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Reichenau. Der Mnrkthelfer eines hiesigen landwirt- schädlichen Produktengeschäfis zog sich vorige Woche beim Ausluden eines Waggons künstlichen Tüngris eine Blut- vergistung zu. so duh derselbe in die Klinik des Herrn De. Dceizeyner «ach Zlttan rransportiert werden muhte. Dieser Borfall zeigt, daß auch beim AuSstreuen des künst lichen Düngers große Borsicht geboten ist. — Aus Auloh der „Maifeier" prophezeit der „Arme Teufel", duh für alle hiesigen Arbeiter der Achtstundentag nicht mehr ferne sei. Deshalb sollen die „Genossen" brav aushalten. Mau sieht also, auch Revisioniften könne» falsche Propheten sein. Benmschtes V Der 7. internationale Eisenbahn-Kongreß findet im Monat Mai in Wai'bii glon siatr. Derselbe beginnt am 5. Mai und soll am 19. Mai zum Abschluss kommen. Die Delegierten der einzelnen Eisenbabnverwaltnngen und Regierungen sind bereits eingetrofsen. Vom 14. bis 9(7. Mai machen die Kongreßteilnehmer in Sonderzügen große Touren durch die Vereinigte» Staaten. r Bleifressende Tiere. Dem Naturwissenschaft- lickzen Museum zu London wurde jüngst aus Hongkong ein Stück Telegraphenkabel eingesandt, das von einer Menge kleiner Löcher durclchohrt tvar, die bis auf den Kupferdralst hinabgingen. Das Kabel bestand aus sechs Schichten, bestellend aus mehreren Lagen geteerten Hanfs, eurem Meimantel und einer Gummihüllung und alle diese Schichten waren durchbohrt. Tie Leitung lag in einem Kanal, und auch dieser >var besck-ädigt. Die Gelehrten des Museums stellten fest, das; die Zerstörungen von weihen Anreisen angerichtet uwrden waren, der Pest der Tropen- lcnrder, vor denen nichts sick>er ist. In dem Londoner Museum werden sogar Saudsteiublöcke aufbewahrt, durch die sie sich durchgearbeitet l-abeu. Weiches Metall, wie Blei, hält sie in ihrem Vordringen absolut nicht auf. In dieser Hinsicht scheinen sie de» Geschmack der Natten zu teilen, denen mau auch nachsagt, das; sie die Bleiröhren der Wasser leitungen annageu. v Die Meinung, daß die Menschen frü her älter geworden seien als gegenwärtig, isk weit verbreitet, aber einer ziffernmäßigen Nachprüfung hält sie nicht stand. Daß es doch noch eine grohe Zahl alter Leute im Dentsclx'n Reiche gibt, beweisen die jüngst ver- öffentlichsten Altersnachweise der 1908 gestorbenen Personen. Danach schieden im genannten Jahre aus dem Leben 96 060 Pensonen, die im Alter vom vollendeten 61. bis zum voll endeten 66. Lebensjahre standen, ihnen reihten sich 12 606 86- bis 00 jährige an. denen 206 Leute von 06 bis 106 Jahren und 26 Personen im Alter von mehr als 101 Jah ren folgten. Die Ueberlegenheit des weiblichen Geschlechtes zeigt sich auch hier wieder. Wenn man nur die 100 jährigen in Betracht zieht, so ergibt sich, das; im Alter von 100 Jah ren 16 Frauen und 0 Männer starben. Im Alter von 101 Jahren wurden 6 Kranen und 4 Männer, niit 102 Jahren 6 Frauen und ein Mann, mit 109 Jahren 4 Frauen und ein Mann zur letzten Nnhe gebettet. Außerdem starben noch eine Frau mit 104 Jahren und fünf Frauen im Alter von 106 oder mehr Jahren. Diese Zahlen sind nach der „Köln. Zeitg." wohl geeignet, die Annahme zu zerstören, daß es heute weniger alte Leute gebe als früher. Seit 1880 wer- den amtliche Verzeichnisse aller Neunzigjährigen geführt; da durch werden natürlich die früher gar nicht prüfbaren und nieist übertriebenen Angaben über die höchsten Lebensalter