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Sächsische Volkszeitung : 25.06.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192206257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220625
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-25
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.06.1922
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Sonntag den 28. Juni 1VL2 Falle der Krankheit abholten — lauter arme Leute, deren einem Teile mit Almosen beholfen sein mutzte. Doch fand bald der Seelsorger aus eigenen Mitteln und geringen Geschenken die Möglichkeit, die ganz entblötzte Kapelle mit nötigen und auch übernvtigen Ornaten und Mobilien zu versehen. Da die herzoglich sächsischen Länder wie der grötzte Tel- Obersachsens alle Mittel des Erwerbs, Bürgerrechte und freie Ncligionsübling den Katholiken versagten, waren die in Sachsen geborenen Katholiken aus der niedersten und ungebildetsten Volksklasse. Nur durch Niederlassung fremder, Künste und Ge werbe selbständig betreibender Ausländer und Gelehrter konnte inan eigentlich auf eine bedeutende Gemeinde für die Zukunft rechnen, welches auch geschah, sobald als der Herzog sowohl bei Benennung der Professoren (6 katholische, dazu 5 Privatlehrer in wenigem Zeitraum) als bei jedem Falle des Meisterwerdens oder KonzessionierenS für dieses Mal von der Ausschlietzung der Ka tholiken dispensierte. Die Versicherung, die ich gwb, die Kirche so» viel nur möglich zu unterstützen und nie zu verlassen, veranlaßte nach und nach neue Niederlassungen sowohl in Jena als in den benachbarten Städtchen. Im Jahre 1806 bestand die Gemeinde schon ans 60 Einwohnern, unter denen mehrere beträchtliche Fa milien, und dieser Zuwachs schien vcrhältnismätzig noch zuneh- men zu wollen, als d'e unseligen Kriegsereignisse durch Vermin derung Handels und Gewerbes den Abzug von mehreren ver ursachte und den Zutritt solcher, die sich schon gemeldet hatten, verhinderte. " Aufgemuntert durch diesen segcnsvollen Erfolg meiner Be. mithnngcn suchte ich meiner Gemeinde mehr Festigkeit zu ver schaffen und für den leicht möglichen Fall meiner Rückkehr nach Frankreich für einen Nachfolger zu sorgen. Eine Reise des Herrn Grafen von Eoudenhcvcn nach Rom vcranlatzte meine Vorstellun gen am römischen Hofe, dah auch für Jena wie für Niedersachsen eine Pension für Unterhalt der Geistlichen auSgeworfen werden möchte. Und diese Wünsche wären erfüllt worden, wenn nicht die französische Ucberrumpelung des römischen Gebietes alle Mit tel und -Quellen des Guten verstopft hätten. Späterhin erhielt ich durch die vier maingrnndischen Prä laten zu Schwarzach, Eberach, Langheim und Banz die Versiche rung, datz bei der gehofften Rückkehr der emigrierten Geistlichen abwechselnd für die Fortdauer des Gottesdienstes in Jena durch ans diesen Klöstern versendete studierende Geistliche gesorgt wer den solle. Der Regensburgische Reichsentschädigungsvertrag ver- niclitete die Prälaturen und mit diesen meine neu geschärften Hoffnungen. Nach anderen vergeblichen Versuchen und als der Herzog sich vernehmen liest, datz. da so wenige katholische Stu denten die Universität besuchten, Se. Durchlaucht bei meinem Ab gang die Kirche schlichen würde, beschloß ich. da die französische Regierung uns wieder rief, bei derselben uni Erlaubnis zu bitten, in Jena mit Mnbeha'tnng meiner Bürgerrechte bleiben zu dür fen (1804), welches nur sowohl von meinem Bischof (zu Nancy), als auch von dem ersten Konsul mit Aussetzung einer Pension als ehemaligen Pfarrer in Frankreich zugestanden