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I N««bhä«Ms Tageblatt flr Wahrheit, Recht «.Freiheit I .. . -_^ » > , ' n > > - - - « «ei a. a Pouanttatten l.ZeltunasvretSliste str i>58. «t>^kwun^e^^ch^^^^dak^iS<Svr»Llluttd^>I^lL^Ub». Ncklam.-i, mit S1»^ die Zeile berechn., bei Wieder-, bedeut- NabaU. «uchdrurkerri. Redaktion »ud «eschäftSsteller Lre»de»» Pillnttze» «tra»,» 4S. - Fernsprecher Nr. IS». Für den Monat September abonniert man ans die „Sächsische Bolkszeitung" mit der täglichen Noman- beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von «O k*1jx. sthue Restrllgel-) durch den Beten ins Haus 7V Unstimmigkeiten im katholischen Deutschland. Ein häßliches neues Wort für eine häßliche Sache ist es. was wir jetzt inrmer häufiger in katholischen Zeitungen lesen müssen. Ist es wirklich an dem? Stimmt nicht mehr alles in dem sonst so einigen deutschen Katholizismus, dessen Ein mütigkeit einst ein Gegenstand der Bewunderung für Freund und Feind war? Treiben wir — so fragt sich Wohl bange manches treukatholische Herz — wirklich einer Spal tung entgegen? Taß Gefahren in dieser Hinsicht bestehen, läßt sich nicht leugnen. Und als ein Hauptgrund für diese unerfreuliche Tatsache war im Leitartikel der Nr. 183 vom 11. d. M. der „Sachs. Volksztg." nicht mit Unrecht die Emp findlichkeit und Nervosität gewisser Kreise bezeichnet, die bei aller unbedingten Anerkennung der kirchlichen Lehr- autorikät sich doch durch diese oder jene Maßregel der kirch lichen Obrigkeit beschwert fühlen. Zunächst muß festgestellt werden, daß es sich dabei nicht sowohl, wie man wohl manchmal liest, um die sogenannten „besseren Stände" handelt, als vielinehr um Gelehrte und Schriftsteller, um die Männer, aus deren geistiger, wissen schaftlicher oder künstlerischer Arbeit der Anteil des katho lischen Volksteils an der Kultur der Gegenwart beruht. Dann aber darf, wenn es gelingen soll, alle drohende Un einigkeit im Keime zn ersticken, nicht verschwiegen »verdcu, daß sich Empfindlichkeit und Nervosität nicht nur bei ihnen, sondern vielfach auch auf der anderen Seite geltend macht. Nicht auf seiten der kirchlichen Obrigkeiten, bei denen man immer wieder Weisheit und Besonnenheit zu bewundern Gelegenheit findet, wohl aber auf seiten derer, die jene gegen vermeintliche Angriffe verteidigen zu müssen glauben. Insbesondere dürfte ein Teil der katholischen Presse nicht ohne Schuld sein, bei dem sich hier und da unzeitiger Ueber- eifer hervorgetan hat. Und hier wieder handelt es sich nicht um die großen, führenden Zentrumsorgane: diese ha ben Wohl in den meisten Fällen eine weise Mäßigung und Zurückhaltung beobachtet. Aber leider ist das eben nichr allenthalben der Fall. Besonders scharf haben sich, wie es scheint, die Gegenusätze in dieser Beziehung in dein größten süddeutschen Bundesstaat zugespitzt, wo sich die größten Heißsporne der „Reform" und die zähesten Verfechter alles Althergebrachten entgegenstehen. Allzumenschliches hat hier auf beiden Seiten eine Rolle gespielt. Gewiß mag es bei denen, die mit dem Bestehenden in dieser oder jener Hinsicht nicht zufrieden tvaren, nicht ganz an persönlicher Gereiztheit, an Selbstüberschätzung, an hoch fahrendem Wesen gefehlt haben. Aber es wäre bittere Un gerechtigkeit, zu verkennen, daß unter ihnen auch die edelsten und wohlmeinendsten Männer sich finden, denen es mit der Vertiefung und Ausgestaltung echtkatholischen Wesens und Wirkens heiliger Ernst war. Diesen guten und redlichen Willen hätte man nie und nirgends verkennen dürfen. Mag sein, daß sie sich im Weg und den Mitteln hier und da vergriffen. Tann »var es am Platze, ihre Mei nungen und Vorschläge, nicht aber sie selbst persönlich zu bekämpfen. Wenn es schon geraten ist, auch dem übel wollenden Gegner streng sachlich und leidenschaftslos ent gegenzutreten, so wird das bei einem vermeintlich