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dürften bald nach Anfang Mai diese Verhandlungen eröffnet werden; ob in Berlin «der Wien, steht noch nicht fest. Es könnte auch an einen zwischen beiden Hauptstädten gelegenen Ort, vielleicht an Breslau, gedacht werden. Die deutsch-belgischen Verhandlungen, die zurzeit in Brüssel geführt werden, gehen ihrem Abschluß entgegen. — Die Bndgetkommission deS Reichstags befaßte sich mit den Resolutionen zum Etat. Zunächst stand eine Re solution Götz von Oleuhausen auf der Tagesordnung; diese forderte eine Detarifierung von Rüben-, Roh- und Ver- brauchszucker. Die Vertreter der süddeutschen Regierung sprachen sich sehr entschieden gegen diesen Antrag ans, da er die süddeutsche Zuckerindustrie schädigen würde; eine Reihe süddeutscher Abgeordneter lHng, Graf Oriola, I>. Wolfs) schlossen sich diesen Protesten an. Erzberger führte aus, daß es in Süddeutschlaud hauptsächlich die kleinen Landwirte sind, die Zuckerrüben baueil und daß diese schwer leiden würden unter der so begünstigten .Konkurrenz der nord- und ostdeutschen Zuckerrübeubaueru. Auch müssen die süddeutschen, namentlich die württembergischeu Nüben- baueru, die größtenteils in der Nähe der Industriegegenden wohnen, höhere Arbeitslöhne als im Norden bezahlen. Wem: die nord- uns ostdeutsche Konkurrenz so begünstigt würde, müßte auch eine Schädigung der Arbeiterverhältnisse, im Süden eiutreten. Wenn der uatioualliberale Abg. Schmidt von dem Monopol Ser süddeutschen Zuckerfabriken gesprochen habe, so hätten die norddeutschen Fabriken in ihrer Heimat ganz dieselbe Stellung. Ten Nutzen der Allgemeinheit könne man nicht ins Feld führeil; auch seien die Konsumenten im Süden von dem Abschlag des Zuckers befriedigt. Das Interesse der kleinen Zuckerrübeubaueru dürfe auch ui fit vergessen werden. Schließlich wurde die Res»lution von dem Antragsteller zurückgezogen. Annahme fand nach längerer Debatte eine Resolution, welche eine anderweitige Besteuerung des nicht ans Rüben hergestellten Zuckers forderte. Eine Verstärkung für Siidlvtsiafrika, und gar 1ö'«)0 Mann, sollen gefordert werden. Dem Transport soll ferner auch Kriegsmaterial aller Art mitgegeben werden; unter anderem soll er 2 Batterien Feldgeschütze mit nach der Kolonie nehmen. Da die Mannschaftszah! aller weiteren Nachschübe von den Iordenmgen des Gouverneurs ab hängig gemacht wird, so ist mit Sicherheit anznnehmen, daß die l5<><> Mann und zwei Batterien dasjenige sind, was Lentwein als zur Niederwerfung des Ansstandes noch erforderlich neuerdings bezeichnet hat. In Kreisen, die die Kolonie kennen, ist man überzeugt, daß der Aufstand der .HereroS nicht so bald niedergeschlagen sein wird, wie Oberst Dürr neulich ankündigte; man macht sich darauf gefaßt, daß die Niederwerfung des Aufstandes noch ein ganzes Jahr dauern kann, und man würde es als außerordentlich günstig ansehen, wenn es gelänge, der .Hereros bereits binnen einem halben Jahre Herr zu werden. Daß die Hereros früher zur Raison gebracht werden könnten, hält man für so gut wie ausgeschlossen. Freiherr v. Hcrtling und Dcniflcs Lutherwerk. Die „Germania" schreibt: Da das ZeitnngSgerede über die Verhandlungen, welche der Freiherr v. Hertling mit Pater Denisle über dessen Lutherwerk geführt haben soll, noch immer nicht anshi ren null, so haben wir Ireiherrn voic Hertling selbst um Auskunft ersucht. Dieser teilt uns mit, daß er auch seinerseits nur bestätigen könne, was der Ministerialdirektor Althon in der Sitzung des Abgeordneten hauses am l I. d. M. erklärte. Alles übrige sei Erfindung. >Herr Althoss hat in der Abendsitznng vom II. April er klärt, er sei gar nicht in der Lage, Freiherr,: von Hertling Aufträge zu geben und habe dies auch nicht getan. (sine deutliche Absage au dcu „Evangelischen Bund". Als vor einiger Zeit in einzelnen Blättern die Nachricht erschien, der Generalleutnant z. D. Gras Noon habe der Prot.