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Nr. 232 Zweites Blatt Sächsische Bolkszeitrmg vom 11. Oktober 1911 Aus Stadt und Land. (HonlrtzLxq au- dem Hm-viLlatt.) —* Ueber die allgemeine Lage von In- dustrie und Handel im Handelskammerbezirke Dres- den hat das Wirtschaftsjahr 1910 nach dem soeben erschie nenen Berichte der Dresdner Handelskammer die Hoffnun gen ans eine weitere Besserung der Wirtschaftslage nur zum Teil erfüllt. Die meisten Zweige von Handel und Industrie waren zwar lebhafter beschäftigt und die Abschlüsse der mei sten Firmen wiesen teilweise erheblich höhere Umsatzzifferu auf als im Vorjahre. Eine größere Anzahl Firmen mußte ihre Vetriebsanlagen erweitern, um der gesteigerten Nach frage entsprechen zu können. Der Arbeiterstand wurde viel fach verstärkt und häufig mußte Ueberstundenarbeit geleistet werden. Durch den verschärften Wettbewerb wurden die Verkaufspreise m fast allen Gewerbezweigen so gedrückt, daß es fast nirgends möglich war, einen Ausgleich gegenüber den höheren Gestehungskosten zu schaffen. Die Gewinu- ergebnisse waren deshalb bei vielen Firmen trotz des leb hafteren Geschäftsganges und der gesteigerten Umsätze sogar noch geringer als im Vorjahre. Verschiedene bedeutende Geschäftszweige des Kammerbezirkes hatten an der Besse rung der allgemeinen Wirtschaftslage infolge besonderer ungünstiger Ilmstände überhaupt keinen Anteil. Einen Maßstab für die Beschäftigung der Industrie in Sachsen gibt die Entwickelung des Verkehrs auf den Sächsischen Staatseisenbahnen. Die Einnahmen stiegen im Personen verkehre um 7tzck Prozent und im Güterverkehre um 5s/> Prozent. Das Jahr 1910 war wegen der regnerischen Witte rung wasserreich. Die Elbe hatte das ganze Jahr hindurch einen außergewöhnlichen hohen Wasserstand und konnte an 272 Tagen mit voller Ladung von 1,70 Meter Tauchtiefe befahren werden. Dem Baugewerbe und den damit zusam menhängenden Industrien, den Ziegeleien, Eisenkonstruk- tionswerkstätten, Glasfabriken usw. hat das Jahr 1910 den ersehnten Aufschwung noch immer nicht gebracht. Durch die Banarbeiterau'ssperrung wurde die Bautätigkeit gerade in der günstigsten Jahreszeit zwei Monate lang fast vollständig still gelegt. Vielen Unternehmern erwuchsen große Schwie rigkeiten ans dem Verhalten ihrer Arbeiterschaft. In zahl reichen Betrieben forderten die Arbeiter höhere Löhne oder günstigere Arbeitsbedingungen. Häufig führte die? zu Streitigkeiten, Streiks und Aussperrungen. Als eine ein schneidende gesetzgeberische Maßnahme stellte sich für viele Arbeitgeber die Beschränkung der täglichen Veschästignngs- daner der Arbeiterinnen ans zehn Stunden und au den Vorabenden der Sonn- und Festtage ans acht Stunden dar. Der Bericht gedenkt zum Schlüsse noch der sozialpolitischen Lasten, mit denen die deutsche Industrie vor ihren auslän dischen Wettbewerbern vorauSbclastet ist. Dabei habe diese Belastung ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. So lange eine wesentlich günstigere Gestaltung der handelspolitischen Verhältnisse nicht zu erreichen sei, müsse mit größtem Nach drucke die Forderung erhoben werden, daß die deutschen Arbeitgeber mit weiteren sozialpolitischen Lasten so lange verschont bleiben, bis dis für den Wettbewerb hanptsächlich in Frage kommenden ausländischen Staaten eine ebenso weitgehende Fürsorge