wurde. Uebri- genS erlnarb ich mir durch andauernde literarische Arbeit auf lLOO Gulden jährliches Einkommen. Es fehlte nichts an den znm Gottesdienste nötigen Mobilien und 600 Gulden waren schon aus meinen Mitteln für Ankauf eines Hauses zur Pfarr- wohnnng mit Znschnst der ans vermieteten Stuben zukommenden Z'nsin in Bereilschaft. einen Garten in der Nachbarschaft hatte ich auch in Absicht (er sollte der Plarrstelle einverlcibt werden) — als plötzlich das Kricgstbeatcr sich bis über unsere Berge hin zog und der Sache eine ganz andere Wendung zu geben ansing." N.' Ar llMWl ,M" in kr ßWr (Von der Gründung bis zuin 30jährigen Kriege) Von cand. für. G. F. Große- Obcrweimar Auf einem Platz, grotz und weit, nur von Häusern einge schlossen, aus denen viele bunte Fahnen festlich schauen, auf einsamer Höhe steht er da, der liebe, gute Hanfried, Johann Friedrich der Großmütige, »n ritterlichen Gewände mit langem Schwert und HerzogSmantet, ein dickes, großes Buch in der linken Hand. Der Begründer der Universität, der zweite Grün der Jenas, dem Jena Leben und Bedeutung zu verdanken hat. Sein Blick ist streng nach oben gerichtet, ganz losgelöst von dieser Wett, l nd doch ist uns in Jena keiner so lieb als gerade er, werden keinem soviel Ständchen gebracht als ihm, werden keinem soviel Reden gehalten als ihm. Nur manchmal des Abends, wenn die Philister schon im tiefen Schlafe liegen, dann wird er anders, dann sieht er uns mit freimdlicher Miene an schreitet in langsamem, bedeutsamem Schritt von seinem Sockel herab, her zu nnS. Der alte gestrenge Herr mit grauem Bart, dann leuchtet sein Auge freudig erregt, dann glättet sich seine vier hundert Jahre durchdringende Mienen, daun erzählt er uns, auf das große Schwert gestützt, von Jena, der Stadt des heiligen Michael, der Stadt niit den vielen alten Burgen, dem schönen Saaleslntz, der Stadt mit den Studenten, den Soldaten, den viele» großen Männern, einem Napoleon, Goethe und Schiller. Wir aber stehen da, lauschen unverwandten Blickes, sind erstaunt, gebannt, stehen in ehrfurchtsvoller Entfernung, höreil nichts als »ur ihn. sehen die alte Stadt mit ihren Türmeil und Klöstern, den Bnrgkeller, die großen starren Professoren, die alten Studenten, die von einer ganz anderen Art waren als wir, sehen Soldaten, preußische, kaiserliche, schwedische, Wallersteiner, sehen französische Soldaten, wie sie brennen und sengen. Und wenn dann Mitternacht vorbei ist, das erste Sternlein erblassen will, dann wird auch der ehrwürdige Herr wieder ernst und streng und steht wieder mit seinem großen Schwert und seinem dicken Buch auf seinem hohen, einsamen Stand. Uild so wandere auch ich wieder einmal durch unsere liebe, alle Siadt ganz in Trän- men versunken, vierhundert Jahre rückwärts. ES war der 28. Juni 1547, als Johann Friedrich der Groß- mutige nach Jena zurückkehren durste als Gefangener und Be- siegter Karls V. Der schmalkaldische Bund war zersprengt, die evangelische Lehre lag in Baildcn, Jena voll spanischer Soldaten. Die sächsische Universität Wittenberg schien für immer aufgelöst, Studenten und Professoren waren zerstoben, da stand der Herzog am Fenster des Durgkellers und sah auf die Straße hinunter — hier sollte eine neue Hochschule werden. Ein heroischer Entschluß in seiner Gefangenschaft, vor Augen nur die dunkle Zukunft. Und Jena war geeignet wie keine andere, eine bekannte Zufluchtsstätte gegen die Pest; «ein solcher Ort, der nicht allein zu freien Künsten und Tugenden, zur Weisheit und Beredsamkeit gleichsam erdacht und gemacht ist, sondern welcher