irrenden Glaubens- und Gesinnungsgenossen zur strengen Pflicht. Wenn hervorragende Männer der Wissenschaft in den Tages zeitungen von solchen, die das ganz und gar nicht sind, wie Schuljungen abgekanzelt iverden, kann man sich dann wohl darüber wundern, daß auch auf jener Seite derbe Aus drücke fielen? Sicherlich »vollen wir keine Gemeinschaft mit solchen, die der kirchlichen Obrigkeit den schuldigen Gehor sam oder die gebührende Ehrfurcht verweigern. Aber man fahre nur auch nicht bei jedem Worte berechtigter, redlich gemeinter Kritik auf und brandmarke nicht jede vom Ge wohnten abweichende Meinung mit dem zweideutigen und gehässigen Namen des „Reformkatholizismus". Die katholische Geschichtswissenschaft hat mit voll in Freimut so manche Mängel in den Einrichtungen, so man- chen Mißgriff der Päpste und hohen Kirchensürsten in alter Zeit anerkannt und als solche unlefangen dargestellt, da eben Mängel und Mißgriffe von aller unvollkonnnencn Menschlichkeit bisher als unzertrennlich galten und der Herr ftiner sichtbaren Kirche niemals die Verheißung ge- geben hat, daß sic davon verschont bleiben solle. Gilt denn mm, was jeder Vernünftige ohne weiteres für die Ver gangenheit zugibt, für die Gegenwart auf einmal gar nicht mehr? Ist es ein Verbreck>en. wenn einer in bester Mei nung und in geziemender Weise auf das oder jenes aufmerk sam macht, das seiner Ansicht nach an einer glich noch so ehr- würdigen Einrichtung der Verbesserung fähig und vielleicht auch bedürftig ist? Darum: auf beiden Seiten weniger Empfindlichkeit! Es soll hier nicht auf bestimmte Vorgänge der letzten Zeit die Nutzamvendung gemacht werden. Nur darum han delt es sich, eine grundsätzliche Stellung gegenüber dein Streit der Meinungen zu finden. Vielleicht kann ein offenes Wort in dieser Hinsicht dazu beitragen, den einen und den anderen Wohlmeinenden, der mit banger Sorge die „Unstimmigkeiten" beobachtet, ein »veuig zu beruhigen. Im Notlvendigen unbedingte Einigkeit, im Zweifel haften volle Freiheit, in allem und jedem aber duldsame Liebe — das ist das alte, ewig giftige Rezept des heiligen Augustinus für alle Meinungsversck iedenlx'iten innerhalb der Kirche. Und wenn ftir jeden, der sich irgendwie dazu be rufen fühlt, auf Verbesserung und Fortschritt hinzuarbeiten, als unverückbarer Leitstern das Wort gilt, das wie im pro phetischen Geiste auf dein fünften Laterankonzil, am Vor abend der Kirchentrenming, gesprochen wurde: die Menschen müßten durch das Heilige, nicht das Heilige durch die Men schen umgestaltet werden, dann steht zu hoffen, daß aus allen augenblicklichen Mßl)elligkeiten und Mißverständnissen nicht nur wieder volle Einigkeit, sondern durch Gottes Gnade eine neue Blüte kirchlickx'n Sinnes lunvorgeben wird. Ic. Der Internationale Sozialtstenkongrest in Stuttgart Bei der zweiten Plenarsitzung des Internationalen sozialistischen Kongresses am Mittwoch) zeigte es sich mehr und mehr, daß der Schwerpunkt der ganzen Vertändlung des Kongresses ebenso wie scl>on in Amsterdam in den Sektionen liegt, die hinter verschlossenen Türen tagen, während im Plenum allerlei neben'ächliche Dinge behandelt werden. Ueber das Thema Militarismus und internationale Konflikte entspann sich eine lebhafte Debatte. Vaillant (Frankreich) führte aus, wie cs den einzelnen Nationen am besten möglich ist, gegen den Krieg vorzugel-en, müsse ihnen überlassen bleiben. Die persönliche Revolte Herväs sei ein Unsinn. Sie würde zu nichts anderen: führen, als zu den heroischen Opfern der tüchtigsten Kämpfer. Wir müssen den Staat entwaffnen, das Heer demokratisieren und di' auswärtige Politik kontrollieren. Tie Nationen sind nicht nur nützlich, sondern sogar notwendige Elemente der mensch lichen Entwicklung. — Jaurds: Hervä will das Vaterland zerstören, wir wollen es zum Nutzen der Proletarier soziali sieren durch Ueberführung der