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Nr. LLV — LI». Jahrgang DonnerStag den 8. Jnni IVLI iichßsllikUolks^itnntz Erscheint täglich nach«, mtl «usnahme der Sonn- und Festtage. EluAabe ä mit .Die Zeit In Wort und Bild- vierteljährlich L' Dresden durch Boten L.4« ^ In ganz Deutschland srei HauS «,88 9k; In Oesterreich 4.4S L* ^ El»»«ahe » ohne illustrierte Beilage vierteljährlich IM» -v. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die «gespaltene Petit,eile oder deren Rann, mit 18 U, Reklamen mit 8« p die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt, Buchdruiserel. Redaktion und «eschästSstelle: Dresden. Ptllnttzer Straftest». - Fernsprecher 1!»«»« Für Rüikgabe unverlangt. Schriftstitike »eine Brrbtndlichkett Redaktions-Sprechstunde: 11 bis I« Uhr, IroN nrrci, nie äsxecvesener Knkkee - ^eueruo« kostet unser de Uebter, vorrüglicker kÄmilien-Katkee nur ISO PL. clas k>kunö. kerliox ä koclistivli, vrestleo. kiecterlsgen in allen Ztscttteilen. 14. Delegierlentag des Verbandes der tathollschen Arbeitervereine (Sitz Berlin) Berlin, den 6, Junt 1911. I. Zu ernsten Beratungen fanden sich heute die Delegierten des Verbandes der katholischeil Arbeitervereine (Sitz Berlins aus allen Gauen des Vaterlandes in der Reichshauptstadt ein zum 14. Delegiertentag, der im Lehrervereinshause ab gehalten wird. Generalsekretär Lic. Fournelle begrüßte die zahlreich erschienenen Delegierten und Gäste im Namen der 1229 Ver eine des Verbandes. Auch entbot er ehrfurchtsvolle Grüße Kardinal-Fürstbischof Kopp, der niit so warmem Hr-en die Arbeiten der katholischen Arbeiterorganisation verfolgt, sowie in ihm dem gesamten deutschen Episkopate. Ferner- gedachte er des Kaisers sowie des Hl. Vaters. Auch erinnerte Redner an den 20. Mai, den 20. Jahrestag seit Erscheinen der Enzyklika Kerum novnrum. Mit Freuden erneuere der Verband anläßlich dieses Tages den Vorsatz, treu diesen Richtlinien in der sozialen Tätigkeit zu verharren. Nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten erstattete Generalsekretär Fournelle sodann den Geschäfts bericht. Der Verband hat, wie Redner u. a. ausführte, seinen Ursprung und seine Kraft in den päpstlichen Lehren, wie sie in der Enzyklika Kerum uovurum, der übrigen Enzykliken Leo XIII. und dem Motnproprio Pius X. ver kündet werden. Mit aller Energie ist er auch in diesem Jahre seinem Ziele, nämlich „Hebung und Förderung der leiblichen und geistigen Lage der Arbeiter" zugestrebt. Zn diesem Zwecke diente vor allem die ständige Aufklärung über den religiös-sittlichen Charakter der Arbeit und des Arbeits- Verhältnisses. Trotz des scharfen Kampfes gegen die katho lische Organisation und der vielen Hindernisse, welche sich der Ausbreitung der katholisch-sozialen Grundsätze entgegen stellen, hat der Verband neuen Boden gefaßt und Fortschritte gemacht. Die Zahl der Verbandsvereine ist von 119k auf 1229 gestiegen. Die Zahl der Mitglieder ist im Jahre 1910 um einige Hundert gestiegen. Die Gesamteinnahmen des Verbandes betrugen im Jahre 1910 1223 027,46 Mark, während die Ausgaben 1079130,44 Mark betrugen. An Wertpapieren sind im geschlossenen Depot in der Dresdner Bank in Berlin niedergelegt nominell 315 000 Mark, so daß mit dem baren Bestände Ende 1910 von 143 897,02 Mark das Gesamtvermögen 458 897,02 Mark betrug. Gegen das Vor fahr bedeutet das eine Vergrößerung des Vermögens um 53 012,48 Mark. Aus der umfassenden Tätigkeit des katholischen Ar beiterverbandes sei folgendes erwähnt: Ausnahmslos haben die gesamten Verbandsvereine gemeinschaftliche heilige Kommunion mindestens jährlich zwei- bis dreimal abge halten. Arbeiterexerzitien haben stattgefunden iin ober schlesischen Industriegebiete, in Berlin, in Heiligenstadt, in Kreuznach und in Trier. Im Berichtsjahre fanden nicht weniger als 150mal Delcgiertentage der einzelnen Bezirke statt: Präsideskonferenzen wurden 68 in den verschiedenen 31 Bezirken gezählt; desgleichen