immer genauer, und zu hohen Angaben des Lebensalters wird der Boden entzogen. v Schnellkomponisten. Es gibt nicht nur „Schnclldichter" und „Schnellmaler", sondern auch, wenn man so sagen kann, „Schnellkomponisten", und es handelt sich in ihrem Falle nicht etwa nur um Bravourstücke tech^ nischer Gesckücklichkeit, sondern um Kompositionerl, die eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. Eine englische Zeit schrift führt einige besonders merkwürdige Fälle an. Der Komponist Trotere, dem man so viele reizende Lieder ver dankt, lxft mehrere davon so schnell komponiert, daß es ge radezu ans Wurrderliche grenzt. Die Musik zu „The Brow of the Hill" hat er in einem Zeitraum von acht Minuten niedergesclrrieben, eine Leistung, die schon wegen der Schnel ligkeit des Schreibens bemerkenswert ist, ganz abgesehen voir der Arbeit der Komposition. 40 Minuten brauchte er zur Niederschrift seines schönen Liedes „Asthor", und „In Old Madrid" schrieb er in fünf Minuten auf mehrere Kakes- düten nieder. Bekannt ist auch die Schnelligkeit, mit der Schubert komponierte. Ein Freund hatte ihn auf den Erl könig hingewiesen; als er nach wenigen Minuten zurück kehrte, schrieb Schubert schon die Musik dazu auf Noten papier nieder. Auch Rossini schrieb die Ouvertüre zu „Othello" in 24 Stunden, aber er mußte lvährend dieser Zeit in sein Ziminer eingeschlossen werden. Das berühmteste Beispiel einer schnellen Komposition hat Mozart geboten, der die Ouvertüre zum „Don Juan" zwischen 1 Uhr nachts und seiner gewöhnlichen Frühstückszeit schrieb; seiiue Frau saß die langen Stunden der Nacht bei ihm und erzählte ihm Märclxm, um ihn wach zu halten. Sh»»rt. Z» den DrrSd,»er ««»rennen sivd ft, Kl. sse > »ierpfli<btet worden: ll»,Ue,iel. Henry:Paris, der sich inLtipftg mrderprlrisseil und seine vorzügliche Hoi» von 1903 wiedergelundin t,.i: E-iu or. über dessen Schnelligkeit wir nichts meür zu stgen brsuclieii; Tommy Holl, der schnelle Engländer, der nur Ist wer zu bewegen war. um Preise -u kämpse«: und Aosentöchkl. welcher sich täglich fleitzig auf den 14 ?>«i vorbereitet. Hall trifft schon Dieiislog abend zum Training hier ein. um sich mit der neuen Bahn ver trant zu machen. Biich erlisch. Stimmen ««s Mnri>-L«a». Katholische Blätter. Jahrgang 1005 Zehn Hefte Mk. 10,8" (oder zwei Bände zu je Mk. 5.40,. Freiduig im Vrei'ga». Herdersche Verlagsyandlung. Durch die P«N und den Buchhandel. Inhalt von Heft 4: Friedrich von Schiller. Zum hundertsten Gedächtni?tage seine? Todes <A. Bcn,»!- g«,tner 6. .1.) — Religion und Kirche. I. (Chr. Pesch .7.) — LouiS Pasteur. Mit 2 Figuren, l. (C. A. Kneller 6 .1.) — Die Handwerkerfrage der Gegenwart, l. (H. Pesch 8. .1.) — Vorautzsetzungklose Wissenschaft. (K. Frick 8. 0.) Rezensionen: Huber, Die Hemmnisse der Willensfreiheit (I. Fröbes 8 .7 ): 1. Seltmann, Zur Wiedervereinigung der getrennten Christen zu nächst in deutschen Landen: 2. Kiefl, Der FriedcnSvlan de« Leibniz zur Wiederoereinigun, der getrennten christlichen Kirchen (O. Pftilf 8. .7.): Dranert. Die Wahrheit über Ernst Haeckel und seine Well- rätsel (E. WaSmann 8. 9/); l. Rko 7llnligpinv klonst« 1403— 1808: 2. Oollin-Lkmtslls, I,»kor T^vangälion kl« los Obrerem st« la Oomgunia kl« .7«8Ü8 6N lk»8 Isis« T^ilivinss A. Huonder 8 ck ): Barlh, Des Papstes Leo Xlll. Sämtliche Gedichte (A. Stockmann 8. ^.). — Empfehlenswerte Schriften. — MtSzellen. Die katho lische Kirche in den rnffischen Ostseeprovinzen: lieber Herstellung und Fälschung der Förden für Oelgemä'de. Pr»d«ktr»»tSrse. 