Produktionsmittel in das Eigentum aller. Die Nation ist das Schatzhaus des mensch lichen Genies und Fortschritts und es stände dem Prole tariat schlecht an, diese kostbaren Gefäße menschlicher Kultur zu zertrümmern. Wir können jede Regierung in die größte Verlegenheit bringen, wem: wir sie im Falle eines inter nationalen Konfliktes auffordern, sich einen: Schiedsgericht zu unterwerfen, und sie als größte Feindin des Weltfriedens brandmarken, Nxmn sie sich dessen uxügert. — v. Vollmar wendet sich gegen Hervä. Wir werden unermüdlich und un ablässig den Kampf gegen den Militarismus und die Kriegsgefahr fortsetzen. Aber wir werden uns den Sinn dieses Kampfes nicht entstellen lassen. Es ist nicht wahr, daß wir kein Vaterland haben. Tie Liebe zur Menschheit kann uns in keinem Augenblick daran hindern, gute Deutsche zu sein. So sehr wir die gemeinsamen Kulturinteressen au erkennen, so wenig geben wir uns utopistischen Bestrebungen hin. Als ob es wünschenswert sei, Nationen aufhören zu lassen und einen unterschiedslosen Völkerbrei daraus zu machen. Kindische Verschwörungen in der Kaserne ver hindern den Krieg nicht. Die Resolution ist in allen Teilen unannehmbar. — Es wird dann die K o l o n i a l f r a g e behandelt. Der Besprechung lagen außer der schon gestern mitgeteilten, die die Zustimmung der Kommissiou gefunden, folgende Resolutionen zugrunde: „Der.Kongreß bestätigt von neuem die Resolution von Paris (1900) und Amsterdam (190-1) über die Kolouial- frage und verwirft nochmals die jetzige Kolonisations methode. Das Wesen des Kapitalismus hat keinen anderen Z»veck, als fremde Länder zu erobern und fremde Völker zu unterwerfen, um sie schonungslos zum Nutzen einer ver schwindenden Minderheit auszuboiitcu. Der Kongreß ver urteilt jede Politik des Raubes und der Eroberung, die nur eine schanilose Anwendung des Rechtes der Stärkeren ist. Der Kongreß erklärt schließlich, daß die sozialistischen Abge- ordneten in allen Parlamenten die Pflicht haben, die Me thode der Ausbeutung und Knechtung zu bekämpfen, die in allen bestehenden Kolonien herrschen. Finanziell betrachtet, sollen die Ausgaben für die Kolonien ebenso wie die, die der Imperialismus verschuldet, und die. die im Interesse der ökonomischen Entwicklung der Kolonien gemacht »verden, von jenen getragen werden, die allein von der Ausplünde rung fremder Länder Nutzen ziehen und deren Rcichtüm.r daher stammen." Der Berichterstatter van Kol führte aus: Warum sollen wir ohne weiteres über die Kolonien den Stab brechen? Auch ein sozialistischer Staat kann Kolonien besitzen und zivilisatorisch wirken. Ich verstehe nicht, wie da der Gerwsse Ledebour mit allen Mitteln gegen die Kolonien kämpfen will, ohne sie selbst zu kennen und ohne an ihrer Entwick lung mitgcwirkt zu haben. Tie Kolonien bestehen nun ein mal. es ist das ein kait neeampli, mit dein man rechnen muß. Gehen Sie hinaus in die Kolonien und studieren Sie sie, Herr Ledebour, das ist besser, als im „Vorwärts" am Logen zu sitzen und Opposition zu machen. Die Deutschen, die Franzosen und die Polen beschränken sich leider darauf, negativen Protest zu erheben. Danrit allein ist es nicht getan. Auch praktische Arbeit ist nötig. In dieser Beziehung sind die Holländer vorbildlich, die Großes zum Segen der Kolonien erreicht haben. Tie deutsche Reso lution verstößt gegen die Wahrheit. Kolonialpolitik kann unter Umständen auch eine Kulturmission sein. Wie kann ein Deuker und Akademiker wie Herr Ledebour (Heiterkeit) eine solch widerspruchsvolle Resolution Vorschlägen? Kolo nisation ist notwendig. Sie ist eine Kulturstufe. Auch unter einem sozialistischen Regime könne sie notwendig sein. Für viele Staaten sind sie eine Lebensfrage. Wohin sollten die überflüssigen Arbeiter, und woher sollten wir die Rohmaterialien beziehen? Die deutsche Sozialdemokratie hat auf kolonialem