fand eine BezirkspräsideS- konferenz des gesamten Verbandes in Berlin statt. Vereins und Berufsgruppenversammlungen der Mitglieder fanden ungefähr 56 000 statt. Gegen Ende 1910 wurden im ganzen Verbandsgebiete jedesmal für mehrere Bezirke gemeinsam sogenannte Provinzial-Delegiertentage für die 15 im Ver bände vertretenen Berufe abgehaltcn und zwar in Koblenz und Saarbrücken für den Westen, in Leipzig für Mittel deutschland, in Waldenburg, Breslau, Braunsberg und Gleiwitz für den Osten, zu denen jeweils durchschnittlich 150 Vertreter erschienen waren. Diese Provinzialdelegierten konferenzen beschäftigten sich u. a. auch init der Frage der Neuregelung des gewerkschaftlichen Beitrags- und Unter- stützungswesens. Letzteres wurde am 27. Dezember 1910 in einer außerordentlichen gewerkschaftlichen Generalver sammlung neu geregelt. Für das Verbandsleben bedeutet dieses Vorgehen einen gewaltigen Fortschritt. Die aus dem vorigjährigen Delegiertentage einmütig begrüßte Erklärung des VerbandSvorstandcs bezüglich obligatorischer Einführung der Berufsgruppen wurde auch durchgeführt. In keinem einzigen Falle hat sich eine Schwächung, sondern stets eine bedeutende Verstärkung der Vereine aus dieser Maßnahme für die betreffenden Vereine ergeben. Die Agitation der Vereine und der Bezirke ge schieht hauptsächlich unter gewerkschaftlichen Gesichtspunkten. Es wurden teils Tarife abgeschlossen, teils durch Ver- Handlungen für die Arbeiter Verbesserungen im Lohn- und Arbeitsverhältnis erreicht, u. a. in folgenden Orten: Frau stadt, Schneidemühl, Wiinschelburg, Heiligenstadt, Tanger münde, Gleiwitz, Trier, Sagan, Berlin, Mayen, Habel- schwerdt, Oppeln, Allenstein, Wartenburg, Bischofsstein. Beuthen, Ratibor, Kreuznach, Naumburg a. d. Queis, Ncu- rode, Quint, Gleiwitz, Eichsfeld, Nehhof, Nenteich. Wie im früheren Jahre, so hat auch im Jahre 1910 der Verband überall da, wo es anging, mit dem Verbände katho lischer Vereine erwerbstätiger Frauen und Mädchen (Sitz Berlin) znsannnengearbeitet. Die zu einem gemeinsamen Vorgehen in allen das Arbeitsverhältnis betreffenden Fra gen gegründeten Kartelle haben sich vermehrt; bei sozialen Wahlen gingen die beiden Verbände zusammen. In dem Zentralarbeitsnachweis des Verbandes in Berlin sowie den vom Verbände eingerichteten Arbeitsnachweisen in den Be zirken Breslau, Eichsseld, Beuthen, Elbing, Görlitz. Oppeln, Rcichenbach, Waldenburg, Ratibor und Kreuznach wurde in 1346 Fällen 3821 Arbeitsuchenden Arbeit vermittelt. Der Verband der katholischen Arbeitervereine ist gegen wärtig in 32 Bezirke mit 34 Arbeitersekretarkaten geteilt, welche von 36 hauptamtlich angestellten Arbeitcrsekretären verwaltet werden. Die gesamte Leitung des Verbandes rnh in den Händen des Verbandsvorstandes. Im Jahre 1910 wurden von der Zentrale 34 306 Sendungen erledigt. In diesen Sendungen sind nicht enthalten der Versand des Ver bandsorgans „Der Arbeiter", „Nobotnik", „Arbeiter- Präses", „Die Kommenden" und der „Almanach", welche ins gesamt jährlich noch zirka 67 000 Einzelscndungen an Paketen und Drucksachen beanspruchen. Das Reichsarbeitersekretariat hat auch wieder eine reiche Tätigkeit entfaltet. Es erteilte im Vorjahre auf dem Ge biete der Arbeiterversichernngsgesetzgebung Rechtsbelehrnng und zwar 483mal schriftlich und 679mat mündlich. Die 33 Bezirkssekretariate haben 40 677 Auskünfte erteilt und dabei 20 694 Schriftsätze angefertigt. Im weiteren ging der Geschäftsbericht noch kurz ein auf die sozialpolitische Gesetzgebung und die Jugendorgani sation. — Nach längeren Erläuterungen zum Rechenschafts berichte durch Pfarrer Beyer und dem Berichte der Revisoren setzte eine recht rege Diskussion ein. Besonders wurde von den Rednern die obligatorische Einführung der Berufs' gruppen durch die einzelnen Vereine durchweg in zu stimmendem Sinne besprochen und an Beispielen gezeigt, daß die obligatorische Berufsgliederung nur zum Segen und Erstarken jedes