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Beilage zu Nr. A8 der „Sächsischen Volkszeitung". N«S Tt«dt mrd Land. —* Prinz Johann Georg von Sachsen. Herzog zu Sachsen. Königliche Hoheit, Oberst ä lu suite des 2. Garde-Ulanenregiments, ist unter Belassung in diesem Verhältnis zum Generalmajor befördert worden. —* I u b i l ä u m s a u S st e l l u n g des BezirkS- obstbauvereins Oberes Elbtal. Eine beson- dere Anerkennung gebührt der Leitung der AuSstellunß <vom 30. September bis 4. Oktober in Donaths Neue Welt, Tolkewitz) für die sorgfältige Zusammenstellung der Preis- aufgaben. Vor allem sind die Aufgaben fünf und sechs-u nennen. Darnach sollen zur allgemeinsten Verbreitung im Vereinsgebiet 4 Apfel- und 4 Birnenforten gesucht werden, die sich durch Anpflanzung von Hochstämmen im freien Felde wie durch Umpfcopfung von minderguten Sorten, zur Massenerzeugung von Obst für Tafel- und Wirtschafts- zwecke eignen, denn hierin liegt die Stärke des böhmischen Obstbaues: dort ist nicht von jedem Züchtereine besondere Sorte bevorzugt und angepflanzt worden, da ist vielmehr in weiten Strecken ein und dieselbe Frucht zu finden und dies bringt die Anerkennung und den Erfolg. Der Verein will erreichen, daß nur wenige Sorten angepflanzt werden, diese aber dann in Massen geliefert werden können. Jede Gegend würde dann durch ihre Spezialität ihren Ruf und ihren Erfolg haben. - Riederau. Von der am Typhus erkrankten Grimmer- scheu Familie ist nun auch das Faunlienhaupt seinem jüng sten Sohne in den Tod nachgefolgt. Leipzig. Ein 2^ Jahre alter Knabe in der Brandvor- werkstraße trank in einem unbewachten Augenblick aus einer Medizinflasche, welche Opium enthielt. Das Kind ist im Krankenhause gestorben. Waldheim. In einem Steinbruche an der Kriebethaler Straße explodierte am Dienstag nachträglich ein versagter Sprengschuß, wobei zwei Arbeiter schwere Verletzungen im Gesicht und an beiden Augen erlitten. Crimmitschau. Der hiesige „Gewerbeverein" hat in seiner letzten Sitzung dem Bedauern über die Einziehung der Taler Ausdruck gegeben und wünscht, wenn Dreimark stücke nicht geprägt werden, daß die weitere Neuprägung von Fünsmarkstücken unterbleibt und dafür aber die Zweimark stücke in größerer Menge zur Ausprägung gelangen. Plauen i. V. Die Wohnungsnot kann als behoben an gesehen werden. Es sind zahlreiche Neubauten entstanden, die auch stellenweise ein Zurückgehen der Wohnungsmiete zur Folge gehabt haben. Auerbach i. V. Im Dorfe Rcmpesgrün brannte vor gestern nacht die Stickereifabrik von Wilhelm Möckel nebst Wohngebäude nieder. Zur gleichen Zeit zerstörte in Stan gengrün ein Schadenfeuer die Wohn- und Wirtschaftsge bäude des Gutsbesitzers Hermann Weichsel mit Ernte- und Futtervorräten usw. Beierfelb. Die „Auer N. N." berichten folgende De tails über die entsetzliche Explosion, welcher ein Menschen leben zum Opfer gefallen ist: In Beierfeld wurde am Sonn- abend abend die neue Gasbeleuchtung zum erstenmal in Be- trieb genommen, hat aber auch schon an demselben Abend zu einem Unglück geführt, das ein Menschenleben vernich tete. Als der Besitzer eines Hauses, Herr Stichler, kurz nach 12 Uhr nachts nach Hause kam und in seiner Wohnung Licht machen wollte, erfolgte eine furchtbare Explosion, die einen großen Teil des Hauses bloßlegte. Das Dach wurde zum großen Teile abgedeckt. Eine Giebelseite des Hauses vom ersten Stock bis zur Dachspitze wurde hinausgeschleudert. Leider ist dabei ein erst seit kürzerer Zeit in Beierfeld in Stellung befindlicher Buchhalter aus München, der in einem Zimmer schlief, das über der betreffenden Wohnung lag, in der die Explosion erfolgte, tödlich verunglückt. Allgenu': wird angenommen, daß der Schlafende durch den furchtbaren Druck an die Decke seines Zimmers geschleudert wurde. Der Hausbesitzer selbst wurde durch