wegen seiner frischen Luft, gesunden Wassers, hohen Berge, tiefen Täter, schat tigen Wälder, fischreichen Saalestromes, lustigen Felder, grünen Wiesen, fröhlichen Wcingebirgen. Menge der Vögel und Twren. allerlei Notdurft und Vorrat auch mit der Perser Paradies- und blühenden .Handel- und Kaufstädten kann verglichen werden" (Wolfgang Heider 1587. Professor in Jena.) Als ersten Professor wünschte Johann Friedrich den tüch tigen, von den Spaniern vertriebenen Melanchthon. Ein Manu von großem Misten, aber zaghaftein Gemüt, großem Zweifel und Mel Bedenken, daher ungeeignet für ein so junges Unternehmen. Er ging denn auch wieder nach Wittenberg zurück, ohne sein Am! angetreten zu haben, wo Kurfürst Moritz die Universität wieder zn neueni Blühen brachte. In dieser Ungewißheit fand der Her zog einen anderen jungen Theologen, erst 24 Jahre alt, aber festen Willens, von ungeheurer Spannkraft und Ausdauer. Das war Viktorin Strigel aus Kaufbeuren. Zu ihm gesellte sich Jo hannes Sttgel aus dem Gothaischen stammend. Der Professor für Beredsamkeit und klastische Philologie von frischem, feurigem Mut, der einmal eine Frau mit dem Degen aus den Hände» eines zudringlichen Spaniers löste. Ein gottbegnadeter Dichter von Karl V. poeta laureatus geheißen, der gern in Jenas Berge ginge und in schwärmerischer Andacht seine Stimmung in latei nischen Dichtungen ausströmen ließ. Strigel und Stigel, das gesamte Lehrerkollegium der neuen hohen Schule, bescheiden und anspruchslos, wie der Begründungs plan Johann Friedrichs selbst. Ats Gebäude nahm man das Dominikaner- oder Paulinenllostsr, das geeignet schien, der Uni versität zu dienen. Drei Mönche leiten noch darin — eine Folge der Reformation — diese wurden in Bürgerquartieren unter- gcbracht. Jena, die erste Universität — ein Bollwerk gegen den Katho lizismus. „Gott dem Allmächtig:» zu Lob und Ehren, auch un fern Lande» und Leuten zu einem Trost und Beten insondcrlich. daß rechtschaffene Kirchen- und Schuldiener göttlicher reiner Lehre erzogen werden," so Herzog Johann. Die Zahl der Studierenden, die im ersten Jahre 171 betrug, nahm eilends zu; auch neue Profeisi-ren kamen hinzu. Da er hielt Johann Friedrich ain 27. 8. 1562 durch einen Absolut ionS- und Nestitutionsbries des Kaisers ferne Freiheit zurück. Feierlich lwgrüßt von den Professoren, zugc'i'bell von der Volksmenge, bewillkommnet durch Glockenklang. hielt er seinen Einzug. Kurz darauf schickte er seinen ältest, n Sohn nach Brüstet, um für die Universität das Privilegium zu erw-rken, was Kaisär Karl V. aber Hinau-Sschob. Nach des Km fürsten Tode erwarb Johann Wichclin vom Kaiser Ferdinand das Privilegium mit dem Vorbe halt, keine Beförderungen in der theologischen Falkntät vornehmen zu lasten. 1558 wurde die Gründung nnt großem Jubel gefeiert. Es ging ein Zug de Ungebn iseuhnt durch das akademische Leben. Eö war eine ungekändigtc Jugend, d.e sich am liebsten in der Oeffcntlichleit betätigte. Der Sti den! des 16. Jahrhunderts ist ein ganz besonderer. Er trug eine Art LundSknechtstracht, tunt, auffallend und reich. Trinkgel,w und Schuldenmachen war an der Tagesordnung. Eine Jugend, dencn es ein Vergnüg-» war, in die Weinberge einznfallen, Nacltge'chrcie zu erheben, den Bür gern. besonders den Professoren, die Fensterscheiben einzukeilev den Dürgcrsöhnen die Mädchen cibsieustiu zu machen und anderes mehr. Sie suchten sogar den Streit mit den Bürgern, bekämpfte« sich öffentlich mit Bäckergeselle. den Böück'crgesellen und wollte» die alte Sitte der Schwerttäi;e nicht erlauben. Zwar kam es hier zu