Volltext Seite (XML)
Sonnabend den 22. Mai ittiö Pfingsten, das Fest der Liebe Skizze von Thesi Bohrn Nachdruck nicht gestattet Frau Marie stand vor dem Spiegel,sie hatte ihre Toi lette beendet und betrachtete sich mit kritischen Blicken. Das Ergebnis dieser Kritik aber war ein beifälliges Nicken. Gut sah sie aus — keiner würde ihr die 35 Sommer an- merken. Ihr Teint war tadellos frisch, das üppige Haar säsimmerte bronzefarbig und ihre elegante Gestalt kam in dein einfachen Reforurkleid aus leichter, dunkelblauer Seide prächtig zur Geltung. Sie hatte keinerlei Schmuck angelegt, nur an der linken Hand glänzte ein kostbarer Ring. Frau Maria wurde ernst, als ihr Blick darauf fiel. Sie war an einem Wendepunkt ihres Lebens angelangt, denn sie stand im Begriffe, sich ein zweites Mal zu verheiraten. Diesen Ring hatte ihr Oberst Tchlandig geschickt, mit den Begleit worten, er hoffe ihn an ihrem Finger zu sehen, wenn er am Pfingstfest zu ihr kommen wird, sich das Jawort zu holen. Er fühlte sich zwar schon längst im Besitze dieses bedeutungs vollen Wortes, aber er wollte es klar und deutlich von ihren Lippen hören. Frau Maria seufzte. Klar und deutlich, wird sie es mit gutem Gewissen auch so aussprechen können? Liebte sie denn diesen Oberst Schlandig? Ja, sie glaubte wenigsten ihn zu liebem Er war einer jener glänzenden ! Offiziere, die durch ihr sicheres Auftreten, ihr Selbstbewußt- : fein und ihre bezwingende Liebenswürdigkeit sich alle Herzen i im Sturme erobern. Er war ein schöner Mann und reich, batte somit die Wahl zwischen den schönsten, reichsten und jüngsten Mädchen seiner Kreise und er wählte sie, die all' . diese Eigensclxfft nicht besaß. Ihn aber reizte ihre Eigen- ^ art. er nannte sie immer Orchidee oder die Frau mit den ; 'Sphinrangen. Sie wurde von vielen beneidet wegen dieser Erobe- j rung, aber auch von ebenso vielen verurteilt, und mit ^ R-.cist. Sie verschloß sich dieser Einsicht nicht. Er wollte ihr ' alles zu Füßen legen, Name, Stand, Reichtum, verlangte > aber dafür ein riesiges Opfer von ihr. Sie mußte sich von ; ihren Kindern trennen, sie durfte ihre Lieblinge nicht mit- - nehmen in ihr neues Heim, die sollten bei den Stiefeltern ^ ibres verstorbenen Mannes bleiben und da das neue Heim " gar iveit entfernt lag, ivar die Trennung eine ausgiebige j und es gab höchstens einmal im Jahr ein kurzes Wieder- seben. Das war hart, sehr hart, manchmal schien es ihr unmöglich. Aber dann dachte sie wieder, wie viel mehr kie Kindern angedeihen lassen konnte, wenn sie nicht mehr so zu ^ waren brauchte, wie jetzt, wenn sie mit vollen Händen geben und ihnen vielleicht eine bessere Zukunft sichern konnte. Und dann — sie wollte sich's eigentlich nicht eingestehen, aber sie dürstete nach Freude, Leben, Genuß, denn sie war darin bis jetzt zu kurz gekommen in ihrem Leben. Sie t arte immer nur schwere Pflichten zu erfüllen und Kranke zu vflegen gehabt. Schon daheim, als ganz junges Mäd chen. eine ältere, immer kranke und geistesschwache Schwe ster, dann die Eltern und später ihren Mann. Sie hatte st ii aus innigster Liebe geheiratet, doch nach mehreren Jahren ungetrübte» Familienglückes wurde er vom Schlage gerührt und siechte dahin! sein endlicher Tod bedeutete für st n eine Erlösung. Seit fünf Jahren war sie Witwe. Es war eine Zeit voll Sorgen und Aufregungen gewesen. Sie lebte zwar nicht in kärglichen, aber doch in