Brandwunden am Gesicht erheblich verletzt. Daß die Explosion eine furchtbare war. bewies der Umstand, daß man den Knall im Umkreise von etlva einer Stunde wahrgenommen hat. In sämtlichen um liegenden Häusern wurden die Fensterscheiben zum Teil zer trümmert. Die Fensterbehänge hingen in Fetzen an den Bäumen. Das Haus, das gestützt werden mußte, um ein weiteres Einfallen zu verhindern, war am Sonntag wäh rend des ganzen Tages von einer dichten Menschenmenge um lagert. Bautzen. Wegen starken Auftretens der Diphtheritis ist der Unterricht in den Schulen zu Muschelwitz auf Anord nung des Herrn Bezirksarztes Dr. Streit bis auf weiteres geschlossen worden. Schluckenau. Beim Straßenübergang des hiesigen Bahnhofes wurde am Montag früh ein älterer Mann in ziemlich defekter Kleidung in einem Haufen Steine liegend erfroren aufgefunden. Der Mann war in der vorhergehen den Nacht in berauschtem Zustande dorthin geraten. Vermischte-. V Die Geisteskranken nehmen an Zahl immer mehr zu. Das beweist M. Hackl in seiner Schrift „Das Anwachsen der Geisteskrankheiten in Deutschland" (1004) mit unbestreitbarer Statistik. Sind auch im allgemeinen die Zählungen nicht in allen Bundesstaaten gleichmäßig vorgeuommen worden, und wird hierin noch manches zu bessern sein, die Tatsache steht leider fest, daß die Geistes krankheiten in Deutschland und anderen Ländern iinmer weiter um sich -reisen. Näherhin zeigt H«ckl auch, daß z. B. in Preußen da» Anwachsen der Geisteskrankheiten dar der Bevölkerung überhaupt übersteige — eine überaus traurige Tatsache. Daher findet man die Irrenanstalten meist voll und eS ist nur eine Frage der Staatßfinanzen, ob bald wieder eine neue Irrenanstalt irgendwo er baut wird. v Die Wasserschäden des Jahres 1003 sind, nach der Statist. Korr, in Preußen auS 6501 Ge meinden, das heißt 12,1 Prozent sämtlicher Gemeinde verbände. auf 35.06b.060 Mark an Früchten und 7.770.580 Mk. an anderweiteur Verlust aus einer Flüche von 372.648 Hektar ermittelt »oorden. Im einzelnen hat sich durch Versandung des Bodens ein Schaden von 2,347.920 Mk. ergeben. An Gebäuden sind Zerstörungen im Werte von 1,000,060 Mk.. an Brücken usw. von 3,317,140 Mk. vorgekommen. Der Vtehstand ist im Werte von 115,460 Mk. geschädigt worden. Am größten war mit 2.406.300 Mk. der Wasserschaden in dem Kreise Neisse, demnächst mit 2,011.600 Mk. im Landkreise Oppeln, mit 1.981,910 Mk. im Kreise Kosel. mit 1.803.010 Mk. im Landkreise Ratibor. mit 1.791,870 Mk. im Kreise Neustadt in Oberschlefien, mit 1.761.970 Mk. im Kreise Marien werder. Außerdem hatten drei .Kreise. Königsberg in der Neumark. Landkreis Breslau und Brieg, Wasserschäden von mehr als 1 Million Mark aufzuweisen. v Eine hübsche Illustration zum Amsterdamer So- zialistenkongretz. Der internationale Sozialistenkongreß hat in einer scharfen Resolution sich gegen die englische Ausbeutung in Indien gewendet; auffallenderweisc aber fand er kein Wort, um sich gegen die Ausbeutung in den holländischen Kolonien zu wenden. Ein Anarchistenblatt teilt uns nun die Ursache dieser auffallenden Halbheit mit. Der holländische Sozialistenführer von Kol sei nicht nur ein „steinreicher Bourgeois und ein richtiger Protz", sondern er habe seinen Reichtum selbst durch die Ausbeutung indischer Eingeborener zusammengescharrt und sei noch heute Besitzer ausgedehnter Plantagen in Holländisch-Jndien. — Ei! Just wie beim deutschen Sozialistenführer Singer, der als Teilhaber an einer Mäntelfabrik die Arbeiterinnen erbärmlich schlecht be zahlte und heute so gewaltig über die schlechten Konfektions löhne donnert. Singer hat sein Schäflein im Trockenen! Der „Vorwärts" sucht seinen holländischen Genossen etwas herauszuhauen, reitet ihn aber in der Tat nur tiefer hinein; von Kol sei nicht „steinreich", aber „vermögend"; das ist ein Streit um