für ihre Arbeiter getroffen baben. —* Gegen die Wackel- und Schiebetänze, die sich jetzt vielfach auf unseren öffentlichen Tanzsälen ein gebürgert haben, protestiert der Vorsitzende des Vereins für sächsische Volkskunde, Herr Hofrat Professor Oskar Seyffert, in den soeben erschienenen „Mitteilungen" des Vereins. Er schreibt hier u. a. folgendes: „Wir wollen einen Blick in die öffentlichen Säle wer fen, und was wir dort sehen, ist alles andere als Volks tänze. Aus den berüchtigten Lokalen Berlins, als Halenses usw. verbreiten sich gewisse Tänze und machen sich oft in ekelerregender Weise überall breit. Das sind die Wackel- und Schiebetänze. Wenn es nicht möglich sein sollte, diese „Reigen" in Berlin selbst zu verbieten, so sollten doch unsere Saalinhaber angewiesen werden, dies zu tun. Wie eine ansteckende Seuche frißt die Unsitte weiter und weiter und wird bald unsere ländlichen Tanzböden vergiftet haben. Gerade weil wir den Tanz als Belustignngsmittel aner kennen, muß die Forderung erhoben werden, die Wackel- nnd Schiebetänze aus unseren öffentlichen Lokalen zu ent fernen und sie gewissen Elementen der Großstädte zu über lassen, deren Anschauung in ihnen zum Ausdruck kommt." Sehr richtig! Chemnitz. 9. Oktober. Ein großer Mordpiozeß begann heute vor dem hiesigen Schwurgerichte gegen die 30jährige Logisvcrmieteriu Martha verwitwete Voigt geborene LcyseA anS Vernsdorf. ES wird ihr zur Last gelegt, ihre >3 jährige Tochter mit Bitterkleesalz vergiftet zu haben, u n cine un bedeutende Versicherungssumme zu erlangen. Zn der Ver handlung, welche dis ganze Woche dauern dürste, sind übe,. 80 Zeugen geladen. Hainichen, 9. Oktober. Die vor kurzem in den hiesigen Holzwarenfabriken ausgebrocheuen Differenzen sind durch die Vermittelung des deutschen Industrie Schuh- Verbandes, Sitz Dresden, beigelegt worden. Leipzig, 9. Oktober. Gegen das Tragen unvenvah ter Hutnadeln richtet sich eine Bekanntmachung des Poli-ei- amies, nach welcher Damen auf der elektrischen Straßenbahn von der Weiterfahrt ausgeschlossen werden sollen, wenn sie Hutnadeln nnverwahrt tragen. Sie haben auch keinen Anspruch ans die Zurückgabe des bereits gezahlten Fah - geidcs. Leipzig, 9. Oktober. Einen Umsatz von 20 Millionen Mark erzielte im vergangenen Jahre der Lei"z.«.P!agwih-r Konsumverein. Der Reingewinn betrug zirka 2 Millionen Mark. Ter Verein ist infolgedessen der höckMesteuerte Verband in Leipzig. Meerane, 9. Oktober. Eine Stiftung von 60 000 Mk. bat Herr Stadtrar Gustav Wagner ans Anlaß seines Aus scheidens ans der Firma Hermann Hofmanu für die B? inten und Arbeiter derselben errichtet. Außerdem stiftete er weitere 50 000 Mark für gemeinnützige und wohltätig' Zwecke der Eia dt. Plauen, 9. Oktober. Sein oOjähriges Besteh, n beging gestern unter großer Anteilnahme der hiesige Gesangverein Lstderkrcmz. Der Liederkranz ist einer der ältesten Gesang vereine dcS Vogtlandes. Schandau, 9. Oktober- Wegen des Verdachtes dcr Brandstiftung und des Versicherungkbetniges wurde um Hebamme Heut ich .-l verhaftet und nach Dresden übergesührt. Kunst, Wissenschaft und Vorträge. > DrrSd««. Zum erste.: Konzert de« Neust ädter Klubs am kommenden Lomiabeud im Hotel Bristol wirkt neben dem Pianisten Direktor Paul Lehmann-Osten dessen talentvolle Schülerin Else Macltzer mit Zum Vo trag gelangen DuoS deutscher und französischer Komponisten auf zwei Klavieren. j Dresden. Konzerte, Arrangement und Eintrittskarten: fst RtcS, Köntgl. Hoi'Mustkalienlinndtung. Konzcrtdirektiou und Piano-Magazin «Inh. Plvtner), Seestr. 