einfachen, be scheidenen Perhältnissen — wer konnte es ihr verdenken, wenn sie auch einmal aus dem Bollen schöpfen wollte, wenn sie das ergriff, was sich ihr so verlockend darbot? Tat sie Unrecht? Ja, wer das wissen mochte! Eines stand fest, irob. so recht aus vollem Herzen, konnte sie dieses Verhält- nisies nicht werden: trotzdem war sie entschlossen, ihr Ja wort zu geben; der Verstand sprach dafür und deshalb wollte, mußte sie ihre widerstreitenden Gefühle zum Schwei gen bringen. Hier galt es rasch handeln, Schwanken und Grübeln führte zu nichts. War einmal die Brücke abge- broä-en, gab's kein Zurück mehr, dann würde sich das we-store von selbst finden. Sie setzte sich auf einen Stuhl gegenüber der EingangS- wr und sah nach der Uhr. Noch eine halbe Stunde und er wird zu dieser Türe hereintreten, sie wird ihm die Hand reichen — und iltr "Schicksal war besiegelt. Im Nebenzimmer wurde es plötzlich laut — was war das? Die Kinder? Unmöglich, die hatte sie doch fortge schickt auf einen Spaziergang — waren die schon wieder zurück? Die konnte sie jetzt am aller-wenigsten brauchen. Mißbilligend hob sie den Kopf, als die schmale Tapetentüre in der Ecke aufging, aber ihr strenger Blick verwandelte sich in einen wenk-en, gerührten, als die Kinder, alle dreie, eines hinter dem anderen hereinstürmten. Voran Erich, ihr ältester, der vierzehnjährige Gymnasiast mit den großen, sprechenden Augen und den Zügen des Vaters; dann Eli, die zwölfjährige Mädchenknospe, mit dem leuchtenden Zaus- l-aar und dem kecken Stumpfnäschen, und zum Schluß Karl, ibr jüngster, das liebe siebenjährige Dickchen. „Ah, Mama, Mama, wie schön du bistl" rief El! be wundernd. „Warum hast du dich heute so schön gemacht?" „Weil Feiertag ist," meinte Kurt prompt und setzte hinzu: Pfingsten — tvas ist das eigentlich für ein Fest. Pfingsten?" „So. das weißt dn nicht, Dicker?" rief Erich mit über- ltgener Miene und kramte sofort wichtig seine Kenntnisse ouS: „Dieses Fest wird gefeiert zu Ehren des heiligen Geistes, des Geistes der Liebe, der in Gestalt feuriger Zun gen auf die Apostel Herabkain." „Ja," nickte Frau Maria, „zu Ehren des heiligen Geistes, des Geistes der Liebe, wird das Fest gefeiert; der Liebe, welche die Menschen einte und gut machen soll. Eli war hinter Musters Stuhl getreten und vergrub nun ihr Gesichtchen in Mutters üppigem Haar: „Liebst du uns? Liebst du uns, Mutti? Wir lieben dich so sehr." Sie sprach es nicht in Worten aus, aber die Mutter hörte es so. Erich nahm ihre Hand und küßte sie zärtlich und Kurt kletterte engerisch auf ihren Schoß und schlang seine dicken Arme um ihren Hals. „Liebst du uns? Liebst du uns?" DüamsHe AolkSzettung , Sie fragten es nicht, aber die Frage drückte sich in ihrem Tun aus, unbewußt, innig, deutlich werbend. „Kinder, Kinder, ihr wißt nicht, was ihr tut!" Vor Frau Maria versank plötzlich die ganze Welt des Scheines, die sie in der letzten Zeit um sich her aufgebaut hatte, und alles, was ihr noch vor wenigen Minuten be gehrenswert erschien, nach dem sie mit glühendem Verlan gen die Hände ausgeftreckt, erschien ihr nichtig und wert los. Besaß sie nicht einen Schatz, einen großen, unermeß lichen Schatz? Schien ihr nicht das Licht der Welt? ! Und ihre ganze Umgebung nickte ihr zu so traut und warm. Die einfachen, lederbezogenen Stühle, die Hänge lampe, die Stiche in ihren schlichten Holzrahmen, die wollenen Gardinen und die