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Sächsische Volkszeitung : 25.08.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192008258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200825
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-08
- Tag 1920-08-25
-
Monat
1920-08
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.08.1920
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2 Zcil age zur Tichs ische n Bo lkszeitu ng Nr. 1»4 > Mittwoch de« 25. August 1920 1 Is». Jahrg. Eine Mietsteuer! ' von «ddlf Damaschke") Am VS. Juli hat da» Meichsarbestsmintsterium den „Entnnns »ine- Gesetze» Über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung de» KohnungSvaueS" beim RrichSrat eingebracht. Nach diesem Gesetze soll von alle« Benutzern eine» GeöäudtzS oder Gebäudeteil» 1k Pro zent der AriedenSmiete stk da» Reich «nt» 18 Prozent für die Ge meinde al» Sonderabgabe zur Förderung der Wohnung»- und Sied- k»ng-arbeit erhoben werden. In dem Ttiftung-brief de« .Ständigen Beirat» stk Heimstätten, wesen" vom 21. Mai hat da» Reich»arbeitSmInlsterium u. a. erklärt, „Die Mitglieder de« Beirats würden von allen Maßnahme«, welche da» Reich »dev die Länder zur Ausführung de» Heimstätten- gesetze» kessen, unterrichtet werden. Sie würden daher ein genau zutrefsende» Bild über die Entwicklung de» Heim- Dttmwesen» erhalten und übersehen können, welche Schritte je weils zu seiner weiteren Förderung notwendig wären. Die Aus, gäbe diese» Beirat- würde einmal darin bestehen, die Reichsregierung bei der Durchführung de» Heimstättengesetz^S, soweit diese zur Zuständigkeit de» Reiche» gehört, durch sachverständigen Rat zu fördern. Darüber hinaus aber würde er vor allem berufen sein, von sich au» der RcichSregiernng Anregungen und Vorschläge zu unter, breiten und die Rejchsreglerung bei der Ueberwindung der mannig fache» Hemmnisse zu stützen, die der Durchführung de» Heimstätten- gedankens entgegenstehen: die Reichsregierung würde ihn ferner für all« auf dem Gebiete des Heimstättenwesen» zu treffenden Maßnah. men gutachtlich hören." Zu diesem „Ständigen Beirat" gehören neben hervorragenden Sozialpolitikern auch die Vertreter der sechs großen deutschen Ge- werlschaftSorganisationen aller Richtungen. In weiten Kreisen herrsch« nun die Ansicht, daß der Beirat auch dl« geplante Mietsteuer vorher gekannt und sie durch seinen „sachverständigen Rat" gefördert habe, und es fehlt nicht an leidenschaftlichen Anllagen gegen diese Stellung des N.iratS. „Auszasprechen, was ist," gilt eS unserer entscheidungS, vollen Zeit mehr denn je in großen und Keinen Fragen als das Gebot der Stunde. Und deshalb möchte ich als Borsitzender deS Ständigen Beirats für Heimstättenwesen allen Mißverständnissen Vor beugen. indem ich den einfachen Tatbestand mitteile. In der ersten Sitzung d«8 „Ständigen Beirats" am 3. Juli wur- dm bei der Ausstellung de» Arbeitsplanes naturgemäß die beiden Hauptersvrdernisse aller Heimstättenbildung besprochen: Billige» Land und billige» Geld. In eingehender Aussprache wurde eine Einigung erzielt über die Grundsätze eine» wirklich sozialen Enteignungsrecht». Neheim rat Erm an-Münster übernahm e», der nächsten Sitzung einen Gesetzentwurf vorzulegeu. Eingehend wurde auch die Frage der Bereitstellung von Mit teln znr Förderung de» HeimstätteubaneS erörtert. Insbesondere werden besprochen: Etn Plan, die Darlehnskassen zweckmäßig nach dieser Richtung -uSzubauen. lBergl. „Bodenreform" ISIS, S. 102—184.) Ein Plan von Baurat Sieb old, die Kriegsanleihe in drei« tzrozentige Heimstätten-Hypotheken mnzuwandeln, wobei da» Reich zunächst den