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Zentrum und koalitionsrecht. Die sozialdemokratische Presse leistet sich wieder ein mal einen ebenso plumpen wie unehrlichen Angriff auf die Stellung der Zentrumspartei zum Koalitionsrecht. Unter der Spitzmarke „Der Block der Zuchthausvorlage" bringt sie einen Artikel, der folgendermaßen beginnt: Wie ein Wetterzeichen, das das herankommende Unge witter verkündet, muß ein Beschluß auf die Arbeiterklasse wirken, der am 15. Mai in der Petitionskommission des Reichstages gefaßt wurde. Er zeigte Junker, Zentrum und Nationalliberale brüderlich vereint im Block der Zucht hausvorlage. Die drei Parteien, die das Recht der Arbeiter schaft auf die Selbstverwaltung der Krankenkassen geraubt haben, erklären ihre Absicht, auch dem Koalitionsrecht zu Leibe zu gehen, sobald die Gelegenheit da ist. Und die glauben sie gekommen bei der Schaffung des neuen Straf gesetzbuches, das in einigen Jahren schon dem Reichstage vorgelegt werden dürfte. Was ist nun geschehen? In der Petitionskommission kamen mehrere Petitionen von Arbeitgeber- und Jnnnungs- verbänden zur Verhandlung, in denen ein größerer Schutz der Arbeitswilligen bei Streiks usw. gefordert wird. Die Regierung hat nun eine Kommission eingesetzt zur Vor beratung einer Revision des Strafgesetzuches. Man beab sichtigt, bei dieser Gelegenheit auch den Versuch zu machen, die strafrechtlichen Bestimmungen über Boykott-Terroris mus zu verschärfen. Mit Rücksicht auf diese Kommission war die Mehrheit der Petitionskommission der Ansicht, nicht wie in früheren Jahren über diese Petition zur Tagesordnung llberzugehen, sondern der Regierung als Material zu überweisen. Es ist dies eine alte Uebnng der Petitionskommission, solche Petitionen, die eine in Beb rütung oder Vorberatung befindliche Gesetzesvorlage be treffen, ob sie sich nun für oder gegen aussprechen, als Material zu überweisen. Eine Stellungnahme zu gunsten oder zuungunsten des Inhaltes der Petitionen ist damit nicht gegeben. In der erwänhnten Sitzung der Petitionskommission erklärte der Redner des Zentrums, daß lediglich aus diesen Gründen die Überweisung als Material beantragt sei. Die Sozialdemokratie spottet ihrer selbst, wenn in dem genannten Artikel weiter geschrieben wird: Offenbar spekulieren die Klerikalen darauf, den Gegensatz zwischen der klassenbewußten und der christlichen Arbeiterbewegung so sehr vertiefen zu können, daß die christlichen Arbeiter gar nicht merken, wie sie gegen ihr eigenes Interesse wüten, wenn sie aus Haß der Roten den Arbeiterfeinden zu Hilfe kommen. Das Rezept, die christ lichen Arbeiter gegen den „Terrorismus der Sozialdemo kraten" aufzuhetzen, um sie gegen die Verstümmelung ihrer eigenen Rechte blind zu machen, ist ja schon bei der Versiche rungsordnung angewendet worden, und das Zentrum glaubt mit dem Erfolg zufrieden sein zu können. Also schließt es sich dein Block der Zuchthausvorlage an. Der Gegensatz zwischen der christlichen Arbeiter bewegung und der Sozialdemokratie wird allerdings immer tiefer — dank der wüsten Hetze, welche die sozialdemo kratische Presse ununterbrochen gegen die christlichen Ar beiter und ihre Führer betreibt. Und wenn in der letzten Zeit das Verlangen nach gesetzlichem Schutze gegen den sozialdemokratischen Terrorismus lauter wird, so ist dies nichts weiter als das Echo, welches die Sozialdemokratie mit ihrer brutalen Verfolgung Andersdenkender auslöst. Die Arbeiterrechte sind nicht gefährdet durch die Zentrums- Partei — diese lehnte alle Ausnahmegesetze gegen die Ar beiterbewegung ab —, wohl aber durch den Terror dev Sozialdemokratie, die als revolutionäre Partei auf solche Gewaltmittel nicht verzichten will und damit den Scharf machern die Waffen in die Hände spielt zur Verkürzung der Koalitionsrechte. In diesem Sinne erweist sich die Sozialdemokratie alS die direkte Ursache und die eigentlich Schuldige bezüglich der Bestrebungen, welche eine schärfere