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Rr. 18L LS. Jahr-. «SefchSstsstelle m»d Redaktt»»» DV—de« « «. 16, Holbeinftratze SacnsWe Dienstag, 12. August 1818 Fe»«sprccher 21388 Postscheckkonto Leis>^Nr. 147S7 DolHzeimna »«»,«»« I mU Illustr. Beilage dlerleljShrN« ».88 Fl. In Dresden imd gan, Deuckyland frei Han» 8.8V F». — «u»,a»e « vierteljährlich ».88 Fl. In Dresden und gan, Deutschland frei Haus S O« Ft. — Die «üchsilchr BoUS-eidm- erscheint an allen Wochentagen nachmittags. — Sprechstunde der Redaktion: II dt- 1» Uhr vermttlagS. «n,eigen, «nnahme von GelchliilSanzelgen di» IN Udr von Fnmlllena»,eigen biS 11 Uhr vorm. — V»«IS «kr di« Petil-Spall-eUe 4« im Reklamctetl 1 Ft. Familien-ki,neigen 30 q — Für undeutlich geschrieben«, sowie durch Fern sprecher ausgegedene Anzeigen lünnen wir die Beranlworllichleii siir die Richtigkeit de, Teiles nicht übernehmen Sachliche Mitarbeit Zil den Meinungsverschiedenheiten über die Haltung der Zcntrumsfraktion, M vielfach aus den Wählerkreisen laut wurden, ergreift Professor Grebe, M. d. Pr. L., in der „Köln. Bolkszeitg." unter obiger Ueherschrift das Wort. Den trefflichen Ausführungen haben wir nichts hinzuzu- fügen. Der Abgeordnebs^egründet zunächst ein nochmali ges Eingehen auf die Einwendungen der letzten Zeit, die vielfach Vorwürfe gegen den Minister Erzberger enthalten, deren Berechtigung er aber an dieser Stelle nicht unter suchen will und fahrt dann fort: Herr Erzberger gehört nun einmal zu den meist um strittenen Persönlichkeiten, und es dürfte bei dein gegen wärtigen Stande der Dinge kaum gelingen, seine einge- schworenen Anhänger ihm abtrünnig zu machen, oder seine abgesagten Widersacher für ihn zu gewinnen. Darum muß man sich fragen, ob eine Bekämpfung von Persönlichkeiten, die so wenig Erfolg verspricht, das geeignete Mittel ist, wirkliche Mißstände zu beseitigen. Herr Erzberger ist nicht zum ersten Male das Ziel lustiger Angriffe, aber sein Einfluß ist dadurch nicht ver mindert. Gerade die Entwicklung der letzten Wochen l>at gezeigt, wohin eine solche persönliche Kampfesweise führt. Las Bestreben, diejenigen, die den Frieden unterzeichnet haben, auch für die Lasten verantwortlich zu machen, die der Vertrag uns auferlegt, mußte unvermeidlich die Gegen frage nach der Schuld an der Verlängerung und dem Ver luste des Krieges wecken. So bieten >vir denn der Welt wieder das unerquickliche Schauspiel von „Enthüllringen", die Deutsche gegen Deutsche richten, um sich gegenseitig die Schuld am Kriege und an unserer Niederlage zuzuschieben. Was der Feind uns alles zugefügt, wird darüber ganz ver gessen. Lloyd George mag jetzt, wie weiland Kaiser Tibe- rluS, ohne Sorge um Len deutschen Wettbewerb sich sagen, die Deutschen könnten ruhig ihrer inneren Zwietracht über lassen werden. Auf diese Weise ist an eine nationale Wie dergeburt, an ein schweigendes bewußtes Zusammenfassen aller Kräfte der Nation zu dem einen Ziele der Erhaltung und Durchsetzung des Deutschtums neben den übrigen Völ kern, gar nicht zu denken. Eine restlose Aufklärung über Veginn, Verlauf und Abschluß des großen Trauerspiels mag eine Nota-neigtest geworden sein. Tann muß di-' Prüfung der Frage -. der erfolgen durch einen unpartei ischen Ausschuß. Die Zusammenstellung und Ver- össertlichuua des Materials darf nur sachlichen Gesichts punkten Raum geben. Die Enthüllungen in der Art, wie sie heute vor sich gehen, sind kein Stahlbad, das den Nerven des deutschen Volkes Gesundheit bereitet; sie ver mehren nur die allgemeine Unzufriedenheit und treiben die Massen noch mehr nach links. Die persönliche Kampfesweise führt nur dahin, daß die 'Schuld am Kriege immer wieder aufgerührt, das Verlsting- nis des 9. November vergessen wird. Gewiß hat die Re volution