ZinSuitterschled stk HeimstSttenvau gewinne, währe»!» die Besitzer der Kriegsanleihe größer« Sicherhett unk die Rückzahlung der vollen Summe nach zehn oder zwölf Jahren gewährleistet er halten. Ein Ausbau der Erwerbsloscnfürsorge für die Gewinnung von Nanstoffen und die Errichtung von Heimstätten. Ter Vertreter de» GewerkschastSbunbeS der Angestellten kündigt« besondere Vorschläge an. Endlich wurde auch kurz hingewiesen auf die Gelder dir Spar- lassen. Dieser letztere Gedanke wurde wesentlich vertieft durch ein Gespräch, das ich mit dem Mitglied de» „Ständigen Beirat»", dein bslamiten Ulmer Oberbürgermeister H. v. Wagner in Stuttgart batte, der Vorsteher der „Girozentrale" der deutschen Sparkassen ist. Der erfahrene Kommunalpolitiker hielt diese» Weg für sehr aussichts reich und war bereit, bestimmte Vorschläge zu formulieren. Im „Ständigen Beirat" herrscht Einstimmigkeit darüber, daß die von ihm zu behandelnden Frag»-» außeroiöentlich dringend leien wenn i» diesem Jahr überhaupt »och den Hunderttausenden von Heimstätter, Begehrende» gangbare Wege zur Erfüllung ihrer Sehnsucht gezeigt werden sollen. Es wurde daher beschlossen, die nächst« Sitzung am 8 August einzuberusen. Auf meine Bitte erklärt« sich der Ulm"« kberbürgermeister, ebenso wie Geheimrat Er man, Professor Dr. Boldt, der Leiter deS Steueramts von Göttingen, bereit, schon am I. August in Berlin zu sein, um über die technisch-rechtiich-n Fragen der Nutzbarmachung der „Girozentralen" für den Haimstätt.wbaii sich imSznsprechen. Da erhielt ich am 28. Jul« eine« Brief, in dem mir da» Reich»- eb-ftsministerium mitteilte, die Sitzung dez Beirat» am 9 Anglist solle verschoben werden. An demselben Tage »och wandte ich mich dagegen unter Anführung der angedeutete» Gründe. Die niSwärlige» Mitglieder waren aber bereit» telegraphisch abbestellt. Ich bab- die erste Gelegenheit ergriffen, »m zu erklären, daß ich -lersön'ich zege» die geplante Mietsteuer sei, sie führe nach meiner Ueber- z-iigung nicht zum Erfolge, sondern würde lediglich dieselbe Wirkung haben, wie der geplante .zehnprozentige Lohnabzug, d. h.. sie werde die große Masse de, werktätige,, Bevölkerung in weitem Umfange raki- lalisicren Sie bedeute in ihren Wirkungen eine Bevorzugung der d/iitzer »»bebauter Gelände, d. h. der Terraingesellschaften, de» Grast- MndbesitzeS, und endlich, und das sei da» Entscheidende, iie sei ein: b sonders schwere Belastung der kinderreichen Familien. Der sbniggesclle, der sich, mit einem oder zwei Zimmer» begnügen kann, wird von dieser Steuer gar nicht betroffen: der Familienvater, der aus eewndheitliche,, und sittlichen Rücksichten, vielleicht »lster großen ki's rn, eine »lehrzimmerige Wohnung habe,, «miß, wird durch diese - euer hait getroffen. Gehelmrat Abderhalden, der bekanntlich bin Mandat für die preußische LandeSveriammluiig niedergelegt hat, ") In der ^.Deutsche,, Warte", Nr. 217 vom 22 August. weil sie ihm keine Gewähr für ein« entschlossene sozial« Aufbauarbeit gegeben habe, hat tm 2. Heft des „Jahrbuchs der Bodenreform" in einer erschütternden Abhandlung auSgeführt, wie e« unverständlich sei, daß nicht unsere gesamte Politik heute von dem einen Gesichtspunkt beherrscht werde, wi« man unsere Jugend gesund an Leib und Seele erhalten und wieder kräftig machen könne. Und nun diese Mitt- steuer. - Ob der „Ständige Beirat für Heiinslättenwesen im Reichs- arbeitSministerium" sich mit dieser Frage in seiner nächsten Sitzung beschäftigen wird und welche Stellung er dazu nehmen wird, steht da- hin. Jadenfall- aber erfordert es die Wahrhaftigkeit heute schon, ehe sich Mißverständnisse emnisten, sestzustellen, daß