Blattpflanzen in der Fenster ecke. „Ja, ja, ja, einen Schah, einen unermeßlichen Schatz. Und all der ersehnte Luxus von Samt und Seide, von kost baren Teppichen und Bildern lag weit zurück wie ein über- standener Fiebertraum, aus dem sie zur beglückend gesunden Wirklichkeit erlvachte. Die Hellen Tränen glänzten ihr im ! Auge, ihr war so Wohl, so leicht, ein Singen und Klingen zog durch ihre Seele und sie überließ sich willenlos den Liebkosungen ihrer Kinder. Sie hatten's alle vier über hört, daß schon zweimal an die Türe geklopft wurde und hatten's übersehen, daß sich endlich die Türe öffnete und Oberst Schlanding in seiner ganzen Größe und Herrlichkeit in ihrem Rahmen erschien. Mit einem Blicke erfaßte er die ganze Gruppe und ein kaltes „Guten Tag" kam endlich über seine Lippen. Mit einem Schlage war der Zauber, der diese Gruppe umfangen hielt, gelöst. Frau Maria erhob sich, der selige Schimmer, der ihr Gesicht verklärte, machte einem tiefen Ernste Platz. „Geht jetzt, Kinder, geht ins Wohnzimmer, ich komme gleich nach," sagte sie sanft. Und die Kinder gingen. Minutenlang standen sich die beiden Menschen schwei gend gegenüber. Ta zog die Frau den kostbaren Ring vom Finger und reichte ihn dem Manne hin. „Maria! Gnädige Frau! Das kann Ihr Ernst nicht sein, besinnen Sie sich und handeln Sie nicht in der Auf regung des Augenblickes." „Bitte, nehmen Sie, ich bin ruhig und mir voll und ganz bewußt, was ich tue." „Das ist unmöglich! Dann kennen Sie die wahre Liebe nicht, wissen nicht, was Liebe ist!" „Doch ich weiß, was Liebe ist: die Liebe, welche die ganze Welt überstrahlt, die Menschen eint und gut macht und nicht sie trennt und auseinanderreißt. Trachten auch Sie diese Liebe zu erringen und Sie werden glücklich sein." Pfinyftmorgen Im Morgenschimmer ruht die Erde Von Nebelschleiern sanft umhüllt. O daß eS lichter Tag nun werde. Der rings die Welt mit Glanz erfüllt I ES geht ein zitterndes Erwarten Schon durch den leisen Morgentraum. Ein Beben fliegt durch Gottes Garten. Ein Flüstern durch den Weltenraum. Doch wie zerfließen die Nebelschleier Und Strahlen huschen über die Welt. Da wacht die Erde auf zur Feier, Allüberall vom Licht erhellt. Die Lerche steigt empor zur Sonne Und singt von Gottes Herrlichkeit. Sie kündet jubelnd FrühltngSwonne Und schaut die Welt im Feterkleid. Horch! Wie so trostverkündend läuten Pfingstglocken fern im tiefen Lall O du! Erheb' in all den Freuden Dein Herz ob aller Erdenqnall HanS Lehmann-Chemnitz. Ihr Sohn! Von S. Barinkay (München) Nachdruck nicht gestattet Am zweiten Mpbilinachungstage mußte er schon fort. In lauter Hetze hatte er sich ausgestattet. Die Mutter — er war ihr Einziger — legte, als er zum Abschied kam, noch eine Menge Sachen zum Mitnehmen auf den Tisch. Er lachte. Mit seinen blauen, freundlichen Bayern augen lachte er auf das herzlichste. „Mutterl, das ist ja riesig lieb von dir, aber schau, wo soll ich das alles hintun?" sprach er und schlang sich zum Spaß einen langen, gestrickten Wollschal um den Hals, be klemmend anzusehen in der Augusthitze. „Da müßte ich ja einen großen Koffer mitschleppen. Mein Tornister ist knall voll. Geht nix mehr hinein. Du kannst mir ja später dies und das nachschicken, gelt. Und sonst mach' dir keine Sorge! Tein Max erfriert und verhungert nicht. Dafür helfen schon Kaiser und König und der Herr Jntendanturrat und der Koch und einige andere. Und