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---«s Mittwoch, den 8. März LVttS Sahrgang. «r. S«. Egcheint «italich nachm, mit «uSuabme der Sonn- und gefttaae UeznaSpretS i Lierteyühll. 1 Mk. k« Pf. ohne Aellellüeld Hei nttkerdeutsche» Pollansiolteii It. üeitunkSpretSI. «inze!»,immer IVP» Ke dnMons-Svrechstiliide: II—1« Nbr. Die Generaldebatte über die Militär- Vorlage. In der Budgetkommission ist nach vier Tage langer Debatte die Generaldebatte über die Militärvorlage zu Ende geführt worden. Wenn der Kriegsminister auch nur die Vermehrung von 10 339 Mann fordert — die neue Last ist immerhin groß genug —, so hat gerade das Zentrum die Sache nicht leicht genommen. Die Vorlage wurde so ein gehend geprüft, wie wenn es sich um die weitgreifende Mili tärvorlage früherer Jahre gehandelt hätte. Die Aufklärun gen, welche von seiten des Kriegsministers erteilt wurden, habeil sehr zur Klärung beigetragen. Im Plenum des Reichstages wird bei der Debatte darauf wiederholt hinge wiesen werden. Aber auch die Wählerschaft hat Gelegen heit, nunmehr die Gründe zu prüfen, welche für die Ver mehrung des Heeres sprechen. Die Militärvorlage verlangt zunächst eine Vermehrung der Infanterie um acht Bataillone. Sie besteht für den Ernstfall aus 2-1 Armeekorps gleich -18 Divisionen. Jede Division enthält Planmäßig 12 Bataillone. Es müssen so mit 576 Bataillone vorhanden sein. Seit 1899 sind jedoch 625 Battaillone formiert, es ist also ein Ueberschuß von 49 Bataillonen vorhanden. Dieser reicht vollständig aus, um bei jeder Division ein Bataillon zu Hause zu lassen. Das wurde vom Kriegsminister zugegeben. Die Begründung für die gewünschte Vermehrung der Infanterie war hier- durch sehr erschwert und konnte nicht durchschlagend geführt werden. Sie steht sogar im Widerspruch mit jenen Aus führungen, mit welchen die Vermehrung der Kavallerie zu begründen versucht wurde. Es ist richtig, daß nicht jede Division, 12 Jnfanteriebataillone hat; aber auf der ande ren Seite gibt es eine sehr große Anzahl von Formationen, die über einen weit höheren Stand verfügen. So hat die Olarde allein 30 Bataillone. Hier könnte ein Austausch stattfiuden. Wenn die Militärverwaltung nicht andere Gründe als die seitherigen zur Verteidigung ins Feld füh ren kann, so ist es um die Jnfanterievermehrung im Reichs tage geschehen. Vielleicht hat sie Gründe, welche sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten sich genötigt sieht. Die Kavallerie soll von 482 Eskadrons auf 510 ver mehrt werden; es handelt sich also um 28 neue Eskadrons. Die 17 Eskadrons Jager zu Pferde gehen in der Kavallerie auf. Die Vermehrung der Reiterei ist immer die teuerste Heeresvermehrung. Hier handelt es sich um den Mann und das Pferd, und deshalb muß von der Volksvertretung doppelt gewissenhaft zu Werke gegangen werden. Die Zen trumsmitglieder der Budgetkommission haben eine ganze Anzahl von Anfragen an die Kriegsverwaltung gerichtet, dieselben sind auch allesamt bcautwortet worden. Für uns in der Öffentlichkeit liegt die Sache so, daß wir die sprin gendsten Punkte nicht erfahren haben. Was eigentlich den Generalstab und den Kriegsminister zur Vermehrung ver anlassen, das ist in der Kommission vertraulich mitgeteilt worden. So viel ist bekannt, daß die Kavallerie des Drei bundes erheblich schwächer ist, als die des Zweibundes: allein das will nicht viel sagen. Rußland hat wohl eine sehr hohe Zahl von Kosakenregimentern, jedoch steht ein deutsches Ulanenregiment