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Redaktion »nd VefchästSsteller Dresden, Ptllniqer Strafte 4». — Fernsprecher ISS« Air Rückgabe unverlangt, chchrtftftückeketnrtvrrbindllchlett BedakltonS Sprechstundei >1 bis IS Uhr, D Lvsto LsrugugusU«! ,7, V»r-«xIIvI»v a«a» oock xobi-aaokt«, »I>« No»»- oock StUartoa «ovr» a»ck leivkoa»»^ I Ul H 8 von 60 Uark »u Nissix« 4a»v»KI, irkaoti«, L»Uv»ise, ko»»,. 8»es»or»d»ttl »l,t-et»»o, l «VOLL»«»»»« : 4od»»i,.0»viis«»-4l>«« U» Die heiligen drei Könige. Evangelium nach Matthäus: „Als Jesus geboren war -u Bethlehem in Juda zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenlande nach Jerusalem.. Der Priester verkündet eS, küßt und schließt das Buch. Der Königszug ist an den Augen der Gemeinde vorübec- gezogen. Dem einen schlicht, im engen Rahmen des biblischen Berichtes. Kein Wort, keine Linie, kein Ton mehr als geschrieben steht. Jahr für Jahr derselbe Hinter grund, dieselben Figuren, stumm und steif wie die Holz- geschnitzten Bilder einer altmodischen Krippe. Dem andern öffnet sich ein goldenes Tor. Heraus kommen Könige — jeder Zoll ein König — ein Troß von Dienern, eine Flui von Kamelen, fremdländische Pferde, Wagen mit Zelten, Decken, Schabracken, Gold, Samt und knisternder Seide. Sein Blick verliert sich in sonnige Fernen. Den ganzen Weg kann er sich ausmalen: Aufbruch im Morgenlande, An kunft in Jerusalem. In den Straßen Jerusalems, gerade als der Tempel auskommt! Wie zwei große Ströme fließen die Menschen wogen ineinander. Es ist gegen Abend. Der lichte Mar mor des Heiligtums glüht wie Feuer, umhüllt von einer bläulich-weißen Weihrauchwolke. Die Fremden satteln ab. — „Wo ist der neugeborene König der Juden?" — Die ersten, an die die Frage der Weisen gerichtet ist, zucken die Achseln- „Neugeborener König?" Das Wort macht die Runde. Die Leute stecken die Köpfe zusammen: „Einen neugeborenen König suchen sie." — . der Juden", ver bessert jemand. — Dumpfes Gemurmel, Lachen, Lärmen. Schreien, Drohen. In allen Fenstern erscheinen schwarz- gelockte Gesichter und neugierig staunende Blicke. Die Jugend klopft, schlägt, zieht und zerrt Pferde und Kamele. Dar Menschengewühl wächst mit jedem Augenblick in be klemmender Aengstlichkeit. Mehr geschoben und getragen, als geführt und gegangen, erreichen die Könige den Palast des HerodcS. Ob es so gewesen ist? — Phantasie, Dichtung ist das, und Gottes Wort ist weder das eine noch das andere. Doch die Kirche liebt und befördert diese Dichtung, wenn nur der Kern gut und gesund bleibt. Auf Wahrheit und Dichtung, Autorität und Freiheit beruht jeglicher Fortschritt — „nova et vsterg. Neues und Altes". Die Kirche nennt es Medi tation. Betrachtung, hält es für Licht und Wärme. Wuchern soll jeder mit dem Talente, aus dem Glauben leben der Geruhte. Sie will noch mehr! Nicht sollen die Gestalten der heiligen drei Könige verschwinden und Nebel vergangener Geschlechter, als hätten sie uns und unserem Jahrhundert nichts mehr zu raten und zu sagen — Ideale, weit entfernt wie daS Morgenland, hoch wie die Sterne, ohne praktischen Sinn und modernen Verstand... Es ist lang her, bald nicht mehr wahr — „iu Mo tempore, in jener Zeit . . DaS Evangelium vom Feste der Erscheinung des Herrn ist ewige Wahrheit, eine immer geltende, ergreifende Pre digt von der königlichen Armut, vor der Fürsten knien, ein Hochgesang der Demut und ein Heldenbeispiel stiller, männ licher Geduld, die Inkarnation aller Tugenden, ein Firma- ment von sternengleichen, geheimnisvollen Gedanken. Je länger und tiefer der Geist betrachtet, um so mehr werden eS. Sie glitzern wie in klarer, kalter Nacht, haben unS viel zu sagen, beschämen und ermuntern, machen stark und