Bestrafung des Terrorismus verlangen! Sprachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. wahrnrhmkn. Trotz gleicher Schreibung hat „wahr nehmen" mit wahr und Wahrheit nichts zu tun. Dieses beruht auf einem langen Stamm (althochdeutsch vLr). jenes aber aus einem kurzen (althochdeutsch warn). Das althoch deutsche Hauptwort wara. bedeutet Aufmerksamkeit und vor» nönran ist zu unserem „wahrnehmen" geworden. Denselben Stamm haben wir ferner in „gewahr werden" ; in „Wahr schau" und „Wahrschauen" (— warnen), den bekannten Schifferausdrücken, wozu auch „Wahrtonne", gleichsam eine Warntonne, die zur Aufmerksamkeit mahnt, gehört; und endlich in „Wahrzeichen", eigentlich — ein zum Gewahr- werden gegebenes Zeichen, dann eins, woran oder wodurch man etwas gewahr wird, erkennt; so ist ein hochragender Turm das Wahrzeichen einer Stadt, an dem man sie von weitem erkennt. Also nicht ein Wahrheitszeichen ist das Wahrzeichen, wie vielfach angenommen wird, sondern ein Vorzeichen oder Kennzeichen. ornptiostlt sioli cton Avostrton l^'-rrsosts.kton in soinvr x»i»L vorLÜxllolivi, olieinik l»vi» Lvlnlximx nnä lÄrdvrvI 8änit1ioÜ6r tvainvii- Ullä Hvrrvn - 6»r«ivrol»vi», sovis im von VItraxvi», LivHb- unä HsvkvLsedv, Lpomalität: Hvrrvi»ptr»ttv»8el»v im kvlnlxvi» von ffkvpplvlivi» uncl ^«Istvrinödoli», mittol8 Vroülnkt unä eirviillsvl», v«llr»1»i»cklx krinmp 8«ImvII ni»Ä »»aber. GelegenhettSP»ften! 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Dieser verwünschte Einfall des Doktors, ich müsse eine Dienerin um mich haben, ist nur zu ge eignet, mich an den Bettelstab zu bringen, wenn du Milroys Schätze nicht an daS Tageslicht beförderst." Der Doktor hatte nämlich darauf bestanden, daß Kapitän Wynter die möglichst beste Pflege genießen solle, bis er völlig hergestellt sein würde, und ihm aus Lowestoft eine tüchtige Witwe in mittleren Jahren geschickt, die in der im Nebengebäude untergebrachten Küche ihren ständigen Aufenthalt hatte. Leonard gedachte am nächsten Morgen nach Hüll abzureisen und besprach mit dem alten Herrn die beste Art, etwaigen früheren Angehörigen der er loschenen Firma auf die Spur zu kommen, als ein bescheidenes Klopfen an der Türe ertönte. Wieder tat der junge Wynter Dienst als Pförtner; es war aber ein durchaus willkommener Gast, der sich jetzt meldete. Lesbia Mythe stand auf der Schwelle und blickte ihn mit einer gewissen Scheu an hinter der sich aber seinem Dafürhalten nach eine besondere Absicht verbergen mochte. Offiziell war es freilich ein ganz harmloser Auftrag, der sie hierher führte. Sie überbrachte die Grüße ihres Onkels Mr. Roger Daubenys, der sich nach dem Befinden des Kapitäns zu erkundigen wünschte. „Mein Onkel bittet Sie, auch zur Kenntnis zu nehmen." fügte Lesbia hinzu, als sagte sie eine eingelernte Lektion her, „daß ihn nur der Kummer über den Tod seines Sohnes bisher nachzufragen verhindert hat." Leonard drückte den Finger an die Lippen, wie um das intelligente junge Mädchen darauf aufmerksam zu machen, daß der alte Mann von dem stattgefundenen traurigen Ereignisse immer noch keine Kenntnis habe. Dann sprach er: „Großvater, Miß Blyth ist hier, um sich im Aufträge Ihres Onkels nach deinem Befinden zu erkundigen." Die trüben Augen des alten Kriegers wendeten sich lebhaft zur Tür. Er hatte wiederholt unter dem hoffärtigen Benehmen und rücksichtslosen Auf treten seines Nachfolgers in Grange zu leiden gehabt, wußte aber auch, daß die schöne, junge Abgesandte Doubenys daran unschuldig sei. Zudem h atte ihm sein Enkel bereits berichtet, wie teilnahmsvoll sich die junge Dame in jener Nacht der Schrecken benommen habe. „Sehr liebenswürdig von Mr. Daubeny, wahrhaftig," sprach er nicht ohne jeden Spott, um völlig veränderten Tones hinzuzufügen: „Ich bin ihm aber sehr verbunden dafür, daß er mir endlich Gelegenheit gibt, meinen Dank der jungen Lady auszusprechen, die solches Interesse an einem verlassenen alten Manne nimmt. Leni, laß