mindestens zwei russischen Kosakenregimen tern gleich; letztere sind zur Attacke unfähig: für die Ver folgung des Feindes leisten sie freilich die wertvollsten Dienste. Immerhin ist eine Ueberlegenheit des Zweibun- des um mehr als das Doppelte nicht zu unterschätzen.. Von erhöhter Bedeutung aber ist, daß wir festgeschlosscne gleich artige Gefechtskrieger haben, und hier ist jetzt eine Lücke vorhanden. Eine Anzahl von Divisionen hat keine Kavalle rie: man kann diesen aber im Ernstfälle nicht Ersatzkavalle rie geben, denn die Reservisten sitzen gerade in den ersten Tagen sehr schlecht im Sattel. Hier zeigt sich also eine Lücke, fiir deren Ausfüllung sehr gewichtige Gründe ins Feld geführt werden können, selbst wenn man den Wert der Kavallerie nicht sehr hoch einschätzt. Weniger Bedenken hat die Vermehrung der Pioniere und Verkehrstruppen: diese Waffengattungen müssen wir haben. Das Fortschreiten der Technik gibt gerade ihnen er höhte Bedeutung, und sie leisten im Kriege die wertvollsten Dienste. Trotz mancher stichhaltigen Gründe für die Ver mehrung des Heeres ist Aussicht vorhanden, daß man sie erst nächstes Jahr eintreten lassen wird. Es würde damit der Etat Heuer entlastet werden, was von nicht zu unter schätzender Bedeutung ist. In den nächsten Tagen fällt hier über die Entscheidung. Deuricher Neichstaji. 6. Berlin. 156 Sitzung -nn 6. März !UV5. Das Haus setzt die Beratung des EiaiS des Re > chSn in l s des Innern fort. -- Abg. Dr. Pott hoff (Freis. Vcr.) spricht für den Hausierhandel. Für meine» Wahlkreis ist der selbe absolut notwendig. Für die Bureaubeanueu nu»; mehr an Für sorge geschehen: hier har die soziale Gesetzgebung fast ganz ver sagt. Der Technikerstand leidet sehr unter der Konkurrenz: Besse rung mus; in erster Linie eintreten durch die Selbsthilfe: dann mus; die Gesetzgebung einschreilcn: Die Geiverbeiiupektoreu sollten über die Lage der Techniker mehr berichten. — Abg. Werner sAntis.): Die Leere dickes Hauses spricht für Einführung von AnwesenhcitS- geldern. Alle Abgeordneten, die bisher für die Hausierer gesprochen haben, wohnen in der Großstadt, wo jedes Hausieren verboten ist. Aber das Land hat die Plage hiervon Dort mus; man ja bereits den Frauen das Geld abschi'iesen, sonst ist die Kasse abends ge leert, weit die Hausierer ihnen alles mögliche ausschwatzen. Es ist falsch, das; in den Warenhäusern höhere Intelligenz stecke. -- Die Vereinfachung des Versicherungswesens fordern auch wir. — Für den Befähigungsnachweis im Baugewerbe trete ich ent schieden ein. aber auch im übrigen Handwerk ist er nötig. — Mein Kollege Bruhn hat den Staatssekretär des Innern nicht persönlich angegriffen. — Abg. Horn (Sszd.): Di? WarenhauSsleuer ist un verständlich. Wenn das Zentrum für diese Antritt, so ist es eben ganz reaktionär. Redner verbreitet sieb des längeren über die Sonntagsruhe in den Glashütten, die auch eine Resolution des Zentrums fordert. — Abg. Dr. Thaler (Zenir.) tritt für die Resolution Trimborn betreffend Hebung der Lage der Hilfs- beamtcn, der Rechtsanwälte und Notare ein, welche sich in wirt schaftlicher Notlage befinden. Redner betont, wie schon in früheren Fahren im Reichstag Stimmen für Besserstellung der fraglichen Beamten erhoben und verschiedene diesbezügliche Petitionen cin- gereicht wurden. Es wäre Zeit, das; die Bundesregierungen die Erhebungen über die vorliegende Materie beschleunigen und die Regelung einleilcn würden: dieselbe könnte nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches für die Handelsgehilfen erfolgen und Härten sich zu crstercr auch die Einkommensveihältnisse, Sonntagsruhe, hygienische Vorschriften, Erholungsurlaub und Kündigungsfrist zu gesellen. Auch den Angestellten weiblichen Geschlechts will Redner diese Vorteile in ausgedehntem Maße zu gute kommen lassen. Abg. Merten (Freis. Berg.) verbreitet sich über das Kindcrschutz- gesetz, beziehungsweise über die Versündignng gegen dasselbe. Er beklagt sich darüber, das; die Lehrer und Erzielter zur Ausführung dieses zum Schutze der Kinder so wichtige» Gesetzes mir sellen und nicht in der wünschenswerten Weise herongezogcn und daß in öffentlichen Erziehungsanstalten Kinder mit Arbeiten beschäftigt werden, welche den Vorschriften des Kinderi'cbntzgesctzes entgegen sind, was um so verwerflicher ist. wenn die Kindrrnibeü »nr zum materiellen Gewinn der Arbeitgeber ansg,nützt wird. Er bittet den Staatssekretär, ein Auge darauf zu richten, daß das Kinder« schutzgcsetz auch in den öffentlichen Lräehnngsaiisrallrn Anwendung finde. —'Abg. Dr. Wulff (W. Verg.) begrüßt die in Aussicht gestellte Vereinheitlichung der Sozialpolitik und wünscht, daß die gleiche Fürsorge für die Arbeiter auch dem Mittelstände zngcwendet werde. Großmnblcn, Warenhäuser, Akt'engesellschaftcn seien nickt so harmlos, wie sie gewöhnlich dargestrllt werden. Bezüglich des Hausierhandels schließt er sich den AuHfübrungsn ErzbergerS an: die jugendlichen Hausierbändler würden besser in der Landwirtsckost verwendet werden, Ivo Mangel an Arbeitskrästen ist. — Hierauf vertagt das Hans die Weiterbei otnna am D'enstaa 1 Nbr. Dresden, den 7- März Illvk. — Zur Mittclmeerfahrt des Kaisers sind zum Teil einander widersprechende Gerächte aufgetancht, wonach der Kaiser während der bevorstehenden Mittelmcerfahrt allem oder mit der Kaiserin auch in Adbazia Aufenthalt nehmen werde Im Programm fiir die diesjährige ^ndreise findet sich ein Besuch von Abbazia nicht verzeichnet. Als bestimmt in Aussicht genommen gilt diesmal die Einfahrt des Kaiscr- schiffes in den Tajo zu einer Begegnung mit dem portu giesischen Königspaar in Lissabon, ferner von Vigo ans ein kurzer Ausflug an Land, auf dem der Kaiser vom Prinzen Karl von Bourbon als Vertreter des durch den Empfang fürstlicher Gäste in seiner Hauptstadt zurückgehaltenen Kö- nigs von Spanien begleitet werden dürfte. In den italie nischen Gelvässern, vermutlich in; Golf von Neapel, wird eine Zusammenkunft des Neichsoberhanptes mit König Viktor Emanuel stattfinden. Nom wird voraussichtlich nicht berührt werden. -- Die Hochzeit des deutschen Kronprinzen, deren Ter- min nach den letzten Dispositionen für den Monat Mai fest gesetzt war, wird nunmehr dem Vernehmen nach erst im ersten Drittel des Juni stattfinden. — Zum Lberpvstdirektor von Berlin ist an Stelle de? kürzlich "verstorbenen Geheimen Oberpostrates Röbrig der Geheime Oberpostrat Vorbeck, der bisher die Oberpost- direktorstelle in Hamburg inne batte, ernannt worden. Er gehört seit 44 Jahren dem Postdienst an. — D e Kölnische Zcitnng ersah't. daß kür Sndwest- asrika nicht nur ein weiterer Nachtragsetot zmn Etat für 1901. sondern auch eine Ergänzung zu dein Erat für 1905 eingcbracht werden müsse. Wie das Blatt weiter erfährt, wird der erstere rund 26'/„ Mstlioiieii Mark und die zweite Ergänzung ffir 1905 nahezu 31 Millionen Mark betragen. — DaS Obcrkricgsgericht des 16. ArmeeksrPS iu Metz hat das Urteil über den Rekruien Adolf