den Zusammenbruch nicht allein verschuldet; sie Hst uns aber vollständig entlvaffnet und wehrlos gemacht, sie. hat zahllose Milliarden Revolutionsschulden noch zu den Kriegslasten hinzugehäuft, sie hat unermeßliche Werte ver nichtet und unsere Arbeitsfähigkeit untergraben, sie trägt die Schuld, daß der Wiederaufbau unseres Wirtschafts lebens, um viele Monate hinausgeschoben, ja heute noch ir. Frage gestellt ist. Vorwürfe gegen die Revolution nützen treiüch auh nichts. Dadurch ist sie nicht ungeschehen zu machen, und es ertönt sofort der Gcgenruf von der Schuld des Krieges. Krieg und Revolution sind Tatsachen, mit denen wir uns abfinden müssen. Wohl aber dürfen und müssen Nur immer wieder darauf Hinweisen, daß die Ne- volution nichts gebessert hat und in ihren Fol- gen unser ganze Zukunst bedroht. Den Geist der Revolu tion müssen wir überwinden, den Geist der Begehrlichkeit und Unlust zu jeder ernsten Arbeit, den Geist, den die So zialdemokratie ein halbes Jahrhundert lang in die Massen hineingepflanzt hat. Eine Umkehr aus dieser Geistesrich- tung ist notwendig: sie wird aber nicht erreicht durch dau ernde Kritik an Personen und Ereignissen, sondern nur durch sachliche Mitarbeit. Der tiefer« Grund für die Mißstimmung, die in den Kreisen der Gebildeten herrscht, ist die Enttäuschung und Unzufriedenheit mit der ganzen politischen Entivick- lung seit dem 9. November. Unter dem ersten Eindruck der Revolution, als die übrigen bürgerlichen Parteien zum Teil nur recht langsam eine feste .Haltung gegenüber der neuen Lage gewannen, als keine von ihnen ausreichende Widerstandskraft gegen die siegestrunkene Sozialdemokratie zu besitzen schien, sahen viele im Zentrum die einzige Rct- tung. Gerade unter den Gebildeten wuchs das Ansehen der Partei selbst in evangelischen Kreisen. Schien sie doch allein die Kraft zu haben, das gläubige Volk unter ihrer Fahne zu sammeln und den organisierten Massen des Umsturzes Massen der Ordnung und aufbauender Arbeit entgegenzu stellen. Das Zentrum hat diese Hoffnung auch nicht ent täuscht; unerschütterlich behauptete es sich in alter Stärke und verhinderte eine rote Mehrheit. Ohne das Zentrum hätten wir eine rein sozialistische Regierung bekommen, die zweifellos bald vom Bolschewismus abgelöst >väre. Ter Bolschewismus aber, das gab auch der Abgeordnete Traub auf dem deutschnationalen Parteitage zu, „ist nickst Rettung, sondern absoluter Untergang". Man erwartete aber vom Zentrum mehr: es sollte ganz mit der Revolution aufräu- men und die alte Ordnung wieder Herstellen. Dieser Wunsch konnte nicht Wirklichkeit werden. Man vergaß ganz, daß auch Revolutionen sich langsam auswirken und ausheilcn. Sind sie einmal vollständig durchgedrungen, so gibt les keine plötzliche Umkehr, sondern nur allmähliche Festigung der Verhältnisse. Wir haben ja Beispiele aus der jüngsten Zeit. In Bayern folgte auf den Bolschewismus nicht die Reaktion, sondern eine Regierung ähnlicher Zusammensetzung wie i.n Reiche: nur ist dort der Einfluß der Linken noch stärker-. In Ungarn ist die Näteregierung ebenfalls gestürzt, aber trotz der grausigen Verwüstungen, die sie angerichtet, ist die Macht nicht sofort an das Bürgertum übergegangrn, sondern zunächst ist eine rein sozialistisck)e Negierung ge bildet. Je jveiter die Erkenntnis von der Unmöglichkeit des Sozialismus in die Massen dringt, desto mehr werden auch' die politischen Verhältnisse sich wieder austvärts ent wickeln. Das Zusammenarbeiten mit der Sozialdemokratie >var ebenso eine bittere Notwendigkeit wie die Unter Zeichnung des Friedens. Angriffe in dieser Rickstung wir ken verletzend und zwingen zur Abwehr. Ta durch wird aber die innere Front verschoben. Wir haben den Wahl kampf gegen die Sozialdemokratie geführt, und