Horn (natl.) stimmt dem Vorredner zu. ebenso Sartorius (Freis. Lolksp.) und Tr. Blanken Horn (»all.). — Staatssekretär Graf Posadowsky: Im preußischen Ministerium schweben Verhandlungen übrr die Einführung der Konlrvste. Man sollte nicht so schwarz in schwarz malen: es wird so viel Wein gefälscht. Abg. Rettich zkons.) hält die Frage nickt für so dringend und in Preußen nicht für notig. — Abg. Müller-Meiningen (Freis. Volksp.) bespricht den Schwindel mit den Gelrcimmitlcln und wünscht eine neue Gebeininiiltcllislc. — Abg. Nacken (Zentr.) fordert eine Schiitzderordnung für Blcihültcn, schon 1603 lat Gros Posadowsky eine solcke zngcsagt, aber bis heute bat er düse nickt erscheinen lassen. Es würde aber biersür doch höchste Zeit sein. Meine politischen Freunde haben schon im Dezember 1603 deshalb eine» entsprechenden Antrag gestellt: dock über asten Wipfeln ist Ruh! Der sozialpolitische Lokomotivführer muß ergänzt werden durch den sanitären Zugführer. (Sehr gut!) Dieses Gut sollte endlich ausgeladcn werden. Für die Zmlhüttcn ist eine Verordnung erschienen, für die Blcihülten »st sie aber noch notwendiger. <Sc!:r richtig!) Man darf nur in die Berrckle der Gewerbeinspeltoren hüreinblickeii. Die Blcicrkrairkungcn sind sehr zahlreich, am zahl reichsten im Bezirk Oppeln, was Redner nackweis!. In den Zink hütten sind 0,6 Proz.. in den Vleihütlen 16 Proz. der Arbeiter erkrankt. Redner stellt dann die Grundzügc einer solchen Ver ordnung fest und bedauert lebliart daß man lei der Cnguete im Barjahr die organisierten Arbeiter seines Bezirkes nick t gebärt hat. Für die Zinkhüttcnarbeiter ist an den drei höchsten'Festtagen Sonntagsruhe geboten. (Lebh. Beifall.) — Staatssekretär Graf Posadowsky: Der Entwurf für die Bleihüttcn erscheint in aller nächster Zeit. Tic Geheinimittcl wechseln stets, eine Nachprüfn>g des Verzeichnisses ist geboten. — Abg. Dr. Mugdan (Freis. VolkSp.) wünscht eine reiche-gesetzliche Regelung der Verhältnisse des KranlenpslegcpersonalS. — Abg. Scheide mann (Soz.) bespricht den Gclskiilirchener Thpbnsprozcß. — Staatssekretär Graf Posadowsky legte ausführlich dar, was das NeichsgesundheitS- amt alles getan hat vor diesem Prozeß. — Die Resolutionen Banmann, betr. Kellerkurtrollc, und Dr. Müller-Meinirg, n, betr. Geheimini«el, werden angenommen. — Darauf vertagt sich das HauS auf Dienstag 1 Uhr. Fortsetzung der Beratung des EtotS deö Neichsamt des Innern. Politische Rundschau. Dresden, den lt. März 1605». Prinzrcgcut Luitpold, des Königreichs Beyern Venneler. feierte am 12. d. Mts. seinen Kt. Geburtstag. Grerbtes Mißtrauen. Nickrt ein jeder, der zu mir sagt: Herr. Herr! wird in das Himmelreich eiugeyeu. sondern wer den Willen meines Valcrs im Himmel tut, der wird in das Himmelreich cingehen. Matth. 7, 2,. In der letzten Zeit konnte man öfters in protestantischen Müttern lesen, daß von katholischer Seite Worte des Frie dens laut werden, Mahnungen, den konfessionellen Zwie spalt nicht noch zu vergrößern, sondern mehr vertrauensvoll einander zu ertragen, daß aber diese Friedenstöne nur Sirenenstimmen seien, hinter welchen sich die schändlichen Zwecke des Ultramontanismus verbergen. Solche Ge danken, denen der Einsender dieses sich früher selbst auch hingegcben, sind tatsächlich vielen Protestanten zur fixen Idee geworden, deren Berechtigung unparteiisch zu prüfen, um darnach eine gerechte Ueberzeugung sich zu bilden, sie sich, zu ihrem eigenen Schaden, gar keine Mühe geben. Den nächsten Anlaß, diese Tatsache einmal zu berühren, gab dem Einsender ein Artikel in Nr. 9 der „Wartburg", in welchem Bezug genommen wird ans den Inhalt des „St. Bonifatins"-Blattes. welches, so sagt der Verfasser selbst, dienen soll „zur Lehr" für das katholische Volk, „zur Wehr" gegen evangelische Christen (soll heißen Protestantismus) und Luthertum. Es erscheint nämlich in Böhmen und hat den Zweck der „Los von Nom"-Bcwegnng entgegen zu wirken, ist also nur für Katholiken bestimmt und hat einen rein defensiven, betvahrcnden Charakter. Das hindert den Verfasser jenes Artikels, der ein Spiegelbild vieler seiner Gesinnungsgenossen ist. aber nicht, an die Spitze ein bc- keidigendes Bild zu stellen und im Text darauf bezügliche Aeußerungen zu geben, als wenn die Stimme des „St. Bonifatiu8".Blattes und aller anderen katholischen Blätter dem süßen Lockruf des Rattenfängers von Hameln nun zu vergleichen sei, um