31 (Einzang Ringstr.): 2.10, 1>5 einschl. Billettsteukr. Donnerstag, den 12, Oktober, abends >/z8 Uhr. Martha Oppermann. LOder-Lbead, Am Klavier: Karl Pretzsch. Palmengarten, Karten! Mt. 4.20, 8.1b, 2,10, 1.VS einschl, vtllettsteuer. Areckag, den 13, Oktober, abends '/z8 Uhr, Jubiläums- Elite-Konzert des Preußischen tzil-svereinanläßlich seines lojähiigen Bestehens zum Besten des Unterstiitzuvgssondö unter Mitwirkung von Erika W.dekind, Kömgl, Sachs, Kammersängerin, Pils, Emtl Sauer, König!. Lachs, Kammervirtuos. Pros, Heinrich Grünfeld, König!. Pceuß Hof-Cellist, Paul Wieck?, König!. Lachs. Ho scyauspicler, sowie der Königl. Kammermusiker Johannes Sniegler (Violine I), Willy Reiner (Violine IO, Richard Rokohl Viola), Waller Schilling (Cello). Am Klavier: Kart Pretzsch und Otto Bake, Berlin. Gcwcrbehaus, Karten! Mt 5.80, 4.20, 8.15, 2 10, 1.05 einschl. Billetlsteuer. Karten in den Königl. Hof-Musikalienhandlungen F RieS (ist Ptöurer), Seestr. 21 (Eingang Nwgstr,), und Ad. Brauer (^ Vllnner), Hauptstc. 2 (9—l, 8 - ü>. Vergnügungen. *.* Dresden. Viktor iaiaron, Votzü,stichcs bietet das Ostober-Programm. Echan die neun Ea-Gnes, die den Abend durch ein akrobatisches Pmpom.'i ern-euen, e, wecken das größte Interesse. Mn err.sr Lahn ist:: führt diese Truppe ihre halsbrecherischen Künste vor, die da« Publikum tu E.staune:, seht. Die Chung- Lina-Hee-Truppe verdient gleich »reden den nenn Eugvnes genannt z-l werden. Vucy mrbtüsffnde Z:>ube stückchen dringen die'.-tauklec Abwechselung in das nerver,!itz-.-lude Rrveau der vorigen Nummer. Ais auyeist gewandte Jongleuse erweist sich MUc. Emitta Rosä, 4-lnerr Böhme ist em vorinfftücher Humorist, dessen zündende Bor» trä : allgemeinen deif U fand««. Mort. n und Ellwt zeigen sich als Hw mor.lst,:»,ruost'n urd Pnpiecmarnpulato: e:. Mr. Herb.rt Llcyst der amrrtkunische Liamai-Unkönig, parodiert rn amüsanter Werse eine ganz« ROse V rnetüinns'ler, M>r eurem lustigen Reffe» abentrner, über dar man herzlich lachrn tann, «chi eßen die klne- motogri pur ch->: 2 r-!>i-.!»,7 ml dc. utzrstch? >''-dend. - r - viettd»!».'»». ' -a - Odo' '->, r,oO,a-.'or, da 5: ( a?-, ürelle m B c cd, - , >. , Ruins,. > U - . !, !- d. ».ln 7113 —20t, do. >78 -' — - - . >- ' : : ' - h-li- '.-gcirt. 240—246, -'.nstcaUer . Manitoba 240—2 0, r.-r-:.zn.n 'a ttischer, neuer 180—187. do, >äch. 7 ! 74! ,,) 181—1>,5. prenst. neuer 180 vtS 18 !, cuss. 188-IN,:. o.-rste. 'ä t-s,. neu: 200-2^8. schief. 206-216, Posen« 204 2 0, böstn. 2.4 -210. .strt'.r rgerst» 0--1 185 Hafer such!- neuer 0 8 -098, 'ch'es. n.-u-r llll - 133, rusj. >88—138 Mais, pro 1000 188-188 Runtrns:>i. gelb. 176—179, ! Luptata, gelbe- —. Tr.:!e-r pro 1000 kr- >' .tto: 200—210. Wicken wo 1000 ks netto sächsische 225— 240. 7 rchweizen, tnläno. und lr- a.der 215-- -LLK O.isuat, pro lOA! lex. netto, Wrnterraps, scharf, trocken 238-30), L.-ir-saat, vr0 1090 lc,>- netto: seine 385, n'.itt e»c 859 - 865, La Plata 875--880, Bombay NübN- , o 10>) :r,tt raff. 76M. r,c.,pskr: öen (DeeSdner Marken) taupe 14,' 0, ,v-"r:ku:-cn, pro 109 k/.