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Kummer '206 — 22. Jabraanq b tnal wkchentl. verag!pre>5:4. ON..Wvche8vü«00»««M. Arireigeiu Schlüsselzahl der Deutschen Zeitnngen: 2000000. jiürnndpreise.' Die eingesp-Pelitzcile KOM.. s. Fanlilien- n. MreinSanzelgen, Gesuche 80 M. Die Petit-Reklamezeile, >Mmm breit, 2ß0 Dt, Ofieitengebühr sür Selbstabholer 8VM. bei llcbeiicndnng durch die Post außerdem Portoznschlaa. krelr liir lUe kinrelnummer irooooooo Mark Geschäjllicher Teil: Jo sei Fohniann, Dresden SticklWe Dienst«!,, 28. Oktober I92.P Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Merpsllchkiing aut Lieferung solvie Erfüllung uon Anzetgen-Aufträgen und Leistung von Schadenersatz. Fl>r undeutlich und dnrchFern« sprecher übermittelte Anzeigen übernehme» wir keine Ver- antwortmig. Unverlangt eingesandte und niit Rückporto nicht versehene Manuskripte lverdcn nicht aufbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 8 bis 0 Uhr nachmittag».! Hauptschristleiler: Dr. Josef Albert, Dresden» volksMung Taftes,eituny sür christliche Politik nnd Kultur^^^ » ed« > ,'o» «nl> vreutzilftaftetze: Dresden--!Nstadt 1t>, ^olbelnf roste »ft Fernruf 32722 / Postscheckkonto Dresden 147S7 WkstMW Ml! BW ' Ne Mell t!kl Nüll»M «eile Neil Druck und Verlag, Saxonia - Buchdruckerei G. m. b. H. Dresden-Altstadt 16, Holbeinslrns'.e 4g Die Brandfackel der Zwietracht Lie Relchselnhett durchbrochen — Der vom Reich des Dienstes enthobene General von Lossow wird von Bayern zum Landeskommandanten ernannt — Die Entscheidung des bayerischen Konfliktes durch den Reichsrat — Ausrufung der rheinischen Republik in Aachen KlMus UtMilugsbrulll Berlin, 22. Oktober. Der Streitfall zwischen Bayer» und dem Reich hat schür- Here Formen airgenommen. Der Netchstvehrminlster hatte am Sonnabend den bayrischen WchrkrelSkommandanlen General von Lossow seines Amte« e,lischt, und zwar mit der Begründung, das, Ge-eral v. Lossow sich mit der Welgcrmeg, das Verbot des „Völkischen Beobachters" durchzuführe», einer schweren Jnsubordi- natlo» schuldig gemacht habe. Das bayrische Gesamtminlsterium hat die Mas,nähme mit einem Aufruf beantwortet, der folgendermaßen lautet: An das bayrische Volkl Relchswehrmlnlster Tr. Gehler hat al§ Inhaber der voll ziehende» Gewalt für Bayern zwar den militärischen Befehl». Haber, aber keine» Zivilkommissar ernannt. Dadurch hat er das bereits vorher bestellte Staatskommissariat für Bayern aiee r- kan»t. Gleichwohl hat der Meichöwehrmlnister den General von Lossow ln einer Angelegenheit, dir zweifellos zur Zugehörig, kclt des bäurischen Generalkommissar'.atS gehört, einen Besohl erteilt und hierdurch i» die Pollzeihohelt Bayerns ein gcgrlsfe». General v. Lossow hat sich ln der hierdurch gegebenen schwierigen Lage in der loyalsten Weise mit der bayrischen Regierung in Verbindung gesetzt, die Ihrerseits die Weiterbehandlung der Angelegenheit nach der politischen Seite für geboten erachtete und die Rcichsrcgierung nachdrücklich auf die schweren Folge» einer etwaigen Maßregelung des Generals von Lossow hinwicS. Gleichwohl hat das ReichSwchrmliristerium di« Angelegenheit rein militärisch betrachtet und dm General v. Lossow seines Dienstes enthoben. Die bayrische Staatsregie» r»»g kumite diese Mahnahme «»möglich hinnehmen und hat daher im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Muhe und Ordnung in Bayer» und zur Wahrung der bayrischen Belange bis zur Herstellung dcS Einvernehmens zwischen Bayern Md dem Reiche den bayrischen Teil der Reichswehr ihrerseits als Tre uh ändert» des deutschen Vol kes in Pflicht genommen, den Ge n erat v. Lossow !ftls bayrischen SandeSkom Mandanten eingesetzt »nd Mit der Wetterführung der bayrische» Division beauftragt. Das bayrische Volk wird diesen, auch I» wohlverstandenem Reichs» stntcressc gelegenen Schritt, der zur Wahrung der Würde und des