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Sächsische Volkszeitung : 25.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192312256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-12
- Tag 1923-12-25
-
Monat
1923-12
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.12.1923
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Dienslag. d»» Dezember '028. «llerliebsten Jesulein", oder .ein. eia, susanni, susanni"; susanni heißt soviel wie: „Schlaf, Kindchen, schlas". Michael Praetoriiis. dem wir das bekannte Lied: „GS Ist ein Ros' entsprungen" verdanke», wurde nun der erste, der daS sinnlich reizvolle ilalienisckze Element mit der deutschen Ton kunst vermischte. Von nun an begannen ausländische Einflüsse Ml Geltung zu kommen. Tie alten einheimischen Gesänge sin nen an zu verschwinden, und das Volkslied, welches die höchste Blüte erreicht batte, geriet in Verachtung. Daß Volt erfand und sang seine Lieder so lange, als eS dein Kunstgesang noch fremd gegenüber stand. Nachdem dieser sich aus Elementen deS Volks- gcsangS versüngt balle, und in dieser neuen Gestalt rege Teil nahme fand, mußte das Volkslied notwendigerweise abblnhen. Das gesamte Mustktreibe» des 16. Jahrhunderts wirkte entscheidend ans di« Umgestaltung des Volksliedes zum Kunstgesang. In Bach und Händel wurde dessen Höhepunkt erreicht; schenkt uns Vach in seinem WeihnachtSorato- rinm die innigste» Weihnachtsarie u, so hat Händel in seinem „M cssiaS" unser liebstes Fest nicht minder schön in Melodien ansströmen lassen. Mit dem Beginn des IS. Jahrhunderts wurde daö Volkslied wieder in 'einer volle» Bedeutung erkannt, und die grössten Meister bringen nuS Lieder im Volkstonstil sür da? Weihnachtsf st. wst Schumann mst seinen,: „AIS daS Ehrist- kind ward zur Welt gebracht", Wilhelm Berger »nt seinen, sinnigen Weihnach1sli»d: „Vom Himmel durch die tiefste» Klüste", Max Neger mit. „Maria sag im No sei Hag" und dem entzü,len den Kuidcrlied: .Ich bin der König aus Morgenland". Auch Hans Hermann bat volkstonart ge reizende Weih.iachtslieder geschri'ben: „O Jesulein zart, dein Kripplein ist hart". Seitdem ist die Weitu ack tsliterntur mehr und mehr augcwachsen, doch bleibe» die 6 Weihnachlslicdcr von Pestr Kornelius »ach Trust und Musik immer noch daS feinsinnigste, was wir an mo dernen WeihnachtSliedcrn besitzen: „O go'dcne Lichter am Wei'kuiachtsbauml O fröhliche Zeit, o seliger Traum!" Mc'chiMichlen in Jerusalem und Bethlehem Von Paul Schweder, Rudolstadt.*) S. und H. Zur Weihnachtszeit st»ht das Heilige Land mit seinen erinnerniigsreichen Stätten: Brthlebem als dem G.-bnrts- ort und Jerusalem als der Stadt Ehr sti wichtigsten Wirkens und seines Todes im Mittelpunkt d-s Interesses der gesamten Christenheit. Gerade in den letzte» Tagen haben sich nach d»>» Abzug der Entente-Mächte ans Stammst die Grenzen der Tür kei wieder de» Deutschen geöffnet denen durch de» nnhei'volls» Versailler Friedensvertrag bisher auch das Betreten des Landes ihrer ehemaligen Bundesgenossen untersagt war. Schon früher aber bat man wenigstens die lanaiäheigea dentschc» Kolonisten Palästinas — die Württemberg entstammenden Tenrpler — wie der in das Heilige Land znrinkbernfen. weil sie vor allem zur Kultivierung des uns von Kindheit an vertranten, in religiöser und