- <Dresdner Marken), I. 21,00, !t. 20,50, Matz, pro 100 Ic-- netto ohne Sack 34,00—36,00, Weizenmehl, 1. Marken, pro 400 l-p, netto ohne Lac' (DreSd Mari a ,' Rais-raus -nc, 80,50—87,00, ArleSleruuSzug 35,50 bis 30 00, Semmeln c.b 34,50—85,03, Bückermimdw.ohl 88.00—88.50, OirieSlermundmeh: 25,50—26 50, Pohlmeh! 20,50—2!,50. Roggen- ' arr.71 pro 100 Oc? netco ohne Tack lDreSdner Marken". Nr. 0 j 28.5 -20.00, N>. 0,1 27,50-28,0 , Nr. 1 26.L0-L7.00. Rr. 2 ' 24 0>'—25 00. N :, 8 21.00-22,0-9. ft-.-ttermeS! l 6.80—17,20. Weizen- — 08 — Wanoenheim freute sich über ihr Entzücken, Er war hochbeglückt, daß sie so lieb zu ihm war und schöpfte neue Hoffnung für seine Wünsche. „Wie froh wäre ich," sagte er, „wenn das Fest die Krone unseres Lebens würde." „Still," gebot Susi, „nun gehen Sie, ich habe jetzt so viel zu tun. Die Toiletten —" „Warum überlassen Sic das mir nicht! Ich habe eine reizende Robe gescheit — rosa Seide, mit Apselblüten —" Sie lachte ihn aus. „Das verstehen Sie nicht, das ist für junge Frauen —" „Ach, Susi — wann endlich soll sich das erfüllen? —" „Wenn es Frühling ist!" Und sie drängte ihn lachend hinaus. Nun galt es, die Toilettcnfrage rasch zu lösen. Natürlich weiße Seide. Das kleidete sie am besten, als einzigen Schmuck höchstens eine Rose. Schwieriger war der Kostenpunkt, da ihre Mittel nicht glänzend waren. Aber die alte Exzellenz wußte Rat. „Ich wollte dir schon längst eine kleine Freude machen," sagte Herr p. Möller. „Aber ich verstehe nicht, was junge Damen nötig haben." Er schob ihr einen zusammengefaltelen Schein in die Hand, „Nimm Las einstweilen, Kind, und wenn es nicht ansreicht, so brauchst du nur ein Wort zu sagen. — Ich habe meine Freude daran, wenn die Jugend sich schmückt — zu sparen brauchst du nicht." Susi schloß den alten Herrn in die Arme und küßte ihn trotz seines Widerstrebens. „Laß mir gut sein," wehrte er ab, „aber wenn ich dich im , Ballstaat scheu könnte es ist lauge her daß ich den goldbetreßten Gala- rock nicht mehr trug —" „Aber natürlich, Onkel!" Sie eilte auf ihr Zimmer und war entzückt, als sich der rinscheinbare Schein als ein Tausender entpuppte. — Sogleich fuhr sie in dic'Stadt und hatte bis in die Nacht hinein zu tun, bis alle Auf träge erledigt waren. Aber sie war so froh, sie lächelte auf dem Heimwege immer vor sich hin: es würde wunderbar sein — ganz wunderbar und märchenhaft — Der Valltag kam. Am Abend trat Susi in den Salon dcr Villa, wo alle Flammen brannten. Und im Glanze der Lichter stand Susi da, schön, wie cine Feenkönigin, in einer Robe von weißer Seide, deren Stoff sich weich um ihre herrliche Gestalt schmiegte und sie wie eine glänzende Wolke von Schnee cinhüllte. Ihr einziger Schmuck waren drei Rosen an der Schulter, und ein kleiner Brillantster», ei» Geschenk der Tante, im hochgepufften Haar. Die alten Leute schauten das schöne Mädchen voll Bewunderung an ustd die Exzellenz rief einmal über das andere: „So schön! So wunderschön! Wie eine FeenköniginI" „Nein, Onkel," sagte sie mit stolzem Neigen des Hauptes „nicht cine Feenkönigin — sondern eine Königin der Schönheit, der Jugend, der Freude will ich sein. Eine siegende KöniginI" Damit rauschte sie hinaus, huschte in den bereitstehenden Wagen und fuhr zum Palais des Grafen Bruck, das seine Pforten weit geöffnet hatte, um die hohen Gäste zu empfangen. Als ob sie daS von jeher gewohnt wäre, so stolz