Ansehens Bayerns »ach der gegebenen Sachlage unvermeidlich rvar, Verständnis «»tgegenbringc». Weiterhin hat der Generalstaatskommissar von Kahr sol lenden Aufruf erlassen: Das NrlchSwehrmInisterinm hat versucht, den bayrischen LandeSkomman'daiiten General v. Lossow unter Drohungen gegen Payern zur Abdankung zu zwingen. Tie Verwahrung der bayrischen StaatSreglerung hat der NeichSwchrminister mit der sofortlgm Dieirstenthehung d«S Generals v. Lossow beant wortet. Bayerns StaatSrcgierung und der Generalstaatskommissar wissen sich «in. Mit allen Deutsch gesinnten werden sie eine solche diahnahme ab lehnen. Bayern betrachtet rö als seine heilige Pflicht, in dieser Stunde «ine Hochburg d«S bedrängten Deutschtums zn sein. ,k Tie bayrische StaatSreglerung hat deshalb im Einverständ nis mit den, GrieeralstaatSkommissar den General von Lossow m i t der Führung des bayrische» Teiles der Reichs- imchr betraut. Bayern. Deutsche, bleibt tre» der hehren sllnfgabe. unserem deutschen Baterlande die innere Freiheit wieder» Hugebe»! München. 2l. Oktober, ' . " I Ter Generalstaatskommissar. Eine Kundgebung von Kahr» Berlin, 22. Oktober. In den gestrigen «bmdstundm hat cneralstaatSkommsssar v o» Kahr folgende Kundgebung erlassen: ie Verordnung de« bayrischen G'esamrministeriumS vom 20. vk» kober, durch welche die Dienstenthebung des Generals von Lossow für Bayern außer Wirksamkeit gesetzt wird begründet sich auf Artikel 48 Absatz 4 der RelchSverfassnng. Sie stellt daher keinen Bruch der Rrichsverfassnng. sondern eine mit- der NctchSverfassung imvoklrnEinklange stehende Mahnahm« dar. da die Ernennung de- Nachfol- erS durch den Rrichspräsidenren schon deshalb unmöglich wäre, g die bayrische Regierung unter keinen Umständen die erforsch- liche ZMImmmig erteilen tpürdy Kegel»«- der biyekische« Frage durch den Michsra!! Berlin, 22. Oktober. Wie die Teluieion ans zuverlässiger Queilc erfährt, hat die durch das Vorgehen Bayerns geschossene Lage eine Entspannung erfahren. Eine N - n ve r e i d i g n n g der Truppen der 7. (bayrisches Dtuision hat nicht stattgcsiin- den und ist auch nicht geplant. Dein Vernehmen »ach besteht die Absicht, die in den letzten Tage» zwischen Bayern und ocm Reich: zutage getretenen Ausfassunge» zum Gegenstand von Erörterungen des Reichs rotes zu machen, um sofrrt einen den Interessen des Reiches. Bayerns ined der übrigen Lüaoer gerecht werdende» Ausgleich zu ermöglichen. Wie die Telunian weiter erfährt, hat am gestrigen Sonntag eine M i n I st e r b c! p r e ch un g über die augenblickliche Lage stattgefuede», die heute ihre Fortsetzung in einer Sitzung des gesamten Kabinetts ,i»Scn wiro. Berlin, 22. Oktober. Der gestern zusamiiikiigrtrrtrnc Ka- bkurttSrat tagte mrter dem Vorsitze des ReichSpeäsioentea Ebrrt. Soweit der „Montagmorgen'" nnlcrrlchtrt ist, geht die Anssassting über die Lage Im Kabinett dahin, oah eine srirdliche Lösung des bayrischen KonslikteS »och immer im Bereich derMög- lichkeit liegt. Man macht Airstrcngunge», den bayrischen Re gierungsstellen eine goldene Brücke z» bauen. LI« Aufruf der Keichsregieim« Berlin, 22. Oktober. Die Ncichsrcgierung hat folgenden Aufruf erlassen: An dem Tage, an dem die deutschen Vertreter im Anstande den sämtlichen Machten eine Erklärung über die außenpolitische Lage abgaben, um die Aufmerksamkeit der Welt auf die durch Frankreichs Verl,alten geschaffene unerträgliche Not im Nhcin- lanbe und !m Nnhrgebiet zu lenken, und in der die Zusammen- fassung aller Kräfte mehr als je notwendig ist, um gegenüber dem äusiercn Gegner fest zu bestehen, hat cS die bayrische Staats regierung für richtig erachtet, einen offenen Verfassungsbruch und innere Kämpfe im Reiche herbcizufiihre». Der NuSgangs. Punkt dieser Kämpfe war die Entscheidung darüber, ob die mili- tärlsche Disziplin, auf der jede Armee anfgebaut sein muß, auch !m hcntigen