diese Front stellung müssen wir beibehalten. Das Zusammengehen mit dieser Pnrtei ist rein taktisch, durch die Not der Zeit er- zwungen. Vorläufig ist nur mit ihr die Aufrechterhaltung der Ordnung möglich, und in praktischen: Zusammenwirken läßt sich mit ihr ein gut Teil Arbeit am Wiederaufbau er- ' ledigen. Aber die Unvereinbarkeit der Grundsätze bleibt. Am Geist der Sozialdemokratie krankt das deutsche Volk, und erst, wenn es sich innerlich von diesem Geist frei ge macht hat, kann wirkliche Gesundung erfolgen. Teslwlb darf die scharfe Gvenzsckieide nach links nickst verwischt werden. „Die Gebildeten wollen gern Mitarbeiten," sagt eine Zuschrift, „man muß ihnen aber die Mitarbeit nicht un- möglich machen." Im Zentrum wird nienmnd die Mit- arbeit unmöglich gemacht. Unangenehm aber ist sie sehr oft. Wir leben eben in Revolutionszeiten. Es ist auch sehr vieles zu tadeln an dem jetzigen Zustande. Gerade die Gebildeten können wertvolle Hilfe leisten in der Abwehr vrn schädlichen und der Verwirklichung guter Gedanken. In Presse und Organisation müssen sie ihre Ansichten dar- legen und Einfluß auf die Gestaltung der Verhältnisse zu gewinnen suchen. In der Partei kann ihre Mitwirkung Ersprießliches leisten, neben der Partei oder gar gegen sie 'erden sie die Gesundung unserer Verhältnisse nickst för dern. sondern nur hemmen. Tie Opposition hat es viel leichter als da» Zentrum. Tie Teutschnationalen können leicht Töne anschlagcn, die durch ihre Frische, Unentwegtheit uni. Grundsatztreue auch bei uianchem Zentrumsmann einen freudigen Widerhall wecken. Sie werden aber nie die Mehrheit des Volkes für sich gewinnen und so Gelegenheit zr- positivem Schaffen erhalten. Schließen sich die Gebil deten in dieser Partei von den Massen ab, so sind im zu pr Mischer Fruchtlosigkeit verurteilt. Ter Sozialdemo kratie werden sie wenig schaden. Nur fachliche Mitarbeit verspricht Erfolg, wenn sie auch dornenvoller ist. Die Einheitssteuer (Von unserem Weimarer parlamentarischen Vertreter Wir Deutsche werden demnächst eine „Einheitssteuer" zahlen müssen! Tie bisherigen staatlichen Einkommen steuern, sowie die kommunellen steuerlichen Abgaben wer den von einer künftigen Reichssteuer aufgesogen. Bisher hatten wir im Deutschen Reiche noch keine direkte Reichs- steuer. Die Abgaben an das Reich ergaben sich durch in direkte Steuern von Lebens- und Genußmitteln und der gleichen. Nunmehr wird mit der Reichssteuereinheit auch eine Einheits-Reichssteuer verknüpft. Der deutsche Staats bürger wird also denmächst an das Reich diejenigen Steuer- betrüge entrichten müssen, die bisher an den Einzelstaat oder an die Gemeinde bezahlt wurden. Nur einige beson dere Spezialsteuerarten werden eine besondere Abreckpumtz und Erhebung erfordern. Im Grunde ist cs naturgemäß jedem Steuerzahler gleick)gültig, an wen und wohin er den ibm auferlegtei» Tribut abträgt, aber für die staatliche Finanzreform ist es ein wesentlicher Unterschied, ob die Steuererhebung zentral erfolgt oder nicht. Unsere Reichssinanzgebarnng litt schon seit vielen Jahren an dem Mangel einer Einlnsttlichkeili und an dem Mangel eines einheitlichen Planes. Wir habent sckpn seit langem an dieser Stelle die Forderung nach einer, Zentralisierung des deutschen Stenerwesens, insbesondere nach einem deutschen Reickjsstenerprogramm erlwbe». Tie Reichsabgabeordnung, die nunmehr der Nativnalveisainm-, lung in Vorlage gebracht wurde, ist der erste, aber lxrhn-> brechende Schritt zu dieser Vereinheitlichung. Da es sich um den Bruch aber herkömmlicl-cn Aus« fassungen und Gepflogenheiten in dieser Frage bandelt, sind naturgemäß in verschiedenen Einzelstaaten starke Widerstände und Widersprüche gingen diesen Plan ausgetre ten. Namentlich Bayern, Sachsen und Baden lxcheir