historischer Beziehung so unendlich bedeutungsvolle» Bodens, berufe,, waren. Bekanntlich steht daS Heilige Land seit dem Weltkriege unter der Oberherrstbaft Englands, daS in der Per son Sir Samw'lS deni neu aufgerichtet»» Judenreichs der Zio nisten in Palästina einen König gesetzt hat und der heute in dem einzigartigen Prachtbau des Kaiserin-Angusta-Viktaria-Hospi- zeS auf dem Oelberg, der traditionelle» Himmelfahrtsstätte des Heilands residiert. Der Reisende, der heute Palästina einen Besuch abstatten will, kommt zumeist über See in Jcstfa an. Hier landete» auch die Kreuzfahrer und küsste» den g-h'iligten Boden Palästinas. In etwa vierstündiger Eisenbahnfahrt, die onlangS durch die wund, rnollen Orangen-, Zitronen- »nd Weingärten Jaffas und der deutschen Templerkolonien von Sarona »nd Wilhelme«, spä terhin durch das kahle und zerklüftete Kalkgebirge JndäaS nach J-rnsalem geht, erreicht man Zion. Von der Bahnstation ans g.ht es va-n wied-r a» einer sauberen deutschen Temvlerkolonie vorüb'r der hochgelegenen Stadt entgegen, die noch wie i» a'ter Zeit Mauern und Türme umgürten und die von der Burg Da vids gekrönt wird. Von hier aus führt eine schmale, mit unge heuren Granitplattcn belegte Treppenstraße — die Haret en Nnsara (Christ-nstraße) — hinunter i» das alte Jerusalem, kes sen Mittelpunkt die Heilige GrabeSkirche bildet. Das Grundstück, auf dem »ach der IleberEeferung dis Felsenhöhle zu suche» ist, aus der Josef von Arimathia den Heiland auferstehcn sah, gehört einem arab scheu Grosstaufmann, der die von Kaiser Konstantin erbaute und trotz aller spätere» Zerstörungen immer »Leder er- »?n»rt? Grab'skirche Armeniern, Konten, R»ssi''ch- und Gricchilch- Orth-dopen. Lateiner» », a. zum jeweiligen Gebrauch überlässt. Zur Verhütung von Prügeleien zwischen den Angehörigen der *) Der einstige deut'che Kriegsberichterstatter a» der Palä stinafront plaudert hier über allerlei interessante Vorgänge an de» heiligen Stätten znr Weihnachtszeit. Die Redaktion. Vorderkastell ans, wo sie stand und sich an die Brüstung festklam- I vierte. Als wir näher kamen, lenkt? sie unsere Aufmerksamkeit ans einen dunklen Gegenstand, der sich schlaff gegen das Stener- häliscbeii lehnte. Es war Bob. Wir trugen ihn ins Vorderschiff. Der Steuermann and die WbiSkhslasche erschiene», langsam kam Bob wieder zu sich. ..Ich erbi-lt einen fürchterliche» Sch'ag, Jungend." erzählte er, „jene Welle fasste mich und der vcr- mak»d»ite Strick brach. Dann rollte sie über mich nach der Leeseite ." „Und ich sah dich über Bord gehen," unterbrach Dick. „Ich nicht. Es wird die Nolle Segeltuch gewesen sein," fuhr Bob fort, „ich wurde ans äußerste Ende des Vorderkastells gespült. Wahrscheinlich verlor ich die Besinnung, nachdem ich in ein trockenes Eckchen gekrochen war. Als ich wieder zu mir kam, wollte ich nach dem Verdeck gehe», aber eS ging nicht. Ich brach am Steuerhäuschen zusammen." Nackdem Bob verbnnden war und ei» warmes Frühstück genossen hatte, war er bald wieder der. alte. Die Kameraden hänselten ihn nicht wenig, als sie ihm seine Sachen wieder zn- riickgaben. „Halt Jiingcns," fiel Dick hier gebieterisch ei», „wir wollen zuerst einen Vertrag mit Bob machen Hier ist meine Bibel. Wenn Bob hierauf schwört, daß er von San Franziska heim, zu seiner Mutter und seiner