Deutschland Geltung haben soll oder nicht. Der Ehcf der Heeresleitung konnte nicht dulden, daß klare Be fehle, die von ihm gegeben worden waren, bon einem linlergebcnen aus politischen Gründen mißachtet wurden. Eine Armee, in der die Ausführung eines Befehles abhängig gemacht wird von politischen Erwägungen, ist kein Instrument zur Aufrcchterhaltung der Macht eines Staates nach außen und innen. Gerade die bayrische StaatSreglerung, die den Gedanken der Wchrhastmachung des Volkes wiederholt vertreten hat, müßte sich klar darüber sein, daß die Aufrcchterhaltting der Disziplin in der Armee die Grund lage jeder Wchrhastmachung ist und sein muß. Gerade die bnyri. sche StaatSregicrnng, die wiederholt in Ausführungen des Gcne- ralstaatSkommissarS v. Kahr die Bewährung dcS nationalen Ge- dankcnS für sich speziell in Anspruch nimm«, müßte sich klar darüber sein, daß national sein vor allen Dingen heißt» in Zeiten der Not Geschlossenheit im Innern z» bewahren und Sonderwünsche und Sonderinteresscn dahinter znrückzustellen. Mit dem von dem Generalstaatskommissar von Kahr in die Ocffent- lichkcit geworfenen Gedanken des Kampfes gegen den Mar xismus hat die in Rede stehende Frage gar nichts zu tun. Ter Ehef der Heeresleitung und der Reichswehrminister haben bei ihrem Kampfe für die Autorität in der Reichswehr lediglich für diese Idee, nicht für irgendwelche parteipolitische Einstellung gekämpft. Dasselbe gilt von der NeichSregierung, die sich bis zum äußersten bemüht hat, durch weitestgehende AnSnubung von Berständigungs- Möglichkeiten jeden Bruch z» vermelden. MitEntschtedenhcitundEntrüstungweistblr RekchSrrgierungdrn Berkach beö General st aalS. kommissarS zurück, die Entscheidung der bny. rischen StaatSrrgiernng als den Kamps einer nationalen und christlichen Weltanschauung ge» ge» eine marxistisch-internationale Einstel lung hinzustellen. ES ist unerhört, wenn in der Zelt, in der die Reichs» regierung die Kräfte dcS ganzen Volkes braucht zur Erhaltung des Deutschtums gegen den französischen VernichtungSwillen, der Generalstaatskommissar glaubt, die Brandfackel der Zwietracht in das deutsche Bott dadurch hinrlnwerfrn zu können, baß er da von spricht, eS handle sich letzten Endes nm die Frage: hie deutsch ober nichtbeutsch. ES gibt innerhalb der Ncichs- rcgirrung nnd innerhalb brr Millionen von Volksgenossen, die hinter ihr stehe», niemanden, der den Kampf, um den eS sich handelt, anders al« unter deutschem Gesichtspunkt ansicht. Im Kampfe «m die Erhaltung der ReichSrinheit fordern wir alle Deut- scheu ans, den Erregern der Zwietracht rntgegenzutreten im Kampfe für daS Einzige, waS unS gegenüber der u»S nngcdrohten Ber- nichtnng des deutschen Volkes geblieben ist, für das Deutsche gleich und sür die brutsch« Einheit, der Separati-rugM i« Auche» Aachen, 22. Oktober. Gestern morgen gegen 4 Uhr ist hier die rheinische Republik auSgerufen worden. Dir Besetzung der NeglerniigSgebändc ging reibungslos vor sich, da die Schupo keinen Widerstand leistete. In einer Proklamation verspricht die Regie, rung den Bewohnern der neuen Republik Brot nnd Arbeit. Tic Bewegung greis« nach der englischen und belgischen Zone weiter rapid um sich. Paris, 22. Oktober. AuS Aachen ist folgende Depesche hier eingetrosfen: Die rheinische Republik ist in Aachen auSgerufen worden. Alle öffentlichen Rogiern ngsgebnude sind früh um 4 Ilhc von den Separatisten beseht worden. Die Schupo hat keinerlei Widerstand geleistet. Eine Proklamation teilt die vollzogene Tat sache mit und verbirgt jede» Widerstand. Nach der am Vormittag eingetrofsenen Meldung, rührt die in der belgischen Zone ansgebrochcne Bewegung weder van den Dorten, noch von der Gruppe Smects, noch von der Gruppe Matthes her. An der Spitze der Bewegung befand sich vielinehr der i» Scparatislen- kreisen bekannte Aachener Kaufmann Dorten. Es liegt nichts