wenn's schon einmal hapert, ein bissel Irische härtet ab. Das alles fürcht' ich nicht. Nur gefangen will ich nicht werden. Das wär' mir das Schrecklichste. Das wär' mir das größte Uebel! Der Gedanke, wer weiß wie lange die Gesichter unserer Feinde um mich zu sehen, von ihnen Essen und Nachtlager zu nehmen, für sie zu schaffen und stillhaltcn zu müssen, statt — nein, tausendmal lieber verwindet oder gleich tot." Sic machte eine entsetzte Miene. „Na, na, Mutterl, mußt nicht so erschrecken! Ein Sol dat kann verwundet werden und kann sein Leben lassen müssen! Das muß man sich vor Augen halten und fest darauf Hinblicken. Nur nicht schwach sein! Jeder Ver wundete ist noch kein Krüppel, den heilt und flickt man wieder sein zusammen. Und wer halt am Schlachtfeld bleibt, der hat einen schönen Tod für eine große, heilige Sache. So ein Tod ist mehr wert als oft ein langes, müh seliges, fades Leben. Kümmere dich nichts, das macht unser Herrgott schon alles recht! Aber das binde ich dir auf die Seele: bitte ihn, daß er mich nicht von diesen verdammten Nr. 116 — Seue 6 Rothosen oder Russenungeziefer erwischen läßt! Leicht könnt' er das übersehen, denn er hat viel zu tun jetzt. Also bitt' und mahn' ihn recht schön!" Und dann war die Minute da, die unerbittlich das Scheiden gebot. Fix und fertig, straff und tadellos, stand der junge Krieger inmitten des Zimmers und blickte aus seine Mutter hin. Der köstliche, so wundervolle und segens- reiche Humor, der im Soldatenkleid zu stecken scheint und von Len meisten Trägern zu ihrem Heile gefunden wird, wich von ihm. Seine Augen waren heiß und tränenvoll, als er sie in die Arme nahm. „Mein gutes Mutterl, leb wohl! Sei stark und ver- traue auf Gott! Ich mach's ebenso. Wenn er will, komm' ich wieder. Komm' ich nicht mehr, er wird's wissen dann warum. Und er wird dich nicht verlassen! Darum bet' ich, so oft ich Zeit habe. Und wann's geht, schreibe ich. Und jetzt auf Wiedersehen!" Die jungen, frischen Lippen preßten sich fest und lange auf die zitternden, welken, die Finger krampften sich in einander, ein letztes Umarmen, ein letzter Blick. Das ältliche Frauchen weinte, weinte, ach, so bitterlich, daß alle Segenswünsche erstickten, die aus dem Herzen nach drängten, und daß es vor stürzenden Tränen die liebe Ge stalt kaum mehr sehen konnte, die gar stolz und aufrecht und mannhaft die Straße hinabschritt. Wochen vergingen, bange, schwere Wochen. Man wußte, es war keine Nachricht von den Ausgezogencn zu erwarten. Und man hielt still und betete und weinte im geheimen. Dann trat die Feldpost in Tätigkeit. Die Karten flat terten von fernher, wohin aller Sinne und Herzen gerichtet waren, und brachten Kunde. Die man liebte, lebten noch! Das war für ein paar Stunden des Glücks genug. — Auch Maxens Mutter wartete. Ach, und wie sehn süchtig. Wartete Tag um Tag. Die schlichen so träge, als wären's Wochen. Keine Zeile! Wartete Woche um Woche: die glichen Monaten an Länge. Keine Nachricht. Rings um sie die Familien, die Frauen und Mütter und Mädchen erhielten Botschaft; manchmal auch eine trau rige, aber doch eine. Sie lauschte voll Gier in die grauen volle Stummheit hinaus, die ihr langsam das Herz zu- schnürte. Die Sorge wurde zur Angst, die Angst zur Ver- zweiflung. Die qualvollsten Vorstellungen bekamen über sie Ge walt, die kein Trost und kein Zureden verscheuchen konnten. Tot war er — von einer