Braut gehe» will, darf er das Geld, da? bei der Versteigerung heranSgekommen ist, als Weihnachts geschenk behalten." «So soll'S sein! Hierher, Bob. Schwöre, Mann, schwöre!" „Ich will'S! So wabr mir Gott helfe! sind euch allen wünsche ich eine fröhliche Weihnachten." schluchzte Bob, „ich will nach Hause, ich will nach Hanse gehen." Und er hat seinen Vertrag gehalten. Lin Weihnachtsmärchen Van H. Winds sch. (Nachdruck Verbote».) Vorrede. Als sechs- öder siebenjähriger Junge nahm mich einst, kurz vor Weihnachten, mein Vater mit nach Brcölau z» seinem alten Lehrer, dem Oberkonsistorialrat Hase. Ich entsinne mich »och, «IS ob cs gestern gewesen wäre: der si'berhaarige Mau» erzählte mir ein Märchen, das mit den Worten Most: „Als der kleine Herzog Nupprecht nun sein Nöckcheu einem arme» Junge» ge- schenkt hatte, kam daS Christkind mit diesem Nöckche», sich zu bedanken." — verschiedenen Religionsgemeinschaften, die gerade hier ihre Mei nungsverschiedenheiten gern zum Anstrag bringen, ist ständig ein Militärkommando in der Kirche im Dienst. In Vorkriegszeiten war die Heilige GrabeSkirche neben der Geburtskapelle von Bethlehem der Mittelpunkt der großen Pilgerzüge der Gläubige» aller Länder zur Weihnachtszeit. Etwa eine Wegstunde östlich von Jerusalem liegt „klein unter den Tansendeu in Inda" Bethlehem. Während vor dem Kriege in Jerusalem schon ständig 50 060 Jude»» unter inSge- sanit 60 000 Einwohnern lebten, die sich fast ansschliestlich vom Briesbettel bei europäischen und amerikanischen Glaubensgenossen nährte», durften bis zum Kriege in Bethlehem Juden überhaicpt nicht wohnen. — eine Versügung, die noch auf Kaiser Hadrian znrückgeht. Nach 183t durften auch Moslims im Bannkreis der Stadt keine Wohnung mehr nehmen, so daß Bethlehem seit dieser Zit überhaupt nur noch von Christen der verschiedenen Kon fessionen bewohnt ist. Die G burtstirche baut sich hoch über dem aniphitheairnllsch ansteigenden und einen sehr malerischen Eindruck »lachenden Bethlehem auf. Mehrere Klöster umgeben sie, deren Eingang trotz ihrer sonstige» gewaltigen Ausmaße kaum Manneshöhe hat, Lainit die auch hier besindliche militärische Wach« stets eine Kontrolle über die Eilstretenden ausüben kann. Die ursprüngliche, von Konstantin um 330 errichtete und durch Justinian umgebaute Kirche soll einst eines der schönsten Gottes häuser gewesen sein. Balduin ward hier nni WelhnachtStag ttOI zum Köllig bol, Jerusalem gekrönt. Aber die Mohammedaner benutzten das Blei ihrer Bedachung zum Kugelgießen und erst 1812 wurde die Kirche durch die Griechen wieder so weit restau riert. daß man sich heule wenigstens einigermaßen in ihre frühere Pracht zurückzudenken vermag. — Das Hauptinteresse der Be sucher konzentrierte sich naturgemäß au' die unter der Kirche liegende Höhle, die a's die EKburtsstälte Ehristi augejprucheii wird. Ihre Wände sind mit Marmor verkleidet »nd tu einer Nische gegen Osten, die von 15 silbernen Lampen erleuchtet wird, ist in: Pflaster ein silberner Steril eingelassen, umgeben von der bedeulnngsvolleu Jnschrist: „Hic de Virgin« Maria Jesus Christus uatuL est." — Gleich »eben dieser Kapelle führen ein paar Sinsen hinab zu der Stelle, wo das Kind in die Krippe gelegt wurde, die heute durch eine solche aus Marmor veranschaulicht wird. Daneben deutet