früh- lich uns. Menfchenfurcht? Zu den Füßen der Könige liegt die Menschensiircht. Stolz? Niedergerungen hat eiserner Wille den Stolz. ES war weder wissenschaftlich noch weltklug, alles zu verlassen und ein Kind zu suchen — und doch war eS weise. ES schien nicht vornehm — „formlos", hauchte entrüstet ein Höfling — „in den Stall zu kriechen" — und doch nennt christliche Tradition es königlich. „Verschwen dung". meinte der Schatzmeister, „Torheit", dachte der Kämmerer, als sie das Gold sahen: „Was verstehen die armen Leute von Kunst?" — Unterwegs? Ihr denkt an Palmen, Schatten und flüsternde Quellen. Sprecht auch von Sonnenbrand, Wüste und trockenen Zisternen. Hinter dem Reiter saß die Ver suchung auf dem Pferde, Fata Morgan« lockte mit ent zückenden Reize»». Geier und Hyänen folgten von ferne. Zur Krippe wollten die Weisen — Kreuze waren die Meilensteinei Haben wir also betrachtet, haben wir gebsteh Gott ge- dient und di? Seele genährt. Bleibt nur der Borsatz, den Willen als Pfeil auf de» Bogen» Sehne zu legen. Er wird darauf zittern, daß ec fliegen und sein Ziel finden könne. Betrachtete Gedanken sind fast vollendete Taten und halbgcwonnene Siege. Nicht alle Ideen sind Kräfte, nur die erwogenen, geistvertieften, medierten genießen diesen Vorzug. Die heiligen drei Könige waren großer Gedanken und Gefühle voll. Von ihrem Thron aufgestanden, heißen sie unS Nachfolgen. Millionen haben den Wink verstanden. Die gewaltige Karatvane wandert seit Jahrtauseirden, pilgert an jedem aus uns vorüber, ruft jedem ihr „Vor wärts! Aufwärts!" zu. Weiter, immer weiter! „Wir haben hier keine bleibende Statt." Und der Stern geht vor ihnen her, bis er über den Ort kommt, wo das Kind ist. und still steht. 8. Vor der Wahlschlacht! Der Aufmarsch aller Parteien ist vollzogen. Die letzten acht Tage lönnen keine Ueberraschungen mehr bringen. Drei große Gruppen ziehen in den Kampf: die Arbeitsmehrheit des Reichstages seit den Tagen der Reichs finanzreform, der sogenannte Liberalismus, die Sozialdemo kraten. Was an kleinen und kleineren Gruppen sich findet (Nationalisten der verschiedensten Art) hat außer den Polen keine erhebliche Bedeutung, wohl aber kann diese im neuen Reichstage daS Zünglein an der Wage bilden, und daher ist es bedeutsam, daß die gemäßigten Elemente der positiven Mitarbeit als aussichtsreiche Kandidaten aufgestellt sind. So hat sich mit einem Schlage der Traum politischer Idealisten erfüllt, die im englischen Zweiparteiensystem das Heil des deutschen Volkes erblickten; denn wie über den» Kanal die Arbeiterpartei unter Anlehnung an die Liberalen ihre eigenen Wege geht, just so bei »»ns die Sozialdemo - kratie; wie aber auch in England unter den „Konservativen" wie „Liberalen" sich eine Anzahl von Strömungen sammeln, so auch bei uns in diesem Wahlkampfe. Damit ist auch der Preis des Kampfes schon genannt: soll die Sozialdemokratie 'im neuen ReiäMüge den Aus schlag zwischen der alten Arbeitsmehrheit und den Libe ralen geben oder nicht? Auf der einen Seite rechnet man damit, daß die rechtsstehenden Parteien und das Zentrum wieder eine Mehrheit erhalten werden, und diese Rechnung hat viel Wahrscheinlichkeit für sich Mit einer liberalen Mehrheit rechnet eigentlich kein vernünftiger Mensch im Reiche, gewiß auch Herr Dr. Wiemer nicht, obwohl er kürz lich sagte, daß die Aussichten der Fortschrittlichen Volks- Partei in 90—95 Kreisen „günstige" seien — wohl für den Durchfall, man kennt dies schon. Die Liberalen singen immer gerne vor den Wahlen. Eine dritte MöglichkeitSrechnung geht dahin, daß Liberalismus und Sozialdemokratie zu sammen eine Mehrheit erhalten werden, d. h. jede der beiden Parteien rund 100 Mandate einheimsen