er bisher in dieser Frage noch keinen Beschluß gefaßt und deshalb für den vorliegenden Gesetzentwurf „über die Erhebung einer Abgabe zur Förderung de» Wohnungsbaues" keinerlei Verantwortung zu tragen hat. Erneuerung — Sittliche Diktatur Bon Geruraniku» Man erinnert sich noch, daß vor wenigen Monaten von allen hierfür irgenidkie in Bettacht zu ziehenden Stellen der Nus nach Arbeit in jeder Form erhoben worden ist. Wäre der Erfolg dieser Mahnungen, Bitten und Beschwörungen auch nur entfern« ihrer In tensität entsprechend gewesen, wer weiß, ob wir vor kurzem in Gpaa so dagestairden hätten. Bei allen derartigen Losungen, die wie Feldschrei und Kampfruf anmuten, gertzt man immer wieder auf di« Erfahrung, daß eben Erscheinungen -wie „Arbeit" keine augenblickliche Anspannung physischer, geistiger und moralischer Kräfte darfVellen (nur dann lönnte Losung und Feldgeschrei Sinn und Zweck haben), sondern daß „Ar beit" im höheren Sinne einen Z,«stand eines mählichen Werdeprozesse geistiger und sittlicher Gegeöenheiten ist. Mahnungen, Anforderun gen, Aufrufe usw. vermögen weder diese Gegebenheiten oder Voraus setzungen zu schassen, noch ihr Entstehen zu beschleunigen, sie können bestenfalls in gewisser Hinsicht den Prozeß des Werdens der Arbeit au- diesen Gegebenheiten beschleunigen Genau ebenso verhält ez sich mit allen Appellen, die Hervorrufen und zeitigen wollen, waS nicht da- Ergebnis augenblicklicher Entschließung — die im Bereich der Suggestion liegt, also durch Appelle erreicht werden kann —, sondern eines geistig-sittlichen Werdeprozesses ist, der immer Zeit zur Reife braucht und an Voraussetzungen gebunden ist, die für derartige sug gestiv« Kräfte nur selven erreichbar und beeinflußbar sind. Diese allgemeinen Sätze müssen vorangestellt werden, sowohl angesichts der Gründung eines „Bundes der Erneuerung in wirtschaftlicher Sitte und Verantwortung" wie einem Aufruf „Sittliche Diktatur" von Karl Schesf- ler gegenüber. Beide Aufrufe sind außew,deutlich erfreulich ind man kann nur die Hoffnung auSspuecheittdaß dies« Worte irgendwo, wenn auch nur kleinen, Nutzen stiften. Allein der berechtigte» und schwer wiegenden Frage gegenüber, ob eben beide Untemehinnnaeu licht zu sehr am Formalen, an den Aeußerlichkeiten des Lebens hängen blei ben. die zwar unendlich wichtig, jedoch in keinem Bergleichsverhältni- zu der unumstößlichen Notwendigkeit einer sittlichen Erneuerung und Gesundung unseres Bolle- stehen können, wird man bedenklich. Immerhin verdienen beide Aufrufe Beachtung und seien drum im Auszug hier wiedergegeben, ohne ei» abschließender llrteil zu fällen, dessen oberste» Kriterium: die Wirkung und Ausbreitung ab zuwarten bleibt. Der „Bund der Erneuerung" schreibt von sich u. a.: „Noch hat die Oeffentlichkeit nicht von ihm (dem Bund) erfahren, aber bereit- jetzt hat er Bedeutung. Nicht nur eine lang« Rech« «itt- flußretcher Männer und Frauen, wichtiger Verbände, wie der Deutsch« Ofsizierbund, der Werkbund, der Dürerbund, wie ähnlich wirkend« in Süddeutschland haben sich ihm angeschloffen. Die Regierung schickte ihre Vertreter zu der GrünbungSgesellschast, sie unterstützt da» junge Unternehmen. Nur wenn die treibenden Gedanken in der Lust liegen, einem halbbewußten Verlangen entsprechen, ist ein so «inschlagender Erfolg möglich. De? Bund steht über den Partei««, über den Richtungen, über den Schulen. Auch da- entspricht den Wünschen und ,Hoffnungen de- TageS Er ist au» der No« der Zeit geboren, da» gibt ihm Stoß kraft und Wucht. Er schlägt eine Brücke zwischen sonst scharf ge trennten Gebieten, zwischen Sittlichkeit und Wirtschaft: zwingende Notwendigkeiten der Nationalökonomie der Mgemeinheit sollen durch iniverliche ethische Regungen der einzelnen verwirklicht werde». Walther Rathenau, einer der seelischen Trelbkräste de» Bunde-, Hot eindringlich gewarnt vor jener Vergeudung und Irre« leituirg der einheimischen Produktion, die, de,« gedankenlosen, schwäch, li-chen Hang nach dem Ueberfiüssigen entgegenkommend, mit diesen Ueberflüssigkeiten auch jetzt noch den Markt überflutet, dadurch dem Aufbau Kräfte entzieht. Der Staat kann nicht diesem Unwesen ein Ende bereiten, wohl aber die öffentliche Meinung, der sittliche Zwang, der freiwillige Verzicht. Die Verarmung unserer gebildeten Kreise - erleichtert uns de» Verzicht. Aus dieser allgemeine» Dürftigkeit werden jedoch ve». letzende Ansnahmen hervorstechend denn nicht weniger, sondern mehr Ueberreiche mit ehedem noch ungekannten Rieseneinkomnwn — Walther Nathenau ist Gewährsmann — wird da- kommende Deutschland he-Vorbringen, Soll diese Schicht maßgebend siin? Sollen die ge bildetsten Kreise, die Kulturträger, auSgeschaltet werden? Diese neu«» Riesenreichtümer wurzeln nur allzuost in sumpsigcr Brutstätte, ihr frecher Glanz entspringt nur allzuoft unserem Unglück, der namenlosen Not deS Volke». So kraß und plumo tritt ih e Gemijisucht an de» Tag, daß wir schwerlich in diesen Kreisen auf viele Anhänger werden rt.'chnen dürfen, wir wollen jedoch ihren gesellschaftlichen Einfluß unterbinde». So schließen wir uns zusammen, um im Name» der verfeinerten LebenSgesitiung, im Naiiwn unserer überlieferungsstolzen deutschen Kultur, trotz unserer Armut auch serne hin den Ton anzugeben. Ger» umschlössen wir alle Kreise, aber wir dürfe» nicht warten, bis der mne Reichtum in sich kehrt, und wir dürfen nicht warten, bis die große Masse sich uns anfchließt. In i>er Gründungssitznng sagte klipp und !>ar ei» sich für de,« Plan lebhaft interessierender ehemali ger sozialistischer Minister: ..Von twr Arbeiterschaft werde« Sie ab» selien müssen" Sind es aber auch nur beschränkte Kneife, immerhin handelt eS sich um recht viele Millionen, um die kulturell wertvollste» Schichte», und ihr Durchbildung, ihre Ueberliefernngssihätze, ihre geistige» Wassin bedeuten »ns ZuknnftSyoffming. Der Bund dieser Gleichgesinnte» wurde nicht gegründet, um gnneinsame edle Gesinnungen auszusprechen, sonder» um zu Handel». Selbst >n de» Einzelheiten des tagtäglichen Lebens werden die Jm- pursc sich tatkräftig beknndcn. Die Mahlzeit"» werde» nicht n»r von de» beide» Faktoren des Erhältlichen und d?s Erschwinglichen ge regelt werden, ausländische Feinkost wird, da sie Deutstnland verrinnt, da sie uns beim Ausstieg hindert, oa sie dazu beiträgt, uns dem Ausland z» unteuw>'rse», nach Möglichkeit ansft.schaltet werde». Selbst wenn die Mittel es gestatte», wird mg» tunlichst vermeiden Sardinen oder Datteln, Portwein oder Gorgonzola selbst zu verzehren, «vir werden sie auch unser» n Freunde» nicht Vorsitzen, denn diese würden daS »nS mif Rech« verargen. Keineswegs «vollen «vir de» Bogen überspannen. Wir predigen nicht Alkohol- und Nilotinabsti'ncnj, wir predigen nicht heilsamen Wald- und Wielenle«, noch «voll«» «vir auf Kaffee »nd Kakao verzichten. Nur weltfremde Fanatiker würden an die Möglichkeit eines radikal einschneidenden ASkettsmu» glauben. Aber eS ist wohl möglich, manche Genüffe zu enibehnn und »n« in anderen gang erheblich einzuschränken." ES folgen ähnliche Auslassungen über Geselligkeit und den Stil des einfachen Haushaltes. Karl Schesflers Aufruf gegenüber gilt in erhöhtem Maße, waS eingangs gesagt wurde: daß von derlei Kundgebungen gar noch eine» einzelnen kein