M'enz-el vom Jn- fanterie-Regiment 98 bestätigt, der vom .Kbregogcricht zu sechs Wochen und einem Tage Gefängnis verurteilt worden war, weil er sich vor versammelter Mannschaft weigerte, des Samstags Dienst zu tun. Menzel gehört der Sette der Advenlisren an, die bcsircitet. daß der Sonntag als der Tag zu gelten hat, an welchem der M'cirsch nach sechs tägiger Arbeit ruhen soll. Da die Israeliten an den Samstagen ebenfalls Dienst taten, konnte mit Menzel keine Ausnahme gemacht we>dcn. — Eine gemeine Verdächtigung der katholischen Stu dentenverbindungen leistet sich der „Hannov. Courier" in seiner Nnmmer vom -1. d. Mts., indem er schreibt: „Ist es wahr, dnß solch? Verbindungen als llrrilvlcr Ucbenvachüngsnusschuß gegenüber anderen Korpm aiiourn nmgien n, daß sie eine Art von Spivnage gegenüber den katholischen Mit gliedern von Korps und Burschenschaften organisieren, daß re den Heiinatgeistlichen Berichte liefern, aufGnmd deren in die Familien der Betreffenden Gewissensnot und Ferwünnist'e ^elrogen werden — dann hätte die disfipliiiare Be»äl.gung der Hrchichnlbehördr vielleicht doch »och ein ergiebiges Feld, wenn nichr auch hier ge wisse Rücksichten stärker sein sollten als der Sinn iiir Fug »nd Recht. Da aber die Tatsachen, von denen wir sprechen, eben Tatsachen bleiben und durch 'o,male Erwägungen > ich! aus dcr Welt zu schaffen sind, so wird, glauben w'«r. die Agitation gegen die ullrainontane Voibul ans uu'ereu Hochschulen n cht erlöschen, und es wi:d doch zu tagen beginnen, wenn viick anders, als die „Kö'n- Volksztg." meint." Hierzu bemerkt die „Germania": „Gegen diese per fide Verdächtigung und Verleumdung der katboliscben Studentrnkorporalwnen müssen wir ans dos entschiedenste Protest erheben. Ter elende 'Babe, wi-lcher im ...Hann. Courier" mit dieser gemeinen V.rdöchtigung noch der be- Unpolitische Zeitläufte. «Nachdruck verbalen.) Berlin, 5. März. Alles gehl zu Ende, sogar die ungeheuer lange Faschingszeit des Jahres 1905 mit seinem verspäteten Ostertermin. Wenn die Faschingslustbarkeiten so lange ge dauert haben, so brauchten wir iu diesen letzten Tagen nicht noch eine Hetzjagd nach Vergnügen zu veranstalten. Je ruhiger, desto gemütlicher! Der Donnerstag vor Aschermittwoch hat an vielen Orten den saftigen Beinamen „fetter Donnerstag" oder „schmotziger (schmalziger) Donnerstag''. In Rußland nennt man überhaupt die letzte Woche vor den Fasten Butterwoche. Man sieht, daß unsere Vorfahren großen Wert darauf leg ten. vor dem Uebergang zur mageren Fastenzeit erst noch den Körper von innen aus gehörig einzufetten. Jetzt brau chen wir zu Fastnacht nicht so fetthungrig zu sein, denn das gemilderte Fastengebot läßt Butter und Schmalz zu. Trotz- dem möchte ich den guten Rat geben, unter zwei Uebeln das kleinere zu wählen, das heißt, wenn du durchaus zu Fast- nacht deinem Magen etwas Extraes zukommen lassen willst, dann halte dich lieber an die Schüssel als an die Flasche. Denn der Appetit ist nicht so gefährlich wie der Durst. Wenn der Teufel angeln geht, so kommt er mit dem flüssigen Kö- der weiter, als mit dem trockenen. Der Alkohol in seinen verschiedenen Formen trägt die Hauptschuld daran, wenn die Karnevalsbelnstigungen ungemütlich und roh werden. Man sagt gewöhnlich, Essen und Trinken hielten Leib und Seele zusammen. Ich möchte dazu das Amendement stellen, statt „Trinken" zu setzen „Wasser trinken" oder meinetwegen mich Milch trinken. Denn die Alkoholtrinkerei bringt tat sächlich Leib und Seele