ein Altar die Stelle an, wo die Weisen aus dem Morgen lande das Kindleiu anbeteten. Auch sonst hat die Legende rund um diese Stelle noch verschiedene andere Gedeulplätze gelegr. So zeigt mail u. a. den Brunnen in den der Stern gefallen sein soll, der d>e Weisen nach Bethlehem leitete, ferner die Joseph- kapelle, in der Engel den Befehl zur Flucht »ach Aegupte» ver kündeten und sch ießlich die „Kapelle der unschuldige» Kindlein", in der ein Teil deS bettstcheinitischc-» Kindermocdcs vor sich ge gangen sein soll. — Außerhalb der Stadt wird auch das Feld der Hirten gezeigt, auf dem die Engel den Schlafenden erschiene», ferner daS Feld des Boas, auf dem Ruth Ashren laS und schließ lich die sogenannte Milchgrolte. Hier sollen aus den Brüsten der Maria einige Tropfen Milch auf den Boden gefallen sein und den mürben Kalkstein der Grotte heilkräftig gemacht haben. Damit beginnt das sehr nnerfreuliche Kapitel eines schwung haften Gebeiniinittelhande'S, der Betblehem im Lause der Jahre zu einer Art Neligioilsgewinnlerstadt gemacht hat. Denn nicht nur der gepulverte Stein dieser Höhle wurde von den Bcthle- hemiten zu einem in allen Weltteilen marktgängig gewordAien Handelsartikel gemachr, sondern auch andere angeblich wunder tätige Artikel schüfe» mit der Zeit ganze Heilmsttel-Jiidnstrie». Daneben blüht in der Stadt der sogenannte ..Devotionali-»-Han- del" mit Kruzisire», Hej'igenbilder». Rosenkränzen aus Korallen und Perlmutt, Handarbeiten ans gebeiz-em Feigen- »nd Llive»- holz, Jordaiiwnsser und sogar den Asphaltbilduiigcn des nadcge legenen Toten Meeres-, dein sogenannt'» „Stinkstein", der eben falls zu allerlei Vcrkaussgegenstäuden verarbeitet wird. Auf diese Weise zählt heule Bethlehem die reichsten Leute im Hei ligen Lande und die fromme Industrie unterhält in Amerika, Frankreich, England, Rußland »nd Australien eigene große Hau- d-lsbäiiser. Mit dem Export des Jordanwassers zu Tauszwecke» befasste sich seinerzeit auch ein ebemaligcr deutscher Feldwebel, der sich die Fässer exira vom Patriarchat siegeln ließ und der jetzt in Amerika lebt. Merkwürdigerweise handelt er auch heute noch mit Jordanwasser, obwohl die Ausfuhr seit dem Kriege ruht. Al>»r Amerika ist ja nicht nmsonst das Land der unbe grenzten Möglichkeiten ... - Mit Stolz tragen die belhlehenritischeu Frauen und Mäd chen eine eigene röche und sehr malerische Tracht, deren ein drucksvollstes Neguisil die eigenartiae Kopfhaube ist, unter der i man Gesichtern von überraschender Schönheit begegnet, — Gro- s ßen Reichtum hat auch der riesige Fron,denverkehr nach Berhle- ; be,n gebracht, der besonders znr Weihnachtszeit den ganzen Ort j üb.'rschwümmt. Schon am ersten Adventssonntag sehen die Feier- ' lichtesten mit dem glanzvollen Einzug des lateinische» Patriarchen aus Jerusalem ei». Au diesem Tage erscheint in d-r Krippe ei» EhrisluskinV cmS Wachs, das von Woche zu W, ch- durch eine immer gröscre Puppe ersetzt wird, bis dann am Weihnachtsabend »ach einem von vielen Tausenden besuchten Gottesdienst in' der ' Ul- >, > - MW, D a s M ä r ch e». t Es war einmal ein Jüngling, der blickte heiter und zn- k»nsts're>h in die graue Gegenwart. Der sah noch nicht den Dornenweg, der vor ihm lag. Der ahnte noch nicht den inneren Zusammenhang zwischen Geld, Betrug, Leben und