und sicher stieg sie die teppichbelegte Treppe empor; nicht die geringste Befangenheit oder Angst be fiel sie. Denn sie war sich ihres Wertes bewußt! — — 65 — „Fürst Boris, der reiche Russe!" klang es gedämpft an Susis Ohr. „Ach, diese herrlichen Rappen! — Sie gehen in silbernen Geschirren! — Gott, muß der reich sein!" — Susi hörte es und hielt den Atem an. Einen Augenblick sah sie ein schönes, hochmütiges Gesicht, zwei dunkle, blitzende Angen, eine glänzende Uniform — dann war alles verschwunden wie eine Vision, und Susi blickte mit weitgeösfueten Augen nach dem lichterfüllten Vestibül, wo cine hohe, schlanke Gestalt zwischen den Säulen verschwand. Die Tränen schossen ihr in die Augen — da schritt er nun hin. der reiche schöne, russische Fürst Boris, der sie bei jeder Gelegenheit anszeichnete und bevorzugte — sie aber stand draußen in der Kälte, in dcr Nacht — ausge schlossen aus dieser glänzenden Welt! — Susi ballte die Fäuste, biß die Zähne zusammen und blickte zornig nach den erleuchteten Fenstern, die wie goldene Augen iir die Nacht hinaus- strahlten. Tort schritt jetzt Fürst Boris durch die glänzenden Räume, drückte seinen Freunden die Hand, sagte den Damen Schmeicheleien, ward bewundert und gefeiert — Susi drohte zu ersticken. Hastig erfaßte sie den Arm ihres Begleiters. „Kommen Sie, Sommer, wir wollen gehen," sagte sie. „Zum zweiten Akt wird es ja wohl noch reichen —" Schweigend verließen sie den Schloßplatz und gingen dem Theater zu. Leutnant v. Sommer schien Susis Gedanken zu erraten. „Es wohnt ja wobl viel Pracht und Herrlichkeit hinter den Mauern des Schlosses," sagte er, „aber es ist auch hier nicht alles Gold, was glänzt. Auch die Kronen haben ihre Dornen. Liegt Ihnen wirklich so viel au Glanz und Reichtum, gnädiges Fräulein? Ich meine, das wahre Glück wohnt in uns selber. Wenn wir nur unsere Stellung ansfnllcn, unsere Arbeit tun und stets unserer Pflichten ein gedenk sind, so können wir auch in kleinen Verhältnissen zufrieden und glück lich sein. Man muß ja gewiß vorwärts streben, aber nach Unmöglichem sollen wir nie die Hand ausstrecken, cs folgt sonst die bitterste Enttäuschung. Es ist uns nun einmal versagt, die Sterne vom Himmel herabznholen — Susi gab ihm keine Antwort. Was er da sagte, klang so entsetzlich philiströs, daß sie hätte lachen mögen. Was wußte dieser arme Leutnant von ihren stolzen, hochfliegenden Plänen! Arm sein, im Scliatten wandeln, die goldenen Gasse» der Freude weiden ein ganzes Leben lang — nein, das wollte sic nicht! Nach Glanz und Reichtum verlangte sie, nach dem hohen Reich der Freude, in das sic eben einen sehnsüchtigen Blick hineingeworfen hatte wie in das gelobte Land ihrer Träume und Wünsche. Sie blickte noch einmal zurück nach den lichtstrahlenden Räumen des Residenzschlosses und dachte bei sich: „Dorthin gehöre ich! Dort will ich binein und Triumphe feiern — um jeden Preis!" Und ihre schöne, stolze Gestalt zn ihrer ganzen majestätischen Höhe emporrichtend, schritt sie weiter, wie eine Siegerin, di» von einer große», stolzen Zukunft träumt und mit den weist i Fingern kühn nach einer Krone greift — Im Theater wurde „Earmen" gegeben; aber Susi t mute heute der dämonisch-wilden Heldin kein Interesse abgewinnen und bei em Liede „Die Liebe von Zigeunern stammt" - kräuselte sic stöUnch die Lippen. Sie war