keinem offenen „latetni'chon Krieg", wie z. B. in Erfu t, dazu waren die Bürger zn ocrnünftia. aber daß ein paar Tote aus'dcr Kampfstatt lieben blieben, war gar nichts Neues. Bald wird ein Bürger von einem Studenten, bald ein Student von ciiicm Bürger erstochen und auch di- Studenten selber machten durchaus kein Hehl daraus im Zweikampf, Gelegenheit dazu gab? ist 6ke beste Seiko Nr. 144, Seite 4 genug, einander totzustcchen. Tie Völlerei, das „Sicavollpumpen, der Inbegriff der Seligkeit, jede i»n>tr'n Swrni im Bürger- wie im Herrenbause verpönt. Ges-'z, Säle, Ausland, Mäßigkeit gav es für ihn überhaupt nicht, ein Ideal war >m Branntwein und Bier den Tod zu holen. „Mihi cö proposinn» i» iabcrna mori. In dieser Zeit entstehen a ich l.e e.iren Verbindungen, dir hcimnilickcsn Siainineocharakier haben, eine Art Landsmann» schuft. Sie tragen nationale Ahzeftlen. Die Tevosilioa. die Probezeit des Pennals-, des jungen Foren, der Peiinaliemus, wie er hier genannt wird, ist hier eine nach v.cl größere Quälerei. Ein Jahr, sechs Monaie, sechs Worben, sechs Stunden, sechs Mi nuten dauert viele Folter. Lurch Vergewaltigung kommt er in seine Landsinannschait. Nun unterliegt er gänzlich der Gewalt deS Schoristen. des Scherer. Durch lörvcrlichc Züchlignng, uii» ehrenhafter Knechtung wird er znm Sklav.n. „Der Sckoris! kom mandiert, versiert, Iribuliert. schikaniert. inatirgK'.ert." Der Peni.al muß laufen. Stiefel pichen, Geld schsiscii. Ec heißt nur: Mutierkalb, Säugling. Spulwurm, Ouafi.n-dogeuitns. Dünn kommt der Erlösungsschmauß; eS gibt ein Gericht von Salz. Brot, Kartoffeln, Wurst, Tinte, Butter, Breunesscln, Scherben, Kot. Papier, Nußschalen, zerstoßenen Ziegelsteinen das der arme Kerl btnunterwürgen inusp Endlich wird er absolviert, zn,,, freien Burschen erklärt und darf für sein Herren- uns Burschenrecht anders quälen. Mancher Jüngling ist an diesen Torturen körper lich, geistig und seelisch zugrunde gegangen. „Endlich scheidet der Scborist von der Universität, fast alle zeit schatiengelb, mager, balbängia, hinkend, zerfetzt, fehrlos, mit Narben und Heften geflickt." Ehrlos, vagabundierend wie ein entlohnter Söldner, eine Plage der Landstraße. Die Behörden, der Herzog, alle kämpfte» sie dagegen, aber alle erfolglos, im 30jährigen Kriege wurde e-s noch schlimmer, aber dann kam eine andere Zeit. Der PennaliSmus hatte sich überlebt, eine neue Zeit brach an, eine Zeit der Arbeit, des Fleißes, des Wiederaufbaues; froher Hoffnung und Zuversicht, ehrlichen, anständigen Lebens. Theater und Musik Siegfried Zweiter Tag aus der Trilogie: Ter Ring des- Nibelungen, von Richard Wagner. Neuausjnhrnng >m Erfurter Stadt- theater am 21. Juni 1022. Mehr als einen Monat nach der Aussübrnng der „Walküre" ließ endlich die Direktion unseres Staditheat-rS den 3. Teil de-Z „Ringes deS Nibelungen", den „Siegfried" in Szene gehen. Darüber zn streiten, ob es nicht besser geweien sei. die Teile im Zusammenhänge zn bringen, wäre jetzt ein müßiges- Beginnen» Aber zn bedauern ist, das) der gewaltige Schluß des großartigen. Werkes die „Götterdämmerung" nicht mit in den Kranz unserer diesjährigen Festspiele ausgenommen worden ist. Trotz aller Vor züge der bisherigen Festspielabende bleibt damit der Gcsanit- genuß in diesem Jahre doch gestört. Das ist um so mehr zu bedauern, da auch die Aufführung des „Siegfried" wieder den günstigsten Eindruck hinterlies; und der „Götterdämmerung" ein verheißungsvolles Prognostikon stellte. Zur 70. Wiederkehr der Zeit des Entwurfs der Trilogie wäre eine Gesaintanfführung geiviß am Platze