Tod. — An einem Svmmerabend lernte er ein Mädchen kennen, die war blond und blauäugig und trna kickste Gewänder um die schlanken Glie der gehüllt. Sie hieß Maria Luise, lind du er ein Dichter war. nannte er sie bald MarüeS- So waren sie eine Weile glücklich in ibrer Liebe, obgleich sie nur immer die Gebende war. Aber der Jüngling war beanc,» und schritt mit den Pfoten eines jun gen Bären schwerfällig durch die Welt.' Und wenn Marlies ihn nicht immer und immer wieder angeseuert hätte, wäre er nie ein großer Dichter geworden. Als nun die Zeit gekommen war, dg seine Liebste nichts mebr an ihn zu rerschenkcn hatte, denn sie hatte ihm die ganzen Neicknümer ihrer Seele schon gegeben, be trog er ihr Vertrauen, verriet sie »nd ging achtlos von dannen. Sie aber tröstet? sich mit den Worten: „Was ist das sür ein armes Leben, daS nickst reich an Leiden ist", — und ging zu ihrem Bruder »nd umgab ibn mit mütt'rlich svraen'wr Liebe. Sie war mit diesem noch nickst lange zusammen, da siel sie ein fürchter liches Leiden an. Die Aerzte gaben ihr nur noch wenige Jnbre Lebenszeit; aber sie blieb trotzdem glücklich. Denn glückliche Frauen, die ein schweres Leben hab-'n, gibt es viele. All einem Wechuachtsabnid fühlte sie, daß cd mit ihr zu Ende giiw. Als ihr Brüdcrlein die Lichter am Banin entzündete und viele Geschenke darunter an „ibn" und seine Liebe mahnten, ösfiiete sich die Tür, nnd daS Christkind trat ein. Marie Luise blickte Verwundert auf das heilioe Wesen, das. ein ansgeichlagenes Buch in der Hand, auf sie zuschrstt. Sie schaute ans die Schritt und las: „Sei bedankt durch dieses Kind, was du Gutes für mich getan Haft!" Dan» sab sie, wie das überirdische Geschöpf wieder hinan? stitt Beglückt Maß sie die Augen. Nach ein r Weile sagte ihr Bruder: „Du hast dir 'a nrch nicht einmal die Ge- schenke betrachtet. Auch der erste Noma» deine? alten FrenndcS ist unter ihnen. Man saat, e? wäre das Werk eines ganzen Dich ters. Das Buch träat deinen Namen!" Aber Marie Luise gab keine Antwort mehr. Ihr Bruder hatte zu einer Toten gesprochen. Wege in die heilige Nacht Von Sissy B o h l sch a u - G o s se n t h i n. (Nachdruck verboten.) Mitternacht. — Tie WcihnachtSglocken läuten zur M-tie. so weich und dunkel über den tiefen Schnee, daß dir kleinen Lichter davon getragen werden, die durch die Tannen schwanke», und all die suchende» Schritte, die durch die Lande gehe» Nr. 255. Seite 7 Geburtskirche das Christfest in ziemlich geräuschvoller Weis« ge feiert wird. Fast immer artet die Feier infolge des Zusammen- ströinens so vieler Menschen und der heterogensten Elemente zu unangenehmen Szenen aus. weshalb die wahrhast Gläubigen Jerusalems überhaupt an diesen Tagen Bethlehem fernbleibeu. Sie f:ieru das Fest in der ihnen verbliebene» Erlöserkirche auf dem Mvcistan. Die Einweihung dieser Kirche durch das deutsche K«iscrpaar war bekanntlich die 11cfache, daß der Sultan einen Bauplatz auf dcm nahen Oelberg für die Erbauung des Kaiserin» Auguftn-Villoria-Hospizes herschenkte. das in de» folgenden 7 Iah- reu durch den Oelbergverein unter Leitung des Lberhvsmarschalls von Mirbach mit den von allen Seiten bereitgestelltcn Beiträge» erbaut und zu einem außerordentlich eindrucksvollen Denkinal der Liebestätigkeit im Orient ausgestaltet wurde. Heute ist es