-sivelsammliing des „E'vang> tischen Bundes" in der Tonhalle zu Berlin beigewohnt, erklärte der ge nannte Graf sofort diese Nachricht für falsch und gab gleichzeitig dem „Evangelischen Bunde" eine so derbe Ab fertigung. daß er nicht wieder mit dem Grafen Roon ent binden wird. Der Herr schreibt nämlich in der „Krenz- zeitnng" ,I57>: „Niemals habe ich mit dem sogenannten „Evan gelischen Bunde" etwas zu schassen gehabt, und niemals würde ich an einer Versammlung desselben teilnehmen, nachdem seine Organe und seine Redner die konservative Partei in so zudringlicher, ungerechter Weise angegriffen und die konservative Presse, speziell die „Krenzzeitnng", in gehässiger, würdeloser Art beschimpft und verleumdet haben." Diese Worte sind hart, aber sie treffen den Nagel ans den Kopf. Auffallend ist, daß der „R-ichSbote", an welchen der Graf Roon ebenfalls die Zuschrift gesandt hat, die scharfen Aenßernngen über die „gehässige würdelose Be schimpfung w." des „Evangelischen Bundes" einfach unter schlägt und bloß bemerkt, der Herr Graf „habe nie etwas mit dem „Evangelischen Bunde" zu tun gehabt und werde niemals an einer Versammlung desselben teilnehmen." Der „Reichsbote" mag offenbar dem „Evangelischen Bunde" nicht wehe Inn! — Zum Präsidenten deS statistischen Amtes ist der „Nat. Ztg." zufolge Geh. OberregiernngSrat Werner ans denk Reichsamt des Innern ernannt worden. Diese Ernennung berührt etwas eigenartig: Werner ist weder ein Statistiker, noch hat er einen Namen als Sozialpolitiker: er ist Ver wallrmgsbcamter. An die Spitze des statistischen Amtes sollte doch ein Mann gestellt werden, der nicht nur das nörige Dienslalter hat, sondern auch einen Namen besitzt ans denjenigen Gebieten, ans denen er arbeiten muß. — Als Kandidat aller Ordnungsparteien ist in dem Wahlkreis Frankfurt a. O. der nationalliberale Rechts anwalt Bassermann ausgestellt worden; man hofft durch diese Kandidatur den Sozialdemokraten Braune verdrängen zu können. — Die Wahl des konservativen Abg. ttr. Dröschcr wurde heute in der Wahlprüfnngskommission für ungültig erklärt. -- Ein internationaler Kongreß gegen die unsittliche Literatur soll am 5., 6. und 7. Oktober in Köln statt- fiudcn. Namens der Allgemeinen Konferenz der deutschen SittlichkeitSvereine laden die Vorsitzenden Lic. Weber (M.-Gladbach) und W. Philipps, Pfarrer (Berlin) ein. — Im preußischen Abgeordneteuhause setzte heute die De batte über die Kanalvorlage ungemein matt ein; Minister von Budde gab nämlich einen sehr trockenen einleitenden Vor trag über die Wasserstraßen und ihre Bedeutung im allge- meinen. Das Haus hatte kein hohes Interesse dafür. So- fort aber änderte sich die Situation, als der Zentrumsabg. v. Zehnhoff in geradezu meisterhafter Rede die Kanal- Vorlage besprach; eine Reihe der schwerwiegendsten Be- denken führte er in das Feld. Bedenken aus den ein zelnen Landesteilen (Schlesien), sowie solche im Interesse der Finanzen des Staates und der Landwirtschaft, die wahrscheinlich den Schaden zu tragen habe. Die Rede von Zehnhoff war so meisterhaft, daß dies die beiden konser vativen Redner, Graf Limburg und Or. Rewold. aus drücklich anerkannten und den Hanptzügen derselben bei traten; letzterer betonte für seine Partei die Geneigtheit, zur Verständigung: aber sämtliche 3 Redner behielten sich alles weitere für die Kommissen vor. Da insgesamt 105 Redner zum Worte