einzelnen Vereins gereicht. Mit Bedauern wurde auf das langsame Vorangehen unserer Gesetzgebungs- Maschine in sozialen Angelegenheiten hingewiescn. Sodann wurde folgende Resolution angenommen. „Der 11. Dclegicrtentag des Verbandes der katholiscljen Arbeitervereine (Sitz Bcrli >) nimmt mit Befremden davon Kenntnis, daß die letzte Tagung des Reichstages vorüber gegangen ist, ohne daß der Entwurf eines Hausarbeits gesetzes weiter beraten wurde, obwohl die Kommissions beratungen darüber seit länger als einem Jahre znm Ab schluß gekommen sind. Der Delegiertcntag erwartet mit Be stimmtheit, daß der Reichstag unmittelbar nach seinem Wiederzusammentritt daS ' Versäumte nachholen und das Hausarbeitsgesetz endlich zur Verabschiedung bringen wird Der Delegiertentag forder' »ach wie vor eindringlich die Er richtung von Lohnämter» iu der Hausindustrie, da ohne die Regelung der Lohnfrage in der Hausarbeit unter Mit wirkung der Gesetzgebung eine durchgreifende Beseitigung der unter den Hallsarbeitern herrschenden Mißstände un möglich ist. — Der Delegiertentag hofft ferner, daß der Reichstag in seiner nächsten Tagung auch den Gesetzentwurf betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung verab schiedet, nachdem dieser das Stadium der Kommissions- beratnng durchlaufen hat. Der Dclegiertentag nimmt schließlich mit Genugtuung davon Kenntnis, daß der Reichs tag in zweiter Lesung den Entwurf eines Arbeitskammer- gesetzes im wesentlichen nach den Beschlüssen der Kommission angenommen hat. Er bedauert jedoch auf das tiefste, daß den verbündeten Negierungen das Arbeitskammergesetz in der Form der Neichstagsbeschlüsse um deswillen als unan nehmbar erscheint, weil darin die Wählbarkeit der Beamten der Arbeitgeber- und Arbeitnehmcrorganisationen festge legt worden ist. Der Dclegiertentag steht auch heute noch mit aller Entschiedenheit auf dem Standpunkte, daß durch die Annahme dieses Beschlusses die Arbeitskammcrn nicht znm Tummelplätze sozialdemokratischer Wühlereien gemacht werden; vielmehr erblickt er in der Einbeziehung der Sekre täre der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisation in sofern eine Gewähr für eine gedeihliche Wirksamkeit der Arbcitskammern, als den Sekretären der Berufsorgani sationen gerade durch ihre Mitarbeit der Boden für eine hetzerische Agitation gegen die Beschlüsse und Maßnahmen der Arbeitskammern entzogen wird. Der Delegiertentag er wartet, daß die Regierungen ihren Widerspruch gegen das vom Reichstage in zweiter Lesung beschlossene Arbeits- kammergesetz noch in letzter Stunde aufgeben, damit dieses endlich zugunsten einer friedlichen industriellen Entwicklung Deutschlands zustande kommt." Der Voranschlag für 1911 wurde sodann entgegen- genommen, dem Kassenführer Entlastung erteilt und dem Verbände katholischer Vereine erwerbstätiger Frauen und Mädchen Deutschlands ein Zuschuß von 3000 Mark bewilligt. Auf dem Delegiertontage sind 189 Delegierte anwesend. Hierauf trat die Mittagspause ein. 26. Hauptversammlung des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen. Opo. Danzig, den 6. Juni 1911. Am Tienstagmorgen fand die zweite beratende Mit gliederversammlung statt. Das erste Referat betraf die weibliche Fortbildungsschule. Die Neferentin, Fräulein Stoffels-Duisburg gab zunächst einen Nebcrblick über den gegenwärtigen Stand des weiblichen Fortbildungsschul wesens. Als grundsätzliche Forderung für die weibliche Fortbildungsschule machte sie geltend: Die Fortbildungs schule muß Erziehungsschule sein; ihr Unterricht soll sich vor allem auf Deutsch, danach auf Unterricht in der Bürger- künde erstrecken. Der Religionsunterricht muß ans konfessio neller Grundlage erteilt werden. Ferner müsse die Fort- bildungsschule allen Mädchen die Vorbereitung auf den Pflichtenkreis der Hausfrau und Mutter bieten; endlich solle sie den erwerbstätigen Mädchen fachliche Ausbildung er möglichen. Bis zur gesetzlichen Einführung