soll. Bei einer Verdoppelung der roten Mandate dürfte also der Liberalismus nichts verlieren oder müßte seine sicheren Verluste nach links durch Eroberungen nach rechts auS- gleichen. So stehen sich heute drei Heerlager gegenüber: ob am 13. Januar dieser Aufmarsch noch vorhanden ist, hängt lediglich davon ab, wieviel Sozialdemokraten im ersten Wahlgange durchs Ziel gehen. Sind es mehr wie 6 Dutzend, so dürfte der 13. Januar eine große politische Neu orientierung bringen; sind es „nur" 60 rote Sieger, so dürfte der Großblock für die Stichwahlen zustande kommen: der Großblock gegen die Arbeitsmehrheit. Der Sozial demokrat soll dann bei den Stichwahlen dem Liberalismus in Len Sattel helfen, damit dieser — so rechnet man in libe ralen Kreisen — im Reichstage die Entscheidung in der Hand habe. Ob aber die Sozialdemokratie das liberale Faustpfand dann herausgeben wird, kann noch fraglich sein. Soll sie in der Stichwahl das Zünglein bilden, kann sie ver suchen, es auch im Reichstage zu sein; ihr Wille zur Macht ist hierfür groß genug. Gemäß dem Kampfespreis sind auch die großen Gruppen sich einig geworden: Nationalliberale und Volks partei bekämpfen sich in kaum einem Wahlkreise noch heftig; kleine Abweichungen bestätigen die Regel. Konservative und Zentrum gehen nicht so eng geschlossen vor wie d»e beiden liberalen Parteien, die doch mindestens auf dem wirtschaftspolitischen Gebiete noch ein großer Gegensatz trennt. DaS Zentrum ist fast durchweg der gebende Teil; es unterstützt rechtsstehende Kandidaten überall da, wo eine „falsche Stichwahl" vermieden werden soll; eine direkte Unterstützung erhält eS von der Rechten nur in einigen wenigen Kreisen. Die Zentrumswähler werden überall der Partetparole Folge leisten, und daS ist der beste Beweis ihrer politischen Reife, die durch jahrelange Schulung nur erzielt worden ist. Wenn liberale Agitatoren, Zeitungen und Kandidaten sich crdreisten, von der politischen Rück ständigkeit der Zentrumswahrer, einer „willenlosen Masse" zu sprechen, so beweisen sie nur — um nichts Deutlicheres zu sagen — ihre politische Weltfremdheit, und sie wissen nicht, wie intensiv die Zentrumswähler jahrau», jahrein politische Aufklärung allein durch Tausende von Versammlungen er halten; keine einzige bürgerliche Partei arbeitet auch in ruhigen Zeiten so unermüdlich an der politischen Schulung des Volkes. Ich kann dies aus eigener Erfahrung be weisen; uin nur ein Beispiel zu nennen: Obwohl ich in eine» „Hochburg des Zentrums" gewählt bin (90 Prozent aller abgegebenen Stimmen erhielt ich 1907), habe ich doch seit her in jedem Jahre mindestens 20 Versammlungen vor meinen Wählern gehalten. Wenn dann die Gegner vo» der Wahl »nit ihren Reden und Flugblättern kommen, wer den sie einfach ausgelacht. Die hohe politische Schulung der gesamten Zentrumswählerschaft gestattet der Gesamt partei jede Taktik, die die Gegner sich nicht leisten können. Man sieht es eben jetzt: kaum sind in einigen Kreisen di« Konservativen aufgefordert worden, für das Zentrum zu stimmen, sofort setzt der ganze Chor der Liberalen die Fan faren an den Mund, uin die Konservativen vor dem prote stantischen Volke zu verdächtigen und im geheimen wird noch dentlicher gewühlt. Dies ist ein Zeichen politischer Rück ständigkeit. Der Zentrumswähler gibt ohne weiteres einem protestantischen Kandidaten seine Stimme, wenn die Ge- saintlage es erheischt, auch wenn ein liberaler Katholik Konkurrent ist. Kann nian dies auch von allen prote stantischen Wählern gegenüber einem gläubigen katholischen Kandidaten sagen, wenn sein Mitbewerber ein Protestant ist? Don manchen gewiß, und ihre Zahl wächst: aber sie ist noch lange nicht so groß, wie unter der