gemeldet sind, so wird die General debatte noch sehr lange dauern, auch wenn nicht alle sprechen. — Die nationalliberalc Fraktion des preußischen Ab geordnetenhauses hat dem Abgeordneten Menk, der sich be kanntlich für die Abschaffung des Reichstagswahlrechtes ans- sprach, nahegelegt, seinen Austritt ans der Fraktion erklären zu wollen. Derselbe ist seither diesem Winke nicht nach gekommen; er hat ja auch nach der Versicherung liberaler Blätter „ungezählte Tausende" hinter sich! — In der bahrischen Abgeordnetenkammer erklärte sich der neue Verkehrsminister v. Framidörfer im Aufträge deS Gesamtministeriums sehr entschieden gegen die Ein heitswerte im Postwescn, da sie das bayerische Reservat recht verletzen. — Die Schnlfragc in Württemberg steht seit mehreren Jahren im Mittelpunkt des politischen Lebens. Württemberg hat noch die geistliche Schulaufsicht in allen Instanzen, was dem Liberalismus und der Sozialdemokratie sehr unangenehm ist. Die Regierung legte min einen Entwurf vor, der die Anstellung von weltlichen Bezirksschnlinspeltoren znlasscn will; die liberal demokratische Mehrheit der Ab geordnetenkammer hat diesen Entwurf noch wesentlich ver schärft. Seit fast zwei Jahren ruht derselbe ans bei den Kammern der Standesherrn, deren Kommission mm eben ihren Bericht veröffentlicht. Als Berichterstatter wurde Erbprinz Alois zu Löwenstein ausgestellt. Derselbe ver trat in der Kommission den katholischen Standpunkt in sehr entschiedener Weise und führte hierbei ans: „Wir stehen einer tatsächlich sehr wichtigen und einschneidenden Neuerung ans dem Gebiete der Schulaufsicht gegenüber, die nur durch die schwerwiegendsten sachlichen Gründe gerechtfertigt werden könnte. Die für die Schaffung von Schnlanssichtsstellen im Hauptamt ins Feld geführte Arbeits überlastung der Schnlinspcktorcn, worunter das geistliche Amt zu leiden hätte, reicht noch lange nicht ans, um ein richtiges und bewährtes Prinzip, wie das der Verbindung der Schulaufsicht mit dem geistlichen Amt. zu durchbrechen. Man möge einerseits die Pflichten des geistlichen Amts erleichtern, eventuell durch Beigabe eines Hilfs-geistlichen, andererseits möge man dazu übergehen, die allzu großen Schnlanssichtsbezirle zu teilen, dann werde den Miß ständen in leichter und befriedigender Weise abgeholfen werden. Die hierdurch verursachten Unkosten werden an die durch die geplante Neuorganisation entstehenden nicht heranreichen. Ein Beweis dafür, daß die Schule, wie sie bis jetzt war, minderwertig sei, und daß diese Minder wertigkeit ans die bisherige Art der Schnlanfsichtsorgani- sation znrnckznfnhren sei. sei von keiner Seite angetreten oder erbracht worden; die Rücksicht ans die Entwicklung und Hebung des Volksschnlwesens nötige also in keiner Weise zur Durchbrechung des bisherigen Systems der Bezirks- schnlanfsichtSsnhrnng im Nebenamt. Die didaktische und technische Befähigung auch der Nichtgcistlichen zur Führung des- Bezirksschnlanfsichtsümtes werde in keiner Weise be stritten; aber bei der Cchnlanfsicht handle es sich nicht bloß um die didaktischen oder technischen Interessen, dje Schul- anssichtsfrage habe auch eine religiös sittliche Seite. Der Grund, weshalb die geistliche BezirkSschnlanfsicht gerettet werden wolle, liege also ans ganz anderem Gebiete. Die Kommission »volle dem Schnllehrerstand die verdiente An erkennung nicht versagen. Aber dieses Entgcgeukimmen gegenüber den Wünschen eines einzelnen Standes dürfe nicht geschehen zum Schaden öffentlicher und höherer In teressen." Die Kommission ist dem ablehnenden Stand punkt des Berichterstatters zwar nicht beigetreten, sondern hat mit l gegen 7 Stimmen