Kugel blitzschnell umgerissen und mit Freund und Feind in ein Massengrab verscharr;. — Tot war er — von ruchloser, feindlicher Meuchelhaud grausam und unmenschlich hingeschlachtet. Tot war er — verblutet an einer bösen Wunde — elend und hilflos gestorben — irgend lag er in fremder Erde — ein ein sames Grab, um das klagend der Wind strich. Sie las die Verlustlisten mit brennenden Augen, ein- mal, zweimal, ein Dutzend mal, und wäre überglücklich ge wesen, wenn sie ihn unter den Verwundeten gesunden hätte. Sie lief von Behörde zu Behörde; sie fragte da, fragte dorr. Man konnte ihr keinen klaren, bestimmten Bescheid geben. Wie sollte man zur Stunde, da Deutschlands Verteidiger sturmesschnell den Feinden entgegeneilten, eine sichere Aus- kunst über Sein und Nichtsein eines der Millionen Sol daten sagen können?! Gemeldet war er bis jetzt noch nicht als tot. Vielleicht lag er in einem Lazarett, und heute oder morgen traf Kunde von ihm ein. So tauchte hell eine halbe Hoffnung vor ihr auf und erlosch doch so schnell wieder, wenn Tag und Nacht verrann und die Ferne stumm blieb für sie. Ihr Gebet, das erst ein brünstiges Stammeln, ein innigheißes Flehen war, wurde zum jammernden Schrei. Da erhielt sie eines Tages einen Feldpostbrief von frenider Hand. Eiseskälte lief ihr übers Herz. Das war ein letzter Grnß von ihm, den ein barmherziger Kamerad ihr schickte. Zwei Zettel steckten im Umschlag. Der, den sie zuerst las, lautete: „Liebe Frau! Im Kasernenquartier in Luneville fand ich im Stroh sack, den ich wegen der Tücke des Feindes befehlsmäßig durchsuchen mußte, einliegenden Zettel und sende ihn sofort, damit Sie nicht länger um Ihren Sohn in Unruhe sind. Gruß von einem deutschen Krieger." Und der andere trug die Schrift ihres Sohnes. Bei diesem Anblick fiel sic wie gelähmt auf einen Stuhl und ver schlang die undeutlichen Buchstaben. „Geliebtes Mutterl! Was mir als das gräßlichste vorgeschwebt hat, ist ein getroffen. Ich wurde von den verfl . . . Franzosen gefan gen und mit einem anderen Kompagnie hier untergebracht. Brauchst nicht sorgen um mich; soweit geht's mir ganz leid lich. Morgen sollen wir wo anders hin transportiert werden, und ich verstecke diesen Zettel mit deiner Adresse in meinem Strohsack. Wenn die unseren hierher kommen — oh, sic kommen hierher! — vielleicht findet sich ein braver Kamerad (dem ich herzlich danke!) und schickt ihn dir. Damit du weißt das noch lebt und unversehrt ist dein dich tausendmal grü ßender, aber sonst recht unglücklicher, recht unglücklicher Max." Sie jubelt auf. Sie drückt das Blatt, so zerknittert und schmutzig es war, wieder und wieder an die Lippen. Er lebte! Er war heil und gesund! Oh, Dank, Dank dir, lieber Gott! Hatte sie erst vor Schmerz und Gram ge- gewcint, so weinte sie nun vor Freude. Also gefangen. Der Gedanke war nur nebenher durch ihre schrecklichen Vorstellungen geglitten! Er war ihr dabei so hell und angenehm erschienen, daß sie sich stets schnell von ihm abwandte. Oh, nun war alles gut! So weit es gut sein konnte. Denn gefangen sein heißt leben! Der Gefan gene kehrt früher oder später unverletzt in die Heimat zu den Seinen zurück! Und sie hatte von den Schauern >eS Todes geträumt. Gefangen sein ist doch das kleinere Nebel von allen Nebeln, die einen Soldaten im Felde umwittern, jauchzte egogistisch die Mutterliebe und erstickte eine andere Stimme, die sich erheben wollte. —