Zentrumswähler' schaft. Es sind keine geheimen Zauberkräfte, die dem Zen trum die momentane Wahltaktik gestatten; es ist vielmehr das in jahrelanger erfolgreicher Arbeit gefestigte Vertrauen der Wählerschaft, gepaart mit dein eigenen selbständigen politischen Urteil, das heute die Unterstützung der Rechten als einzig gegebene Parole da erscheinen läßt, wo der eigene Kandidat nicht durchdringen kann. Nur in solchen Kreisen, wo besondere Umstände vorliegen (wie mangelnde Organ»- sation und ungenügende Schulung), stellte daS Zentrum Zählkandidaten auf. Wenn es in den bevorstehenden Tagen auch hart aus hart gehen wird und muß, so darf inan doch in allen jenen Kreisen, die das Wohl des Volkes — fordern wollen, sagen, daß nach dem Wahltage auch noch gelebt werden muß, daß das deutsche Volk in einer schwierigen internationalen Lage sich befindet, daß große Aufgaben im neuen Reichstage zu lösen sind und Laß der Wahlka:.»pf doch nie Selbstzweck sondern nur ein Mittel zu dem Zwecke ist, die Größe des Reiches und die Stärke des Volkes zu fördern. M. Erzberger. Selbstbekenntnisse der Sozialdemokratie. Was die Sozialdemokratie von sich selber sagt, das muß doch mindestens wahr sein. Wir meinen natürlich nicht die geschwollenen Phrasen, als sei sie die Partei des Welt friedens usw., wir nehmen mehr die Stellung zu den prak tischen Fragen der Politik, zu den Kernfragen des StaatS- lebens. Eine ganze Menge ließen sich hier zusammen stellen; es genügen aber folgende: Bebel hat wörtlich gesagt: „Die Arbeiterschaft wird es sich überlegen, ob sie das Vaterland in geeigneten Fällen verteidigen wird." Dr. Liebknecht sagte noch kürzlich in einer Versammlung in Karlsruhe: „Preußen-Deutschland ist nach Rußland das erbärmlichste Land der Erde." Die „Münchener Post" verglich den Heldentod auf dem Schlacht felds mit der Abschlachtung von Schweinen! Die Helden des Krieges von 1870/71 sind in der sozialdemokratischen Presse als „Mörder" beschimpft worden! Lcdebour sagte am 26 Februar 1910 im Reichstage: „Wir Sozialdemo kraten haben nie daraus ein Hehl gemacht, daß wir grund sätzliche Republikaner sind. Wir betrachten die repu blikanische Staatsrcform als notwendige Etappe auf dem Wege zur Entwicklung." Der „Genosse" Wendel sagte am 1. September 1910 in Frankfurt a. M.: „Die bürgerliche Klasse Frankreichs hat auch mit dem Gottesgnadentum reinen Tisch gemacht. Das trug ihm den Kopf zu hoch, und auch da hieß es: Kopf ab!" Reichstagsabgeordneter Nosko sagte auf dem Parteitage in Magdeburg, im vorigen Jahre: „Dem Bekenntnis des Kaisers zum GotteSgnadentum und zum Absolutismus setzen wir bei den kommenden Wahlen entgegen die Forderung nach der Republik." Noch vor wenigen Tagen sagte die Genossin Rosa Luxemburg auf öffentlichen Versammlungen: „Unsere Aufgabe ist. die Massen aufzurütteln, damit wir so schnell wie möglich den Moment erleben, wo sich die Soldaten weigern, einen schmachvollen Dienst zu leisten, und auch die Massen der Arbeiter durch die Waffe der gekreuzten Arme ihr Veto gegen die Verbrechen des Krieges einsetzen." Und ferner „Wir brauchen kein Instrument des Himmels, her mit der Republik! — So müssen wir für die kommenden Reichs tagswahlen kämpfen. Und jeder Wähler, der mit dem Zettel an die Urne geht, muß eS aus der Gesinnung heraus tun, wie Bebel in Dresden gesagt hat: Ich bin und bleibe ein Todfeind der bürgerlichen Gesellschaft." Die sozial demokratische „Chemnitzer VolkSstimme" ist eS gewesen, die zum Einzuge der siegreichen Trrlppen wörtlich geschrieben hat: „Bürger, steckt schwarze Fahnen heraus! Eine Rotte WMH Weze» des Feste» der Heilige» Drei SS«ige7erschei«t die »ächste N»««er erst Mo»t«g d« 8. Ja,u«r 1912 »«ch«itt»-».