der weiblichen Pflichtfortbildnngsschnle müsse danach getrachtet werden der weiblichen Fortbildung durch Errichtung weiblicher Fortbildungsschulen zu dienen sowie geeignete Lehrkräfte für den Unterricht anszubilden. Rcdnerin schlägt dann vor, eine Eingabe an das Handelsministerium zu machen, worin die Pflichtfortbildnngsschnle auch für die Mädchen, ferner die finanzielle Unterstützung der bestehenden privaten Fort bildungsschulen gewünscht wird. Nach einer lebhaften Dis kussion fand eine Resolution einstimmig Annahme, in der die Versammlung sich mit den grundsätzlichen Forderungen der Referentin einverstanden erklärt. Dann sprach Fräulein Sch n l t e - Münster über den Entwicklungsstand der Reform der höheren Mädchenbildnng, — Nach kurzer Debatte wurden einige im Sinne der Aus führungen der Referentin gegebene Leitsätze angenommen und dann die Weiterberatung auf den Abend vertagt. « * » Die zweite öffentliche Versammlung am Dienstagabend hatte einen außerordentlich starken Besuch aufzuweisen. Als erste Rednerin sprach Fräulein H eima n n - Köln über dis Mädchen-Mittelschule». Redncrin schilderte zunächst die Vorzüge der Mittelschule, die vor allem in ihrer großen Be- weglichkeit und in ihrer engen Fühlungnahme mit dem praktischen Leben zu erblicken seien. Leider seien aber die Berechtigungen, die sich an den erfolgreichen Besuch einer voll entwickelten Mädchenschule knüpften, nur sehr gering, Es seien daher dieselben Berechtigungen zu fordern, die mit dem erfolgreichen Besuche der höheren Mädchenschule ver bunden seien. Danach müsse vor allem das Abgangszeugnis der Mittelschule von der Aufnahmeprüfung beim Eintritt in den Post- lind Eisenbahndienst entbinden, und außerdem solle es zur Aufnahme in das Lehrerinnenseminar genügen. Zum Schluß schlug Rednerin vor, eine entsprechende Ein gabe an die zuständige Behörde zu machen. (Lebhafter Beifall.) Dann sprach als zweite Referentin Fräulein Mießen- Viersen über die weibliche Leitung an den Mädchenschulen, Tie Behörde habe den Weg dazu gebahnt, Sache der Lehre rinnen sei es, diesen Weg zu betreten, d. h. die vorge schriebenen Prüfungen abzulegen. Die Lehrerin könne durch Ablegung der Nektoratsprüfung die Berechtigung zur Lei tung von Volks- und Mittelschulen erlangen. Zur Leitung der anerkannten höheren Mädchenschule sei das Ober- lehrerinnen-Eramen erforderlich. Der praktischen Durch führung dieser neuen Bestimmungen setze leider ein Teil der Lehrer den größten Widerstand entgegen. Erfreulicher weise hätten die katholischen Lehrer sich an der Agitation gegen die weibliche Schulleitung nur wenig betätigt. Für die Mädcheuvolksschnle müsse die weibliche Leitung unbe dingt erstrebt werden. Die Frau besitze größeres Verständ nis für die Erziehung ihres Standes, außerdem eine bessere Kenntnis der weiblichen Psyche. Der Verein katholischer Lehrerinnen möge alles daran setzen, der Frau den ihr ge bührenden Platz iu der Schulleitung zu verschaffen. (Leb hafter Beifall.) Inzwischen ist eine Reihe von Dank- und Begrüßungs- telegrammen eingelaufcn, darunter solche von den hoch- ivürdigsten Herren Bischof von Fnlda, Bischof Dr. Schaefec und vom Kultusminister v. Trott zu Solz. Zum Schluß der Versammlung sprach I'. Bona Ven tura-Berlin, von der Versaminlung stürmisch begrüßt, über die Erziehungsfragen der Mädchenschulen. Das Frauenideal sei die allerseligste Jungfrau und die Kirche sei die beste Erzieherin zur Wahrhaftigkeit, Innerlichkeit und Freiheit. (Lebhafter Beifall.) Volltische Rundschau. Dresden, den 7. Juni 191t. - Gegen die Resolution des Flottciivereins nimmt auch die „Kreuzzeitung" scharf Stellung, indem sie schreibt? „Wir stehen dieser Resolution nicht ohne Bedenken gegen über. An sich ist es Aufgabe der verantwortlichen Stellung :er Reichsleitung, das erforderliche Maß der Rüstung nach orgfältiger Prüfung aller Verhältnisse im Jnlande uno Auslande zu bestimmen. Wo die Reichsleitung das Bediirf-