gewesen. Doch so müssen wir uns bescheiden. Tie Ausführung des „Siegfried" kann unserer Theotcr- chronik als einen goldenen Tag buchen; denn fast an-sverlanst: war das Haus trotz der erhöhten Preise, und die Tarbietnngcir erhoben sich zu beachtenswerter Höhe, lieber allein lag den-'ich erkennbar der Wille znm Kunstwerk, und wenn noch obendrein die Hauptrollen in -den Händen von Gastspielern lagen, die als Wagnerdarüellcr von Bedeutung sind, konnte ei» künstlerischer Erfolg nicht ansbleiben. Peter Jonsson, vom Landestheater zn Dnrmstadt, bot als Siegfried schanspielcrüch eine sein ziselierte Leistung, unterstützt durch vorzügliches Slimmateriat und gute Bühnenerscheinung. ES war eine Freude zn ver'olgen, wie der frische, natürliche Siegfried heran-tiunchS zum sehnenden Jüng ling, zu,n sonnigen Helden. Wilhelm Rode, vom La,:!»:! ,. :cr zn Stuttgart, schenkte uns mit dem Wanderer (Wotan) wie schon in der „Walküre" eine Prachllcißiing. Seine hcrrliche, gewaltige Stimme prätcstiniert ihn zn dieser Nolle, die er mit heißem Leben zu erfüllen »erstand. Heinrich Schorn, vom Stadt theater zn Wiesbaden, schuf einen in Ton und Geste scharf pointierten Alberich, und Henriette Vöhiner, vom Ciadtthealcr zn Halle, wußte mit ihrer vollen Altstimme die geheimnisvolle Macht der Erda packend zn veriinnbilden. Besonders erfreulich ist cs, daß nnscre mitwirkenden heimi schen Künstler sich den auswärtigen vollwertig zur Seite stellten. Bruno Laaß verstand e-s, die schwierige Rolle des Nibelnngen- schinledes Mime in ihrer Tücke, Gier und Falschheit feinsinnig zn verkörpern. TaS war eine bis ins Kleinste durchdachte, wirkungsvolle Leistung. Fra» Pogt Gan zer, deren Brnnhiwe wir bereits in der „Walküre" bewundern muß en, bot in Spiel und Sang eine vom ganzen Idealismus dieser Figur getragene Schöps,:ng. G. A. Knörzer als Fafncr und Elfriedc Tölitzicber als Stimme deS Waldvogels waren gut an ihrem Platze. TaS Orchester unter der umsichtigen Leitung des Kapellmeisters Groß- mann wuchs zn einer Höhe de-s Ausdrucks, zn einer Größe der Empfindung und Ausdeutung Wagnerischer Musik, die ihr gut Teil beitrugen, den Abend zn einem Ereignis zu gestalte». N. H—ii. mentalbrunncn mit dem scknescrgedecktcn Helme des alten Schloß- turnies, eine Stiftung von N. Reimann. Der Fürstengraben, so genannt, weil er mit dem Läbdergrabcn zusammen chedctn nm die Altstadt als Befestigung herunilief, ist eine der anmutigsten »nd zugleich an geschichtlichen Erinnerungen reichsten Straßen der Stadt. Am unteren Fürsten graben liegt das llntversitätSgebäude, wie wir schon hörten. An ihm liegen weiter inmitten gärtnerischer Anlagen acht Denkmäler. Am entgegengesetzten Ende des Fürftcngrabens erhebt sich der alte Pulverturm an der nordwestlichen Ecke und höchstgclegenen Stelle der alten Stadtbefestignng, ein interessantes Gebäude mit Zinnenkranz und Kogelspitze. Nächst dem Pulverturm ein Stein block mit dem Kopfrelicf Hermann SchaefferS, eines berühmten Universitätslehrers der Physik (gcst. 1903); dann der Gedenkstein für den Chemiker Prof. Wolfgang Doebereiner (gest. 1Ä9), des vielgenannten Freundes von Goethe und Erfinders des Platin- femrzcngs; dann die Marmorbüste des Pädagogen K. v. Stotz (gest. 1885), der das pädagogische Universitätsseminar gegründet hat, ferner tie Broiizebnste des Philosophen I. Fr. Fries (gest. >848), der Marmorbüste des Kirche »Historikers Karl v. Hase (gest. 1800), die Bronzebnste des Ratnrphilosophen Lorenz Oken (gest. 1851), die' Marmorbüste Fritz Reuters, der wegen seiner Zuge hörigkeit zur dcntschon