das Rcgierungsgebäude deS englisch-jüdische» Statthalters in Pa lästina, und alle Hinweise darauf, daß -'S als Pilqerhospiz schon durch die angebaute Himmelfahrtskirche g krnuzeichnet sei, habe» diesen Mißbrauch der Stiftung nicht hiutanhalten können. So fehlt den un» wieder zugelasiene» deutschen Ko'onisle» im Heiligen Lande ihr altvertraut s Gemeinde- »nd WeihnaclstS- haus dank britischer Willkür. — Aber wie sich die »ach der Revo lution von 1818 hauptsächlich aus- Württemberg eingewanderten Ansiedler nickst abschreckeu ließen und in einem Menschcnaltcr aus Sand »nd Wüste srnckstbare Oasen rund nm Jaffa, Jerusalem Haifa und Nazareth schufen, so werden sie eS sich jetzt erst recht angelegen sein lassen, das durch den Krieg Zerstörte wieder aus- znbauen und dafür zu sorgen, daß auch im Heilige» Lande denische Arbeit und deutscher Fleiß >hr alles Ansehen finden. Ihr WeihnachtSbanm ist eine unserer Kiefer ähnliche, i» Büsche, wachsen« Konifere und sür deutsch r> Weihnackstsgobäck und Spiel sachen sorgen ihre fleißigen Handwe-ker. Auch der nötige Schnee fällt nur diese Jahreszeit und einzigartig ist dann daS Bild der überschneiten Moscheen. Kirchen, Klöster und der allersgrauev Stadtmauern Jerusalems. weihnachtsleben in Spanien Von Elsa Werabnrg, Leipzig. lNachdruck verboten.) Während bei uns in Deutschland das Weihnachtsscst reckst eigentlich der Jugend gehörst, niinmt an ihm i» Spanien in dem selben Maße der Erwachsene teil — das spanische Volk ist über haupt naiver kindlicher eingestellt. Wegen dieser Veranlagung des ganzen Volkes ist dort auch nicht, wie anderswo. Vas Land die Stätte, wo das Eigentümliche, Urwüchsige solcher Volksfeste in die Erscheinung tritt, sondern gerade das Leben der <3 roß- stad t verhilst dem zum vollcndctsten Ausdruck, Denn LaS Eigen tümlichste der spanischen Festesfreude ist der Lärm, der furcht bare, ohren.Orreißende Lärm, der alles begleitet. Man weiß, wie laut der Italiener alles feiert, der Spanier übertrisst rhn bei weitem. Dies Treiben beginnt schon eine volle, Woche vor Weih nächte», am Tage der „Heiligen Jungfrau de la O", d. h. an dem Tage, wo die heistge Jungfrau ein dreiinastges O auSgcstoße» haben soll, wohl aus Freude über das b-vocstebende große Ereignis. Von da ab schmücken sich die Straß», festlich neben de» besuchtesten Kirchen etabliere» sich ittasseiivnv Tische und Gestelle mit großen und kleine» Gipsfignre-.i, die Engel dar- stellen, Hirte», Ziniinerleute der Zimmerm»»» Joseph genießt in Spanien erhöhtes Ansehen —, dann Esel, Echsen. Schafe, alle mit Flittergold beklebt und meist in cnlsekstick-.'c Weise be malt, uiid neben diesen Einzelfiguren als beliebtestes Gruppe»' büd das rosafarbig angestrichene Christuskind, nmgeven von Nia- ria, Joseph und de» Tieren. Außer diesen „heiligen Sachen" kaust sich alt nnd jung vor allem mnsiralische Instrumente, die Chicharra, das ist ein runder Pappstreifc», über den Pergament straff gespannt ist, und darüber ein gewachslcs Pferdebaar. das »ist dem Finger b rührt, nun herzzerreißende Töne gibt; odec ost: Zambvinba, die. et was größer als die Ehicharra. statt des PierdehaareS ein Lsinne' Nobr hat »nd »och wirkniigc-tiuller ist oder die Rnvela, eine aufgeblasene, bunt bemalte Schn cinebiase. über die eine Saite gespannt ist. »nd