Worte. Den amerikanischen Milliardären gilt ein zehnfacher Millionär auch nicht als steinreich, sondern nur als „vermögend"; in der sozialdemokratischen Partei, wo so viele Millionäre sitzen (Arons, Singer und andere), muß auch einer schon sehr viel haben, bis er als „vermögend" an gesehen wird. Aber weiter gesteht der „Vorwärts" ein, daß der holländische Sozialistenführer von Kol „allerdings sein Vermögen in indischen industriellen und landwirtschaft lichen Unternehmungen angelegt" hat. Er bezieht somit ganz ruhig die hohen Dividenden, die ihm durch die Aus beutung der einheimischen Bevölkerung zusließen. Um das Urteil über den Sozialistenführer voll zu machen, teilt der „Vorwärts" noch mit, daß von Kol, seitdem er 1897 zum ersten Male als Kammcrmitglied gewählt wurde, einen un ermüdlichen, hartnäckigen und fast ununterbrochenen Kampf gegen die schändliche Ausbeutung und Mißhandlung der Ein geborenen von Niederländisch-Jndien gefiihrt habe, einen Kampf, der ihm glühenden Haß der indischen Kapitalisten, aber auch Liebe und Verehrung in weiten Kreisen des indi schen Volkes eingetragen hat. Das soll wohl zur Ehren- M, — 172 — 160 — selben Straße, auf der er kurz vorher dem Ferkenschcn Fuhrwerk begegnet sei. Später sei er einmal in Finkenhagen vorgesprochen und habe von dem Zeugen die Tanne kaufen wollen, in der die nach Breitkopf abgeschossene Kugel stecken geblieben sei. Er sei der Meinung gewesen, diese Tanne sollte gefällt werden und er habe sie sich sichern wollen. Auf die Frage, ob er ihn schon früher ge sehen habe, besann er sich einen Augenblick — dann sagte er, er glaube früher einmal, als er noch Offizier war, aber damals habe er einen Vollbart ge tragen. Sodann mußte Brünnow über alles, was ihm über den Waldbrand bekannt war und über die ganze Affäre Breitkopf vor dem Gericht aussagen. Auch über seine Geschäfte mit dem Toten wurde er befragt. Er berichtete, daß' er von Herrn v. Manderstein zu ihm geführt worden sei und daß dieser 20,000 Mark für ihn akzeptiert habe. Breitkopf habe ihm an dem Morgen nur 6000 Mark geben können und ihni bei einem weiteren Besuche gefragt, ob er auf seinem Gute ein paar Wochen zur Erholung wohnen könne. Brünnow habe ihm darauf erwidert, es sei dies angängig, wenn er in dem Tagelöhnerkathen wohnen wolle. Dies würde auch seiner Absicht entsprechen, auf einige Zeit vor aller Welt zu verschwinden. Breitkopf habe darin eingewilligt und Brünnow habe ihm ein Schreiben an seinen Inspektor, damaligen Pächter Mangel mit gegeben. Da Breitkopf die fehlende Summe von 14,000 Mark, die ihm ein Schuldner hatte bringen sollen, noch nicht erhalten gehabt habe, so habe er sie ihm nicht in Bar auszahlen können, sondern ihm einen Check über diese Summe gegeben. Diesen Check habe er am übernächsten Vormittage einge wechselt, denn an dem Tage von Breitkopfs beabsichtigter Abreise habe er zu Bett liegen müssen. Der Zeuge wurde dann über seine damaligen Verhält nisse gefragt und er berichtete wahrheitsgetreu, wie er durch den Tod seines Vaters in ziemlich große Schwierigkeiten geraten sei und wie er eines Tages im Bestreben, sich zu retten, alles im Spiel verloren. Sein Freund Mander- ftein habe ihm mit jenem Wechsel geholfen und später habe er in Monte Carlo unerhörtes Glück gehabt, so daß er bei Neureuther allein fast eine Viertcl- million habe deponieren können. Manderstein bestätigte die Darstellung feines Freundes und wußte im Uebrigen auf Befragen des Staatsanwalts von Breitkopf nur das Schlechteste zu berichten. Er sei der erbarmungsloseste Wucherer gewesen, den man sich denken könne. Nun wurde zur Vernehmung des Kommissars Schmidt geschritten. Der selbe äußerte, Brünnows Betragen ihn gegenüber habe seinen Verdacht erregt. Als er mit ihm auf den Mord zu sprechen gekommen sei, sei Brünnow sichtlich unangenehm