Zündfade» i» jene Komplexe läuft, von denen die geforderte Erneuerung auszugehen hätte. Er mittet allzu billig an, «venu Schesfler, ohne zu sagen, woher Opsirg«ist, woher Ent. sagung als große seelische Massenerschsiinung kommen soll, diese Tinge einfach als geforderte Voraussetzungen anfstellt: „Die ungeheure Ver wirrung der Zeit, die Entartung des Individuums und des öffent lichen Lebens, die allgemeine Verlumpung, die im Gefolge des ver lorenen Krieges einhergeht, kann nur aufgehalten und überwunden werden durch da» Opfer und durch das Werk, durch Entsagung und «verktätige Arbeit. Durch Lebensführung und Leistung allein können wir unS frei machen von der drohenden oder schon vollzogene» Ab hängigkeit und ein besseres Deutschland ausbauen." Im übrigen sind seine Warnungen vor dem Gebrauch fremde» Erzeugnisse, der zur nationalen Selbsiverachtung führt, seine Forde rung von Lebensformen, „die den Verbrauch wirksam beschränken, regeln und veredeln", so daß „die notwendige Einfachheit und Schlicht heit der Lebensführung nirgends zur Armseligkeit entartet, damit sie im Gegenteil zu einer Manifestation des KulttirwillenS wird", — nur zu begrüßen und zu unterstreichen. Allein der starke Zauberstab, der uns die Pforte in daS Land des neuen Lebensstils öffnet, ist unS hier wie dort nicht gegeben Die Sittlichkeit muß erst heransgeftihrt «verden, die diese Sitten erzeugt unb erhält. Eine Arbetterakademie in Frankfurt a. M. Von Robert M ösin ger-Frankfnit a. M Der Ruf nach inehr Geistigleit, der trotz der scheinbare» Wider sprüche durch olle Schichte» des deutschen Volkes geht, vom einfache" Arbeiter bis zum hohen und höchsten Reichsbeamten, was eS letzten Endes, der de» Gedanke» einer Arbeiterakademie in Verbindung mit der Universität Frankfurt erstehen ließ, einen Gedanke, der übrigens für deutsche Verhältnisse etwas ganz Neues Eigniarli es darsiellt. Dis Fmnkfnrter Universität bekanntlich eine Stinnngsnnivtt- sität dep Bürgerschaft mit einem Kapital von 15 Millionen Mark, ist, wie so viele wissenschaftlich- Institut' durch den Krieg und seine Fol gen, insbesondere di- ungeheure Teuerng »nd Pr-issteigerung, in finanzielle Schwierigkeiten gerate», Rund 1,5 Millionen Mark Defizit waren zu decken, wenn man nicht verziehen wollte, die von 5008 Studierenden besuchte Universität zu schließen, da ja iür den preußische» Staat laut Stistnngsurkunde keinerlei Verpflichtung be steht, finanzielle Lasten zugunsten der Universität ,-u tragen. Nun war die Stadtverwaltung an sich bereit, die Hälfte deS Defizits zu decken, wenn nicht die Sozialdemokratie beider Schattierungen gegen diek Unterstützung der „reaktionären" Bildungsstätte scharf protestiert hätte. Die Wortführer erklärten der Bewilligung der 750 000 Mark nur znstimme» zu könne«», «venn erstens der preußische Staat die selbe Znschußsm»nie leiste und zweitens ekne Arbeiteraiademi« in» Leben gerufen würde. Die Stadtverwaltung stank also gewisser maßen vor einem Ultimatum »nd hat sich vor allein «im den Bestand der Universität nicht z» gefährden, mit den sozialistischen Anträgen solidarisch erklärt, da auch die bürgerlichen Fraktionen den Gedanken der Arbeiterakademie stk durchführbar und begrüßenswert anerkann ten, wobei sie jedoch ausdrücklich betonten, daß dies« neue Bildung«, stätte eine „sozialistische Volkshochschule" «verden dü'se Soviel über die Entstehungsgeschichte. WaS will »u» die Arbeiterakademie? Bo, allem Führer de» Volke» erziehen Es ist nicht etwa daran gedacht m„, jedem Arbeiter zu gestatten, die Akademie zu besuchen und als Ballast womöglich deren Arbeit zu h-mmen, sie soll keine