8. Mai. H>r»v«t4e«Hrelse in Dresden. Weller: Heiß. Stimmung: vrfesligr Weizen, weißer, alter l77—180 brauner, aller 70—78 lrz- — . braun.-r, neuer 7»—78 kg 173—177, rugsscher, rot ISO bis 192, do. Weiher 188-195 rnnerikan. KansaS , argentin. 18»—18S. Roggen, sächsischer, alter 74—76 dzr , do. neuer 74—76 kz; 147—149, do. preußischer, neuer 148—151. do. russischer 146—148. Gerste, sächfisrye 165—173, schlesische und Posener ISS bis ISO. böhmische und mährisch; 185—305, Futtergerste 120—149. Herser, sächsischer, alter — —. neuer 143—152. schlesischer . russischer 143—150. L .'ais. Einiuantine 185—190, La Plato. zeßder 133—13«, amerila» mixed 120 — 124. Rüböl pro 100 kg: «ett» mit Faß, raffiniertes 53.00. Rapskuchen pro 100 lr^: Dresdner Marken, lange 12,00, runde 11,50. Leinkuchen pro lOO K^r: DreSd. I. 17,60, 17.10,00. Weizenmehl 1. Marken pro 10O kz; netto ohne Sack (DreSd Marken): Kaiserauszug 3-7,03—30,50, GrieslerauSzug 38.50 bis 29.00. Semmelmehl 27,50—28,00, Bäckermundmehl 26.00—26.50, TrieSlermundmehl 19.00—19.50. Pohlmehl 15,50—16,00. Roggen» mehl pro 100 Icz; netto ohne Sack «Dresdner Marken): Nr. 0 SL,50—26,00, Nr. 0/1 21.50—22.00. Nr 1 2 >.50- 21.00. Nr. 3 17,50-18.50. Nr. 3 15.50—16.50. Futtermehl 12.80—13.00. Weizen- kleie grobe 10.60—>0.80, feine 10,80—11,00. Roggenkleie 11,60 bis 11.80. Die für Artikel pro 100 Lz- notierren Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 Alle andern Notierungen gelten für Geschäfte von mindestens 10000 k»-. Feinste Ware über Notiz. Mehlpreise verstehen sich exklusive der städtischen Abgabe. * Dr«6de«, 8. Mai. Schlerchtvtehpreise «r«f dem Vieh« Pose -« Dvesven am 8. Mai 1905 nach anttlistier Feststellung. Litr- Ü-Mung Kuf. trieb Siüct Brzeichiiuiia Marktpreis sür SO kx Lebend- sSchlacht« Gewicht Mk. § Mk. OWIkii . <22 I) «. ipollfteischifte, nusgcniäjli-ie HSHsleii Echlachnv'-tle» bitz zu 8 Jahre» . . 37—3« 38-70 t>. Oeslerreicher deSaletcheu 3i,-<I 7, -7< 2) Jurtiie fleischige, nicyl »»«gemkslele, — Liiere »urgcniäslele K-3« g<-6? 8» Mühia «encchrle junge. — aut aenührte äliere 3,-33 00-82 <) Genug geniihrle jede» SUlerS ... 27-30 S<—b« Naldku und l) »allsleifchige, auSpcniiislelcNaldeu hüch- Nüh>- . . . Neu EchlachiwcneS 36 -37 »b-0» Ni* 2- Bollfleifchigr, auvgemüflele Niihe Ichch- sleu EchlachmerleS bis zu 7 Jahren . :« «»-84 3- «ikilere «usgemüsleie Kiike und «eiua aut entwickelte jünger? NüKe und naiven 2» -31 öii--S8 <- Mügia genührte Kühe und Kalben . . 2«-2« S3-S8 S> Gering genührte Kühe und Kalben . . 28 23 <7 50 Bull»» .... 28» 1) Kallfieifchige höchsten SchlachllverieS . 38-<0 67--«» 21- 2) Mätzig genährte jüngere und gilt ge> »ührle altere 3« -37 64-88 3) Gering genübrie 30-33 Ittlbri.... :«8 1) Feinste Musi- iLollinilchmaslj und beste Saugkälber <7-<« 70-74 2) Mittlere Mast- und gute Sangläider . «-<0 67-6« 3> Geringe Saugkälber «1-<3 «2 - 6« <- tüellere gering genährte tFrejsrr). . . — — Schnfr. . . »IS l- Masiiämiiier :«-37 70-72 lM>- 2i Jüngere Masiyainmel 33 - :i:. 67-8» 3) ileliere Maslhumniei 30 32 83-«6 <) Mägig genährte Hammel und Schafe 4>qw?>»e. . 2180 (Mäc^slyafe» 1) G. Ntillfleiichiqe der feineren Rassen und — — UV0- deren Krengungen im Aller bi» zu eiiiundeiiwienet Jahre» S2-S3 «.',-67 K Felllchweine s:i-s< «6-83 2) fleischige SO -51 63-65 - Ucber- 3i Gering eittwlckelle, sowie Sauen . . . <7—<V 5»-82 ständer. <) AuSItiidische iusam»len <327 Bon dem Auftrieb sind 298 Rinder Österreich.