unseren Gast doch nicht in der Türe stehen." Lesbia trat näher, und nachdem sie Platz genommen, mußte sie eine Reihe liebenswürdiger, nur etwas altmodischer Redensarten des Kapitäns anhören, während Leonard schweigend dabeistand und sich nicht genug über die unverkennbare Unruhe des schönen Gastes wundern konnte. Obschon er seit langem die Vermutung hegte, daß ihr Leben in Grange nichts weniger denn ein glückliches sei, hatte er sie stets für einen tapferen, selbstvertrauenden Charakter gehalten. Heute schien sie sich aber sehr unbehaglich zu fühlen und den Eindruck zu machen, als hätte sie eine widerwärtige Pflicht vor sich, der sie sich nicht entziehen konnte und die sie unbedingt erfüllen müßte. Die Bekanntschaft »vor etwa sechs Monate vor dem Tode Jnman Daubenys erfolgt. Eine Woche nach dem Ereignis, das heißt einen Tag nach seiner Ankunft von London, wo er Leonard Wynter vorsichtig nachgespürt hatte, kam Neynell durch das Sumpfland geschritten, und hielt sich zunächst in dem Schilf verborgen, das sich landwärts von der Bucht ausdehntc. Dort verhielt er sich regungslos, bis er sich durch sein Fernrohr überzeugt hatte, daß die Schauke nicht längs des Schiffsrumpfes angekettet war. Dick Holt war offenbar nicht zu Hause, und Judith würde allein sein. Obschon Mr. Rennest mit dem schwarzen Dick nicht gerade auf feindlichem Fuße stand, zog er cs dennoch vor, in seiner Abwesenheit Judith den Hof zu machen. Ehr bare Absichten mochten es nämlich nicht sein, die ihn veranlaßten, sich um ein innges Mädchen zu bewerben, das in einem gestrandeten Kohlenschiffe wohnte und dessen Vater auf Wassergeflügel Jagd machte, um es dann höchst eigen händig in Butter zu braten. Neynell vermutete schon längst, daß Dick Holt auch ein anderes, reichlicheres Einkommen besitze, als ihm seine Angelrute und seine Flinte verschafften; aber bisher war es ihm nicht gelungen, sich hierüber Gewißheit zu verschaffen. Er ließ sein Feldglas sinken und rief, nachdem er längs des Ufers dahingeschritten, das Schiff an. Alsbald tauchte Judiths blühendes Gesicht ober dem Reling des Mitteldecks auf. Die Mastbäume der „Pßöbe" waren schon längst den Weg allen Holzes gegangen, so daß man die Beschaffenheit ihrer Takelung nicht erkennen konnte; indessen besaß sie eine hohe Achterhütte, und ein gleichfalls erhöhtes Vorderdeck. Das letztere war bei dem Zusammen- > stoß, der ihrer Laufbahn ein Ende machte, allerdings in Trümmer gegangen, und die Familie Holt hatte ihr Heim daher im Hinterteil des Schiffes, unter dem Hüttendeck aufgeschlagen. „Darf ick, an Bord kommen?" fragte Neynell, seine Mütze in zierlickm Nundbewegung abnehmend, da er auf derlei Aeußerlichkeiten jederzeit be- sonderes Gewicht legte. „Wenn es Ihnen beliebt, weshalb nicht?" tönte die Gegenfrage zurück. Es herrschte gerade Ebbe, sonst hätte er bis zu den Knöcheln im Wasser maten müssen, um die geringe Entfernung zu der Strickleiter zurückzulcgen, die auf das Schiff emporführte. So gelangte er aber trockenen Fußes hinauf, und hier reichte er Judith lächelnd die Hand. „Herr Holt ist Wohl in Geschäften abwesend," fragte er, sie bedeutungs voll anblickend, als wollte er andeuten, daß ihm die Natur dieser Geschäfte kein Geheimnis sei. „Ja, Vater ging nach Allinham mit seiner Schauke, um Fische zu ver kaufen," erwiderte das Mädchen. „Wenn Sie plaudern wollen, so kommen Sie hier herauf, hier ist die Luft besser." ^Damit geleitete sie ihn die Holzstufen empor, die zum Achterdeck hinauf- führten, wobei sie ihn mit einer gewissen Hast an der halb offen stehenden Tür, die in das Schiffsinnere führte, vorllberzubringen suchte. Neynell wunderte sich im stillen darüber, denn die Morgenluft war feuchtkalt und bei früheren Anlässen hatte ihn seine Wirtin anstandslos in die große Kajüte eintrcten lassen, die ihr jetzt als Küche und Wohnraum zugleich diente. Förm lichkeit und zeremonielles Wesen lagen diesem Naturkinde sehr fern. «Ihre Schuld." ^ j