Burschenschaft so schw-c bat büßen müssen; schließlich die Bronzebnste ^es Notionalökonomen Fr. G. Schulze (gest. 1860), der 1826 das erste mit einer Universität verbundenc landwirtschaftliche Institut in Jena gründete. Auf der anderen Seite des Fürstengrabens liegt der Botanische Garten, dessen Be such sehr zu empfehlen ist. Paikähnlich, geschmackvoll angcllegi. enthält er in übersichtlicher, lehrreicher Anordnung eine große Zahl von Freilandvftanzen, dazu in Gewächshäusern eine Füll bon ausländischen Pflanzcnsorten. Etwa in der Mitte des Gar tens steht das schlichte Denkmal deS berühmten Jenaer Bota nikers Matthias Schleiden (gest. 1881), des Entdeckers der Zelle. Goethe hielt sich gern in diesem Garten auf und wohnte wieder holt wochenlang in einem Mansardenzimmer der jehig-n Jnsvek- torwohnung am Fürstengraben. An der entgegengesetzten Ecke steht das botanische Institut mit Studienräumen, Hörsälen »nd Sammlungen. Am Südende des botanischen Gartens der Biblio theksplatz mit der Universitätsbibliothek. 850 000 Bände, eine noch größere Zakst von Dissertationen und anderen kleinen Schriften, sowie über 1000 Bände Urkunden und Han0schr>fton sind hier untergebracht. Büsten von Gelehrten und Fürsten schmücken tie Räume. Den Fürsteiigraben etwas weiter abwärts finden wir auf der linken Seite ein schlichtes, altes Gebäude, über dessen Toreingang die Eaetheschcn Worte stehen: „Ich habe dort schöne Abende verlebt." Es ist das Frommannsche Haus, dessen Besitzer von 1800—1830 der VerlagSbuchhändler Frommann war, bei dem sich viele der Größen jener literaturklassischen Zeit, auch Goeihe, besonders Wohl fühlten. ' Auch der Dichterfürst Schiller verbrachte 10 Jahre in Jena. In der Nähe des Postgebäudes finden wir das Schillergäßchen mit dem Schillergarten, dem «Garten vor der Stadt an der Leutra", wie er in der Literaturgeschichte heißt. Tamats war es ein einfacher, von Schillers Gattin gepflegter Gemüfe- und Obstgarten; jetzt hat er durch seine parkähnliche Bepflanzung ein ganz anderes Aussehen erhalten. In den drei Sommern 1707—99 wohnte Schiller mit seiner Familie in dem noch er haltenen schlichten Hause am Gäßchen; im A-ugust 1798 weihte Schiller dort ein Gartenhäuschen ein. in dem er 1799 seinen Wallenstein zu Ende führte. Das Häuschen ist verfallen. Es steht dort jetzt eine Bronzebüste Schillers. Noch ist der steinerne Tisch erhalten, an dem Schiller wiederholt mit Goethe und von Humboldt Gespräche führte, von denen Eckermaiin berichtet. 1801 weilt er hier, um „Die Jungfrau von Orleans" zu beenden. Sechs Jahre nach des Dichters Tode ließ Herzog Karl August nahe dem Wohnhause Schillers eine Sternwarte erbauen. Mit der Stern warte verbunden ist eine meteorologische Station, eine Haupt station für Erdbeben forsch» ng und eine Station zur Beobachtung von LotrickitungSveränderungen. — Berühmt ist Jenas Marktplatz, ein freundlicher, mit Linden bepflanzter Platz, auf dem sich -ni allen Zeiten das fröh lich-urwüchsige Studentenleben Jenas abgespielt hat und jetzt noch abspielt. In der Sommerze-t ist der Marktplatz besonders a» Feiertagen «m Anschluß au die vier angrenzenden Weinstuben mit Tischen besetzt, an denen frohes Leben und Treiben herrscht. Mitten auf dem Markt steht auf lin-m Candsteinsockel das eherne Standbild des Kurfürsten Johann Friedrich, des Gründers der Universität, im Volksmnnd „Hannfricd" genannt. Im Jahre 1868 bei der 300jährigen akademischen Jubelfeier wurde es ent- hüllt. Ani Sndende de? Marktes steht der Bismarckbrunnen mit einem vorzüglichen Relief Bismarcks. An der