harmlose, unmündige Seelen anzulocken und durch die „scheinbar echt evangelischen Töne" in die „alte Zwingburg Noma" zu führen, wo man „die Felsen gräber für die am eigenen Willen und Streben Toten schuf". Wahrlich, wenn man nicht wüßte, wie tief Vor urteil, Mißtrauen und Abneigung gegen alles, was katho lisch ist, den meisten Protestanten von frühester Jugend an cingepflanzt und dann immer weiter genährt wird, so müßte man auch die Tendenz und den Inhalt dieses typisckren Artikels in der „Wartburg" eine Persidie und ein Zeichen von einem ganz nnchristlichen und verstockten Herzen seines Verfassers nennen. Ja getroffen wurde sein Herz von dem frommen, dem Evangelium entsprechenden Inhalt dieses katholischen „Bonisatins"-Dlattcs, denn er sagt: „Es führt eine ernste Sprache, die wohl mancl>cs Herz im tiefsten Grunde er schüttern mag, . . . durch die Spalten hindurch meint man die Mahnung eines alten evangelischen Kirchenliedes zu hören: Suche Jesnm und sein Licht, alles andere hilft dir nicht! Es könnte scheinen, als sei wirklich Jesus, der Sohn Gottes und Erlöser, allein Kern und Stern drüben im anderen (nämlich katholischen) Lager." Nun wahrlich, jeder nur einigermaßen unterrichtete katholische Christ, der mit seiner Kirche lebt, also jeder echte „Ultramontane" wird bei diesen Worten freudig ansrnfen: Ja, das scheint nicht bloß, das ist so bei uns: jede heilige Messe, jedes Sakra ment, jede Predigt, jedes Gebet- und Betrachtnngsbuch, das ganze wunderbare Lehrgebäude der katholischen Kirche be zeugt dies hundert- und tausendfach für jeden, der sich nur objektiv, das heißt mit Losreißnng von allen Vorurteilen, von allen persönlichen, menschlichen Rücksichten darein ver- tiefen will. Noch manches andere schöne Wort in Bezug ans das „St. Bonifatius"-Blatt enthält der „Wartburg"- Artikel, aber der gute Same war nur an den Weg gefallen, die Vögel des Vorurteiles und Mißtrauens fraßen ilm weg: wie so oft in ähnlichen Fällen,. gewann die antikatbolischc Gesinnung die Oberhand. „Der evangelische Anstrich der neuesten anti-evangelischen Nomhetze ist nur Mittel zum Zweck." wird weiter gesagt, „die Tugenden Christi dienen nur zur würdigen Verbrämung der vor allem wichtigen Herrlichkeit Noms und einer neuerlichen Instandsetzung römischer Herrschaft. Das wahre Leben mit Gott durch Jcsitin Christum allein muß nach wie vor verkümmern und unbekannt bleiben. Tie Zeugnisse vom lebendigen Jesus stehen gleich erratischen Blöcken in der sandigen Ebene des römischen Kirchenweseirs, cs sind Zeugen ans einer fremden, fernen Welt." Welche Verblendung zeigt hier der Verfasser- jenes Artikels in der „Wartburg", und er ist ein typisches Bild tausender und abertaiisender sonst gut gesinnter, durch aus nicht ungläubiger Protestanten. Ta schreibt derselbe unter anderem auch: „Warm» diese nengeübte Methode, sich in evangelische Rüstung zu stecken?" Ja, glaubt man denn, erst in neuerer Zeit würden von katholischen Priestern Blätter und Bücher geschrieben, welche einen wesentlich reli> giöscn, ans dem Evangelium beruhenden Inhalt haben? Kennt man nicht die „Eichsfelder Balksblältcr", „Leo", die „Friedciisblätter" und viele andere in Deutschland und Oesterreich? Und ebenso in sonst politischen Blättern die zeitweiligen kurzen Betrachtungen, welche, wie jener schreibt, „beinabe ans einem unserer alten evangelischen Erbanungs- büchcr stammen könnten", werden beigefügt, seitdem es überhaupt katholische Zeitungen gibt, sobald die Mittel dazu vorhanden sind, geschieht cs durch eine besondere Sonntags beilage. Daß nun das „Bonifatins"-Blatt in Böbmen auch wolil manchmal etwas scharfe Worte entbält, ist bei der Veranlassung, welche das in Deutschland kaum mögliche, herausfordernde Wesen der Los von Nom-Agenten mit sich bringt, z>var nicht zu billigen, aber wohl erklärlich, denn daß man katholischerseits die Treue zur katholischen Kirche und damit auch znm römischen Papsttum als zur Seligkeit notwendig fcsthält und betont, geschieht wahrlich nicht auS irdisckier Herrschsucht, sondern einzig und allein ans der tiefen und vollen Ucberzengnng, daß dies unbedingt den im Evangelium niedergclcgten Worten Christi und somit durch aus dem wahren Willen Gottes entspricht. Wenn nun so viele protestantische Prediger in Böhmen das katholische Volk von der Einheit der Kirche abwendig zu machen suchen, diese verleumden und herabsetzen, so ruft dies eben