berührt gewesen und als er nun gar herausbekommen, daß er, Schmidt, Kriminalbeamter sei, habe er, der ihn anfangs mit der größten Liebenswürdigkeit ausgenommen, sein Verhalten gegen ihn in geradezu be leidigender Weise verändert, so daß er sogar die Einladung zum Frühstück habe ablehnen müssen. Er habe den Vorwand gebraucht, den Nachmittag nach der Provinzialhauptstadt fahren zu müssen und Brünnow habe geäußert, er müsse auch dorthin. Am selben Nachmittage sei jener Alter bei Gribow gewesen, der den Brief mit der Aufforderung zur Flucht gebracht habe. So dann berichtete er von seinem Aufenthalt in Blockerode und von seinen Ver anstaltungen und deren Ergebnissen, von Gribows Flucht und Verfolgung, von dessen Gefangennahme und Festsetzung. Weniger interessant waren die Ausführungen des Referendars Walter, der das Fest am vorgestrigen Nach mittage in Finkenhagen schilderte und die offenbar feindselige Haltung, die „Warum erfinden Sie denn erst mit vieler Mühe den Jäger," unter brach ihn der Vorsitzende, „sparen Sie uns doch die Mühe und sagen Sie, daß Sie das alles selbst so gemacht haben. Sie beschreiben das alles so genau, daß Sie unbedingt dabcigewesen sein müssen — sonst könnten Sie gar nicht auf solch eine Vermutung kommen — ja, Sie haben es einfach selbst getan." „Nein — nein, der Jäger —" „Und mit diesen Jägergeschichten müssen Sie uns ganz und gar ver schonen — ein Jäger, von dem man noch nie etwas gehört — und den auch niemand wieder gesehen hat —" „O doch. Herr Staatsanwalt — ich habe ihn wieder gesehen —" „Was? Sie? Ja wann denn?" „Gleich am folgenden Tage —" „So? Und wo denn?" „Auf dem Wege von Götzkow nach dem Bahnhof. Er saß mit Herrn v. Fersen auf Krauthof im Wagen —" „Was? Das wagen Sie zu behaupten —" „Ja, laden Sie doch den Herrn v. Fersen als Zeugen! Wenn der ichwörcn soll, dann muß er das so aussagen —" „Er ist geladen," rief der Staatsanwalt, „und die Beweisaufnahme wird ja das Nähere ergeben. Aber, wenn dieser Jäger der Täter sein soll, es nach Ihrer Meinung ganz sicher ist — warum haben Sie das nicht schon längst zu Ihrer Entlastung dem Untersuchungsrichter gesagt?" „Weil ich immer, noch bis vorhin, ehe ich wußte, daß die Leiche in der Grube gefunden worden war, geglaubt hatte, Breitkopf sei damals im Feuer umgekommcn und gar nicht ermordet worden ---? „Und warum haben Sic das dem Untersuchungsrichter gesagt, da Sie des Mordes verdächtig waren?" „Weil ich sicher war, man könnte mir doch nichts beweisen und weil ich sonst hätte bekennen müssen, daß ich auf den Mann gescl-ossen habe —" „Das räumen Sie also nun unumwunden ein?" „Herr Präsident — meine Herren Geschworenen," wandte sich nun der Staatsanwalt an diese, „ich bitte Sie, das für später zu merken: Ter Ange klagte räumt damit ein, des Mordversuchs auf deu verstorbenen Rentier Breitkopf schuldig zu sein." Bei diesen Worten ging wieder ein Gemurmel durch die Reihen der Zu hörer, das erst verstummte, als der Verteidiger, ein weit über die Provinz hinaus bekannter Rechtsanwalt, an Gribow die Frage richtete, ob er sich ge traue, den Jäger, von dem er gesprochen, sofort wieder zu erkennen, nament lich wenn er ihm im Jagdkostüm entgegenträte. Das bchmlptetc der Ange klagte unumwunden. Darauf wurde das Verhör Gribows geschlossen und das Verhör Roths begonnen. Aber es verlief vollkommen ergebnislos. Sein Alibi hatte er ja längst nachgewicscn, es kam nur noch darauf an, festzustellen, ob er nicht etwa an dem Morde mitschuldig sei. Auf die Frage des Vorsitzenden an Gribow. ob das vielleicht der Jäger gewesen sei, verneinte Gribow diese Möglichkeit sehr lebhaft. Der Jäger sei viel größer gewesen und habe einen blonden Vollbart gehabt. Auch die Frage, ob er den Roth vielleicht nicht wicdcrer- kenne, weil er sich den Bart habe abschnciden lassen, verneinte er. lieber-