die, mit einer Art Fidelboae» beste ck en. noch gräßlicher tönt. Und mit dieser „R.itioualmnsil", mit Trom-nei», Pfeifen und Tambour ins, mit Kastagnette,i und Dudelnicken, mich »nt den aus der Küche entlehnt:>> wehllönenLen Ins; nnicn- ten, wie Kasserollen, Pfanne», Mörse n durchzieht nun a!» und lung in großen Massen die Stadt, und erfüllt alle Straßen und Winkel mit lieblichen Klängen. Es soll aber nicht bloß solchem Kunstgenuß gehnlilat wer de», sondern auch sür den Magen ist hinreichend ccstrgt, »nd da kann inan nun wirklich von Kunstgenuß sprech'-u. denn e-> sind Pracht ac FarbenbilLer, die sich ans den "roßen. Plän.-n und Märkten MaoridS nnfrollen, auf der berühmten Puerto de! So! mit ihren Monninentalhauten. ans der Plaza in a vor. d-in geschichtlich io traurig berühmten Platz — Vier wurde» im Mstkekalter die Autodafes vollzog»!,. — Es sind farbenreiche. Prächtige Bilder, diese Berge von Granaten, Orangen, Zitronen, Dann wird es still und inensch »einsain. und lebendch sind nur mehr die St-rnc. So feierlich stehen st? in ihrer Klarheit über den Win."» Weacn, die sich dunkel durch den Schnee caht»'- ziehen, bis sie allmählich in der Nacht verschwinde,'. Niemand wird wissen, wie sie dort meitcrgehen — es sind auch nur wenige» die danach fragen. Sekst ihn. den breiten nion'ohellcil Weg im Tal, der nur ganz leicht über de» Boden laust. Er k.niit keine Lasten. Die Wagen, die üverZhn fahre», hakwn seidene Polster, und die Schlitl» eine» leise,>. Dust von Pelz ni'd Blumen. Die Wälder rausche» iür ihn ii» So,»wer. »nd dw Wunder ihrer heiligen Nächte stehen sür ihn im Skhner. Nein, er fragt nicht, wohin ihn da? Bergauf — Bergab trägt. Der andere, müde daneben, anält sich langsam dabin S'ine Furchen sind schon "anz tief in der trostlos öden Fläche. Mn" sieht se-ne Linien bis hart an die Grenze dort wo die gr sie, weiche, tröstende Dunkelheit kommt. Er geh', n»! sie z». stark, »nanftastsam. Aber cs ist so vieles, was über ihn stürzt, daß seine Gedanken ganz leer werden und tot. Dann plötzlich ist er wieder allein. Die Schiicewälle tür men sich, der Böden ist voller Gruben. Hinauf, hstiniitcr in dem todeSsiarreil Frost. Der kleine Weg rnit »in Hille so bang nach de,» andern — aber all»s bleibt still, sind der ^ouu-e stillt so dicht, »nd der Wind weht so kalt, iind der tlenie Weg wirb lininer sichwächer — bis er stirbt, gerade vor dein Graben, der ihn noch von dem großen, anderen Wege trennt. lind da ist der Sorgenweg. Der ist w mnk'seüa „nd zer- rissen von den Zwstsstn, die über ihn lausen. Wie graue Nat ten. Hin und her, hin und her. Immer streb! nnd strebt er zum Ziel. Aber er findet eS nicht. Er ist so blind rn keiner Angst. Er siebt nicht, wie groß'die stbweigeiOe Landsckws! ist unter den klaren, kalten Sternen. Co voller Wunder »nd so voller Liebe. Durch die stille, heilige Nackt schwinaen wieder dir fest- frolie» Glock»„. weich und dunEl über den licken Sck,»ee. daß die kleinen Lichter, die durch die Tannen schwanken, davon gstrage» werden, und die vielen Schritte, die durch die Laude gcheiu Jedes auf seinem Weg. Aber sie alle, die da gehen, in Liebe und Freude, in Zwei- fel und Not. sie gehen sa doch in die gleiche Stille, sie gehe» do» alle in die Heilige Macht.
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