-ungar. Herkunft. Geschäftsgang: Per Ochsen. Kalben, .Kühen und Bullen sehr langsam, bei Kälbern und Schafen langsam, bei Schweinen schlecht. — 04 - wollen. Sie fühlte lebhaftes Mitleid mit ihm; aber sie war zart genug, die tief verborgene Wunde seines Herzens nicht mit ranlien Fingern zu berühren Gut, das; er schnell zur tvahren Erkenntnis gelangte. „Tante," erhob er jetzt seine Stimme. „Ich lxrbe dir alles genau mit geteilt, was zlvisckxm mir und — dem Fräulein Ulm vorgegangen ist; sage mir anfriclstig, trage ich eine Schuld, bin ich zu weit gegangen?" Die Baronesse schüttelte das Haupt. „Nein, Paul; mackx' dir keine selbstquälerischen Vorwürfe. Hast du ge fehlt, so tatest du es unbewusst und nimmermehr kannst du dir eine Schuld heiniessen. Glaube mir, cs ist unmöglich, daß ein Mädchen, Nxmn es nicht sckwn tief gefallen ist, einen solstxm Brief an einen Mann schreibt, möge er sich benommen haben, wie er nwllo." Paul stieß einen tiefen Seufzer ans; als einzige Antwort küßte er die .Hand seiner Tante. Diese hatte sich sckion erleben. „Komm, lieber Paul! Wir wollen einen Nundgang durch Schloß und Garten maclxm. Du wirst trotz meiner streng konservativen Gesinnung manches tun mir finden und manclx's, was roch der Entwicklung lxnnst und durch deinen Rat, deine Hilfe schneller und glücklicher dazu gelangen wird, wie ich hoffe. Dein jngendkräftiger. vorwärts strebender Geist soll mich neu anregen, mich erwärmen und verjüngen Darum, den Kopf in die Höhe!" 14. Kapitel. Eine Hochzeit. Wien» auch die Anstrengungen Manfreds, den Aufentlxrltsort Lisbeths »nsznknndscl-asten. bislier vergeblich geblieben waren, so hatte doch die neu gewonnene Hoffnung sein körperliches Befinden bedeutend gehoben, was seine Familie mit Freuden bemerkte. Lidwina hatte die Erzählung ihrer Schwester von Lisbeths Schicksal mit einigen veracht! iclx'n und boshaften Bemerkungen aufgc ommen. Sic fürclstete sie nicht mehr. Von Eggenberg nxir sie sicher geti-nnt und auch Manfred schien sie vergessen zu lxiben; er gab keinen Grund mehr zu Be sorgnissen. da sie von seinen Nachforsckmngen keine Ahnung hatte und er sich durch »iststs verriet. Friedas Hochzeitstag nxrr ans den, 2. Juli festgesetzt. Die Einladung an den Baron Eggenberg, bei der Trauung als Zeuge zu fungieren, war ab- gesckückt, und Manfred Ixftte nickst versäumt, zur großen Befriedigung seiner bckvmstter Lidwina, einige herzliche Zeilen hinzuzufügen, in welchen er ihn von seiner überstandenen Kranklwit in Kenntnis setzte und ihn dringend bat, die .Hockizcit als Gelegenlieit zu benützen, ihm einen Besuch abzustatten. Er glaubte jetzt, den Schlüssel zu alledem, was ihm damals rätselhaft erschienen n>ar, gesunden zu haben. Gewiß war Paul durch irgend einen Zufall zur Kenntnis von, Lisbeths Gesckstchte gelangt; trotz seines hochherzigen Charakters war es ihm als Aristrvkrat von reinstem Wasser, so dachte Manfred, unan- gtiiebm gewesen, mit einem Wesen, und wäre es auch das edelste, gesell schaftlich ziisammenzntn'sfen, nvlä)es in so nal>er Beziehung zu einem durch das Gesetz verurteilten Verbrecher stand. Lisbeth lxftte nun gefürchtet, er könne sie verraten und ihn schriftlich um Sckiaittlng bitten. Alle Eiforsnckst nxrr aus Manfreds Herzen geschwunden. »». 