Bildungsstätte für die große Gesamtheit d?s Volkes weroen — da« haben in Frankfurt andere Organisationen schon lange Jahre in t,Micher Weise übernommen — vielmehr will man einzelnen Be fähigten aus den unteren Schichten dez Volkes de» Mittelstand selbstverständlich eingeschloffe». Gelegenheit geben, sich für staat liche und kommunale Ausgabe» vorznberei'en, für die augenblicklich »nd seither nur akademisch gebildete Beamt- in Betracht kamen. „Zudem setzt — wie eS in der Vorlage lsiißt — die Wahr- nehinilng von Ehrenämtern i» politischen und sozialen Körperschaften immer mehr das Vorhandensein einer bestimmte» Ausbildung vor aus." An eine nur b e r» s s m S ß i ge Ausbildung des Aiademi?- besucher« Ist nicht gedacht. Die Arbeiterakademie soll ihre» Te'iaeh- «nern eine Arbeiterbildung im höchste» Sinne verschaff,'», die lein Den ke» und Schasse» befruchtet und so auf seine gesamte Lebe »Sans, sassung grundlegend einwirkt, Lehrfächer sollen nicht »nr die Svzialwissenschast. sondern auch Philosophie, Geschichte und Kunst- lehre sei», ebenso wie man die Fragen der Politik anSgiebig behaie- deln will. Die Arbeiterakademie hat also letzten Endes die zweifache Ausgabe: dem Teilnehmer eine allgemeine BilkimaSgrimdlage zu schaffen und für di: Ein.zelberufsaiisgaben besondere Lebreinrichttingen zu Kessin. ES ist nicht daran gedacht, die Arbeiterakademie in den Nahmen der UnItwrsftS» einzu gliedern Vielmehr sollen beide Jnsiitn. tivnen nebeneinatzrder bestehe», mit der einen Gemeinsamkeit, das« di« Räume der llniversstät und ihre Lehnnittel, vielleicht auch einzelne ihrer Lehrkräfte, der Arbeiterakademie zur V rsügnng stehen,, wäh rend anderseits die Arbeilerakademie darauf bedacht sei» muß, lür Ihre besonderen Zwecke auch besondere Lehrkräfte heranzuziehen. Die Besucher der auf freier Selbstverwaltung ansgebante» Ar- befteraladeinie satten »ach erfolgreichen« Betuch dersilb-n die Möglich keit haben, aus die Universität als vollberechtigte Studierende übei-zugehen. WaS die Finanzierung der geplanten Akademie beirisst, so glaubt inan, daß die Koste« des Lehrbetriebes durch den Staat ge tragen werde,, könne», in der Weise, daß er die Universität ausrei- cki'lid subventioniert, während die Fürsorge für minderbemittelte Studierend? der Nademie von den Arbeiter-, Angestellten- «md Be- amteiiorganisationea getragen «vrrden toll, die ja das größte Interesse an der Hwanlstdiing von Führern und überragende» geistigen Lei tern batten. Um das geistige Proletariat nicht unnötigerweise z» vermehren, ist der Besucherkreis der geplanten Arbeiterakademie fest umrffsin. Mehr wie 1000 Männer und Frau.'» sollen sür das Einzelsimesier nicht zugrlassen «verden. Soweit W; Grundgedanken der Frankmrter A>b''ierakademie die angenblickiich das preußische Kultusministerium schon beschäftig!, am stärksten n'tterslützt von den Sorffilisten all'',' Gruppierungen in Frankfurt a M. Für uns, als die Träak einer anderen Weltan schauung, die «vir den Gedanken der Arbeiterakademie, wie nach ein mal fesigestellt wi, ebenfalls durchaus begrüßen onisteht die An-aabe, scharf darüber ni «nach?» daß das großzügig geplante Nolksbildunas- rverk nicht einseitig in lonalistischeS Fahnvaffer gerät, «vamit unseren christlichen Arbeitern Angestellten und Beamten ja schließlich ler schlechteste Dienst erwiesen würde Sie wären dan^ nämiich von d«n kaum erschlossenen O»allen der Wissenschaft angeschlosscn »nd müß. ten notgedrungen gegenüber den ausreichend »nd hervorragend ge» schulten sozialistisch?»« Fübrar» geistig bedeutend Ins Hiittertt'effen geraten,
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