sich die Zustimmung zu dieser Reichsabgabenordnung und da mit die Aufgabe ihrer stenerlickren Selbständigkeit nickst ab« ringen lassen. Hier spielen allerdings Fragen nächtigster, wirtschaftlicher Natur mit, deren Berechtigung auch dis Freunde der Vereinheitlichung des Stenerwesens nickst ver kennen können. Es werden von den Einzelstaaten zlr>cifellos die aller größten, in die Staatshoheit unmittelbar eingreifenden Opfer verlangt. Im Interesse des Staatsganzen war un« I ter den obwaltenden Umständen ein anderer Ausweg nicht möglich, wenn wir uns nicht namentlich im Hinblick auf die feindlickseu Friedensbedinguirgen den größte» Schwie rigkeiten aussetzen wollten. Nach den Versailler Friedens« verlxmdlungen kann sich nämlich die Entente, wenn daH Reich zahlungsunfähig würde, in beliebigem Umfange an jeden Einzelstaat l-alten, da mittelbare Haftung in dwiei« ^ FriedenSbedingnngen ausgesprochen ist. Unter diesem Ge sichtswinkel bet rächtet kann nur die strafte Zentralisation des gesamten deutschen Steuerwesens durch das Reich der« Reich den finanziellen Znsawmeuburch des Reick>es wie der Einzelstaaten vermeiden. Selbstverständlich müssen diese und die Gemeinden volle Gewähr dafür l>aben, daß sie ihren finanziellen Verpflichtungen in zweckentsprechender Weise Nachkommen können. Tie Rcickrsabgabeorduung sieht auch vor, daß die finanziellen Ansprück)« und Bedürf nisse von Staat und Gemeinde gesichert werden. Aus dem Gesamtertrag der neuen Neichseiuheitssteuer fließen dem Reick)e 7k,, den Gemeinden 15 nird den Einzelstaatcn 10 Prozent zu. Es ist aber Vorsorge getroffen, daß de» letz« teren, falls diese Zuweisungen nicht genügen, besbudiers Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das künftige Stenernetz wird so engmaschig geknüpft! sein, daß es auch dem geriebensten Steuerjonglenr rechH sauer gemacht wird, sich dnrckMwinden. Di« vorgesehene Steuerorganisation wird eine Form erlralten, die cs ermög« licht, bis in den letzten Winkel zu leuchten und die Einkorn« mensverhältnisse der Steuerpflichtigen bis zur Hefe zu analysieren. Jeder, der mehr als 10 009 M. Einkominew hat, muß fortan seine Einnahmen fortlaufend anfzeichnen. Für die Banken wird eine allgemeine Anskunftspslicht ge« setzlich angeordnet. Sie müssen dem Finanzamt fortlaufend' Verzeichnisse über jeden einzelnen Kunden einsenden und jede Veränderung in dem Bestände ihrer Kunden Mitteilen, Tiefe Buchführung und Auskunftspflickst werden in Ver« bindung mit den vorgesehenen tiefgreifenden Kontrollmaß« nahmen zweifellos eine ungeahnte Verstärkung des Steuer« einkomiiiensolls zur Folge haben. Die Venvaltung des künftigen Reichssteuenrxüeus ist derart gedackst, daß die oberste Organisation der Reichs« stenerverlvallniig obliegt. Tie Spitze bildet das Reichst« siimnzministerium, welckjes Landesfinunzämter in den ein^ zelnen Bundesstaaten oder in besonders großen Bezirken, der Einzelstaaten errichtet. Tiefen Landesfinanzämtern, werden dann Landesämter unterstellt, welckze die eigent« lick-en ste»erteckmischen Arbeiten zu erledigen l)aben. Bei diesen Aenitcrn sollen in ausgiebigem Maße Laien, sowolst für die Steuerveranlagung wie für die Stenerberichte, die besonders errichtet werden, hinzugezogen lverdcn. Man sieht also, daß man hinsichtlich der Frage öeÄ künftigen Stenerwesens ganz neue und großzügige Bah« neu, beschreitet. Diese „Großzügigkeit" wird sich ja für den Steuerzahler dadurch geltend machen, daß seine kiins« tigen S t e n e r l e i stii n ge n durchschnittlich! das Fünffache dessen betragen werden, waU er im Frieden entrichten m u ßt e. Bei allen nur zu verständlichen und begreiflichen Ein« lvendungen, die man gegen diese Steuerpläne und ihre Einzelheiten lwben kann, ist jedoch die Notwendigkeit Sec