vorzeitig auseinander. Ter Alkohol ist Scheidewasscr. Was nun das Essen angcht, so könnte man aus dein Fastengebot folgern wollen, die Kirche halte die Mahlzeit für etwas Böses. Das wäre ein Trugschluß. Das Fasten soll uns richtig essen lehren. Das Tier frißt, dcr Mensch aber soll essen: das heißt sein Bedürfnis nach Nahrung unter der Fuchtel der Vernunft des Gewissens halten lernen. Wie jetzt das Fastengebot gemildert ist, braucht wirklich niemand Hunger zu leiden oder auch nur einen schiefe» Magen be kommen. Alles, was zu jung, zu schwach oder mit Arbeit belegt ist, bekommt ja Dispens, im übrigen schadet cs wirklich nichts, wenn sie die Zahl ihrer Mahlzeiten etwas vermindern und abends vor dem Schlafengehen den Bauch nicht gar zu stramm auf die Leisten schlagen. Dieser Tage lief durch die Zeitungen die Speiseordnnng für einen modernen Personendampfer. Das war unheim lich zu lesen: Dort loird den Passagieren von morgens früh bis abends spät alle 2 oder gar alle Stunden anfgetischt. Das ist das reine Schlaraffenland mit Abfütterung ohne Pausen. Wenn die Reisenden ihre wache Zeit gänzlich der Magenansstopfung widmen und dabei wenig Bewegung oder gar keine Arbeit haben, so wird das Schiss ja zun, Gänse- nudclstall. Gut essen zu seiner Zeit, aber nicht kauen in Ewigkeit! Glücklicherweise haben die Leute, die sich ans dem festen Lande befinden, meistens noch etwas mehr zu tun, als essen und trinken. Die Arbeitspflicht befördert einerseits den Appetit und andererseits die Mäßigkeit. Wer vor dem Essen sich das Brot schon verdient hat, dem schmeckt es Prächtig, und wer nach dem Essen wieder ins Geschirr muß. der hüte sich vor Magenüberladung. Esse» klingt sehr prosaisch: aber die Worte „Mahlzeit, Mittagsmahl, Gnstinabl" habe» schon eine» poetische» Klang. Wir denke» da an eine» gemeinsame» Tisch, an dem eine zu sainmengehörige Grnppe von Personen in Frieden und Freundschaft sich an den eßbaren Gottesgaben erfreut. Es ist bedauerlich, daß die moderne Lebensweise, namentlich in den Städten, so viel Leute zwingt, einsam in irgend einer Garküche oder in einem Winkel dcr Arbeitsstätte ihre Mahl zeiten cinziinehinen. Mit Recht wird der „stille S»sf" ver- ächtlich gemacht; das „stille Futtern" ist auch nicht schön. ES seblt da der Befriedigung deS körperlichen Bedürfnisses die ! Weibe der Gemütlichkeit. Der Speisctisch in der Familie ist viel mehr als ein ! Flittertrog. Er bildet ein wesentliches Stück von dem „häuS- j lichen Herd", den Dichter und Denker mit Reckst preisen. Die « gemeinsame Mahlzeit hält die Fainilienglicder zusammen: nicht bloß der Magen schöpft ans der Familienschüssel. auch das Herz. Wo die Hausfrau gut und der Hausvater klug ist, da sorgt man möglichst für die gemütliche Vereinigung aller Glieder zum leckeren Mahle. Die Hausmannskost ist ein Kitt für das Familienleben. Der Familientisch ist auch ein Hilfsmittel der Erziehung. Für die Jugend ist cs sehr wertvoll, daß sie angehalten wird, mit sauberen Händen und Kleidern am Tisch zu crsckreinen. sich manierlich beim Essen zu benehmen und bescheiden sich am munteren Tischgespräch zu beteiligen. Früher lebten Eltern und Kinder den ganzen Tag über in der häuslichen Gemeinschaft: jetzt liegen die Arbeitsstätten meist außerhalb des Hauses. Die Familie ist während der Arbeitsstunden zerrissen. Um so gewichtiger ist die Vercini- gling beim Mittagsmahle. Da kann der nötigste Gedanke», und Gefühlsaustansch stattfinden. Mancher Vater sieht ja