den Entwurf angenommen. Aber das Plenum der Kammer der StarrdeSherrn ist kon servativ, und so besteht die Aussicht, daß der liberale Schul- gesetzentwmf dort doch noch scheitern wird! — Eine polnische Maifeier mit einem polnischen Ab geordneten. Unter der Rubrik „Maifeier" teilt der „Vor- wärts" auch mit: „Etwa 1000 Polen demonstrierten an: Sonntag nachmittag im großen Kellerschen Saal, Koppen straße, gegen den ausnahmegesetzlichen Ansiedelnngsentwurf der preußischen Regierung, deßen Hauptziel darauf hinans- geht, die Parzellation unter der polnischen Bauernschaft zu verhindern. DaS Hanptreferat erstattete der Abg. KulerSki." ES ist ja sehr interessant, daß diese Feier von dem „Vor wärts" für die sozialdemokratische Partei gebucht wird und daß ein Mitglied der polnischen Neichetagsfraktion als Referent anstrat. Man kann hieraus sehen, wohin die Fahrt der radikal Polnischen Richtung geht! Oesterreich - Ungarn. — Bier Bischöfe haben am 28. April in der Papst- lichen Nuntiatur den Eid der Treue und des Gehorsams für den Papst abgelegt, und zwar die Herren Bischof I)r. Bauer, ernannter Fürsteizbischos von Olmütz. der designierte Bischof Wolfgang Naduai von Nensohl, der designierte Bischof Alexander Parvh voll Zips, endlich der für Brünn ernannte Bischof I)r. Paul Graf Huyn. — Uebertritt zum Katholizismus. In Pest erregt es in aristokratischen Kreisen Aufsehen, daß Bela v. Pod- maniczky mit seinen beide»! Söhnen vom Protestantismus zur katholischen Kirche übergetreten ist. Die freiherrliche Familie gehörte früher immer zu den Vorkämpfern des Protestantismus in Ungarn. Vor längerer Zeit war be reits ein jüngerer Bruder Podmaniczkys katholisch geworden, da er in der katholischen Kirche die Kirche Christi und darum die einzig wahre Kirche erkannte. — Deutsch-österreichischer Städtetag. In der ersten Septemberhälfte wird der dritte deutsch österreichische Städte tag der kleineren, nicht-autonomen Städte in Teplitz-Schöuan stattfinden. Zur Durchführung dieser Tagung wird auf Einladung des StadtrateS ein gr«ßes Komitee gebildet werden. — Die „Los von Nom-Bewegung" in Böhmen. Das Jahr 1003 brachte der „Los von Rom"-Bewegung weniger Erfolg wie die vorhergehenden Jahre. Die Abnahme der Zahl der Uebertritte ließ sich trotz aller Agitation nicht anfhalten. Zählte man 190l an 2500 Uebertritte, so gingen 1002 nur 1500, also um 1000 weniger, 1003 nur noch 1200 von der katholischen zur protestantischen Kirche über. Auch die materielle Hilfe don außen scheint sich nicht als zureichend erwiesen zu haben, wie die zahlreichen Bittgesuche nur neuerliche Spenden, die Aufrufe des Gustav Adolf-Vereines und des Evangelischen Bundes beweisen. So wurde am Gustav Ad«lf-Fest zu Hamburg beschlossen, die Zwcigvereino nnfzuforderu, für einige „notleidende" Gemeinden in Böhmen durch zwei Jahre eine außerordent liche Steuer von durchschnittlich jo 50 Mk. pro Verein anfzubringen. Die Turner Kirchenbau-Asfäre mit ihren finanziellen Schwierigkeiten wirkt auch nicht aufmunternd. Dennoch wäre es gefehlt, mm ans katholischer Seite die Hände in den Schoß zu legen. Es werden bestimmt neue Geldquellen im Deutschen Reiche für die „Los von Rom"- Bewegnng in Fluß kommen. Italien. — Ter „Tribnna" zufolge wird das Gericht von der Kammer die Ermächtigung zur Verfolgung des gewesenen Ministers Nasi wegen des Mißbrauches der Amtsgewalt zur Zeit seiner Geschäftsführung als Unterrichtsmiuister verlangen. Sächsischer Landtag. Dresden, den 3. Mai. Erste Kainmer. Tagesordnung: Entwurf eines Ge setzes über Aufhebung von Bergbegnadignngen und das ältere Landesstrafrecht. Die Kammer nimmt den Gesetz entwurf über Aushebung