7 -s — 05 — Er wünschte lebhaft, seinen Freund persönlich zu sprechen; er wollte sich ihm entdecke!». Anfänglich würde er wohl Einwürfe machen, aber nicht lange; dann würde dieser ihm gewiß, bei seiner erprobten Freundschaft, hilfreich beistelien. Der Brief, den sie hielt, war von ihm. ans Hamburg datiert; aber zur Zeit, da sie ihn empfing, war ihr Bruder nicht mehr dort; schon trug ihn ein schnelles Dampfschiff nach Amerika. Er hatte im Spiele Glück gehabt und eine ziemlich bedeutende Summe gewonnen; außerdem war es ihm gelungen, seine Pension scl>on für mehrere Jahre im voraus zu verpfänden. So mit den nötigen Mitteln ausgerüstet, war es ihm wie eine Fügung des Himmels erschienen, daß ihm einer seiner Freunde den Vorschlag machte, mit ihm aus- zmvandern. Er verabsckiiedete sich in den zärtlichsten Ausdrücken von seiner Schwester. Er bat sie um Verzeihung, daß er fein Wort gebrochen habe; aber der Gedanke, sich als Schreiber in eine enge Stube einzusperren, unter der Aufsicht des pedantischen Kanzleirates, war ihm schlimmer erschienen, als lebendig begraben zu werden. Er dankte ihr für all ihre Liebe, er ver- ftwach ihr, ein neues Leben zu beginnen, ein Leben der Arbeit. Das Glück, so hoffte er mit Sicherheit, würde ihm jenseits des Ozeans blühen und ihn bald in die Lage versetzen, zurückzukehren und ihr durch die Tat seine Erkenntlich- keit zu beweisen. Hier sei er nur eine fortwährend Last für sie, ja sogar ein direktes Hindernis ihres Glückes. Die Antwort auf die Einladung traf umgehend ein; sie kam vom Vater des Barons. Ter alte Herr machte dem Präsidenten mit ausgesuchter Höf lichkeit und größtem Bedauern die Mitteilung, daß sein Sohn leider nicht imstande tväre, die ihm angebotene Ehre anznnehmen, da er schon seit einiger Zeit verreist sei und zwar im Anschluß an eine Expeditton, die sich zum Zweck wissenschaftlicher Forschungen nach Zentral-Asien begeben, habe. Für den Augenblick sei es ihn: unmöglich, seinein Sohne den Brief nachzuschicken, weil ihm sein jetziger Aufenthalt nicht bekannt sei. Alle Glieder der Familie Breien bedauerten mehr oder weniger die Abwesenheit des Barons. Lidwina verlor beinahe alle Selbstbeherrschung. Ihr Groll und Grimm wegen der Zertrümmerung ihrer heimlich genährten Hofft,nngM trat ziemlich offen zutage. In ihrem Zimmer benahm sie sich wie eine Rasende, und es dauerte geraume Zeit, ehe sie sich soweit gesammelt hatte, »m Mieder vor den anderen erscheinen zu können. Tor 2. Juli war angebrochen; es war ein prachtvoller Sommering. Lisbeth »vor mit den Kindern des Kanzleirats auf den Markt gegangen, um ihnen die Freude des Einkaufs von Beeren zu machen. Jetzt gingen sie nach Hause. Ter Weg führte an dem Hause des Präsidendorv vorüber; Lisbeth hatte es bisher absichtlich vermieden, sich in dieses Stadtviertel zu begeben. Heute lxftte sie nicht Acht darauf gehabt; trotz des lebhaften Geplauders der beiden Kinder schien sie gänzlich von trüben Gedanken absorbiert. Sie sab blässer wie getvöhnlich aus; ein Zug tiefer Schwermut lagerte auf ihrem Antlitz. „Ach sieh. Tante, steh die schönen Blumen I" rief plötzlich Gertrud. Lisbeths Auge folgte der bezeichneten Richtung. Sie standen dem ihr nur zu gut bekannten Hanse deS Präsidenten gerade gegenüber. DaS Garten- tor war weit geöffnet, ein Wagen mit Myrthen- und Orangenbäumen, mit herrlichen tropischen Blumen war eben im Begriffe hineinzufahren. LiSbeih