Gebiete ihre Schuldigkeit nicht getan. Ter Genosse Ledebour hat im deutschen Reichstage beredt gegen die Kolonialgreuel gekämpft. Aber positive Sozial politik hat die deutsche Sozialdemokratie nicht geleistet. Sie lmt keinen Vorschlag zur Besserung gemacht. Warum sind Sie nicht erst in die Kolonien gegangen, um sie zu studieren? Sie lxiben sich um nichts gekümmert. Aus dem Schmoll winkel heraus haben Sie Kolonialpolitik getrieben. Prak tisch haben Sie nichts geleistet. Wo ist das Kolonial programm der deutschen Sozialdemokratie? Darum muß sich die deutsche Sozialdemokratie mehr um die Kolonien kümmern. Das ist jetzt ihre erste Pflicht. Singer stellt fest, daß nicht alle deutschen Delegierten gegen die Resolution der Majorität gestimmt haben, sondern nur ein Teil, der sich um Ledebour und Wurm geschart habe. Ledebour sprach namens der deutschen Delegierten für den Minoritätsbeschluß. Dr. David meinte, wir wollen aussprechen, daß wir nicht jeder Kolonisation im Prinzip entgegenstehen. Er »volle der Minoritätskommission anheimstellen, doch kon sequent in de»: Parlamenten für die Abschaffung der Kolo nien einzutreten. Politische Rundschau. Dresden, den 22. August ISO? — Der Kaiser ist am 21. d. Mts. abends nach Wil helmshöhe abgereist. — Staatssekretär Dernburg hat auf Grund der Nachricht von der Grenzüberschreitung Morengas den Oberst leutnant Quade nach Deulsch-Südwestafrika entsandt. — Der Senat »on Bremen beantragt bei der Bürger- schaft die Bewilligung weiterer 8 Millionen für Haken bauten im Bremer Hafen. Vorher waren bereits 16^ Millionen bewilligt worden. Die Ausführung des Gesamt planes erfordert 47 Millionen. — Der interimistischeLeiter des Ministeriums des Aeußeren Staatsrat Ritter v. Lössel sprach dem aus München schei denden apostolischen Nuntius Dr. Capnto dos aufrichtige Bedauern der baherischen Regierung über seinen bevor stehenden Abgang und die Veranlassung dazu auS und überreichte ihm im Aufträge des Prinz - Regenten die Insignien des Großkreuzes des Verdienstordens der baye rischen Krone. Der Allgemeine Deutsche Jnnungs- und Hand- werkcrtag in Eisenach nahm u. a. nach einen: eingehenden, mit stürmischem Beifall aufgenommenen Referate des Herrn Obermeisters Weudt-Dresden nachstehende Resolution des Verbandes Sächsisckier Bäcker-Innungen „Saronia" ein stimmig au: „Der hohe Buudesrat wird gebeten, die von Neichswegeu erlassene Bäckerei - Verordnung dahin abzu- ändern, daß die baupolizeilichen Bestimmungen der 88 2, 4 und 5 hinsichtlich ihrer rückwirkenden Kraft außer Kraft gesetzt werden und nur für solche Bäckerei-Bauten gelten, die nach dem 1. Januar 1907 entstanden sind. Sollte eine Aeuderuug der baupolizeilichen Bestimmungen der Bäckerei- Verordnung im erbetenen Sinne nicht geschehen, so muß un bedingt, genau so »nie semerzeit bei Inkrafttreten des Süß- stoffgesetzes, eine staatliche Entschädigungssumme für die jenige» Bäckermeister und Hausbesitzer ausgeworfen tverdcn, deren Grundstücke, sofern sie vor dem 1. Januar 1907 er richtet wurden, nicht den baupolizeilichen Vorschriften der neuen Bäckerei-Verordnung entsprcöh'n und die dadurch im Werte gesunken sind." Die ganze Verhandlung und Ab stimmung gestaltete sich zu einer i»ft>osai,ten Kundgebung siir das de»tsck>e Bäckerhandnx>rk und wird hoffentlich nicht verfehlen, in maßgebenden Kreisen die gewünschte Wirkung zu erzielen. — Jndexaffäre und Laienbund. Das Schreiben de« Kardinal Fürstbischofs Dr. Kopp an den Reichstag«- und Landtagsabgeordneten Grafen Hans Praschma hat folgenden Wortlaut: ..Johannesberg - Janernig, Oesterr.- Schles., 25. Juli 1907. Hochgeborener Herr Graf! Ich habe Ihnen darüber keinen Zweifel gelassen, daß ich die treukirchliche Gesinnung der katholischen Männer anerkenne, die den inzwischen bekannt gewordenen Entwurf der ge planten Eingabe an Seine Heiligkeit unterzeichnet haben