Westseite deS Platzes erbebt sich das Ratha-nS, da-s in seiner jetzigen Form auf das Jahr 1400 zurückaeht. Vom Markt gelangen wir leicbt zur benachbarten Stadtkirche zn St. Micbael, deren 75 Meier hoher Turm weit in die Umgebung sckant. Der schöne gotische Bau stammt aus dem 15. und !6. Jabrhnndert. Reichverziert ist das spätaotiscbe Portal an der Südseite. Der Turm, zu dem 282 Stufen fübrcn, gewährt einen großartigen Rundblick über die Stadt und ist darum des Besteigend wert. Neben dem Turm der Stadtkirche ist das JohanniStor. eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt Jena; es ent stammt dem 14. Jahrhundert. Das JibanniSIor trägt eine kegel förmige Spitzhaube; dir Zinnen um sie herum sind verfallen, nicht aber die an den Ecken hervorragenden Wasserspeier in Asfen- gestalt, die den Torwächtern in alter Zeit den Namen «Assen» Wächter" eintrugm. Kon,»ft man von der Unitersitä! i-nd gebt den sanft an steigenden Fürsteiigraben hinan, so grüßt im Hintergründe der schmucke Bau der katholischen Kirche; ein ans 1904 stam mend-: EiweitcrunMxrli t-ec malten S'. Jctenniskircbe. Außer eirem saunen Kreuzweg ist d e Innen,-nr ct' iicg sehr bescheiden und fast als arm zu bezeichne l Eine Scliu e bestand schon; die Vinzc zfcl,Western wurden in d-u nrungac: Jclren berufen und er'renn f.cb jetzt einer blühui^e» Niederlaiinna, Die katholische Geme'nde wuchs zusehends, ft'- Zahl de> Katboliken Jenas le- trägt bei einer Einwohnerzahl von rund 50 000 etwa 3500—4000. Allgemein wird Jena rls euie der sSömtfelegenen Städte des Reichs gepriesen. Am wirk u'.gSvollstev ist das Bild Jenas von einem erhabenen Standpnnfte aus (Wracktet, etwa vom Landgrafenhans oder von der Wilhftinsb'ihc oder vom Forst aus. Durch die Ostberge vor rauhen Winden geschützt, bat Jena ein milde? Klima, so daß die Fribiilnsflo>a bei weitem eher erwacht als im benachbarten Weimar, das 85 Meter höher liegt »nd diesen Schutz nicht genießt. Der vorteilhafte Ruf, >» dem Jena in gesnndbeitlicher Hinsicht schon vor 400 Jahren stand, als die Universität Wittenberg wegen Krankheiten hierher ftnch- tete, hat sich bis in die Gegenwart erhalten und ist durch Gc- sundheits- und SterblichkcitS-statistiken bekräftigt worden. Möge eS den anS-wärtigen Teilnehmern nm Katholikentage hier in Jena wohl gefallen und mögen sie die Erinnerung an die Tagung wie au die Stadt Jena mit ihren mannigfachen Nc'nui als eine bleibende mit nach Hause nehmen. F. Vermischtes Anfsatltheniatii A'.isi .'giing. Um sich an der Jagd nach dem Orden „Pädagoge!»" zu beteilige», stellte die Lelncri» Eulalia Knix ihren Sclnilerinncn da-Z Aufsatzthema: „W e ist aus der Beinstelllma Bismarcks am Denkmal vor dem NcichStagSaebändo auf setil Temperament zu schließen". Tie Folgen waren entschlich: Aussatz der Minna Schlau: Un'er größter National- held ist Bismarck. Aber er ist'schon tot und nicht mehr. Seine blauen Augen, von denen die Dichter singen, daß sie Blitze schossen, sind geschlossen. Darum Hit inan ihn tu Bronze ge gossen und vor das RcichStag-sgcbände gestellt. Der berühinto Peaas war damit bcan'tragt. Tort steht er zwUchen Atlassen, wilden Löwen und kenickw» Jnng'ranc». Das schönste aber au ihm sind die Beine, well sie auf lein Temperament schließen lassen. ES ist das kolerüche, weil er sich leicht ansr'gte. Das sieht man an den Hosen. Cie Wersen viele Falten. In den Stiefeln, steht er fest da, w>'.§ er einst mit den deiißviirdigeii Worten an?- sprach: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt".
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