einer Bergbegnadigung, ebenso einen Gesetzentwurf über den zweiten P""kt der Tages ordnung debattelos an. Nächste Sitzung: Mittwoch, den 4. Mai. Zweite Kammer. Tagesordnung: Rechenschafts berichte. I)r. Vogel erstattet den Bericht über die Ueber- sicht der Ausgaben und Reservate des außerordentlichen Staatshaushalts-Etats in der Finanzperiode 1900/0l. Die Deputation hat zahlreiche Ausstellungen zu machen gehabt, weil nicht im Sinne der seinerzeitigen Bewilligungen vor- gegangen worden ist. Es wird beantragt, der Staats regierung Entlastung zu erteilen für diejenigen Titel, von denen abgeschlossene und von der OberrechnungSkammer noch geprüfte Rechnungen vorliegen und für welche Nach- posrnlate nicht noch zu genehmigen oder zu erwarten find. Finanzminister De. Rüger weist den scharfen Ton des DepntationsberichteS zurück und gibt einige Aufklärungen. Abg. De. Vogel hält seine Beschuldigungen aufrecht. Nach kurzer Debatte wird der Deputationsantrag angenommen. Für den vorgelegten Rechenschaftsbericht Staatseisenbahnen betreffend und den Rechenschaftsbericht betreffs der Berg- akademie Freiberg und der Wasserbanverwaltnng wird der Regierung Entlastung erteilt. Nächste Sitzung: Mittwoch, den -1. Mai. Aus Stadt und Land. Dresden, den 4. Mai 1904. —* Das Hoflager Sr. Königl. Hoheit des Kron prinzen ist gestern nach der Weinbergsvilla Wachwitz verlegt worden. —* Am ersten Abend des Evangelischen Bundes, am Sonnabend, wurde die Jesuitengefahr von dem „Bis- marcksorscher" De. Horst Kohl ans Leipzig beleuchtet. Ec sollte über die Iesuitengefahr sprechen und sprach über die Gefahr, welche dem Deutschen Reiche durch die katholische Kirche drohe. Er sprach über die Machtfülle des Papstes, das UnsehlbarkeitSdogma, und meinte, der „Vatikanismus" d. h. der Papst fühle sich als Herrscher der Welt und glaube sich über alle staatliche Gewalt stellen zu können. Tie Soldaten des Papstes aber seien die Jesuiten. Deutlicher kann man doch nicht reden. Der Redner ließ die Maske vollständig fallen und ging direkt ans sein Ziel los. Warum sich auch mit dem Unterschied zwischen Jesnitis- mns und Katholizismus abplagen? Die Jesuiten sind die Soldaten des Papstes; die Moral und Disziplin derselben stehen unter seiner Billigung und Erlaubnis: also ist der IesuitiSmns identisch mit dem Katholizismus. Die „Dresdn. Nachr." melden uns, Redner habe gesagt, die Gesetze der Jesuiten seien jetzt keine anderer: geworden, als sie inr finsteren Mittelalter gewesen seien. Diese Weisheit soll Herr Professor I)r. Horst Kohl verzapft haben? Es ist fast nicht glaublich, daß er das finstere Mittelalter, welches sonst mit dem Jahre der Entdeckung von Amerika, also 1492 endet, erst mit dem Tode Luthers oder gar noch später abschließen läßt. Der Jesuitenorden wurde nämlich 1540 zum erstenmal vorn Papste bestätigt. Als Luther 1546 starb waren die Jesuitengesetze sechs Jahre alt; sie sind jetzt noch so, »vie damals zurzeit dieses finsteren Mittelalters, des verhängnisvo llen Abschnittes der Geschichte deS Deutschen Volkes. Es war Kohl, welchen Herr De. Horst sprach. Die Furcht vor den Soldaten des Papstes hat offenbar verwirrend gewirkt. Mitleid fühlen wir mit den deutschen Männern, wenn wir ihre Angst sehen vor dein „Eindringen der Römlinge" in die Zentrale des Reiches. Es gelte, sich mit Händen und Füßen zu wehren; es werde bald wimmeln dorr fremden Jesuiten im Deutschen Reiche. Und »vaS streben diese an? Sie führen das Bestreben des Vatikans durch, in Deutschland eine Nebenregierung zu schaffen, welche eine offiziöse Presse habe, Steuern einziehe und schließlich mit den 16 Milliarden den zweiten 30jährigen