genaues darüber vor, ob er isoliert handelte. Der belgische O b e r k o in m i s s ar für das besetzte Gebiet Kolin-JacgnemyuS ist in Aachen eingetroffen und hat unverzüglich Maßnahmen ge troffen für den Fall, daß die Ordnung gestört würde. Er erklärte, daß er sich einer vollzogenen Tatsache gegenüber besand. Durch die Proklamation der rheinischen Truppen, feien diese sür die Ordnung voll verantwortlich. Die in Brüssel versammelten Minister wurden von Theunis aufgefordert, fick zu einer Sitzung einzn- finden. Das geschah dann einige Stunden später unter dem Vor sitze von TheuniS. Man nahm von dem Berichte des Herrn Jaspar und dem Minister für nationale Verteidigung Kenntnis. Berlin, 22. Oktober. In Bonn ist am Sonnabend die Schutzpolizei von den Separatisten entwaffnet worben. AlS die RcichSregierung »on diesem Vorgänge Kenntnis erhielt, richtete sie nn die französische Negierung eine scharfe Protestnote. Ministerpräsident Po in care hat am Sonntag darauf geant wortet, er habe bereits Anordnungen getroffen, daß die Bonner Polizei ihre Waffen wieder erhalten solle. In der Antwort Poi»- carcS findet sich auch der eigentümlich anmutciibc Satz: Die Bonner Polizei dürfe aber nicht ans harmlose politische Demon stranten schießen. Köln, 22. Oktober. Die Ausrufung ber rheinisch.» Re publik in Nachen bestätigt sich. In der Stadt selbst herrscht noch Ruhe. Alle telephonischen Verbindungen zwischen Köln und Aachen sind unterbrochen. Nach Mitteilungen, die initi.ig I llyr in Köln nnS Koblenz, Düren, Bon», Eschweiler, I.iiich, Slo'i crg nnd Neuß vorlicgcn, handelt cS sich bei diesem Putsch der Sonder bündler lediglich um eine Einzclaktion. ki« Ml>l des Lhcfs der Heeres!»!««» General der Infanterie, von Secckt» erläßt folgende» Befehl: An das Neichtzheers Die bayrische Negierung nimmt die Truppen der 7. (bayri schen) Division in Pflicht und ernenn« den vom Rcichswrlirininistcr seiner Dienststelle enthobene» Divisionskommandeur ihrerseits znm Landeskomnlnndnntcn nnd DivisivnSkominandrnr. Der Schritt der bäurische» Regierung ist ein gegen die Verfassung gerichteter Eingriff in die militärische Kommanbogcwnlt. Wer dieser Anordnung ber bayrischen Regie rung rnlsprich«, bricht seinen dem bleich geleisteten Eid nnd macht sich des militärischen Ungehorsams schuldig. Ich fordere die 7. (bayrische) Division dcS RcichShccrcS hier durch auf. ihrem dem Reich geleisteten Eid treu zu bleibe» und sich den Befehlen thrcS höchsten militärischen Befehlshabers be ding n n g 8 l o S zu fügen. Ter RcichStrcue aller anderen Teile des Heeres halte Ich mich heute „nd stetS für versichert. v. Sscckt, General der Infanterie und Chef der HecrrSlciin»^ Der Aufruf Seeckts in Bayern verbalen München, 22. Oktober. Der Abdruck dcS AnsruscS dcS Generals Secckt an den bayrischen Teil der Reichswehr ist sür das gesamte Gebiet des Freistaates Bayern verboten worden. Die Stellunq Hessens, Badens nnd Württembergs Darmstadt, 22. Oktober. Amtlich wird milgelkist: Dir hessische Regierung hat auf Grund der lebten Nachrichten über die inncrpolitischen Ereignisse sofort mit Württemberg und Baden Fühlung genommen. Heute findet dirscrlialb eine Besprechung in Stuttgart statt. Dir hessische Regierung l,äl, entschlossen an der Einheit deS Reiches fest »nd wird alle ihre Kräfte hiersür rin- setzen. Nürnberg, 22. Oktober. In Nürnberg dersvlgl man die Entwicklung in München begreiflicherweise m!« der größten Ans, merksamkeit. Die Bennrulngnng, die schon seit langer Zeit in ein- zclnen Kreisen herrscht, ist anßervrdcntlich gewachsen. In ver fassungstreuen Kreisen schweben znrzcit Verhandlungen über eine evtl. G e g r n b c w e g n n g gegen die Münchner Aktion, über deren Ergebnisse jedoch rm Augenblick noch nichts gesagt werden kann. Der telephonische «nd telegraphische Verkehr nuS Bayer» nnterlieat einer strengen llcberwnchiiiia.